:: 10/2022

Weniger Verurteilungen in Baden-Württemberg im Jahr 2021

Kriminalität in Zeiten der Corona-Pandemie

Im Jahr 2021 wurden in Baden-Württemberg 95 8001 Personen gerichtlich verurteilt. Das waren 8 000 Verurteilungen oder knapp 8 % weniger als 1 Jahr zuvor. Damit ging die Zahl der Schuldsprüche nunmehr im 2. Jahr in Folge zurück. Ebenso wie der Rückgang der Verurteilungszahlen 2020 dürfte die erneut rückläufige Entwicklung im Jahr 2021 auch auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen sein. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurde das öffentliche und private Leben in Deutschland stark eingeschränkt, was auch zu einer Veränderung der Kriminalität beigetragen haben dürfte. So gab es beispielsweise in Baden-Württemberg im Jahr 2021 gut 20 % weniger Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten und fast 10 % weniger Schuldsprüche bei den Straßenverkehrsdelikten als 1 Jahr zuvor.

Insgesamt wurden im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 3 100 Jugendliche, 6 900 Heranwachsende und 85 900 Erwachsene rechtskräftig verurteilt. Der Rückgang der Verurteilungen im Jahr 2021 war in allen Altersgruppen festzustellen. Prozentual am stärksten war er in der Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren mit – 15,3 % (−1 200 Personen). In der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren ging die Zahl der Schuldsprüche um 14,9 % (−530 Personen) zurück. Bei den Erwachsenen der Altersgruppe 21 Jahre und älter war ein Rückgang um 6,8 % (−6 200 Personen) zu beobachten (Schaubild 1).

Verurteiltenhäufigkeit in allen Altersgruppen geringer als im Vorjahr

Informationen zur Zahl der Verurteilten sowie deren Entwicklung im Zeitverlauf sind gesellschaftspolitisch von besonderer Bedeutung. Allerdings ist bei der Bewertung der Daten auch zu beachten, dass die Zahl der Gerichtsverfahren durch eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst wird. Dies können beispielsweise mögliche Änderungen im Anzeigeverhalten, der Erfolg der Ermittlungsbehörden und Projekte der Kriminalprävention sowie mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte und Staatsanwaltschaften sein.

Entscheidend für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung sind nicht zuletzt die demografische Struktur und vor allem die Entwicklung der Bevölkerung. Um den Einfluss der demografischen Entwicklung auf die Verurteiltenzahlen auszuschließen, wird eine demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit (Verurteiltenziffer) berechnet, bei der die Zahl der Verurteilten auf 100 000 Personen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe bezogen wird. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren bleiben unberücksichtigt, da diese nicht strafmündig sind.

Das Ergebnis der Strafverfolgungsstatistik zeigt, dass im Berichtsjahr 2021 die Verurteiltenhäufigkeit gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist, und zwar um 7,6 % auf 994. Anders ausgedrückt heißt dies, dass 2021 von jeweils 100 000 Personen im Alter von mindestens 14 Jahren 994 Personen wegen einer Straftat verurteilt wurden. Das waren 82 Verurteilte weniger als im Jahr 2020. Damit lag die Verurteiltenziffer 2021 auf dem tiefsten Stand seit Bestehen des Landes Baden-Württemberg.

In der Altersgruppe der Jugendlichen war prozentual der Rückgang der Verurteiltenziffer mit 13,9 % auf 729 am stärksten. Bei den Heranwachsenden verringerte sich die Ziffer um 12 % auf 1 971 und bei den Erwachsenen um 6,8 % auf 968. Im Ergebnis ging die Verurteiltenziffer somit in allen Altersgruppen zurück.

In der Altersgruppe der Heranwachsenden war die Verurteiltenziffer nach wie vor mit Abstand am höchsten, und zwar fast dreimal so hoch wie bei den Jugendlichen und mehr als doppelt so hoch wie bei den Erwachsenen.

