:: 7/2022

Statistisches Monatsheft Juni/Juli 2022

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

die Frage nach belastbaren Daten zur Bevölkerungsstruktur und damit auch zur eingewanderten Bevölkerung ist und bleibt eine Frage des öffentlichen und politischen Interesses. Die bisherige Erfassung dieser Daten im Rahmen des Mikrozensus erfolgt über das Konzept des Migrationshintergrunds, welches sowohl datentechnische, als auch in politischer Hinsicht Schwierigkeiten mit sich bringt. Einen Vorschlag für ein neues Konzept zur Erfassung der eingewanderten Bevölkerung und ihrer Nachkommen für eine zielgerichtete und differenziertere statistische Analyse stellen Bernhard Hochstetter und Anne-Kathrin Will vor.

Der Mikrozensus ist die größte Haushaltebefragung in Deutschland, mit der seit 1957 wichtige Daten über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung ermittelt werden. Befragt wird 1 % der Bevölkerung, das sind in Baden- Württemberg jährlich rund 59 000 Haushalte. Die Ergebnisse des Mikrozensus dienen als Entscheidungsgrundlage für politische, wirtschaftliche und soziale Handlungsfelder in Bund und Ländern, stehen aber auch der Wissenschaft, der Presse und interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung. Zu allen Themen der Befragung können Ergebnistabellen beim Statistischen Landesamt angefordert werden.

Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse für Ihre Arbeit.

Dr. Anke Rigbers, Präsidentin

Die Erfassung der eingewanderten Bevölkerung und ihrer Nachkommen im Mikrozensus

Vorschlag für ein neues Konzept jenseits des Migrationshintergrunds

An Daten zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund besteht ein großes öffentliches Interesse. Sie werden auch häufig aus Politik und Verwaltung für planerische Aufgaben und als Entscheidungsgrundlage angefragt. Der Migrationshintergrund wird im Mikrozensus sehr differenziert erhoben und lässt Auswertungen für viele Untergruppen zu. Meist wird allerdings nur die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ohne weitere Differenzierung angefragt. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist eine Sammelkategorie, die viele sich stark unterscheidende Personengruppen umfasst. Sie eignet sich darum nur sehr begrenzt um soziale Phänomene zu beschreiben oder zu erklären. Hinzu kommt, dass die dichotome Unterscheidung nach Migrationshintergrund häufig als ausgrenzend wahrgenommen wird. Diese Probleme werden aktuell auch außerhalb der amtlichen Statistik diskutiert. An den Diskussionsstand, insbesondere der Fachkommission für Integrationsfähigkeit, anknüpfend, wird im Folgenden ein Vorschlag vorgestellt, wie die eingewanderte Bevölkerung und ihre Nachkommen künftig klarer und für die Analyse relevanter erhoben werden könnten. Dabei liegt der Fokus auf den Eingewanderten selbst und deren minderjährige Nachkommen ohne in Deutschland geborenes Elternteil im Haushalt. Dabei handelt es sich um die Gruppe von Menschen, für die vielfach die größten Hürden der Partizipation bestehen. Zusätzlich hat dies den Vorteil, dass auf das Erheben von Angaben zu nicht im Haushalt lebenden Personen verzichtet werden kann. Die Befragten des Mikrozensus könnten mit diesem Konzept deutlich entlastet werden.

Einschränkungen und Chancen einer regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung

Rahmenbedingungen und Methodik der Berechnung Basis 2020

Die Entwicklung der Bevölkerung in einer Gemeinde, einer Region oder einem Bundesland hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Sehr vereinfacht ausgedrückt spielen neben der Anzahl der Geburten und Sterbefälle insbesondere die Wanderungsbewegungen sowohl zwischen den betrachteten Gemeinden als auch die Wanderungsverflechtungen mit den anderen Bundesländern sowie dem Ausland eine zentrale Rolle für die Zu- oder Abnahme der Bevölkerung. Der Versuch, einen »Blick in die Zukunft« zu wagen, ist dabei immer mit Unsicherheit behaftet. Gerade für langfristige Planungen ist ein solcher Zukunftsblick aber mitunter unerlässlich. Die errechneten Zahlen stellen die Entwicklung auf Grundlage bestimmter Annahmen dar. Ändert sich im Laufe der Zeit, zum Beispiel aufgrund ergriffener Maßnahmen oder wegen unvorhersehbarer Ereignisse, einer dieser Faktoren maßgeblich, wird die errechnete Entwicklung sehr wahrscheinlich von der tatsächlichen Entwicklung abweichen.

