:: 12/2021

Im statistischen Porträt: Der Ortenaukreis

Dieses statistische Porträt widmet sich dem an der Grenze zu Frankreich gelegenen Ortenaukreis. Die Rheinebene und der Schwarzwald prägen das äußerst vielfältige Landschaftsbild des flächengrößten Kreises Baden-Württembergs. Die starke Wirtschaft des Landkreises mit Schwerpunkt im Produzierenden Gewerbe profitiert auch von der unmittelbaren Nähe zur Europahauptstadt Straßburg in Frankreich.

Rhein und Schwarzwald prägen das Landschaftsbild

Der Ortenaukreis liegt im Westen des Landes Baden-Württemberg. Er gehört zur Region Südlicher Oberrhein im Regierungsbezirk Freiburg. Im Uhrzeigersinn ist der Ortenaukreis umgeben von den Landkreisen Raststatt, Freudenstadt und Rottweil sowie Schwarzwald-Baar-Kreis und Emmendingen. Im Westen bildet der Rhein über eine Länge von 60 Kilometern die natürliche Grenze zur französischen Region Grand Est. Eines der insgesamt zwei gemeindefreien Gebiete Baden-Württembergs, das gemeindefreie Gebiet Rheinau, befindet sich rechtsrheinisch entlang der südwestlichen Kreisgrenze. Das unbewohnte, überwiegend bewaldete Gebiet umfasst eine Fläche von 994 Hektar (ha).

Ende des Jahres 2020 lebten insgesamt 432 580 Menschen in den 16 Städten und 35 Gemeinden des Landkreises. Mit einer Fläche von 186 029 ha1 ist der Ortenaukreis der mit Abstand flächengrößte Landkreis Baden-Württembergs. Die Bevölkerungsdichte lag bei 234 Einwohner bzw. Einwohnerinnen pro Quadratkilometer (Einw./km2), landesweit kamen im Jahr 2020 auf 1 km2 311 Menschen; folglich gehört der Ortenaukreis zu den weniger dicht besiedelten Kreisen des Landes.

Die bevölkerungsreichste Stadt und zugleich Verwaltungssitz des Landkreises ist die große Kreisstadt Offenburg mit 60 388 Einwohnern. In der kleinsten Gemeinde des Kreises, dem Luftkurort Seebach, lebten Ende vergangenen Jahres 1 425 Menschen.

Zuordnung zu den Naturräumen Mittleres Oberrhein-Tiefland und Schwarzwald

Der Ortenaukreis hat Anteil an den zwei Naturräumen Mittleres Oberrhein-Tiefland und Schwarzwald.2 Zum Mittleren Oberrhein-Tiefland zählen die Offenburger Rheinebene, die Lahr-Emmendinger Vorberge sowie die Ortenau-Bühler Vorberge. Das Mittlere Oberrhein-Tiefland ist ein vergleichsweise dicht besiedeltes Gebiet mit fruchtbaren, meist durchlässigen Böden, sommerwarmem Klima und ausreichend Niederschlag. Dies bietet die idealen Voraussetzungen für den Wein- und Obstanbau.

Im Naturraum Schwarzwald hat der Ortenaukreis Anteile am Grindenschwarzwald und an den Enzhöhen, am Nördlichen Talschwarzwald und am Mittleren Schwarzwald. Aufgrund der Kargheit der Böden in den Höhen und den oft schneereichen Wintern gibt es hier ausgedehnte Waldlandschaften. In den Tälern auf den Gebirgsterrassen finden sich die Siedlungen; die Wald- und Grünlandwirtschaft spielt hier eine bedeutende Rolle. In den Tälern zur Rheinebene hin wird durch die günstige Sonneneinstrahlung der Anbau von Wein ermöglicht.

Gemäß des Landesentwicklungsplanes 20023 werden die Städte und Gemeinden des Landkreises Ortenaukreis den Raumkategorien »Ländlicher Raum im engeren Sinne« (40 Städte und Gemeinden) und »Verdichtungsbereich im Ländlichen Raum« (elf Städte und Gemeinden) zugeordnet. Die dem Ländlichen Raum im engeren Sinne zugeordneten Gemeinden weisen mit ihrem hohen Freiraumanteil ein weithin agrarisch geprägtes Landschaftsbild auf. Die Gemeinden im »Verdichtungsbereich Offenburg/Lahr/Kehl« sind laut Landesentwicklungsplan definiert als »Stadt-Umland-Bereiche mit engen Verflechtungen und erheblichen Siedlungsverdichtungen, die jedoch nicht an Verdichtungsräume grenzen«. Die Grenzstadt Kehl, nach Offenburg und Lahr/Schwarzwald die nach der Einwohnerzahl drittgrößte Stadt im Ortenaukreis, ist nicht zuletzt aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Europastadt Straßburg ein bedeutender Wirtschaftsstandort der Region.

