:: 7/2022

Kommunalfinanzen 2021 – Stabilisierung nach dem ersten Corona-Jahr 2020?

Vorläufige Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik 2021

Im sehr stark durch Corona geprägten Jahr 2020 waren die Steuereinnahmen der Kommunen in Baden-Württemberg deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig erhöhten sich die Ausgaben, sodass sich viele Kommunen mit einer angespannten Finanzlage konfrontiert sahen. Bund und Land unterstützen die Kommunen durch verschiedene Hilfsprogramme. Erste vorläufige Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik für das Jahr 2021 zeigen, dass sich die Finanzsituation im Vergleich zum Vorjahr merklich entspannt hat.

Deutliche Rückgänge der Steuereinnahmen 2020

Die Steuereinnahmen der Kommunen1 setzen sich aus den Kategorien Realsteuern, Gemeindeanteile an Gemeinschaftssteuern sowie sonstige Steuern und steuerähnliche Einnahmen zusammen. Die Höhe der Einnahmen aus den Realsteuern können die Kommunen durch Festlegung der Hebesätze gestalten, während die Gemeinschaftssteuern durch Vorgaben des Bundes und der Länder bestimmt werden.

Im Jahr 2020 hatten sich die Einnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände aus allen Steuerkategorien verringert (Tabelle 1). Die Realsteuern sanken um 7,6 % gegenüber dem Jahr 2019. Die Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern sanken im selben Zeitraum um 5,3 %, die sonstigen Steuern um 16,8 %.

Die größte fiskalische Bedeutung unter den Realsteuern hat die Gewerbesteuer. Ihr Anteil an den Realsteuern betrug im Jahr 2019 78,5 %. Der Betrag der Gewerbesteuer, der nach Abzug der Gewerbesteuerumlage den Kommunen verbleibt (Gewerbesteuer netto), reduzierte sich 2020 um 10,6 %. Das Aufkommen aus den Grundsteuern wies dagegen eine leichte Steigerung auf. Dadurch verringerte sich der Anteil der Gewerbesteuer an den Realsteuern im Jahr 2020 auf 76,0 %.

Bei den Gemeindeanteilen an den Gemeinschaftssteuern lässt sich der Rückgang im Jahr 2020 auf den sinkenden Betrag des Anteils an der Einkommensteuer zurückführen: 2019 erzielten die Kommunen rund 6,9 Milliarden (Mrd.) Euro Einnahmen aus dem Anteil an der Einkommensteuer, 2020 nur 6,4 Mrd. Euro. Dies stellt einen Rückgang von 7,5 % dar. Beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer, der den kleineren Teil der Gemeinschaftssteuern ausmacht (2019 14,3 %), war dagegen von 2019 auf 2020 eine Steigerung von 7,9 % auf rund 1,25 Mrd. Euro zu verzeichnen. Der Anteil der Umsatzsteuern an den Gemeinschaftssteuern insgesamt stieg dadurch 2020 auf 16,3 %.

2021 steigende Steuereinnahmen der Kommunen

Nach dem Rückgang im Jahr 2020 erhöhten sich die Einnahmen aus Realsteuern im Jahr 2021 um 23,9 % auf rund 9,5 Mrd. Euro sehr deutlich. Die Steigerung bei der Gewerbesteuer (netto) betrug sogar 30,5 %. Mit rund 7,6 Mrd. Euro lagen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) nicht nur höher als 2020 (rund 5,8 Mrd. Euro), sondern auch deutlich über dem Vor-Corona-Niveau von 2019 mit 6,5 Mrd. Euro.

Auch die Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern erholten sich 2021. Sie waren 6,1 % höher als im Jahr 2020. Dabei konnte beim Anteil der Gemeinden an der Einkommensteuer 2021 ein Plus von 7,1 %, beim Anteil an der Umsatzsteuer von 1,4 % verzeichnet werden. Mit rund 6,8 Mrd. Euro lag der Anteil der Gemeinden an der Einkommensteuer 2021 allerdings noch leicht unter dem Betrag von 2019 mit rund 6,9 Mrd. Euro.

Lediglich die sonstigen Steuern gingen auch im Jahr 2021 weiter zurück. Dies ist insbesondere auf sinkende Einnahmen aus der Vergnügungssteuer zurückzuführen. Schon 2020 war bei dieser Steuerart ein Rückgang von 21,6 % zu verzeichnen. 2021 war der Rückgang mit 50,8 % jedoch deutlich höher. Hier wirken sich die Lockdowns in der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schließungen von zum Beispiel Spielhallen nach wie vor deutlich aus.

