:: 12/2021

Umbruch der Viehhaltung im Land

Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020 zum Viehbestand und den Tierhaltungsverfahren

Im Jahr 2010 stand die Hälfte des Milchkuhbestands Baden-Württembergs noch in Betrieben mit weniger als 50 Kühen – 10 Jahre später haben viele dieser Betriebe ihre Milchproduktion eingestellt und die verbliebenen hielten 2020 nur noch ein Viertel der Milchkühe des Landes. 2010 gab es im Südwesten lediglich neun Betriebe mit einer Milchkuhherde von über 200 Tieren – heutzutage sind es fast 100 Betriebe. Diese Zahlen der Milchviehhaltung sind beispielhaft für die Entwicklung in der Tierproduktion und könnten auch für die Rinder-, Schweinemast oder Zuchtsauenhaltung in ähnlicher Weise aufgezeigt werden. Um am Markt mit zumeist niedrigen Preisniveaus zu bestehen, gilt vor allem der Grundsatz des Wachstums um Skaleneffekte zu erreichen. Außerdem haben sich innerhalb der letzten 10 Jahren die Rinder-, Schweine- oder auch Geflügelbetriebe weiter spezialisiert. Das heißt, das Wachstum der Einzelbetriebe beschränkt sich häufig auf nur eine Tierart.

Neben dem Größenwachstum und der Spezialisierung sind durch die Ergebnisse der Landwirtschaftszählungen 2010 und 2020 auch Veränderungen bei den Haltungsverfahren festzustellen. In diesem Beitrag werden die Haltungsformen für die Tierarten Rinder, Schweine und Legehennen beleuchtet.

Weniger Tierhaltungen, aber größer und spezialisierter

Die baden-württembergische Landwirtschaft ist stark durch ihre Viehhaltung geprägt. Im Jahr 2020 hielt noch mindestens jeder zweite Betrieb Vieh zur Produktion von unter anderem Fleisch, Milch oder Eiern. Seit der letzten Landwirtschaftszählung im Jahr 2010 ist die Zahl an Tierhaltern und Tierhalterinnen jedoch um über 6 400 zurückgegangen, im Vergleich zu 1999 hat sogar jeder zweite Betrieb seine Tierhaltung aufgegeben. Viehhaltung gab es im Jahr 2020 noch auf insgesamt 21 757 landwirtschaftlichen Betrieben im Land, 1999 waren es noch über 43 000. Der Viehbestand, summarisch in Großvieheinheiten (GV) betrachtet, hat zwischen 1999 und 2020 um beinahe ein Viertel (– 24 %) abgenommen. Da die viehhaltenden Betriebe prozentual stärker als die Viehbestände zurückgegangen sind, findet ein Wachstum des durchschnittlichen Bestands je Betrieb statt. Er stieg in diesem Zeitraum von 28,5 auf 43,3 GV an.

Neben dem Anwachsen der einzelbetrieblichen Bestände ist auch eine Spezialisierung auf nur eine Tierart1 beobachtbar. So wuchs der Anteil dieser spezialisierten Betriebe zwischen 2010 und 2020 von 52 % auf 56 %. Derartige Betriebe wiesen 2020 überdurchschnittlich große Bestände (45,91 GV je Betrieb) auf und nahmen dadurch einen noch höheren Anteil am Gesamtbestand (59 %) ein. Eine besonders große Dominanz dieser Spezialisten ist in der Schweinehaltung feststellbar. Über 70 % aller Schweine im Land wurden von jenen Betrieben gehalten, 2010 waren es noch rund 60 %. In der Geflügelhaltung war zwar nur jeder fünfte Betrieb spezialisiert, diese Gruppe hielt jedoch zwei Drittel des Geflügelbestandes. Unter den rinderhaltenden Betrieben war etwa jeder Zweite ausschließlich auf Rinder fokussiert. Spezialisierte Rinderbetriebe hatten mit durchschnittlich 84 Rindern eine deutlich größere Herde als Betriebe mit zusätzlichen Tierarten (57 Rindern).

