:: 12/2021

Investitionstätigkeit der Südwestindustrie bricht im Corona-Jahr 2020 erheblich ein

Die Investitionen der Südwestindustrie brachen im Jahr 2020 infolge der seit Beginn des Jahres 2020 weltweit getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus erheblich ein. Insbesondere die Investitionen in die konjunktursensiblen Ausrüstungsgüter verzeichneten gegenüber dem Vorjahr drastische Rückgänge. Die Indikatoren Investitionsintensität und Investitionsquote gingen deutlich zurück. Ein Rückgang der Investitionstätigkeit war im Jahr 2020 in fast allen Branchen zu beobachten. Nur wenige Branchen verzeichneten ein Investitionsplus. Die investitionsstärkste Industriebranche Baden-Württembergs, die »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen«, erlebte im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr einen drastischen Rückgang des Investitionsvolumens. In der Regionalbetrachtung gingen im Jahr 2020 in elf der insgesamt zwölf Regionen Baden-Württembergs die Investitionen gegenüber dem Vorjahr 2019 zurück. Insbesondere in der dominierenden Region Stuttgart sank die Investitionstätigkeit im Vorjahresvergleich empfindlich ab. Lediglich die Region Ostwürttemberg verzeichnete ein Plus der Investitionen. Die äußerst konjunktursensiblen Mietinvestitionen verzeichneten einen Einbruch nie dagewesener Größenordnung.1

Massiver Rückgang der Industriekonjunktur zu Beginn des Jahres, Erholung mit Hindernissen im Jahresverlauf

Ausgelöst durch die seit Beginn des Jahres 2020 weltweit getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus war die konjunkturelle Entwicklung der Südwestindustrie (i-Punkt) im Jahr 2020 zunächst von beispiellos ruckartigen und massiven Einbrüchen insbesondere im April und Mai 2020 geprägt. In den Folgemonaten verringerten sich die Rückgänge im Vorjahresvergleich und gegen Ende des Jahres 2020 setzte eine deutliche Erholung ein, die sich aktuell (im August 2021) gebremst zeigt. Preisbereinigt sank der Auftragseingangsindex im Verarbeitenden Gewerbe im April um 43,8 % und im Mai um 35,8 % gegenüber dem Vorjahr 2019. Insgesamt führte dies im 1. Halbjahr 2020 zu einem preisbereinigten Rückgang von 14,9 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im weiteren Jahresverlauf 2020 erholte sich die Auftragslage der Industriebetriebe Baden-Württembergs zusehends, sodass der Auftragseingangsindex preisbereinigt im Jahr 2020 insgesamt einen Rückgang von 3,5 % im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete.

Der Produktionsindex im Verarbeitenden Gewerbe sackte preisbereinigt im Vergleich zum Vorjahresmonat im April 2020 um 35,8 % und im Mai 2020 um 29,6 % ab. Im 1. Halbjahr 2020 führte dies insgesamt zu einem preisbereinigten Rückgang von 14,8 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch die Produktion erholte sich in den Folgemonaten – wenn auch schwächer als die Auftragseingänge. Insgesamt verzeichnete die Südwestindustrie im Jahr 2020 preisbereinigt einen Rückgang in der Produktion von 9,4 % im Vergleich zum Vorjahr.

Der Umsatzindex brach preisbereinigt im April um 40 % und im Mai 2020 um 30,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat ein. Insgesamt führte dies im 1. Halbjahr 2020 zu einem preisbereinigten Rückgang von 15,8 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch die Umsatzentwicklung erholte sich im weiteren Jahresverlauf, allerdings ebenfalls schwächer als die Auftragslage. Insgesamt verzeichnete die Südwestindustrie damit im Jahr 2020 preisbereinigt einen Umsatzrückgang von 9,2 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die dem Auftragseingang konjunkturell nachlaufende Produktion und der Umsatz blieben somit im Jahr 2020 und bislang auch im Jahr 2021 hinter den stark gestiegenen Auftragseingängen – die im Juni 2021 ein Rekordniveau erreichten – zurück.2

Investitionsvolumen sinkt im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 17,8 %