Die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung mit Basis 2020 stellt auf regionaler Ebene eine besondere Herausforderung dar. Während die Corona-Pandemie weiterhin andauert und die sich daraus ergebenden, langfristigen Auswirkungen auf die Geburtenhäufigkeit und die Sterblichkeit innerhalb Baden-Württembergs noch nicht vollumfänglich absehbar sind, ergab sich ab Februar 2022 mit dem Krieg in der Ukraine und den damit einhergehenden Fluchtbewegungen ein weiterer schwer einzuschätzender Einflussfaktor für die zukünftige Bevölkerungsentwicklung im Land. Zum Zeitpunkt der Festlegung der Annahmen der Vorausberechnung war dieser Konflikt noch nicht absehbar, weshalb dessen Auswirkungen nicht berücksichtigt werden konnten. Trotz dieser Einschränkungen bietet die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung dennoch die Chance, die voraussichtliche Entwicklung der Bevölkerung entsprechend der zugrundeliegenden Annahmen zu betrachten und eventuell erkennbaren Fehlentwicklungen frühzeitig entgegenzuwirken. Zudem ermöglicht die einheitliche Berechnungsgrundlage den Vergleich der Ergebnisse verschiedener Gebietseinheiten miteinander.

Im Folgenden werden die Rahmenbedingungen, die getroffenen Annahmen und die Methode der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung Basis 2020 eingehend betrachtet und erläutert. Dabei sollen auch die Einschränkungen und Chancen einer solchen Rechnung in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen behandelt werden.

Heterogenität von Familie

Theoretische und empirische Aspekte

Die Heterogenität der Familie ist eine Tatsache, Familie und Gesellschaft haben sich geändert. Neue Familienformen ergänzen bisherige, und bisher latent gelebte werden nun sichtbar gelebt. Der historische Wandel hat sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. Familie bedeutet heute zunehmend Selbstbestimmung und weniger Fremdbestimmung. Die Interessen der Familienmitglieder stehen im Mittelpunkt der Familie und seltener denn je kulturelle Vorgaben etwa durch Staat, Kirche oder Schule. Statistische Auswertungen zu Familienformen in Baden-Württemberg zeigen, dass sie die Vielheit der Familie bislang nur sehr selektiv beschreiben können. Gleichzeitig versucht die Gesellschaft im Interesse ihrer Einheit mit dieser Vielheit klarzukommen. Besonders Politik und Recht beabsichtigen, den Raum dessen neu zu vermessen, was als Familie gesellschaftlich anzuerkennen sei.

Vielfältiger Ausbaubedarf in der Kindertagesbetreuung

Nach wie vor ist eine starke Dynamik im Bereich der Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg zu beobachten. Mit Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf eine Kinderbetreuung ab Vollendung des 1. Lebensjahres im Jahr 2013, wurde der Fokus zunächst auf den Ausbau der Kleinkindbetreuung gelegt. Inzwischen rückt auch die Betreuung älterer Kinder in den Mittelpunkt. Mit der sukzessiven Vorverlegung des Einschulungsstichtags bis zum Schuljahr 2022/23 werden voraussichtlich zahlreiche 6-Jährige bis zu einem Jahr länger Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtung in Anspruch nehmen. Darüber hinaus wird ab dem Schuljahr 2026/27 stufenweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder eingeführt, welcher teilweise auch durch Betreuungsarrangements in Kindertageseinrichtungen abzudecken sein wird. Wie der Ausbau der Kindertagesbetreuung in den letzten 10 Jahren bezüglich der früheren Betreuung von Kindern im Kleinkindalter, beim Umfang der Betreuungszeiten und schließlich der Schulkindbetreuung vorangeschritten ist, lässt sich anhand der Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik darstellen.