Viehhaltung vor allem im Osten des Landes

Regional betrachtet liegt der Schwerpunkt der Tierhaltung im Osten des Landes. Der größte Viehbesatz kann mit 133 GV je 100 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (ha LF) im Landkreis Ravensburg ausgemacht werden. Ravensburg ist der Landkreis mit dem größten Rinderbestand insgesamt und dem größten Milchkuhbestand im Land. Der Landkreis Schwäbisch Hall kann aufgrund eines Schweinebestands von rund 400 000 Tieren, das sind fast ein Viertel des Gesamtbestands, als die Schweinehochburg Baden-Württembergs betitelt werden. Der Viehbesatz in Schwäbisch Hall beträgt 113 GV je 100 ha LF und belegt damit Rang 2 im Land. Platz 3 nimmt der Landkreis Biberach ein (107 GV je 100 ha LF). Es ist der Landkreis mit den zweitmeisten Rindern (85 000 Tiere) und den drittmeisten Schweinen (156 000 Tiere). Im Durchschnitt weist Baden-Württemberg einen Viehbesatz von 67 GV je 100 ha LF auf und liegt damit unter dem bundesweiten Mittel (72 GV/100 ha LF). Bei fast unveränderter LF und gleichzeitiger Reduzierung des Viehbestands, ist der Wert seit 2010 (75 GV je 100 ha LF) merklich gesunken. Aufgrund der vielfältigen Landwirtschaft im Bundesland, hat die Viehhaltung regional gesehen einen unterschiedlichen Stellenwert und dadurch eine große Spannweite hinsichtlich der Intensität (Schaubild 1).

Rinderhaltung weit verbreitet, aber rückläufig

Rinder wurden im Jahr 2020 auf 13 343 Höfen in Baden-Württemberg gehalten. In nahezu allen Gemeinden (92 %) im Land waren rinderhaltende Betriebe anzufinden. Keine andere Nutztierart kam in dieser Häufigkeit auf landwirtschaftlichen Betrieben vor und war regional so stark verbreitet. Jedoch verzeichnet die Rinderhaltung in den letzten 2 Jahrzehnten eine negative Entwicklung, sowohl bei der Anzahl an rinderhaltenden Betrieben als auch dem Rinderbestand. Die Zahl der Rinderbetriebe hat sich seit 1999 mit damals 30 203 Betrieben mehr als halbiert (– 56 %). Die Milchviehhaltung wurde in diesem Zeitraum sogar auf mehr als 70 % der Betriebe eingestellt. Nur noch 6 082 Betriebe und damit weniger als die Hälfte (46 %) aller Rinderbetriebe hielten 2020 Kühe zur Milchproduktion. Am Ende des letzten Jahrtausends lag der Anteil noch bei über zwei Dritteln (70 %). Der Rinderbestand (929 000 Tiere) insgesamt sowie die Anzahl an Milchkühen (325 000 Tiere) sind gleichermaßen um ein Viertel seit 1999 gesunken. Der Bestandsabbau und der gleichzeitig noch stärkere Betriebsrückgang haben zur Folge, dass die Herden der Einzelbetriebe anwachsen. Ein Durchschnittsbetrieb kam 2020 auf einen Bestand von 70 Rinder je Betrieb und damit 28 Tiere mehr als noch 1999. Bei Milchviehbetrieben hat sich der mittlere Bestand mit nun 53 Milchkühen sogar mehr als verdoppelt (+ 155 %) (Schaubild 2).

Strukturbruch in der Milcherzeugung

Die Entwicklung der Betriebsgrößenstruktur in der Milchviehhaltung zwischen 2010 und 2020 zeigt eindrücklich den Bedeutungsverlust kleinerer Betriebe (weniger als 50 Kühe) und den enormen Bedeutungszuwachs großer Betriebe (100 und mehr Kühe). Mehr als 4 900 (– 58 %) dieser kleinen Milchviehbetriebe haben ihre Milchproduktion in dem Zeitraum eingestellt. Der Anteil am gesamten Milchkuhbestand der kleinen Betriebe hat sich dabei von 50 % auf 26 % in etwa halbiert. Die Anzahl der großen Milchviehbetriebe wuchs dagegen um das 2,5-fache und deren Bestand hat sich sogar verdreifacht. In der Landwirtschaftszählung 2020 wurden 96 Betriebe mit einem Bestand von über 200 Milchkühen gezählt, 2010 waren es noch neun. In dieser Größenklasse stieg die Anzahl an Milchkühen sogar um mehr als den Faktor 11.

