:: 12/2021

Umweltökonomische Gesamtrechnungen der Länder

Statistische Informationen über Umwelt und Nachhaltigkeit

Die Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (UGRdL) beschreiben auf regionaler Ebene die Wechselbeziehungen zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten, privaten Haushalten und Umwelt sowie die Veränderungen zahlreicher Umweltbereiche. Sie stellen damit statistische Grundlagen für wichtige umweltrelevante Indikatoren bereit und unterstützen die Gestaltung, Beobachtung und Überprüfung umweltpolitischer Maßnahmen der Bundesländer.

Wie nachhaltig ist die Inanspruchnahme der Umwelt durch Wirtschaft und Gesellschaft?

Für alle wirtschaftlichen Aktivitäten, Produktion und Konsum, von der Landwirtschaft über die Industrie und die verschiedenen Bereiche des Dienstleistungssektors bis hin zu Freizeitaktivitäten werden nicht nur Arbeit und produziertes Vermögen eingesetzt. In erheblichem Umfang wird auch Naturvermögen in Anspruch genommen. Zu den natürlichen Ressourcen zählen Rohstoffe wie beispielsweise Energieträger sowie Bau- und Industriemineralien, biotische Rohstoffe und Wasser. Aber auch die Bodenfläche, die als Standort für Einrichtungen und Aktivitäten von Produktion (zum Beispiel für Industriestrandorte, landwirtschaftliche Nutzflächen) oder auch sonstige Aktivitäten wie Konsum, Erholung und Freizeit genutzt wird, zählt zum Naturvermögen. Auf der anderen Seite wird Natur als Senke ge- bzw. verbraucht, also als Auffangbecken für die durch Produktion und Konsum entstandenen Rest- und Schadstoffe, wie Luftemissionen, Abwässer und verschiedenste Abfälle.

Für die Betrachtung der Nachhaltigkeit der Inanspruchnahme der Umwelt durch Wirtschaft und Gesellschaft dienen unterschiedliche Umwelteinsatzfaktoren beispielsweise aus den Bereichen Abfall, Energie, Rohstoffe, Emissionen, Material- und Energieflussrechnung, Wasserflussrechnung, Fläche und Raum, Umweltschutz sowie Verkehr. Darüber hinaus wird zudem die Effizienz bzw. Produktivität der Nutzung der verschiedenen Einsatzfaktoren herangezogen. Dafür wird die Veränderung der Umweltnutzung in Bezug zur ökonomischen Entwicklung gesetzt und gibt Auskunft darüber, wie effektiv die Umwelteinsatzfaktoren genutzt werden. Zielsetzung ist es, die Produktivität der Nutzung zu steigern und damit die Inanspruchnahme der Umwelt von der Wirtschaftsleistung zu entkoppeln.

Indikatoren zu Materialeinsatz und Rohstoffverbrauch

Einen bedeutsamen Bereich bei der Betrachtung der Umweltinanspruchnahme stellen die Indikatoren zu Materialeinsatz und Rohstoffverbrauch dar. Ausgangsgröße für die statistische Betrachtung des Verbrauchs an Rohstoffen für Produktion und Konsum ist der direkte Materialeinsatz DMI (Direct Material Input). Der direkte Materialeinsatz, der jeweils auf ein Bundesland bezogen ist, setzt sich zusammen aus der verwerteten Entnahme erneuerbarer (biotischer) und nicht erneuerbarer (abiotischer) Rohstoffe aus der Natur des jeweiligen Gebietes sowie aus der Einfuhr von Rohstoffen und Gütern aus dem Ausland zuzüglich des Saldos des Austausches von Gütern zwischen den Bundesländern. Im Jahr 2019 betrug der DMI bundesweit insgesamt rund 1,7 Milliarden Tonnen (Mrd. t). In Baden-Württemberg summierte sich der direkte Materialeinsatz auf zusammen knapp 174 Millionen Tonnen (Mill. t), das waren 137,2 Mill. t abiotische und 36,8 Mill. t biotische Materialien. Zu den abiotischen Rohstoffen zählen (fossile) Energieträger wie Kohle, Öl und Gas, Erze sowie mineralische Rohstoffe. Die mineralischen Rohstoffe und Erzeugnisse machten mit rund 95,1 Mill. t (69,3 %) den bei weitem größten Anteil am Materialeinsatz aus. Hierzu gehören Bau- und Industriemineralien, insbesondere Bausande, andere natürliche Sande sowie Natursteine. In der längerfristigen Betrachtung zeigen sich stärkere Schwankungen beim Materialeinsatz im Land. Das betrifft sowohl die Gesamtmenge als auch die Zusammensetzung. In der zeitlichen Entwicklung zeigen sich beim Einsatz sowohl nachwachsender als auch nicht nachwachsender Rohstoffe wechselnde Tendenzen. Vor allem die Einsatzmenge mineralischer Rohstoffe und Erzeugnisse ist durch deutliche Schwankungen geprägt, da diese zum überwiegenden Teil an den Bedarf an Baumaterialien geknüpft sind.