Insgesamt aber lagen die Steuereinnahmen 2021 mit rund 17,8 Mrd. Euro um 14,1 % höher als 2020 und damit auch höher als im Vor-Corona-Jahr 2019 mit 16,7 Mrd. Euro.

Zuweisungen von Bund und Land stabilisieren kommunale Einnahmen

Zuweisungen von Bund und Land sind eine weitere wichtige Einnahmequelle der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die im Rahmen des kommunalen Stabilitäts- und Zukunftspaktes vom 28. Juli 2020 beschlossenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Leistungs- und Handlungsfähigkeit der baden-württembergischen Kommunen angesichts der Corona-Pandemie fanden ihren Niederschlag in der Höhe der Zuweisungen.

Im Jahr 2020 stiegen die Einnahmen aus Zuweisungen um rund 3,5 Mrd. Euro auf rund 19,9 Mrd. Euro. Dies bedeutet einen Zuwachs von 21 % (Tabelle 2). Hierin beinhaltet sich die sogenannte vom Bund und dem Land finanzierte Gewerbesteuer-Kompensationszahlung, die im Jahr 2020 über rund 1,88 Mrd. Euro an die Kommunen ausbezahlt wurde.2 Dabei handelt es sich nicht wirklich um eine Kompensation der tatsächlich in den einzelnen Gemeinden angefallenen Gewerbesteuer-Mindereinnahmen. Vielmehr wurden die entsprechenden Zuweisungen auf Basis des jeweiligen Gewerbesteueraufkommens (als Bemessungsgrundlage im FAG) der Jahre 2017 bis 2019 in Relation zum gesamten Gewerbesteuer-Aufkommen dieser Jahre auf die Gemeinden verteilt.3

Außerdem wirkt sich hier der Ausgleich aus, der aufgrund der mit der Steuerschätzung vom Mai 2020 gegenüber dem Niveau der letzten Steuerschätzung vor der Corona-Pandemie prognostizierten Rückgänge im kommunalen Finanzausgleich 2020 in Höhe von 1,016 Mrd. Euro vorgenommen wurde.

2021 gab es keine Gewerbesteuer-Kompensationszahlungen und die Einnahmen aus Zuweisungen fielen um 7,1 %. Das Niveau der Zuweisungen lag 2021 mit gut 18,4 Mrd. Euro allerdings nach wie vor deutlich über dem Vor-Corona-Jahr 2019 mit rund 16,4 Mrd. Euro. Dies liegt unter anderem darin begründet, dass wegen der auch im Jahr 2021 andauernden Auswirkungen der Corona-Pandemie die Landesregierung am 13. Juli 2021 ein weiteres Kommunalpaket 2021 im Gesamtvolumen von 587 Millionen (Mill.) Euro beschlossen hat. Finanziell bedeutendster Teil dieses Pakets ist die Stärkung der kommunalen Finanzausgleichsmasse mit 355 Mill. Euro.4 Darüber hinaus haben sich im November 2021 das Land und die kommunalen Landesverbände auf ein weiteres Maßnahmenpaket im Umfang von rund 170 Mill. Euro verständigt.

Gesamte Einnahmen der Kommunen 2020 und 2021 gewachsen

Insgesamt betrugen die bereinigten5 Einnahmen der Kommunen im Jahr 2020 rund 44,2 Mrd. Euro und damit trotz des Rückgangs der Steuereinnahmen rund 1,8 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2019 (42,4 Mrd. Euro). Im Jahr 2021 erhöhten sich die Einnahmen trotz Reduzierung der Förderprogramme auf rund 45,9 Mrd. Euro. Hier wirken sich unter anderem die gestiegenen Steuereinnahmen aus.

Nach steilerem Anstieg 2020 verläuft die Steigerung der kommunalen Ausgaben 2021 wieder flacher

Im Jahr 2020 betrugen die bereinigten6 Ausgaben der Kommunen in Baden-Württemberg rund 44,2 Mrd. Euro (Tabelle 3). Sie waren damit rund 2,5 Mrd. Euro höher als 2019 (+ 5,9 %). Nahezu alle großen Ausgabearten erhöhten sich 2020: die Personalausgaben wuchsen um rund 454 Mill. Euro (+ 4,3 %), die Sozialen Leistungen stiegen um rund 283 Mill. Euro (+ 3,8 %) und die Sachinvestitionen, die unter anderem auch die Baumaßnahmen enthalten, um rund 321 Mill. Euro (+ 5,6 %). Lediglich der laufende Sachaufwand wies mit – 60 Mill. Euro einen Rückgang um 0,7 % auf.