Die Milchviehhaltung ist vor allem durch das Melken mit einem großen Arbeitsaufwand verbunden. Mit dem Aufkommen automatisierter Melksystemen ab dem Jahr 1992 ergab sich die Möglichkeit, den Aufwand pro Kuh zu verringern. Diese »Melkroboter« weisen gegenüber konventionellen Melkständen Einsparpotenziale hinsichtlich der benötigten Arbeitszeit auf.2 Betriebe konnten nun, auch ohne die Arbeitskapazität zu erhöhen, ihre Ställe ausbauen und damit ihre Bestände erhöhen. Betriebe mit kleinen Herden, die dieses Wachstum nicht vollziehen konnten, zeichnen sich dagegen durch eine geringere Milchleistung je Kuh, einem größeren Arbeitskräftebesatz (AK/100 ha LF) und einer kleineren Nettorentabilität aus.3 Dies macht sie anfälliger für Krisensituationen und Zeiten mit niedrigen Milchpreisen, wodurch es dann häufig auch zur Aufgabe der Milcherzeugung kommt (Schaubild 3).

Anbindehaltung geht stark zurück

Der Wandel zeigt sich in der baden-württembergischen Rinderhaltung nicht nur in Umfang und Größe der Betriebe, sondern auch in den Haltungsverfahren. Im Jahr 2010 gab es noch auf zwei Dritteln der Milchviehbetriebe Ställe mit Anbindehaltung. An über einem Drittel (37 %) der Haltungsplätze wurden die Milchkühe an Ort und Stelle fixiert. 10 Jahre später fixierten zwar immer noch 44 % der Betriebe ihre Milchkühe, der Anteil an Kühen in Anbindehaltung sank jedoch auf 17 %. Das vorherrschende Haltungssystem bleibt bei den rinderhaltenden Betrieben die Laufstallhaltung, in dem sich die Tiere frei zwischen Futter- und Liegeplatz bewegen können. Über 80 % der Rinder wurden 2020 in diesem Haltungssystem gehalten. Aber auch Laufställe können unterschiedlich hinsichtlich des Bodens und des Entmistungssystems konzipiert sein. Auf zwei Drittel der Laufstall-Haltungsplätze fielen aufgrund von Spaltenböden in den Laufgängen überwiegend Gülle an. Die übrigen Haltungsplätze in Laufställen teilte sich etwa zur Hälfte auf Laufställe mit vorwiegend Festmistanfall (17 %) oder mit Tiefstreu (18 %) auf. Tiefstreu- oder Festmist-Laufställe sind jedoch bei der Haltung von Milchkühen seltener anzutreffen als bei den anderen Rindern4. Nur 8 % der Haltungsplätze für Milchkühe, aber dafür 40 % der Plätze für andere Rinder entfielen auf derartige Stalleinrichtungen (Schaubild 4).

Weidegang vor allem bei kleinen Herden und Öko-Betrieben

Der Aufenthalt im Freien sowie die Bewegungsfreiheit der Nutztiere sind wichtige Parameter bei der Bewertung von Haltungsformen im Hinblick auf die Tiergerechtigkeit. In der Landwirtschaftszählung 2020 wurden die rinderhaltenden Betriebe nach Zugang zu einem Auslauf5 und zum Weidegang befragt. Danach gaben rund 2 130 Betriebe (16 %) an, dass ein Laufhof für Rinder vorhanden ist. Während jede fünfte Milchkuh Zugang zu einem Auslauf hatten, wurde dies bei den übrigen Rindern nur etwa jedem zwölften Tier ermöglicht. Weidegang fand dagegen auf einem weit größeren Teil der Betriebe statt. Fast 61 % der Höfe mit Rindern schickten Tiere auf die Weide. Im Vergleich zu 2010 stieg der Anteil um 5 Prozentpunkte. Da jedoch der Anteil an weidenden Rindern zwischen 2010 (28 %) und 2020 (27 %) auf gleichem Niveau geblieben ist und gleichzeitig der Rinderbestand abgenommen hat, standen absolut gesehen im Jahr 2019 weniger Rinder auf der Weide.

Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass der Anteil an weidenden Tieren mit steigender Herdengröße je Betrieb abnimmt. Während in Betrieben mit weniger als 20 Milchkühen die Hälfte der Tiere weideten, waren es in Herden mit mehr als 100 Kühen weniger als 10 %. Bei den übrigen Rindern kann diesbezüglich ein ähnliches Bild aufgezeigt werden. In der ökologischen Rinderhaltung spielt die Weidehaltung eine bedeutende Rolle. Knapp 79 % der Rinder in biologischer Haltung standen zumindest zeitweise auf der Weide. Die durchschnittliche Herde bestand dabei aus mehr als 45 Tieren. Laut EU-Öko-Verordnung müssen die Tiere Zugang zu Weideflächen oder einer anderen Freifläche haben. In vielen Bioverbänden ist die Weidehaltung im Sommer sogar verpflichtend.6

In Spanien nun mehr Schweine als in Deutschland

Bis zum Jahr 2014 wies Deutschland mit 28,3 Millionen (Mill.) Schweinen den größten Bestand in der Europäischen Union auf. Anschließend nahm er bis zum Jahr 2020 um 8 % auf 26,1 Mill. ab und Deutschland verlor seine Spitzenposition an Spanien. Der spanische Schweinebestand ist seit 2014 um fast ein Viertel auf 32,8 Mill. angewachsen.7 Diese konträren Entwicklungen weisen auf unterschiedliche Rahmenbedingungen in den beiden Ländern hin. Offensichtlich können spanische Schweinebetriebe besser an den internationalen Märkten mit ihren zeitweise sehr niedrigen Preisen bestehen. Zudem gab es für Spanien im Gegenteil zu Deutschland aufgrund der hier festgestellten Afrikanischen Schweinepest keine Exportbeschränkung für Schweinefleisch in wichtige asiatische Länder. Vor allem fällt mit China das in der Vergangenheit wichtigste Exportland derzeit weg. Dies belastet die exportorientierte Schweinewirtschaft in Deutschland, da hierzulande bei Schweinefleisch ein Selbstversorgungsgrad von 125 % erreicht wird.8 Nach einer Mitgliederumfrage der Interessengemeinschaft der Schweinehalter ist die Afrikanische Schweinepest jedoch selten ein relevanter Grund für einen Ausstieg aus der Schweinehaltung. Ausstiegsabsichten entstehen bei einer größeren Anzahl der Betrieben aus den vorherrschenden Rahmenbedingungen, die sich aus der Summe an Auflagen in der Schweinehaltung und fehlender Planungssicherheit ergeben.9

