:: 2/2022

Wählerschaft von CDU und SPD immer älter – GRÜNE und FDP punkten bei den Jüngeren

Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg

Die Bundestagswahl 2021 führte zu einem grundlegenden Wechsel der Regierungskoalition. Nicht nur das Ende der »Ära Merkel« stellte dabei eine große Veränderung dar. Zum ersten Mal wurde auf Bundesebene eine Regierungskoalition aus SPD, GRÜNEN und FDP gebildet. Die sogenannte Ampel-Koalition erreichte bei der Wahl 416 der insgesamt 736 Sitze im Bundestag. Alle drei Parteien hatten ihren Stimmenanteil bei der Wahl am 26. September 2021 verbessert, während die Unionsparteien, die AfD und DIE LINKE mitunter deutliche Verluste hinnehmen mussten. Anhand der Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2021 wird zudem sichtbar, dass die CDU in Baden-Württemberg unabhängig von Altersgruppe und Geschlecht an Unterstützung verloren hat. Dagegen konnten SPD und FDP bei vielen Wählergruppen ihren Stimmenanteil im Land verbessern. Die GRÜNEN erhielten in allen Altersgruppen sowie unabhängig vom Geschlecht höhere Stimmenanteile. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass der Anteil älterer Wählerinnen und Wähler in der baden-württembergischen Wählerschaft von CDU und SPD weiter zugenommen hatte, während die Wählerschaft von GRÜNEN, FDP und insbesondere der LINKEN einen wachsenden Anteil junger Wählerinnen und Wähler aufwies.

Im Folgenden wird das Wahlverhalten der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger anhand der Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2021 betrachtet. Dabei werden unter anderem die Themen Wahlbeteiligung und Stimmabgabe nach Altersgruppen und Geschlecht behandelt. Des Weiteren wird die unterschiedliche Zusammensetzung der Wählerschaft der Parteien analysiert. Der Fokus liegt dabei auf den Zweitstimmenanteilen der im 20. Deutschen Bundestag vertretenen Parteien.

Ältere Frauen nutzten ihr Wahlrecht seltener als ihre Altersgenossen

Bei der Bundestagswahl 2021 hatte die Wahlbeteiligung insgesamt leicht abgenommen. Entschieden sich im Jahr 2017 noch 78,3 % der Wahlberechtigten für die Stimmabgabe, nutzten 2021 mit 77,8 % etwas weniger Personen ihr Stimmrecht. Die höchste Wahlbeteiligung der Männer1 ergab sich mit jeweils 81,8 % in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen bzw. der 60- bis 69-Jährigen. Bei den Frauen wurde die höchste Beteiligungsquote mit 82,3 % in der Gruppe der 50- bis 59-Jährigen erreicht. Wie bei vorangegangenen Wahlen, lag die Beteiligungsquote der Männer (78,4 %) insgesamt etwas über der der Frauen (77,2 %). Bei genauerer Betrachtung lässt sich dieser Unterschied zu einem großen Teil auf eine Altersgruppe zurückführen: In der Gruppe der mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wähler gaben lediglich 71,4 % der wahlberechtigten Frauen ihre Stimme ab. Demgegenüber nutzen 79,3 % der wahlberechtigten Männer über 70 Jahren die Möglichkeit zur Stimmabgabe. Auch bei den Wahlberechtigten im Alter von 60 bis 69 Jahren, beteiligten sich die Männer (81,8 %) etwas häufiger als die Frauen (80,8 %). In den niedrigeren Altersgruppen lag die Wahlbeteiligung der Frauen durchgängig leicht über der Beteiligungsquote der Männer. Allerdings sind diese Unterschiede nicht ausreichend um die große Differenz in der höchsten Altersgruppe, die insgesamt gut ein Fünftel aller Wahlberechtigten umfasst, auszugleichen. Der Abstand zwischen der Wahlbeteiligung von Männern und Frauen höheren Alters lässt sich vermutlich zu einem großen Teil damit erklären, dass mehr Frauen als Männer ein besonders hohes Alter erreichen. Dadurch sind sie stärker von körperlichen Einschränkungen, die die Wahlteilnahme unwahrscheinlicher machen, betroffen (Schaubild 1 und Schaubild 2).