Fast die Hälfte der Kreisfläche ist bewaldet

Die Forstwirtschaft und der Anbau von Wein und Obst prägen einen Großteil des Land­schaftsbildes im Kreis. Im Jahr 2020 wurde mit einem Anteil von 47 % fast die Hälfte der gesamten Bodenfläche des Landkreises als bewaldete Fläche ausgewiesen.4 Für Baden-Württemberg insgesamt lag der Anteil der bewaldeten Fläche mit 37,8 % deutlich niedriger. 37,5 % der Fläche des Ortenaukreises wurde landwirtschaftlich genutzt (Land: 45 %), 12,1 % waren Siedlungs- und Verkehrsfläche (Land: 14,7 %).

Bevölkerungswachstum der letzten 50 Jahre auf Landesniveau

Die Bevölkerungszahl im Landkreis Ortenaukreis hat seit der Volkszählung 1970 deutlich zugenommen. Ausgehend von 346 781 Personen im Jahr 1970 stieg die Bevölkerung auf 432 580 Einwohner im Jahr 2020 an. Die Bevölkerungszunahme lag mit einem Plus von 24,7 % auf Landesniveau: In Baden-Württemberg insgesamt wurde im selben Zeitraum eine Zunahme von 24,8 % verzeichnet (Schaubild 1).

Die hohen Geburtenzahlen in den 1950er- und 1960er-Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges führten zu einer vergleichsweise großen Generation, den sogenannten »Baby-Boomern«. Dies spiegelt sich auch in den Bevölkerungszahlen des Landkreises Ortenaukreis wider: Bis zum Jahr 1974 stieg die Bevölkerung im Ortenaukreis auf 356 910 Einwohner an. In den darauffolgenden Jahren ging die Bevölkerungszahl zunächst leicht zurück, um dann ab 1986 nahezu kontinuierlich bis heute anzusteigen.5 Insbesondere in den Jahren 1989 und 1990 rund um den Mauerfall und die Wiedervereinigung nahm die Bevölkerungszahl überdurchschnittlich stark zu.

Geburtendefizit, jedoch hohe Wanderungsgewinne

Wie sich die Bevölkerung entwickelt, hängt zum einen von den natürlichen Bevölkerungsbewegungen, also von den Geburten und Sterbefällen, ab. Zum anderen beeinflussen räumliche Bevölkerungsbewegungen, die Wanderungen, die Bevölkerungszahl.

Seit 2005 wird im Ortenaukreis durchweg ein Geburtendefizit verzeichnet, das heißt es sind mehr Menschen gestorben als geboren. Mit 4 134 Geburten und 4 900 Gestorbenen lag das Geburtendefizit im Jahr 2020 bei 766 Personen. Nur im Jahr 2013 wurde mit – 773 ein höheres Defizit erreicht (Schaubild 3).

Im Zeitraum von 1970 bis heute zogen mit einem Plus von 103 420 deutlich mehr Menschen in den Landkreis Ortenaukreis als fort. Die höchsten Wanderungsgewinne wurden in den Jahren 1989 bis 1992 erzielt; im Jahr 1992 mit einem Plus von 6 547 der höchste Wert innerhalb der letzten 50 Jahre. In den Jahren rund um die Wiedervereinigung sind nicht wenige aus den neuen Bundesländern nach Baden-Württemberg gezogen. Die ebenfalls recht hohe Zunahme von 5 142 Menschen im Jahr 2015 ist hauptsächlich auf die Zuwanderung von Schutzsuchenden in eben diesem Jahr zurückzuführen.

Wanderungsverluste gab es im Landkreis in den Jahren 1975 bis 1977, unter anderem infolge der Rezession nach der Ölkrise 1973, sowie Mitte der 1980er-Jahre. Seitdem fiel der Wanderungssaldo im Landkreis Ortenaukreis durchweg positiv aus.