Die dem Konjunkturzyklus nachfolgende Investitionsentwicklung verzeichnete für die Südwestindustrie im Jahr 2020 einen erheblichen Rückgang im Vorjahresvergleich um 17,8 %. Damit lagen die zu aktivierenden, neu erworbenen bzw. selbst erstellten neuen Sachanlagen um 2,6 Milliarden (Mrd.) Euro unter dem Vorjahreswert und erreichten ein Volumen von 12 Mrd. Euro. Preisbereinigt3 sanken die Investitionen der baden-württembergischen Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe ebenfalls um 2,6 Mrd. Euro (– 18,8 %) auf 11,2 Mrd. Euro. In der Betrachtung der Investitionstätigkeit der Südwestindustrie über einen längeren Zeitraum werden die verschiedenen Trendzyklen deutlich (Schaubild 1). Zwischen den Jahren 1995 und 2001 nahmen die Investitionen mit einer Jahresdurchschnittsrate von 5,9 % per annum (p. a.) zu und erreichten ein Niveau von 9,9 Mrd. Euro im Jahr 2001. Nach dem Platzen der New-Economy-Blase rutschte das Investitionsvolumen im Jahr 2002 (– 1 Mrd. Euro bzw. – 10 % zum Vorjahr) deutlich ab und bewegte sich anschließend seitwärts. Ausgehend von dem Tiefpunkt im Jahr 2005 (8 Mrd. Euro) stieg die Investitionstätigkeit der baden-württembergischen Industriebetriebe entsprechend der Expansionsphase bis zum Jahr 2008 mit einer Zuwachsrate von im Schnitt 12,1 % p. a. auf 11,3 Mrd. Euro. Ein externer Schock, verursacht durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise, sorgte für einen starken Einbruch der Investitionen im Jahr 2009 (– 2,7 Mrd. Euro bzw. – 24,1 % zum Vorjahr). Ausgehend von diesem Tiefpunkt expandierte die Investitionstätigkeit der Industriebetriebe im Zeitraum der Jahre 2009 bis 2013 mit einer Wachstumsrate von 6,9 % p. a. wieder deutlich. Insbesondere die von starken Aufholungseffekten geprägten Jahre 2011 und 2012 konnten den im Jahr 2010 vorherrschenden Investitionsstau auflösen. Mit dem leichten Investitionsrückgang im Jahr 2014 sammelte die Südwestindustrie Kraft, um entsprechend der konjunkturellen Aufwärtsbewegung im Jahr 2015 mit einem Investitionsvolumen von 11,9 Mrd. Euro erstmals das Niveau des Vorkrisenjahres 2008 zu übertreffen und in den 3 Folgejahren jeweils neue Investitionshöchststände zu verzeichnen. Mit 7,5 % p. a. erzielten die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg im Zeitraum der Jahre 2014 bis 2018 beachtliche Wachstumsraten. Jedoch beendeten die Schwächephase der Industrie und das sich verschlechternde gesamtwirtschaftliche Umfeld diese Expansionsphase im Jahr 2019. Anfang des Jahres 2020 versetzte ein erneuter externer Schock, ausgelöst durch die weltweiten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus, der Südwestindustrie einen schweren Schlag und führte das Investitionsvolumen auf ein Niveau, vergleichbar mit dem Jahr 2015 zurück.