CDU mit Stimmenrückgang in allen Altersgruppen, GRÜNE punkten unabhängig von Alter und Geschlecht

Die CDU verlor in Baden-Württemberg in allen Altersgruppen an Rückhalt. Besonders deutlich fielen die Verluste bei jüngeren Wählerinnen und Wählern aus. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen sank der Stimmenanteil der CDU um 15,2 Prozentpunkte. Auch bei den 25- bis 34-Jährigen entschieden sich deutlich weniger Personen für die Wahl der Partei (– 15,6 Prozentpunkte). Lag der Anteil der CDU in dieser Gruppe bei der Bundestagswahl 2017 noch bei 29,9 %, entschieden sich 2021 nur noch 14,3 % für sie. Besonders ausgeprägt waren die Verluste der Partei in dieser Altersgruppe bei den Wählerinnen mit einem Minus von 19,0 Prozentpunkten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik, dass der Stimmenverlust der CDU zu einem erheblichen Anteil auf das Wahlverhalten der Wählerinnen zurückging. Lediglich in der Altersgruppe der mindestens 70-jährigen Wählerinnen lag der Verlust der Partei unter 10 Prozentpunkten. Auch bei den Wählern verlor die CDU an Rückhalt, allerdings fielen die Verluste hier zumindest in den höheren Altersgruppen moderater aus (Tabelle 1 und Schaubild 3).

Die AfD und DIE LINKE verloren ebenfalls unabhängig vom Alter der Wählerinnen und Wähler an Unterstützung. Der größte Stimmenrückgang ergab sich für die AfD dabei in der Gruppe der Wählerinnen und Wähler zwischen 60 und 69 Jahren. Kam die Partei 2017 noch auf 13,1 %, waren es 2021 nur noch 9,9 %. Bei den baden-württembergischen Wählerinnen erreichte die AfD zudem in keiner Altersgruppe ein zweistelliges Ergebnis. 2017 war ihr das noch in zwei Altersgruppen gelungen. Den höchsten Stimmenanteil erhielt die AfD in der Gruppe der 35- bis 44-jährigen Männer mit 16,0 %. DIE LINKE verzeichnete den deutlichsten Stimmenrückgang ebenfalls in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen sowie zudem bei den 45- bis 59-Jährigen mit einem Minus von jeweils 3,8 Prozentpunkten. Getrennt nach Geschlecht zeigt sich, dass der Stimmenrückgang der Partei bei den Wählern (– 3,4 Pro­zentpunkte) deutlicher ausfiel als bei den Wählerinnen (– 2,6 Prozentpunkte). Ihr bestes Ergebnis erzielte DIE LINKE mit 8,0 % bei den 18- bis 24-jährigen Wählerinnen (Tabelle 2).

Demgegenüber konnten SPD, GRÜNE und FDP deutliche Gewinne verzeichnen. Der Stimmenanteil der SPD nahm in fast allen Altersgruppen zu. Den stärksten Zuwachs sowie ihr bestes Ergebnis in einer Altersgruppe verzeichnete die Partei bei den Wählerinnen und Wählern über 70 Jahren. Hier entschieden sich insgesamt 28,4 % für die Wahl der Sozialdemokraten – ein Plus von 8,9 Prozentpunkten. Lediglich bei den 18- bis 24-Jährigen fiel der Anteil der SPD Stimmen etwas geringer aus als 2017 (2021: 13,4 %; 2017: 15,8 %). Die GRÜNEN erzielten in Baden-Württemberg als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien in allen Altersgruppen und unabhängig vom Geschlecht einen höheren Stimmenanteil als bei der vorangegangenen Bundestagswahl. Vor allem bei den 25- bis 34-Jährigen konnte die Partei punkten. Mit einem Plus von 9,8 Prozentpunkten fielen die Zugewinne hier besonders deutlich aus. Den geringsten Zuwachs verbuchten die GRÜNEN bei den 45- bis 59-jährigen Wählerinnen. Hier stieg der Stimmenanteil der Partei lediglich um 0,6 Prozentpunkte auf 18,7 %. Den insgesamt größten Stimmenzuwachs in einer Altersgruppe erzielte die FDP. Entschieden sich 2017 noch 15,0 % der 18- bis 24-Jährigen für die Liberalen, waren es bei der Bundestagswahl 2021 nun 25,0 % – ein Plus von 10 Prozentpunkten. Allerdings war die FDP nicht in allen Altersgruppen so erfolgreich. Bei den Wählerinnen und Wählern ab 70 Jahren sank der Stimmenanteil der Partei um 2,1 Prozentpunkte.