Bevölkerungsvorausberechnung: Unterdurchschnittliches Bevölkerungswachstum …

Basierend auf den Ergebnissen der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Basisjahr 20176 zeigt sich, dass die Bevölkerung nach der Hauptvariante der Vorausberechnung ausgehend von 425 932 Personen 2017 auf 435 964 Personen im Jahr 2035 ansteigen könnte. Dies entspricht einem Plus von 2,4 % bzw. einer jahresdurchschnittlichen Zunahme von rund 669 Personen (Nebenvariante: + 0,8 %). Für die Gesamtbevölkerung des Landes hingegen wird für denselben Zeitraum ein deutlich größerer Zuwachs der Bevölkerung in Höhe von 3,1 % vorausberechnet; im Vergleich aller 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs liegt der Ortenaukreis hinsichtlich des vorausberechneten Bevölkerungswachstums demnach im unteren Drittel auf Platz 34.

… bei zunehmender Alterung der Bevölkerung

Sowohl die Bevölkerung im Landkreis Ortenaukreis als auch die Gesamtbevölkerung im Land wird nach den Ergebnissen der Bevölkerungsvorausberechnung bis 2035 immer älter. Im Jahr 2017, dem Basisjahr der Bevölkerungsvorausberechnung, lag das Durchschnittalter im Ortenaukreis bei 44 Jahren. Bis 2035 könnte dieses um ganze 2,2 Jahre auf 46,2 Jahre ansteigen. Im Landesdurchschnitt ist die Bevölkerung etwas jünger; 2017 lag das Durchschnittsalter bei 43,3 Jahren. Auf Landesebene wird das Durchschnittsalter nach den Ergebnissen der Vorausberechnung bis 2035 ebenfalls um 2,2 Jahre auf 45,6 Jahre zunehmen.

Eine differenzierte Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung nach drei Hauptaltersgruppen zeigt, dass sich die Altersstruktur zugunsten der älteren und zulasten der jüngeren Bevölkerungsgruppen verschiebt. Im Jahr 20207 waren 19,4 % der Menschen im Ortenaukreis unter 20 Jahre alt, 59,2 % fielen in die Altersgruppe von 20 bis unter 65 Jahren, 21,4 % der Bevölkerung waren 65 Jahre und älter. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung lag im Jahr 2020 im Ortenaukreis bei 44,3 Jahren, in Baden-Württemberg bei 43,8 Jahren.

Nach den Ergebnissen der Bevölkerungsvorausberechnung könnte bis 2035 insbesondere der Anteil der Menschen im Alter von 65 Jahren und älter stark ansteigen: Unter den Annahmen der Vorausberechnung sinkt der Anteil der unter 20-Jährigen bis 2035 auf 9 %, in die Altersgruppe von 20 bis unter 65 Jahren fallen noch 53 % der Bevölkerung. Der Anteil der Älteren ab 65 Jahren könnte hingegen deutlich um fast 7 Prozentpunkte auf 28 % ansteigen.

Der Gesamtquotient8, der die Bevölkerung unter 20 Jahren sowie im Alter von 65 Jahren und älter zu der Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 65 Jahren ins Verhältnis setzt, lag im Jahr 2020 bei 68,8 und könnte nach den Ergebnissen der Vorausberechnung bis 2035 auf 88,8 steigen. Das bedeutet, im Jahr 2020 standen 100 Personen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren 68,8 Personen der Altersgruppen unter 20 und 65 Jahre und älter gegenüber; im Jahr 2035 werden es bereits 88,8 Personen sein. Diese Verschiebung in der Altersstruktur wird auch in der Bevölkerungspyramide des Landkreises ersichtlich. Die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre, die breiteste Stelle in der Bevölkerungspyramide, wandern mit den Jahren in der Darstellung nach oben. Die Basis der Pyramide hingegen, die jüngeren Altersjahrgänge, sind wesentlich schwächer besetzt (Schaubild 4 und Tabelle).

Überdurchschnittlich viele verheiratet

Im Ortenaukreis waren im vergangenen Jahr 45,5 % der Frauen und 45,7 % der Männer verheiratet. Der Anteil aller Verheirateten an der Bevölkerung in der Ortenau lag demnach mit 45,6 % etwas über dem Landesdurchschnitt von 44,1 %. Geschieden waren im Ortenaukreis 7,2 % der Frauen und 5,6 % der Männer.