Vergleichsweise moderater Rückgang der Investitionen in Grundstücke und Bauten

Die in der amtlichen Statistik erfassten Investitionen setzen sich aus aktivierten Bruttozugängen an Sachanlagen in Grundstücke und Bauten (Immobilieninvestitionen) und Investitionen in Maschinen, maschinelle Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattung (Ausrüstungsinvestitionen) zusammen (Schaubild 1). Anhand der Anlagearten ist es möglich, grundsätzliche Tendenzen bezüglich des Investitionsanlasses abzuleiten. So bilden Immobilieninvestitionen annäherungsweise investive Ausgaben ab, die der Erweiterung von Produktionsmöglichkeiten dienen. Aufgrund der längeren Planungszeiträume reagieren diese weniger konjunktursensibel und wechseln in der Regel zyklisch zwischen expansiven Phasen beispielsweise der Jahre 1998 bis 2000, 2006 bis 2008, 2011 bis 2014 und 2018 sowie Phasen der Stagnation und des Rückgangs. So gingen die Investitionen in Grundstücke und Bauten nach dem bereits im Jahr 2019 eingeleiteten Rückgang im Jahr 2020 und im Vergleich zu den deutlich konjunktursensibleren Ausrüstungsinvestitionen moderat um 176 Millionen (Mill.) Euro (– 8,9 %) zurück und erreichten ein Volumen von 1,8 Mrd. Euro. Preisbereinigt sanken die Immobilieninvestitionen um 174 Mill. Euro (– 10,1 %) auf 1,5 Mrd. Euro. Der Strukturanteil an den Gesamtinvestitionen nahm damit wieder zu, von 13,5 % im Vorjahr auf 15 % (bzw. real von 12,4 % auf 13,8 %). Die deutlich konjunktur­sensibleren Ausrüstungsinvestitionen hingegen nahmen im Jahr 2020 deutlich stärker um 2,4 Mrd. Euro (– 19,2 %) auf 10,2 Mrd. Euro ab. Ein Rückgang vergleichbarer Größenordnung war zuletzt im Jahr 2009 als Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zu beobachten. Preisbereinigt gingen die Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls deutlich um 20 % auf 9,7 Mrd. Euro zurück. Der Anteil der Ausrüstungsinvestitionen an den Gesamtinvestitionen verringerte sich damit im Jahr 2020 auf 85 % (real: 86,2 %).

Investitionsintensität und Investitionsquote sinken deutlich ab

Um die Investitionstätigkeit der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes besser beurteilen zu können, ist es sinnvoll, die Investitionsausgaben mit anderen Wirtschaftskennzahlen in Verbindung zu setzen. So bildet die Investitionsintensität die Investitionen je Beschäftigten4 ab und beschreibt damit einen Indikator für die Entwicklung des Kapitaleinsatzes in der Produktion. Auch die Investitionsintensität verläuft zyklisch und in der Regel ähnlich der Investitionstätigkeit mit den jahresgleichen Hochpunkten in den Jahren 2001 (7 782 Euro je Beschäftigten), 2008 (9 225 Euro je Beschäftigten) und 2018 (11 113 Euro je Beschäftigten), der Stagnationsphase zwischen den Jahren 2002 und 2005 (im Schnitt 7 171 Euro je Beschäftigten) und dem Einbruch im Jahr 2009 (7 400 Euro je Beschäftigten bzw. – 19,8 % zum Vorjahr) im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Insbesondere die letzte und lange Expansionsphase vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2018 (im Schnitt 9 397 Euro je Beschäftigten) sorgte für eine deutliche Zunahme der Investitionsintensität auf zuletzt 11 113 Euro je Beschäftigten und entsprechend für eine deutliche Kapitalintensivierung der Produktionsprozesse. Mit dem Jahr 2019 ging dieser Zyklus zu Ende. Im Jahr 2020 lag die Investitionsintensität, vor dem Hintergrund eines wohlgemerkt starken Personalabbaus in der Südwestindustrie, mit 9 364 Euro Investitionskapital je Industriebeschäftigten um deutliche 14,7 % unter dem bereits rückläufigen Stand des Jahres 2019 (Schaubild 2). Ein Rückgang dieser Größenordnung war zuletzt ebenfalls im Jahr 2009 in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise zu beobachten.