Im Südwesten nur noch wenige Schweinebetriebe …

In Deutschland setzten die Betriebe in der Vergangenheit auf Wachstum, um Kosten zu senken und zusätzliche Einnahmen zu generieren. Dieses Wachstum führte zu einem hohen Angebot an Schlachtschweinen und damit einhergehenden niedrigen Preisen. Vor allem kleinere Betriebe konnten und können zu diesen Preisen nicht rentabel wirtschaften, wodurch es zu einem starken Strukturwandel (Wachsen oder Weichen) kam. Im eher kleinbäuerlich geprägten Baden-Württemberg hielten im Jahr 1999 noch zwei Drittel der Betriebe weniger als 50 Schweine. Der Anteil dieser Betriebe ging bis 2010 auf 56 % zurück und lag 2020 nur noch bei knapp der Hälfte (49 %). Insgesamt gaben im Zeitraum zwischen 1999 und 2020 vier von fünf Schweinebetrieben auf, sodass im Jahr 2020 nur noch 4 010 Betriebe vorhanden waren. Der Schweinebestand im Land sank in diesem Zeitraum von 2,3 Mill. auf 1,7 Mill. Tieren. Ein Rückgang um über 635 000 Schweine (– 28 %) innerhalb von 2 Jahrzehnten. Der durchschnittliche Bestand stieg dagegen zwischen 1999 und 2020 von 112 auf 417 Schweine je Betrieb. Mittlerweile dominieren die größeren Betriebe die Schweinehaltung im Land. Zwei Drittel der Schweine wurden 2020 in Beständen mit 1 000 und mehr Tieren gehalten, 1999 nahmen Betriebe dieser Größenordnung lediglich einen Anteil von 16 % ein. Im bundesweiten Vergleich sind die Betriebe in Baden-Württemberg jedoch als relativ klein einzuordnen. Der Bundesdurchschnitt war mit 826 Schweinen je Betrieb fast doppelt zu hoch als der hiesige Durchschnittsbestand und mit 78 % wurde ein deutlich größerer Anteil in Betrieben mit 1 000 und mehr Schweinen gehalten. In Niedersachsen dem Bundesland mit den meisten Schweinen, hielt ein Durchschnittsbetrieb sogar 1 382 Schweine (Schaubild 5).

… und noch weniger Zuchtsauen-Betriebe

In der Haltung von Zuchtsauen ist noch ein größerer Umbruch in Baden-Württemberg festzustellen. Zwischen 1999 und 2020 reduzierte sich die Anzahl ferkelerzeugender Betriebe um 84 % und der Zuchtsauenbestand um 58 %. Im genannten Zeitraum stiegen die Ferkeleinfuhren nach Deutschland von 1,8 Mill. auf 9,1 Mill. und damit um etwa das Fünffache an. Der Import erfolgte fast ausschließlich (mehr als 99 %) aus Dänemark und den Niederlanden.10 Zuchtsauen-Betriebe in Dänemark sind mit durchschnittlich 700 Sauen11 im Vergleich zu den Baden-Württembergischen mit 120 Sauen fast sechsmal so groß. Dänemark hat sich auf den Export von Ferkeln spezialisiert und kann, aufgrund der im Land aufgebauten Strukturen, große und genetisch einheitliche Ferkelpartien zu wettbewerbsfähigen Preisen exportieren. Auch Baden-Württemberg galt lange Zeit als bedeutendes Ferkelexportland, durch den Abbau der Zuchtsauenbestände müssen mittlerweile Ferkel importiert werden, um die heimischen Mastställe füllen zu können.12

Aufwandsarme Verfahren werden präferiert

Bei den Haltungsverfahren für Schweine gibt es eine eindeutige Präferenz: Die Haltung auf Voll- und Teilspaltenböden. Sie nimmt mit 64 % (Vollspalten) und 27 % (Teilspalten) den weit überwiegenden Teil (91 %) an den gesamten Haltungsplätzen ein. Der Anteil an Plätzen mit Vollspalten hat seit 2010 sogar um 8 Prozentpunkte zugenommen. Da die Betriebe immer größer werden, werden hinsichtlich der Entmistung aufwandsarme Stallformen bevorzugt. Ställe mit planbefestigtem Boden und Stroheinstreu haben dagegen an Bedeutung verloren. Während 2010 noch 12 % der Haltungsplätze diesem System zugeordnet werden konnten, waren es 10 Jahre später nur noch knapp 7 %. Schweinebetriebe mit ausschließlich diesem Verfahren hatten im Durchschnitt eine Kapazität für rund 31 Schweine. Es handelt sich hierbei vor allem um kleine Haltungen, die besonders von Aufgaben der Schweinehaltung betroffen sind. Tiefstreuställe oder andere Verfahren, wie zum Beispiel Tretmistställe, belegen mit einem Anteil von 3 % nur eine Nische in der Schweinehaltung. Auch die ökologisch-zertifizierte Haltung spielt weiterhin eine untergeordnete Rolle. 300 Bio-Höfe hielten 31 300 Schweine und damit nur 2 % des Gesamt­bestandes. Die Ställe waren hierbei zumeist ohne Spaltenböden. Drei Viertel aller Hal­tungsplätzen waren entweder mit Einstreu oder im Tiefstreu versehen.13

Im Hinblick auf eine Erhöhung der Tiergerechtheit sind die Aspekte Luftqualität und Bewegungsfreiheit in der Schweinehaltung von Bedeutung. Etwa 12 % aller Schweine standen 2020 in sogenannten Außenklima-Ställen, Zugang zu einem Auslauf hatten jedoch nur 5 % aller Schweine (Schaubild 6).