Mit 37,1 % fiel der Anteil lediger Frauen deutlich geringer aus als der Anteil lediger Männer (46,2 %); Frauen sind hingegen häufiger verwitwet. So lag der Anteil der verwitweten Frauen im Jahr 2020 bei 10,1 %, bei den Männern bei 2,6 %. Dies ist zum einen auf die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen zurückzuführen: Die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt eines Mädchens im Ortenaukreis lag für den Zeitraum 2017 bis 2019 bei 84,1 Jahren, Jungen hatten bei der Geburt eine durchschnittliche Lebenserwartung von 79,7 Jahren.9 Zum anderen weicht das Heiratsalter von Männern und Frauen voneinander ab. Das durchschnittliche Heiratsalter der Männer in Baden-Württemberg lag im Jahr 2020 bei 37,7 Jahren und damit um fast 3 Jahre höher als das der Frauen mit 35 Jahren.

Durchschnittliche Kinderzahl je Frau liegt über Landeswert – Rund ein Drittel der Kinder unter 3 Jahren in Betreuung

Im Jahr 2020 erblickten im Ortenaukreis 4 134 Kinder das Licht der Welt. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau lag im Ortenaukreis bei überdurchschnittlichen 1,67 – in Baden-Württemberg bekam eine Frau im Durchschnitt 1,55 Kinder.

Am 1. März 2020 wurden im Landkreis Ortenaukreis 4 233 Kinder unter 3 Jahren in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege betreut. Die Betreuungsquote im Kreis lag demnach bei 33,2 %, im Landesdurchschnitt bei 30 %.

Der Großteil der unter 3-Jährigen in Betreuung besuchte eine Kindertageseinrichtung wie beispielsweise eine Kindergrippe oder eine altersgemischte Einrichtung. Im Jahr 2020 wurden 3 912 Kinder unter 3 Jahren in den Kindertageseinrichtungen des Kreises gezählt. Die Besuchsquote, also die Anzahl der Kinder in Kindertageseinrichtungen je 100 Kinder der gleichen Altersgruppe, lag hier bei überdurchschnittlichen 30,8 % (Land: 25,3 %).

Die Betreuung der Kinder durch Tagesmütter und -väter hingegen wird im Landkreis vergleichsweise wenig in Anspruch genommen. Im Jahr 2020 waren 321 Kinder bei Tagesmüttern und -vätern in Betreuung, die Besuchsquote lag bei 2,5 % und damit deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt von 4,8 %.

Zwei Hochschulen im Ortenaukreis

Der Landkreis Ortenaukreis ist Standort zweier Hochschulen, der Hochschule Offenburg und der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Kehl.

Die Hochschule Offenburg bietet eine große Auswahl an Bachelor- und Masterstudiengängen der Bereiche Technik, Wirtschaft und Medien an. Im Wintersemester 2020/21 waren insgesamt 4 339 Studierende eingeschrieben, davon 747 Studierende im ersten Hochschulsemester.

1 366 Studenten waren im vergangenen Wintersemester an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Kehl immatrikuliert, davon befanden sich 17 im ersten Hochschulsemester.10

Vergleichsweise niedriger Ausländeranteil

Im Jahr 2020 lebten im Landkreis Ortenaukreis 54 628 Personen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft. Mit einem Ausländeranteil in Höhe von 12,6 % liegt der Landkreis im Vergleich aller Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs hinsichtlich des Ausländeranteils an der Bevölkerung im unteren Drittel. Der landesdurchschnittliche Ausländeranteil lag 2020 bei 16,1 %.

Eine Betrachtung der vergangenen 50 Jahre zeigt, dass der Ausländeranteil sowohl im Ortenaukreis als auch in Baden-Württemberg in der Vergangenheit stetig angestiegen ist, obschon der Ausländeranteil im Ortenaukreis über den gesamten Zeitraum hinweg deutlich niedriger ausfiel als im Landesdurchschnitt. Bei der Volkszählung 1970 wurden im Ortenaukreis 12 282 Personen mit aus­ländischer Staatsangehörigkeit gezählt, das entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landkreises in Höhe von 3,5 % (Land: 7,2 %). Bis heute hat sich der Ausländeranteil im Landkreis mehr als verdreifacht, gleichwohl er auch heute noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau liegt.

Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im Ortenaukreis in den vergangenen 20 Jahren

Der Ortenaukreis verfügte im Jahr 2019 über ein Bruttoinlandsprodukt (BIP)11 in Höhe von 17 981 Millionen (Mill.) Euro. Damit trägt der Landkreis 3,4 % zum BIP des Landes bei; dieses lag im Jahr 2019 bei 522 586 Mill. Euro. Im Vergleich aller 44 Stadt- und Landkreise liegt der Ortenaukreis hinsichtlich des Anteils am Landes-BIP im oberen Bereich auf Platz 9.

Schaubild 5 veranschaulicht die Entwicklung des BIP im Ortenaukreis sowie in Baden-Württemberg seit dem Jahr 2000. Von 2000 bis 2011 verlief die Entwicklung des BIP im Ortenaukreis nahezu identisch zur Entwicklung auf Landesebene: Bis 2008 stieg das BIP des Kreises und auf Landesebene kontinuierlich an, um dann von 2008 auf 2009 infolge der weltweiten Rezession deutlich einzubrechen; ab 2010 stieg das BIP dann sowohl im Kreis als auch im Land direkt wieder an. Von 2011 auf 2012 schrumpfte das BIP im Ortenaukreis erneut, wohingegen sich auf Landesebene der Aufwärtstrend ungehindert fortsetzte. Seit dem Jahr 2012 verläuft die Entwicklung des indexierten BIP im Ortenaukreis und auf Landesebene nahezu parallel im anhaltenden Aufwärtstrend.

Bruttowertschöpfung im Ortenaukreis

Bei einer anteilsmäßigen Betrachtung der Bruttowertschöpfung12 nach Wirtschaftsbereichen fällt auf, dass der Ortenaukreis eine mit dem Land Baden-Württemberg vergleichbare Wirtschaftsstruktur aufweist (Schaubild 6). Der Ortenaukreis ist wie das Land stark industriell geprägt: 38,2 % der Bruttowertschöpfung wurde 2019 im Produzierenden Gewerbe einschließlich Baugewerbe erwirtschaftet, in Baden-Württemberg lag dieser Wert bei 38,9 %. Als Schwerpunkte des Produzierenden Gewerbes sind im Ortenaukreis insbesondere der Werkzeugmaschinenbau und die Metallverarbeitung zu nennen. Bedeutende Arbeitgeber, gemessen an der Zahl der Beschäftigten, sind Herrenknecht, MEIKO Maschinenbau, Badische Stahlwerke sowie das Progress Werk Oberkirch, um nur einige zu nennen.

Mit deutlichem Abstand folgte der Wirt­schaftsbereich »Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte« mit einem Anteil an der Bruttowertschöpfung in Höhe von 20,7 %; auf Landesebene trug dieser Bereich mit einem Anteil von 18,1 % zur Bruttowertschöpfung bei. Im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen ist im Ortenaukreis insbesondere der regionale Klinikverbund »Ortenau Klinikum« mit acht Standorten im Kreis von Bedeutung.

Auf den Bereich »Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Grundstücks- und Wohnungswesen« entfielen 20,5 % der Bruttowertschöpfung im Kreis, in Baden-Württemberg fällt dieser Wirtschaftsbereich mit einem Anteil von 23,5 % etwas stärker ins Gewicht.

Der Bereich »Handel, Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe, Information und Kommunikation« trug im Ortenaukreis im Jahr 2019 mit einem Anteil von 19,7 % zur Bruttowertschöpfung bei (Land: 19,1 %), der Anteil der Land- und Forstwirtschaft an der Bruttowertschöpfung lag im Jahr 2019 im Ortenaukreis bei 0,9 % und auf Landesebene bei 0,5 %.

In diesem Zusammenhang sei auch auf den Freizeitpark »Europa-Park« in Rust hingewiesen, welcher für die Wirtschaft im Kreis und auch als Arbeitgeber in der Region von Bedeutung ist. Zum Europa-Park gehören mehrere eigenständige Unternehmen mit den verschiedensten wirtschaftlichen Schwerpunkten, unter anderem sowohl im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung, als auch im Bereich der Beherbergung sowie des Einzelhandels. Eine Zuordnung des Europaparks als Ganzes zu einem einzigen Wirtschaftsbereich ist folglich nicht möglich, dennoch soll er hier nicht unerwähnt bleiben.