Die Investitionsquote beschreibt in der amtlichen Industriestatistik das Verhältnis der in der Investitionserhebung im Verarbeitenden Gewerbe erfassten Investitionen zum nominalen Umsatz der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes. Die Beobachtung des Indikators über einen längeren Zeithorizont gibt Hinweise auf Veränderungen im Investitionsverhalten der Industriebetriebe. So spricht eine steigende Investitionsquote dafür, dass die Industriebetriebe verstärkt am heimischen Standort investieren.5 In Betrachtung des Verlaufs der Investitionsquote sank der Indikator von einem Niveau von etwa 4 % gegen Ende der 1990er-Jahre auf den Tiefpunkt von 3,1 % im Jahr 2005. In den Folgejahren 2006 bis 2008 erhöhte sich die Investitionsquote deutlich auf 3,8 %. Ein externer Schock, ausgelöst durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, unterbrach diese Expansionsphase und sorgte im Jahr 2009 für ein erneutes Absinken. Im aktuellen Konjunkturzyklus beginnend mit dem Jahr 2010 (3,2 %) verzeichnete die Investitionsquote trotz eines Rückgangs im Jahr 2014 und einer Stagnationsphase im Jahr 2015 einen deutlichen Anstieg. Auch hier endete der Zyklus im Jahr 2019. Im Jahr 2020 brach die Investitionsquote der Betriebe der Südwestindustrie deutlich auf 3,5 % ein und lag damit auf einem Niveau vergleichbar mit dem des Jahres 2015 (Schaubild 2).

Anteil der Branche »Herstellung von Kraftwagen- und Kraftwagenteilen« am gesamten Investitionsrückgang beläuft sich auf 65,6 %

Die Situation des Industriestandorts Baden-Württemberg ist traditionell eng mit der Entwicklung seiner Schlüsselindustrien verknüpft. Insbesondere die umsatzstärkste Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« beeinflusst das Ergebnis der Investitionserhebung im Verarbeitenden Gewerbe wesentlich (Tabelle). Im Jahr 2020 sank die Investitionstätigkeit der Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« um starke 1,7 Mrd. Euro (– 31 %) auf ein Volumen von 3,8 Mrd. Euro. Damit entfällt auf die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« ein Anteil von rund 65,6 % am gesamten Investitionsrückgang im Verarbeitenden Gewerbe. Der Anteil der Branche an den Gesamtinvestitionen ging entsprechend deutlich auf 31,6 % (2019: 37,7 %) zurück. Dennoch bleibt sie damit die bei weitem investitionsstärkste Branche in der Südwestindustrie. Rückläufige Investitionen im Jahr 2020 verzeichnete ebenso die gemessen am Beschäftigungsstand größte und bezogen auf die Investitionstätigkeit zweitgrößte Branche der Südwestindustrie, der »Maschinenbau«. So verbuchte die Branche im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang des Investitionsvolumens um 508 Mill. Euro (– 20,2 %) auf ein Niveau von 2 Mrd. Euro. Der Anteil des »Maschinenbaus« an den Gesamtinvestitionen sank damit im Jahr 2020 auf 16,7 % (2019: 17,2 %). Zusammengenommen investierten die zwei dominierenden Branchen damit etwas weniger als die Hälfte (48,3 %) des Gesamtvolumens der Südwestindustrie (2019: 54,9 %). Insgesamt verlor die Investitionstätigkeit der baden-württembergischen Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2020 in der Breite deutlich an Wirkung. So verzeichneten fast alle Branchen im Jahr 2020 einen Rückgang der Investitionstätigkeit im Vergleich zum Vorjahr. Nur wenige Branchen verzeichneten einen Investitionszuwachs. Die drei bedeutendsten Branchen mit einem Zuwachs an Investitionen waren die Branchen zur »Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen« mit einem Plus von 38 Mill. Euro (+ 6,1 %) im Vergleich zum Vorjahr auf ein Niveau von 667 Mill. Euro, die Branche zur »Herstellung von Papier, Pappe und Waren« mit einem Plus von 179 Mill. Euro (+ 42,1 %) im Vergleich zum Vorjahr auf ein Niveau von 603 Mill. Euro und die Branche zur »Herstellung von chemischen Erzeugnissen« mit einem Plus von 163 Mill. Euro (+ 54,9 %) im Vergleich zum Vorjahr auf ein Niveau von 460 Mill. Euro.