Wählerschaft der LINKEN am jüngsten

Im Gegensatz zur Stimmabgabe, die sich auf die Verteilung der Stimmenanteile der Parteien innerhalb einer Altersgruppe bezieht, wird bei der Wählerschaft betrachtet, wie sich die Gruppe derjenigen, die sich für die Wahl einer bestimmten Partei entschieden haben, zusammensetzt. Um ein differenziertes Bild zu erhalten sollten hierbei die Anteile der einzelnen Gruppen innerhalb einer Parteiwählerschaft stets ins Verhältnis zum Anteil dieser Gruppe an allen Wählerinnen und Wählern gesetzt werden. Liegt beispielsweise der Anteil der 45- bis 59-Jährigen allgemein bei knapp 30 %, ist es wahrscheinlicher, dass auch innerhalb der einzelnen Parteiwählerschaften ähnlich hohe Werte erreicht werden. Ein Anteil dieser Gruppe von 27 % stellt dann keinen herausragend hohen Wert dar, sondern zeigt viel mehr, dass diese Gruppe unterdurchschnittlich repräsentiert ist.

Die größte Altersgruppe bildeten bei der Bundestagswahl 2021 weiterhin die Wählerinnen und Wähler im Alter von 45 bis 59 Jahren. Insgesamt stammten 27,0 % aller gültigen Stimmen aus dieser Altersgruppe. Die zweitgrößte Gruppe bildeten die mindestens 70-Jährigen mit 19,8 %. Den geringsten Anteil machten die jüngsten Wählerinnen und Wähler aus. Lediglich 8,1 % der gültigen Stimmen kamen aus der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen (Schaubild 4, Tabelle 3).

Von den gültigen Stimmen für die CDU kamen 19,0 % von den 60- bis 69-Jährigen und 32,7 % von den mindestens 70-Jährigen. Damit stammten mehr als die Hälfte der CDU Stimmen von den mindestens 60 Jahre alten Wählerinnen und Wählern. Bezogen auf alle Personen, die ihre Stimme abgegeben haben, machten diese Altersgruppen allerdings nur einen Anteil von 17,4 % bzw. 19,8 % aus. Insbesondere die mindestens 70-Jährigen waren damit in der Wählerschaft der CDU deutlich überrepräsentiert. Dagegen bildeten die Wählerinnen und Wähler unter 35 Jahren mit 11,7 % eine Minderheit innerhalb der CDU-Wählerschaft (18 bis 24 Jahre: 3,7 %; 25 bis 34 Jahre: 8,0 %).

Auch die Wählerschaft der SPD wies überdurchschnittlich viele Personen über 70 Jahren (25,8 %) und tendenziell unterdurchschnittliche Werte bei den Jüngeren auf. Die Wählerinnen und Wähler unter 35 Jahren machten in der SPD-Wählerschaft einen Anteil von 15,1 % aus (18 bis 24 Jahre: 5,0 %; 25 bis 34 Jahre: 10,1 %). Demgegenüber stammten 47,5 % der Stimmen für die Sozialdemokraten von den mindestens 60 Jahre alten Wählerinnen und Wählern. Die Gruppe der 45- bis 59-Jährigen war in der SPD Wählerschaft mit 26,8 % minimal unterdurchschnittlich vertreten.

Die GRÜNEN erhielten 30,6 % ihrer gültigen Stimmen von den unter 35-Jährigen (18 bis 24 Jahre: 11,6 %; 25 bis 34 Jahre: 19,0 %). Zudem hatte der Anteil dieser Gruppe gegenüber der Bundestagswahl 2017 um 1,3 Prozentpunkte bei den 18- bis 24-Jährigen bzw. 5,0 Prozentpunkte bei den 25- bis 34-Jährigen zugenommen. Dagegen hatte der Anteil der 45- bis 59-Jährigen innerhalb der GRÜNEN-Wählerschaft um deutliche 8,5 Prozentpunkte abgenommen und lag nun leicht unter dem Gesamtdurchschnitt von 26,8 %. Unterdurchschnittlich vertreten waren in der Wählerschaft der GRÜNEN zudem die 60- bis 69-Jährigen mit 15,7 % und die mindestens 70-Jährigen mit 11,0 %.