Nach den aktuellen Zahlen des Jahres 2020 arbeitete mit einem Anteil von 38,9 % ein bedeutender Teil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten13 im Jahr 2020 im Produzierenden Gewerbe (Land: 35,6 %). 36,9 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Ortenaukreis waren in Dienstleistungsberufen beschäftigt, auf Landesebene lag dieser Wert deutlich höher bei 43,8 %. 23,7 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Landkreises waren im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe tätig, in Baden-Württemberg lag dieser Wert etwas niedriger bei 20,1 %.

Arbeitslosenquote geringer als im Landesdurchschnitt

Im Jahr 2020 waren im Ortenaukreis 9 282 Personen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote, bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen, lag 2020 demnach bei 3,7 %, auf Landesebene bei 4,1 %. Bereits in den Jahren zuvor wurden im Ortenaukreis stets unterdurchschnittliche Arbeitslosenquoten verzeichnet: In den letzten 15 Jahren lag die Arbeitslosenquote im Ortenaukreis um durchschnittlich 0,3 % unter dem Landeswert.

Bedingt durch die Corona-Pandemie waren die Arbeitslosenzahlen sowohl im Landkreis als auch auf Landesebene von 2019 auf 2020 deutlich angestiegen. Bereits Anfang des Jahres 2020 stieg die Arbeitslosenquote im Landkreis deutlich von 2,8 % im 4. Quartal 2019 auf 3,2 % im 1. Quartal 2020 an, um dann im 3. Quartal mit 3,9 % den Jahreshöchstwert zu erreichen. Nach einer leichten Erholung im 4. Quartal startete das 1. Quartal des Jahres 2021 erneut mit einer Arbeitslosenquote von immerhin 3,9 %, bevor sich die Lage im 2. Quartal 2021 weiter entspannte (3,4 %) (Schaubild 7).

Tourismus im Ortenaukreis

Im Jahr 2020 verbuchten die Beherbergungsbetriebe im Ortenaukreis fast 2,5 Mill. Übernachtungen. Im Jahr 2019 lag die Zahl der Übernachtungen im Kreis noch bei rund 4 Mill., die Abnahme bei den Übernachtungen infolge der Corona-Pandemie lag demnach bei 61,6 %. Im Landesdurchschnitt gingen die Übernachtungen von fast 57,2 Mill. im Jahr 2019 auf 34,2 Mill. im Jahr 2020 zurück, das Minus lag bei 59,8 %.

Die Zahl der Gäste, die den Ortenaukreis im Jahr 2020 besuchten, lag bei knapp 1,1 Mill., gegenüber 2019 wurde ein Minus von 55,5 % verzeichnet (Land: – 51,1 %).

Gäste aus dem Ausland spielen im Ortenaukreis eine große Rolle. Mit 300 389 Gästen bzw. 28,3 % aller Gästeankünfte kam mehr als ein Viertel aller Gäste im Jahr 2020 aus dem Ausland (Land: 16,7 %). Im Vergleich aller baden-württembergischen Stadt- und Landkreise liegt der Ortenaukreis bezogen auf den Anteil ausländischer Gäste folglich an vorderster Front auf dem zweiten Platz nach dem Stadtkreis Baden-Baden mit 28,4 %. Die meisten Übernachtungen ausländischer Gäste wurden mit 40,8 % von Schweizern gebucht, gefolgt von Gästen aus Frankreich (18 %) und Gästen aus den Niederlanden (15,6 %).

Im Schnitt blieben die Gäste 2,3 Tage im Ortenaukreis, im Landesmittel lag die Verweildauer im Jahr 2020 bei 2,9 Tagen.

Fazit

Der Landkreis Ortenaukreis ist ein facettenreicher Landkreis. Das Landschaftsbild ist zum einen geprägt von den Höhen des Schwarzwaldes mit hohem Waldanteil und oftmals rauen Witterungsverhältnissen, zum anderen von der Rheinebene, wo aufgrund des milden Klimas der Anbau von Obst und Wein vorherrschend ist.