Im Jahr 2021 erhöhten sich die bereinigten Ausgaben weiter auf rund 45,1 Mrd. Euro. Dies bedeutet einen Zuwachs gegenüber 2020 um rund 2,1 %. Damit hat sich der Anstieg der Ausgaben 2021 gegenüber dem Vorjahr deutlich verlangsamt. Während Personalausgaben (+ 3,1 %), laufender Sachaufwand (+ 4,9 %) und Soziale Leistungen (+ 3,1 %) auch im Jahr 2021 weiter anstiegen, waren die Ausgaben für Sachinvestition rückläufig (– 8,4 %).

Finanzierungsüberschuss 2021 wieder auf Vor-Corona-Niveau

Im Corona-Jahr 2020 hatten die Kommunen in Baden-Württemberg insgesamt einen minimalen Finanzierungsüberschuss erzielt. Dieser fiel mit rund 28 Mill. Euro deutlich niedriger aus als im Jahr 2019 (688 Mill. Euro) (Schaubild). Betrachtet man die Gruppen der kommunalen Gebietskörperschaften differenzierter, so zeigt sich, dass die kreisfreien Städte ein deutliches Finanzierungsdefizit in Höhe von rund 215 Mill. Euro und die kreisangehörigen Gemeinden in Summe ebenfalls ein Finanzierungsdefizit in Höhe von rund 91 Mill. Euro verbuchten (Tabelle 4). Die Landkreise konnten dagegen einen Überschuss in Höhe von 320 Mill. Euro vorweisen.

Im Jahr 2021 erreichte der Finanzierungsüberschuss aller Kommunen in Baden-Württemberg rund 724 Mill. Euro und liegt damit leicht über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. Die kreisfreien Städte wiesen einen Überschuss von 102 Mill. Euro aus, die kreisangehörigen Gemeinden rund 549 Mill. Euro und die Landkreise rund 26 Mill. Euro. Auch wenn für die Kommunen insgesamt 2021 wieder ein deutlich höherer Finanzierungsüberschuss erzielt werden konnte als im Vorjahr, gibt es doch gut 400 Kommunen, für die sich 2021 Fehlbeträge ergeben haben, das heißt diese Kommunen haben mehr ausgegeben als sie eingenommen haben.

Ausblick

Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs 2022 wird die oben genannte Corona-Kompensation über insgesamt rund 1,88 Mrd. Euro bei der Ermittlung der jeweiligen Steuerkraft als Bemessungsgrundlage berücksichtigt.7 Für Kommunen, die 2020 vergleichsweise hohe Gewerbesteuer-Kompensationen erhalten haben, errechnet sich nun eine entsprechend höhere Steuerkraftquote und sie erhalten deshalb unter sonst gleichen Bedingungen geringere Schlüsselzuweisungen.

Die finanzielle Lage der Kommunen ist 2022 insgesamt erneut durch schwierige Rahmenbedingungen geprägt. Nach Einschätzung des Gemeindetags Baden-Württemberg bleiben die öffentlichen Haushalte auch weiterhin stark belastet durch die Folgen der Corona-Pandemie.8 Hinzu kommt, dass durch die Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine neue Belastungen der Gemeinden entstehen. Zudem werden sich auch die steigenden Energie- und Baupreise auf die Haushalte der Kommunen negativ auswirken.9

1 Im Folgenden betrachtet werden Gemeinden und Gemeindeverbände.

2 Die Gewerbesteuer-Kompensationszahlungen wurden gemeinsam von Land (1,04 Mrd. Euro) und vom Bund (0,84 Mrd. Euro) getragen. Vergleiche https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/haushaltfinanzen/haushalt/kommunalfinanzen/ (Abruf: 20.04.2022).

3 Vergleiche § 39 Abs. 39 Finanzausgleichsgesetz.

4 https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/haushalt-finanzen/haushalt/kommunalfinanzen/ (Abruf: 20.04.2022).

5 Bereinigt durch Abzug von Zahlungen von gleicher Ebene.

6 Bereinigt durch Abzug von Zahlungen von gleicher Ebene.

7 Vergleiche § 39 Abs. 39 Finanzausgleichsgesetz.

8 https://www.diegemeinde.de/gemeinsame-finanzkommission-findet-regelungen-fuer-ganztag-kita-und-ozg (Abruf: 20.04.2022).

9 https://www.zfk.de/politik/deutschland/kommunen-verschieben-sich-klimaschutzmassnahmen-wegen-geldmangels (Abruf: 20.04.2022).