Wachstumsmarkt »Regionale Eiererzeugung«

Auf insgesamt 7 507 landwirtschaftlichen Betrieben wurden im Jahr 2020 Hühner gehalten. Der Bestand belief sich auf über 5 Mill. Tiere. Bis auf wenige Ausnahmen produzierten nahezu alle (98 %) Hühnerbetriebe auch Eier. Vom gesamten Hühnerbestand waren etwa zwei Drittel Legehennen, also 3,2 Mill. Tiere. Während zwischen 1999 und 2010 aufgrund des Verbots der konventionellen Käfighaltung eine deutliche Abnahme des Legehennenbestands (– 0,5 Mill. Tiere) zu verzeichnen war, ist zwischen 2010 und 2020 ein Anstieg über das Niveau aus dem Jahre 1999 (2,8 Mill. Tiere) hinaus festzustellen. Dagegen ist bei den Betriebszahlen, wie schon bei den anderen Tierarten, eine negative Entwicklung festzustellen. Die Anzahl der Legehennenbetriebe ging seit 1999 um 59 % zurück, wodurch der rechnerische Durchschnittsbestand von 155 auf 441 Hennen je Betrieb gestiegen ist. Der überwiegende Teil des Bestandes (89 %) befindet sich heutzutage in professionalisierten Betrieben mit 1 000 und mehr Haltungsplätzen.

Jede Dritte Henne im Freiland

Die Legehennenhaltung ist seit 2010 nicht nur quantitativ gewachsen, sondern auch die Haltung mit höheren Tierwohlstandards erfuhr deutliche Zunahmen. So stieg die Kapazität der Freilandhaltung um das Zweieinhalbfache (+ 0,8 Mill. Haltungsplätze). Vor 10 Jahren hatte nur jede fünfte Henne einen Freilandzugang, im Jahr 2020 bestand die Möglichkeit für mehr als jede dritte Henne. Das dominierende Haltungsverfahren blieb jedoch die Bodenhaltung mit einem Anteil von 63 % an den gesamten Haltungsplätzen. Die Haltungskapazität hat in dem 10-jährigen Zeitraum um 27 % auf insgesamt 2,3 Mill. Plätze zugenommen. Plätze in Käfighaltungen, wurden dagegen zum Großteil abgebaut oder in andere Haltungsverfahren umgewidmet (– 88 %), sodass diese nur noch einen Anteil von weniger als 1 % einnehmen (Schaubild 7).

Viele Ziegen in ökologischer Haltung

Die Haltung von Ziegen und Schafen weisen unterschiedliche Entwicklungen in Baden-Württemberg auf. Bei kaum veränderter Betriebsanzahl stieg der Ziegenbestand im vorherigen Jahrzehnt um ein Drittel von 25 206 auf 33 648 Tiere. Die Ziegenhaltung gewinnt vor allem durch die Ökobetriebe im Land an Aufwind. Im Jahr 2020 wirtschafteten von 2 585 Ziegenhalter 450 nach ökologischen Standards und hielten mit 11 002 Tieren (2010: + 67 %) fast ein Drittel des gesamten Ziegenbestandes. Das war der größte Öko-Anteil über alle Tierarten hinweg.

Die Schäferei mit 2 750 Betrieben hat im Vergleich zur Ziegenhaltung eine deutlich größere Bedeutung im Land. Der Schafbestand ist mit 240 971 Tieren um mehr als das Siebenfache größer als der Ziegenbestand. Seit 2010 ist die Zahl der Schäfer (– 6 %) sowie der Schafbestand (– 3 %) leicht rückläufig. Im Gegensatz dazu konnte für die ökologische Schafhaltung ein Anstieg des Bestandes um fast die Hälfte (+ 46 %) festgestellt werden. Trotzdem war nur 11 % des Gesamtbestandes in der ökologischen Schafhaltung wiederzufinden.