Nur knapp jede fünfte verurteilte Person war eine Frau

Von den insgesamt 95 800 Schuldsprüchen im Jahr 2021 wurden rund 79 300 gegen Männer und 16 500 gegen Frauen ausgesprochen. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Schuldsprüche gegen Männer um 6 200 Fälle (−7,2 %) und bei den Frauen um 1 800 Fälle (−9,9 %) zurück. Die Frauenquote unter den Verurteilten betrug 17,2 %. Somit betraf nicht einmal jeder fünfte ausgesprochene Schuldspruch eine Frau.

54 800 Verurteilungen entfielen auf Personen mit deutscher Nationalität und 40 900 auf Nichtdeutsche. Sowohl bei den Deutschen als auch bei den Personen, die keinen deutschen Pass besaßen, ging im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Schuldsprüche zurück, und zwar in allen Altersgruppen. Im Gesamtergebnis gab es bei den Personen mit deutschem Pass 8,8 % bzw. 5 300 Verurteilungen weniger als 1 Jahr zuvor, bei den Nichtdeutschen ging die Zahl der Schuldsprüche um 6,2 % bzw. 2 700 Verurteilungen zurück. Gemessen an allen Verurteilten nahm der Anteil der nichtdeutschen Verurteilten von 42,1 % im Jahr 2020 auf nunmehr 42,7 % zu (Tabelle 1).

In den unterschiedlichen Altersgruppen und Staatsangehörigkeiten war bei Deutschen der Rückgang bei Jugendlichen mit 14,3 % prozentual am höchsten, gefolgt von den Heranwachsenden mit – 11,1 % und den Erwachsenen mit – 8,2 %. Bei Nichtdeutschen war mit −22,9 % in der Altersgruppe der Heranwachsenden der höchste prozentuale Rückgang zu beobachten. Bei den Jugendlichen waren es −16,9 % und bei den Erwachsenen −4,8 % weniger Verurteilungen als 1 Jahr zuvor.

Rund jeder vierte Schuldspruch wegen Straßenverkehrsdelikts

Die Verurteilungen konzentrieren sich seit Jahren im Besonderen auf fünf ausgewählte Straftatengruppen. Mit insgesamt 23 100 Verurteilungen, dies entspricht rund jedem vierten Urteil im Jahr 2021 (24,1 %), waren Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten zahlenmäßig am stärksten vertreten. An zweiter Stelle folgten Verurteilungen wegen Betrug und Untreue2 (16 400 Fälle bzw. 17,1 %). 11 100 Schuldsprüche (11,6 %) ergingen wegen Diebstahlsdelikten und weitere 10 400 (10,8 %) wegen Drogendelikten. Auf die unter den fünf Straftatengruppen kleinste, aber durch die besondere Schwere der Taten hervorgehobene Gruppe der Gewaltdelikte entfielen 3 300 Verurteilungen (3,4 %) (Schaubild 2).

Im Vergleich zum Vorjahr ging im Jahr 2021 die Zahl der Verurteilungen in allen fünf genannten Straftatengruppen zurück. Mit einem Minus von 2 800 Schuldsprüchen (−20,2 %) war der Rückgang bei den Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten mit Abstand am stärksten. Vor allem die Zahl der Verurteilungen wegen einfacher Diebstähle3, die 2021 insgesamt rund 80 % aller Schuldsprüche wegen Diebstahlsdelikten ausmachten, ging um 2 500 Fälle oder 22,1 % zurück. Diese Entwicklung dürfte auch ein Ergebnis aus den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sein, denn die Einschränkungen im öffentlichen Leben, geschlossene Geschäfte und Restaurants boten grundsätzlich weniger Tatgelegenheiten.