Region Stuttgart verbucht deutlichen Rückgang an Industrieinvestitionen

Die Industriestruktur Baden-Württembergs ist im Hinblick auf die regionale Verteilung von Schwerpunktregionen geprägt (Schaubild 3). Die Region Stuttgart, mit einer hohen Konzentration an Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes, bildet das baden-württembergische Industriezentrum. Vor allem die dort ansässige Automobilindustrie beeinflusst das industriewirtschaftliche Ergebnis des Landes wesentlich. Im Jahr 2020 verbuchte die Region Stuttgart einen deutlichen Rückgang der Industrieinvestitionen um 1,2 Mrd. Euro (– 23,3 %) zum Vorjahr auf ein Volumen von 4 Mrd. Euro. Damit liegen die Investitionen in etwa auf dem Niveau des Jahres 2015. Der Anteil der Region an den gesamten Industrieinvestitionen ist somit auf 33,4 % zurückgegangen (2019: 35,8 %). Die Region Heilbronn-Franken bildet insbesondere mit dem Landkreis Heilbronn einen weiteren Industrieschwerpunkt in Baden-Württemberg. Im Jahr 2020 sank hier das Investitionsvolumen um 329 Mill. Euro (– 22,5 %) auf 1,1 Mrd. Euro. Nach dem Rekordjahr 2017 mit einem Zuwachs von 470 Mill. Euro (+ 33,5 %) auf ein Niveau von 1,9 Mrd. Euro verbuchte die Region 3 Jahre in Folge rückläufige Investitionsvolumina und liegt nun leicht unter dem Niveau des Jahres 2013. Mit einem entgegengesetzt verlaufenden 3-jährigen Anstieg der Investitionen in der Region Ostwürttemberg liegt diese im Jahr 2020 mit einem Plus von 269 Mill. Euro (+ 31,8 %) gegenüber dem Vorjahr und einem Investitionsvolumen von insgesamt ebenfalls rund 1,1 Mrd. Euro nun gleichauf mit der Region Heilbronn-Franken.

Insgesamt hat die Corona-Pandemie die Investitionstätigkeit der Südwestindustrie in fast der gesamten Breite der Regionen deutlich zurückgeworfen. So ging das Investitionsvolumen im Jahr 2020 in elf der zwölf Regionen Baden-Württembergs deutlich zurück. Damit erzielten seit dem Jahr 2008 auch nur sieben der zwölf (bzw. in der preisbereinigten Betrachtung nur zwei der zwölf) Regionen positive Jahreswachstumsraten für die Industrieinvestitionen. Über den Jahreswachstumsraten im Landesschnitt (0,5 % p. a., bzw. real – 0,5 % p. a.) lagen nur die Regionen Ostwürttemberg (5,5 % p. a., bzw. real 4,4 % p. a.), die Region Donau-Iller (1,4 % p. a., bzw. real 0,2 % p. a.) und die Region Stuttgart (1,0 % p. a., bzw. real – 0,1 % p. a.).

Drastischer Einbruch der Mietinvestitionen am aktuellen Rand

Als Ergänzung zu den vorangehend in diesem Beitrag beschriebenen aktivierten Bruttoanlageinvestitionen, erhebt die amtliche Statistik ebenfalls neu gemietete und gepachtete neue Sachanlagen, sogenannte Mietinvestitionen (i-Punkt), um die Investitionstätigkeit der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes umfassender darzustellen. Das Leasing von Sachanlagegütern ermöglicht es Betrieben, flexibler auf sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Entsprechend zeigen sich die Mietinvestitionen in der Regel noch deutlich konjunktursensibler als die Ausrüstungsinvestitionen. Die Betriebe der Südwestindustrie investierten im Jahr 2020 rund 1,4 Mrd. Euro in neu gemietete und gepachtete neue Sachanlagen. Nach dem Rekordvolumen im Jahr 2019 (2,4 Mrd. Euro) brachen damit die Mietinvestitionen im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 41,6 % ein. Der Anteil der Mietinvestitionen an den Gesamtinvestitionen ging somit auf 10,4 % zurück. Damit liegt der Anteil der Mietinvestitionen an den Gesamtinvestitionen wieder auf dem Niveau des Jahres 2013. Wobei das Jahr 2013 in der Trendbetrachtung einen Tiefpunkt der Mietinvestitionen gemessen an den Gesamtinvestitionen darstellt (Schaubild 4).