Forschung und Entwicklung in Baden-Württemberg – Teil 4

Der Wirtschaftssektor

Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden sowohl von privatwirtschaftlichen Einrichtungen (Wirtschaftssektor), als auch von öffentlichen Stellen durchgeführt und finanziert. In den Ländern der Europäischen Union (EU) stellt der Wirtschaftssektor den Löwenanteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Im Jahr 2019 betrugen die Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) im Wirtschaftssektor in Deutschland 69 % und im EU-27 Durchschnitt 66 %. In Baden-Württemberg ist dieser Anteil mit gut 83 % deutlich höher. Hierzu zählen die FuE-Aktivitäten in den Unternehmen und Institutionen für Gemeinschaftsforschung (IfG). In Baden-Württemberg werden die FuE-Aktivitäten dabei zu über 99 % fast ausschließlich von den Unternehmen geleistet.

Im vierten Teil dieser Veröffentlichungsreihe stehen damit die Unternehmen in Baden-Württemberg mit ihren deutschlandweit enormen FuE-Ressourcen im Fokus der Analyse. Die Dominanz des Wirtschaftssektors bei den FuE-Aktivitäten in Baden-Württemberg ist insbesondere auf den Kraftfahrzeugbau zurückzuführen – die Schlüsselbranche in Baden-Württemberg, die vor großen Herausforderungen steht und ihre FuE-Aktivitäten deshalb in den vergangenen Jahren erheblich ausgebaut hat. Neben der notwendigen weiteren Reduzierung von Abgasemissionen aus Verbrennungsmotoren stehen diese Unternehmen im Hinblick auf die zunehmend gewünschte Elektrifizierung des Antriebsstranges, einer fortschreitenden Digitalisierung und dem Anbieten von neuen innovativen Dienstleistungen wie Sharing-Modellen vor der entscheidenden Weichenstellung in eine wettbewerbsfähige Zukunft.

Kommunalfinanzen 2021 – Stabilisierung nach dem ersten Corona-Jahr 2020?

Vorläufige Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik 2021

Im sehr stark durch Corona geprägten Jahr 2020 waren die Steuereinnahmen der Kommunen in Baden-Württemberg deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig erhöhten sich die Ausgaben, sodass sich viele Kommunen mit einer angespannten Finanzlage konfrontiert sahen. Bund und Land unterstützen die Kommunen durch verschiedene Hilfsprogramme. Erste vorläufige Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik für das Jahr 2021 zeigen, dass sich die Finanzsituation im Vergleich zum Vorjahr merklich entspannt hat.

Qualitätsmanagement im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg

Das Qualitätsmanagement im Verbund der Statistischen Ämter von Bund und Ländern und damit die Einhaltung des Verhaltenskodex für Europäische Statistiken ist mittlerweile gut etabliert und ausgereift. Dies belegt die dritte Runde eines Peer Review, das der Statistische Verbund 2021 durchlaufen hat. Dies ist Anlass für das Statistische Landesamt Baden-Württemberg, auch aufgrund einer personellen Neuaufstellung, die erreichten Ergebnisse in den nächsten Monaten nochmals im Rahmen eines umfassenden Qualitätsverständnisses aller Aufgaben des Amtes zu betrachten und insbesondere auch der Verständigung über das Qualitätsverständnis und seiner Weiterentwicklung Raum zu geben.

Karte des Monats: Passagieraufkommen in der Luftfahrt in Europa 2021 und Rückgang gegenüber 2019

Mit der Karte des Monats werden regelmäßig besondere Themen kartografisch aufgegriffen.

Diese und viele weitere Karten stehen für Sie zum kostenlosen Download bereit oder können auf Wunsch auch als Poster in verschiedenen Größen bestellt werden.

Darüber hinaus bieten wir mit unserem interaktiven Kartenangebot auch die Möglichkeit, Karten verschiedener Themen der amtlichen Statistik nach eigenem Bedarf zusammenzustellen. Die interaktiven Karten greifen auf einen umfangreichen Datenpool für kartografische Analysen zurück. Sie sind ebenso in verschiedenen Dateiformaten zum kostenlosen Download verfügbar.

Gerne erstellen wir für Sie auch Karten auf Wunsch. Dazu steht uns das gesamte Datenangebot des Landesinformationssystems zur Verfügung. Wenden Sie sich für Ihre Bestellung oder weiterführende Informationen telefonisch oder per Mail an uns.