Auch die pandemiebedingte geringere Mobilität, in Verbindung mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt durch den steigenden Anteil an Homeoffice, dürften Einfluss genommen haben. So ging im Jahr 2021 die Zahl der Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten gegenüber dem Vorjahr um 2 500 Fälle oder 9,6 % zurück. Dabei nahmen die Schuldsprüche wegen Straftaten im Straßenverkehr ohne Trunkenheit um 900 Fälle oder 6,3 % ab, bei Straftaten in Trunkenheit war sogar ein Rückgang um 1 600 Fälle bzw. 13,9 % festzustellen.

Die Zahl der Verurteilungen wegen Straftaten aus der Deliktgruppe Betrug und Untreue war gegenüber dem Vorjahr ebenfalls geringer und zwar um fast 1 300 Fälle (−7,1 %). Auffallend in dieser Straftatengruppe ist, dass hier seit Jahren der Frauenanteil vergleichsweise hoch ist. Mit einem Anteil von 27 % lag der Wert im Jahr 2021 knapp 10 Prozentpunkte über der Frauenquote bei der Gesamtheit aller Straftaten (17,2 %).

Demgegenüber waren die wegen Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz 10 400 schuldig gesprochenen Personen überwiegend männlich, nämlich 9 400 bzw. 91 %. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Schuldsprüche wegen Drogendelikten um 690 Fälle (−6,3 %) zurück. Coronabedingt gab es auch im Jahr 2021 beispielsweise für Bars und Diskotheken strenge Auflagen oder auch Schließungen, Großveranstaltungen wurden vielfach untersagt. Orte, an denen nicht selten Betäubungsmittel gehandelt und konsumiert werden, was auch zu dem Rückgang der Verurteilungen beigetragen haben dürfte.

Im Bereich der Gewaltdelikte verringerte sich die Zahl der Verurteilungen um 360 Fälle (−10 %). Zu den Gewaltdelikten gehören unter anderem sehr schwere Straftaten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung und Körperverletzung. Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung4 stellten mit einem Anteil von 72,6 % die größte Untergruppe. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 2 400 Personen wegen dieser Straftat verurteilt, 230 oder 8,6 % weniger als 1 Jahr zuvor.

Geldstrafe mit Abstand am häufigsten verhängt

Im Jahr 2021 mussten sich insgesamt 114 100 Personen vor einem Strafgericht in Baden-Württemberg verantworten, wurden also abgeurteilt. Für 18 300 oder 16,1 % von ihnen endete das Verfahren nicht mit einer Verurteilung, sondern mit einer Einstellung (15 700 Fälle) oder aber mit einem Freispruch (2 500 Fälle).5 Die Verurteiltenquote, also der Anteil der Verurteilten an der Gesamtzahl aller von den Gerichten abgeurteilten Personen, betrug 83,9 %.

Bei den insgesamt 95 800 Männern und Frauen, gegen die im Jahr 2021 ein rechtskräftiges Urteil erging, wurde in 77 400 Fällen bzw. 80,8 % eine Geldstrafe verhängt. 13 300 Personen bzw. 13,9 % wurden zu einem Freiheitsentzug in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt. Davon setzten die Gerichte rund 9 400 zur Bewährung aus, sodass letztlich 3 900 Verurteilte, das entspricht 4,1 % aller Verurteilten, nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Bei den übrigen 5 100 Verurteilten (5,3 %) wurden vor allem Verwarnungen oder Jugendarrest (Zuchtmittel) sowie Erziehungsmaßregeln wie die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Unterbringung in einem Heim angeordnet.