Bei der FDP lag der Anteil der jungen Wählerinnen und Wähler mit 31,2 % noch etwas höher als bei den GRÜNEN (18- bis 24-Jährige: 13,4 %; 25 - bis 34-Jährige: 17,8 %). Im Vergleich zur vorangegangenen Bundestagswahl hatte ihr Anteil in der FDP Wählerschaft um 7,0 Prozentpunkte zugenommen. Demgegenüber hatten die Anteile der Altersgruppen über 45 Jahren in der Wählerschaft der FDP abgenommen. Am deutlichsten zeigte sich dieser Rückgang bei den mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wählern (– 5,9 Prozentpunkte). Lediglich 14,0 % der Stimmen für die Liberalen stammten aus dieser Altersgruppe.

In der Wählerschaft der AfD waren erneut die mittleren Altersgruppen besonders stark vertreten. Insbesondere die Wählerinnen und Wähler im Alter von 45 bis 59 Jahren waren dabei stark überrepräsentiert. Mehr als ein Drittel (34,2 %) ihrer Stimmen erhielt die Partei von dieser Altersgruppe. Dagegen waren sowohl die niedrigste (18 bis 24 Jahre) als auch die höchste (70 Jahre und älter) Altersgruppe eher schwach vertreten. Lediglich 4,8 % bzw. 11,3 % der AfD-Stimmen kamen von den jungen bzw. alten Wählerinnen und Wählern.

DIE LINKE wies in Baden-Württemberg erneut die Wählerschaft mit dem größten Anteil junger Wählerinnen und Wähler auf. Insgesamt 38,2 % der Stimmen für die Partei stammten von Personen, die am Wahltag noch keine 35 Jahre alt waren. Sowohl der Anteil der 18- bis 24-Jährigen (16,3 %) als auch der der 25- bis 34-Jährigen (21,9 %) hatten mit einem Plus von 5,6 Prozentpunkten bzw. 3,5 Prozentpunkten zudem deutlich zugenommen. Gleichzeitig hatte der Anteil der 45- bis 59-Jährigen in der Wählerschaft der LINKEN um 8,0 Prozentpunkte abgenommen. Stark unterdurchschnittlich vertreten waren des Weiteren die mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wähler. Ihr Anteil belief sich in der LINKEN-Wählerschaft auf lediglich 8,4 %. Zum Vergleich: Insgesamt gehörten 19,8 % aller Wählerinnen und Wähler dieser Altersgruppe an.

Wählerschaft von FDP und AfD erreichten geringsten Frauenanteil

Gemessen an allen Wählerinnen und Wählern kamen 50,9 % der gültigen Stimmen von Frauen. In den Wählerschaften der Parteien zeigte sich mitunter allerdings ein ganz anderer Frauenanteil. Die GRÜNEN wiesen mit 55,7 % den höchsten Anteil an Frauen in ihrer Wählerschaft auf. Auch CDU (52,4 %) und SPD (53,1 %) erhielten die Mehrheit ihrer Stimmen von Frauen. Demgegenüber lag der Anteil der Wählerinnen in der Wählerschaft der LINKEN mit 48,7 % und der Wählerschaft der FDP mit 45,2 % leicht bzw. deutlich unter dem Durchschnitt. Am stärksten waren die Unterschiede jedoch bei der AfD-Wählerschaft. Hier lag der Anteil an Wählerinnen lediglich bei 38,3 % und damit 12,6 Prozentpunkte unter dem Frauenanteil an allen Wählerinnen und Wählern (Schaubild 5).

Weitere Informationen zur repräsentativen Wahlstatistik

Die umfassenden Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik 2021 stehen im Internetangebot des Statistisches Landesamtes unter www.statistik-bw.de/Wahlen/Bundestag/RWS2021.jsp zur allgemeinen Verfügung. Grundsätzlich können alle Tabellen des Internetangebots bei Bedarf als CSV Datei heruntergeladen und weiterverarbeitet werden. Weitere Informationen zur repräsentativen Wahlstatistik zur Bundestagswahl 2021 sowie die Ergebnisse auf Bundesebene bzw. in den anderen Bundesländern wurden im Angebot des Bundeswahlleiters veröffentlicht: www.bundeswahlleiter.de/

1 Die Gruppe »Männer« umfasst männliche und diverse Personen sowie Personen ohne Angabe im Geburtenregister.