Entwicklung des Verbrauchs abiotischer Rohstoffe und Produktivität

Der Verbrauch an nicht nachwachsenden (abiotischen) Rohstoffen betrug im Jahr 2019 bundesweit rund 1,3 Mrd. t. In den meisten Bundesländern ging der Verbrauch an abiotischen Rohstoffen im Jahr 2019 zurück. Im Durchschnitt der Bundesländer betrug der Rückgang 1,6 %. In Baden-Württemberg betrug der Rohstoffverbrauch insgesamt 137,2 Mill. t. Somit entfiel ein Anteil von rund 10 % am gesamten Rohstoffverbrauch auf den Südwesten. Gegenüber dem Vorjahr ist der Rohstoffverbrauch im Land demnach um 3 % zurückgegangen. Der Verbrauch an abiotischen Rohstoffen im Land setzte sich zu rund 21 % aus Energieträgern, 9 % Erzen und 69 % sonstigen mineralischen Rohstoffen (ganz überwiegend Baumineralien) sowie deren Erzeugnissen zusammen. Nennenswerte Zuwächse verzeichneten dagegen die Länder Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, das Saarland sowie Berlin.

Die Rohstoffproduktivität als Verhältnis des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zum abiotischen Rohstoffverbrauch ist ein bedeutsamer Indikator für die Effizienz beim Umgang mit Naturressourcen. Die Bundesregierung hat in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel festgelegt, die Rohstoffproduktivität im Bundesgebiet bis zum Jahr 2020 gegenüber 1994 zu verdoppeln. Im Zeitraum zwischen 1994 und 2019 hat die Rohstoffproduktivität in allen Bundesländern zugenommen (Tabelle 1). Die starken Zuwächse in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo sich die Rohstoffproduktivität mehr als verdoppelt hat, wurden größtenteils durch umfangreiche Produktionsstilllegungen und die Modernisierung von Industriestandorten nach der Wiedervereinigung ausgelöst. In Baden-Württemberg konnte die Rohstoffproduktivität seit 1994 um 71 % erhöht werden (Schaubild). In Bayern lag die Steigerung bei 67 %. Die geringsten Zunahmen wiesen Bremen (+ 20 %) und das Saarland (+ 12,5 %) aus.

Der in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 festgelegte Indikator Gesamtrohstoffproduktivität setzt den Wert aller an die letzte Verwendung abgegebenen Güter (in Euro, preisbereinigt) in Relation zur Masse der für ihre Produktion im In- und Ausland eingesetzten Rohstoffe (in Tonnen). Die letzte Verwendung umfasst dabei sowohl inländischen Konsum und inländische Investitionen als auch den Export. Im Nenner des Indikators werden sowohl aus der Umwelt entnommene abiotische und biotische Rohstoffe berücksichtigt als auch Pflanzenmaterial, das durch die Land- und Forstwirtschaft produziert wurde.1

Für eine Regionalisierung der Gesamtrohstoffproduktivität (Länderebene) stehen allerdings keine Input-Output-Tabellen zur Verfügung. Daher wird das BIP mit dem Rohstoffverbrauch bzw. Materialeinsatz ohne indirekte Importe ins Verhältnis gesetzt. Alternativ werden folgende drei Indikatoren aus der UGRdL verwendet: Produktivität des Direkten Materialeinsatzes (BIP/DMI inklusive Empfang aus Intrahandel), dieser Indikator entspricht der Gesamtrohstoffproduktivität am ehesten, lässt sich aber nicht zum Deutschlandwert summieren. Weiterhin die Rohstoffproduktivität (BIP/DMIa inklusive Saldo), die dem seit 1994 und noch bis 2020 gültigen Bundesindikator entspricht, und die Produktivität des inländischen Materialverbrauchs (BIP/DMC), die über alle Bundesländer auf den Deutschlandwert aufsummierbar ist.

Weitere ausgewählte Umwelteinsatzfaktoren für Baden-Württemberg beinhaltet Tabelle 2. So betrug der Primärenergieverbrauch in Baden-Württemberg vorläufigen Berechnungen zufolge im Jahr 2019 rund 1 408 Petajoule (PJ). Das war ein Anstieg von lediglich 0,07 % gegenüber 2018. Der Verbrauch an Primärenergie wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die zu jährlichen Schwankungen bei den Verbrauchsmengen führen. So spielen neben der konjunkturellen Lage auch der witterungsbedingte Bedarf an Heizenergie, die Entwicklung der Bevölkerungszahlen sowie die Energiepreise eine Rolle. Bundesweit ging 2019 der Primärenergieverbrauch um rund 2,5 % im Vergleich zum Vorjahr auf 12 805 PJ zurück.

Diese und weitere interessante Ergebnisse zur Umweltbeanspruchung und -belastung in Baden-Württemberg enthält das Internetangebot des Statistischen Landesamtes. Auf der Internetpräsenz des Arbeitskreises Umweltökonomische Gesamtrechnungen der Länder (AK UGRdL) im Statistikportal des Bundes und der Länder werden alle Daten für die Bundesländer in Form von Tabellen und Grafiken bereitgestellt. In einem interaktiven Dashboard (siehe Abbildung) können mithilfe unterschiedlicher Funktionalitäten grafisch aufbereitete Daten zu relevanten Umweltthemen abgerufen werden: https://www.statistikportal.de/de/ugrdl.

Auch die neue Ausgabe der Gemeinschaftsveröffentlichung des AK UGRdL »Indikatoren und Kennzahlen, Tabellenband 2021« ist erschienen und steht im Statistikportal zur Verfügung.

Ergänzend stellt eine auf statistischen Methoden basierende Trendanalyse anschaulich dar, in welche Richtung sich die Umwelt- und Nachhaltigkeitsindikatoren, wie beispielsweise der Anteil erneuerbarer Energieträger an der Bruttostromerzeugung, in den vergangenen 10 Jahren in Baden-Württemberg und den anderen Bundesländern entwickelt haben. Bei der Auswahl der Indikatoren standen die 17 globalen Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen im Fokus. Die Methoden und das Datenangebot der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder werden laufend weiterentwickelt.

1 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2018): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Indikatorenbericht 2018.