Kürzere Freiheitsstrafen überwiegen deutlich – vor allem bei Frauen

Die Dauer der Freiheitsentziehung ist grund­sätzlich ein Indikator für die Schwere der verübten Straftaten. Unter den rund 13 300 im Jahr 2021 ausgesprochenen Freiheits- und Jugendstrafen mit oder ohne Bewährung betrug das Strafmaß in 8 700 bzw. in 65,1 % aller Fälle Freiheitsentzug bis zu 1 Jahr und bei 24,2 % zwischen 1 und 2 Jahren (3 200 Fälle). Zu einem Freiheitsentzug zwischen 2 und 5 Jahren wurden lediglich 9,1 % der Angeklagten verurteilt (1 200 Fälle). Zu einer Gefängnisstrafe von mindestens 5 Jahren wurden rund 210 Personen oder 1,6 % der Verurteilten verurteilt. Darunter waren 14 Personen mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Frauen verüben häufiger als Männer leichtere Straftaten, sodass diese eher zu kürzeren Freiheitsstrafen verurteilt werden. Unter den zu einer Gefängnisstrafe verurteilten Frauen betrug die Strafdauer in 76,6 % der Fälle maximal 1 Jahr, bei den Männern waren es 63,8 % (Tabelle 2).

Fast die Hälfte der im Jahr 2021 Verurteilten waren bereits vorbestraft

Von den insgesamt 95 800 vor Gericht rechtskräftig verurteilten Personen hatten 45 300 schon eine oder mehrere Vorverurteilungen. Somit waren 47,3 % der insgesamt im Jahr 2021 Verurteilten im Land bereits früher wegen eines Verbrechens oder Vergehens verurteilt worden und damit vorbestraft. Unter den 6 400 Jugendlichen und Heranwachsenden6 im Alter zwischen 14 bis unter 21 Jahren, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, waren 2 500 Wiederholungstäterinnen und -täter (39,3 %). Davon waren 1 100 Personen mit einer Vorverurteilung (45,4 %), weitere 620 mit zwei Vorstrafen (24,8 %) und 750 Jugendliche und Heranwachsende mit drei und mehr Vorstrafen (29,9 %). Von den im Jahr 2021 nach allgemeinem Strafrecht verurteilten 89 400 Heranwachsenden und Erwachsenen waren 42 800 oder 47,9 % Wiederholungstäterinnen und -täter. 11 400 Männer und Frauen waren einmal vorbestraft (25,4 %). In 6 100 Fällen waren es zwei Vorverurteilungen (14,2 %). 15 200 Heranwachsende und Erwachsene hatten drei bis acht Vorstrafen (35,4 %) und 10 700 Personen (25 %) hatten neun und mehr Vorverurteilungen (Tabelle 3).

Bei den nach Jugendstrafrecht Verurteilten wurden bei den früheren Strafen als schwerste Strafe oder Maßnahme überwiegend Zuchtmittel (1 300 Fälle) wie Verwarnungen, Auflagen und Jugendarrest ausgesprochen. Bei den nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten handelte sich es bei den schwersten Vorverurteilungen in den meisten Fällen um Geld- bzw. Freiheitsstrafen (23 300 bzw. 16 800 Fälle).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Entwicklung der Kriminalität im vergangenen Jahr insgesamt erfreulich war. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser positive Trend in Zukunft fortsetzen wird.

1 Die Ergebnisse im Text wurden bei Werten bis 1 000 Verurteilungen jeweils auf 10, bei Werten über 1 000 auf 100 gerundet. Rundungen von Einzelpositionen können zu Abweichungen bei der gerundeten Gesamtsumme führen.

2 §§ 263 bis 266b StGB.

3 Beim einfachen Diebstahl handelt es sich um die »niedrigste« Stufe einer verbotenen Entwendung von Gegenständen. Einfache Diebstähle setzen wenig Anstrengungen aufseiten der Täterinnen und Täter voraus. Sie gelangen mehr oder weniger unkompliziert an die gewünschte Beute. Geregelt ist der Straftatbestand in § 242 StGB.

4 § 224 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB.

5 Bei weiteren rund 170 Fällen handelt es sich um die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung oder das Absehen von Strafe.

6 Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren können je nach persönlichem Entwicklungsstand nach Jugendstrafrecht oder Allgemeinem Strafrecht abgeurteilt werden.