Investitionstätigkeit dürfte in 2021 trotz bestehender Unsicherheiten wieder ansteigen

Die weltweit beobachtbaren starken Verwerfungen im Jahr 2020 brachten den Welthandel deutlich durcheinander. Im Jahr 2021 folgten weitere Sondereffekte, wie die Blockade des Suezkanals und vorübergehend gesperrte Häfen, die den internationalen Güterhandel und damit auch die wirtschaftliche Erholung weiter störten. Einen branchenspezifischen Sondereffekt, der aber auch schon vor der Corona-Krise bestand, stellt der Mangel an Halbleitern dar, der wegen der dominanten Automobilindustrie einen erheblichen Einfluss auf die Südwestkonjunktur im Jahr 2021 ausübte.

Die aus dem Takt geratene Gesamtchoreografie der arbeitsteiligen Weltwirtschaft mit der Folge von Lieferengpässen kommt in der Entwicklung der Importpreise und der Erzeugerpreise deutlich zum Ausdruck. So waren die Importpreise beispielsweise im August 2020 insgesamt noch um 4 % niedriger als im August 2019. Wobei der Rückgang zunächst vor allem durch die Entwicklung der Importpreise für Energie beeinflusst wurde (– 26,2 %). Daneben trugen aber auch die Importpreise für Vorleistungsgüter, die im August 2020 noch um 2,7 % unter denen des Vorjahresmonats im August 2019 lagen, zum Rückgang bei.6 Eine vergleichbare aber schwächere Entwicklung zeigte sich bei den Erzeugerpreisen im Bereich der Vorleistungsgüter. Auch sie gingen im Zuge der Corona-Krise zurück.7 Mit der raschen wirtschaftlichen Erholung drehte sich das Bild schließlich gegen Ende des Jahres 2020. Aktuell lagen zum Juli 2021 bzw. August 2021 sowohl die Importpreise von Vorleistungsgütern (+ 19,2 %)8 als auch die inländischen Erzeugerpreise von Vorleistungsgütern (+ 17,1 %)9 gegenüber dem Vorjahresmonat Juli 2020 bzw. August 2020 deutlich im Plus.10

Die Entwicklung der Importpreise und der Erzeugerpreise, sowie die im Jahr 2021 auf Rekordniveau gestiegenen Auftragseingänge lassen erkennen, dass die gebremste wirtschaftliche Entwicklung der Südwestindustrie im Jahr 2021 zum Teil auch auf Wachstumsschmerzen zurückzuführen ist. Entsprechend dürfte Investitionsbereitschaft vorhanden sein und sollten sich die Investitionen im Jahr 2021 nach den massiven Einbrüchen im Jahr 2020 erholen. Welchen Einfluss dabei die weiterhin bestehenden Unsicherheiten und Lieferengpässe im Ergebnis auf die Investitionstätigkeit im Jahr 2021 hatten wird die Investitionserhebung 2021 zeigen.11

1 Dieser Beitrag analysiert die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe und die Industriestruktur der Südwestindustrie für das Berichtsjahr 2020 und somit das 1. Jahr der Corona-Pandemie.

2 Weiterführende Informationen, Daten und Grafiken zur Südwestindustrie finden Sie unter: https://www.statistik-bw.de/Industrie/Konjunktur (Abruf: 27.09.2021).

3 Die realen Werte sind geschätzt unter Heranziehung des Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz) – Erzeugnisse der Investitionsgüterproduzenten – und des Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude in Baden-Württemberg (Basisjahr jeweils 2015 = 100).

4 Beschäftigtenstand Ende September.

5 Für weitergehende Informationen siehe auch: Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V. an der Universität Tübingen (IAW) (2015): Leidet der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg an einer Investitionsschwäche?

6 Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 382 vom 30.09.2020

7 Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 364 vom 18.09.2020

8 Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 405 vom 27.08.2021

9 Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 442 vom 20.09.2021

10 Vergleiche auch Statistisches Bundesamt: Vergleich Corona- und Finanzmarktkrise – Krisenmonitor. https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Corona/krisenmonitor.html (Abruf 27.09.2021)

11 Vergleiche Ifo Konjunkturprognose Sommer 2021: Deutsche Wirtschaft im Spannungsfeld zwischen Öffnung und Lieferengpässen, in: Ifo Schnelldienst, Sonderausgabe Juni 2021, 74. Jahrgang, S. 4–5 und 32–34.