Die schaf- und ziegenhaltenden Betriebe wurden in der Landwirtschaftszählung 2020 nicht nach ihren Haltungsverfahren befragt. Da es sich um Weidetiere handelt und ihr Nutzen meist auch darin liegt, Landschaftspflege zu betreiben, verbringen die Tiere die meiste Zeit ihres Lebens auf der Weide. Die Grundsätze der Schaf- und Ziegenhaltung entsprechen damit stark dem Verständnis einer naturnahen und damit tiergerechten Haltung.

Ausblick

Die Nutztierhaltung und ihre zukünftige Entwicklung ist das Thema mehrerer Gremien. Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung unter Vorsitz des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert empfiehlt in ihrem Bericht die Nutztierhaltung in höhere Tierwohlstandards zu überführen. Die Borchert-Kommission stellt ein »grundlegendes Akzeptanzproblem« der intensiven Haltungsverfahren fest, das auf gesellschaftlicher Sicht beruht, aber auch aus fachlicher Perspektive zutrifft. Durch eine staatliche Förderung soll laut Kommission ein Umbau der Haltungsformen zu einem größeren Platzangebot je Tier und mehr Kontakt zum Außenklima stattfinden.14 Diese Empfehlung wird auch durch die Zukunftskommission Landwirtschaft unterstützt. Von ihr wird zusätzlich ein Abbau der Viehbestände gefordert.15 Ein noch viel größerer Faktor könnte jedoch der Lebensmitteleinzelhandel spielen. Hier wird von den großen Playern eine klare Richtung vorgegeben: das Angebot an Fleisch aus tiergerechterer Haltung soll deutlich gesteigert werden und konventionell erzeugtes Fleisch soll nach und nach aus dem Sortiment verschwinden. Von Politik und Fleischwirtschaft in Baden-Württemberg wurde ein Handlungsbedarf speziell auf dem Schweinefleischmarkt erkannt. Um eine Stabilisierung der Nachfrage zu erreichen, gibt es nun klare Bekenntnisse zu einer umfassenden regionalen Wertschöpfungskette, dem sogenannten »5xD« (Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Zerlegung/Verarbeitung in Deutschland).

1 Entweder auf Rinder, Schweine, Geflügel, Schafe, Ziegen oder Einhufer.

2 Harms, Jan/Wendl, Georg: Automatisierung in der Milchviehhaltung – Stand der Technik und Entwicklungstendenzen, in: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Strategien für zukunftsorientierte Milchviehbetriebe in Bayern, S. 15 ff.

3 LEL, Landwirtschaftliche Betriebsverhältnisse und Buchführungsergebnisse 2019/20, Heft 69, S. 20 ff.

4 Bullen, Färsen, Jungrinder, Kälber etc.

5 Dieses Merkmal wurde zur Landwirtschaftszählung 2020 neu eingeführt. Ein früherer Vergleichswert liegt deshalb nicht vor.

6 https://www.oekolandbau.de/fileadmin/redaktion/dokumente/erzeuger/Richtlinienvergleich_Bioverbaende_Tier_Tabelle_27.1.2020.pdf (Abruf 24.09.2021).

7 Eurostat.

8 BMEL, Versorgungsbilanz Fleisch 2020 vorläufig, https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/fleisch#c8501 (Abruf 11.10.2021).

9 Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN), Presseinfo vom 28.09.2021, https://www.schweine.net/news/isn-umfrage-zur-zukunft-der-schweinehaltung-2021.html (Abruf 29.09.2021).

10 BMEL, Statistische Jahrbuch 2020, Kapitel F, II.

11 Danmarks Statistik, 2020.

12 LEL, Agrarmärkte 2020, S. 181 ff.

13 Becker, Julia: »Zum Stand der ökologischen Landwirtschaft in Baden-Württemberg 2020«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 7/2021«.

14 Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, 11.02.2020.

15 Zukunftskommission Landwirtschaft, Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Rangsdorf 2021.