In unmittelbarer Nähe zur Europa-Metropole Straßburg sowie direkt am Rhein als verkehrsreichste Wasserstraße Europas gelegen, ist der Landkreis ein attraktiver Arbeits- und Unternehmensstandort. Als wirtschaftlich starker Landkreis trägt er immerhin 3,4 % zum BIP des Landes Baden-Württemberg bei. Das Produzierende Gewerbe, und insbesondere der Werkzeugmaschinenbau und die Metallbearbeitung, sind hier von großer Bedeutung. Die Arbeitslosenquote im Ortenaukreis liegt bereits über viele Jahre hinweg unter dem landesdurchschnittlichen Wert.

Der Europapark, einer der bekanntesten Freizeit- und Themenparks Deutschlands, ist ein bedeutender Arbeitgeber im Landkreis und – neben dem Schwarzwald – ein Touristenmagnet, der insbesondere Gäste aus dem nahen Ausland anzieht.

1 Inklusive gemeindefreies Gebiet Rheinau.

2 Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/documents/10184/389779/naturraeume_baden_wuerttembergs.pdf/db8c0aa7-5cfa-42e0-9815-58b790f1c8e6 (Abruf: 27.10.2021).

3 Der derzeit gültige Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2002 kann auf der Homepage des Ministeriums für Landentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg heruntergeladen werden: https://mlw.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/landesentwicklungsplan-1/ (Abruf: 25.11.2021). Die baden-württembergische Landesregierung plant, den Landesentwicklungsplan neu aufzustellen.

4 Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung, Stand 31.12.2020. Daten für den Ortenaukreis inklusive gemeindefreies Gebiet Rheinau.

5 Zum Stichtag 9. Mai fand im Jahr 2011 der Zensus statt. Im Zuge dieser Volkszählung wurden aktuelle Einwohnerzahlen ermittelt, die niedriger ausfielen, als die Fortschreibung der Volkszählungsergebnisse aus dem Jahr 1987 erwarten ließ. Die Entwicklung steigender Bevölkerungszahlen setzte sich dann auf neuer Datengrundlage bis heute fort.

6 Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung auf Basis der Fortschreibungsergebnisse zum 31.12.2017 durchgeführt wurde, das heißt, dass Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre sowie etwaige Dynamiken durch die Corona-Pandemie nicht berücksichtigt wurden; wie in Schaubild 2 ersichtlich, unterscheiden sich die Bevölkerungszahlen für das Jahr 2020 nach der Bevölkerungsvorausberechnung und nach den Fortschreibungsergebnissen auf Basis des Zensus 2011 zum 31.12.2020 bereits deutlich. Eine neue regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung auf aktueller Datenbasis ist derzeit in Arbeit. In diesem Zusammenhang sind auch die der Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde gelegten Annahmen zu überprüfen und ggf. anzupassen.

7 Wert für 2020: Fortschreibung zum 31.12.2020 auf Basis Zensus 2011; ab 2021 regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung Baden-Württemberg Hauptvariante, Basis Bevölkerungsstand zum 31.12.2017.

8 Der Gesamtquotient setzt sich aus dem Jugend- und Altenquotienten zusammen. Er gibt an, wie viele üblicherweise nichterwerbstätige Personen (Altersgruppen »unter 20 Jahre« und »65 Jahre und älter«) auf 100 erwerbsfähige Personen kommen (Altersgruppe »20 bis unter 65 Jahre«). Siehe auch: Hochstetter, Bernhard: »Jugend- und Altenquotient zur Beschreibung der demografischen Entwicklung in Baden‑Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2015«.

9 Datenquelle: Sterbetafelberechnungen für den Zeitraum 2017 bis 2019.

10 An der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Kehl finden die Einschreibungen meist zum Sommersemester statt. Es kann daher angenommen werden, dass es sich bei der vergleichsweise niedrigen Zahl an Studierenden im 1. Hochschulsemester nicht um einen Sondereffekt durch die Corona-Pandemie handelt.

11 Das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP, dient als Maß aller in einem bestimmten Gebiet erstellten Waren und Dienstleistungen; abzüglich der bei der Produktion verbrauchten Güter. Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen. Berechnungsstand August 2019. Datenquelle: Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder«.

12 Datenquelle: Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder«. Berechnungsstand August 2020.

13 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zum Stichtag 30.06.2020, Bundesagentur für Arbeit (BA).