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Die Entwicklung der Schülerzahlen wird aktuell von unvorhersehbaren Faktoren beeinflusst

Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen für allgemeinbildende und berufliche Schulen in Baden-Württemberg bis 2035

An allgemeinbildenden Schulen könnte die Schülerzahl von fast 1,098 Millionen (Mill.) im Schuljahr 2021/22 bis zum Schuljahr 2032/33 auf 1,206 Mill. anwachsen. Nach dem Erreichen dieses Höhepunkts dürfte sie bis 2035/36 leicht auf 1,199 Mill. zurückgehen. Kurz- bis mittelfristig können sowohl die Auswirkungen der Coronapandemie als auch der Zustrom von, wegen des Kriegs in der Ukraine, geflohenen Kindern und Jugendlichen die Entwicklung beeinflussen und in den einzelnen Schularten zu schwankenden Schülerzahlen führen. Diese Faktoren werden auch Auswirkungen auf die Entwicklung an den beruflichen Schulen in Baden-Württemberg haben. Längerfristig ist bei diesen ab dem Schuljahr 2030/31 mit einer Trendumkehr und einer wieder wachsenden Schülerzahl zu rechnen. Im Schuljahr 2035/36 würde sie demnach bei 424 400 liegen im Vergleich zu 400 300 im Schuljahr 2021/22. Auch die Zahlen für den Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung oder eines mittleren Abschlusses dürften nach einem leichten Rückgang erst gegen Ende des Vorausberechnungszeitraums wieder das aktuelle Niveau übertreffen. Die Zahl der Hauptschulabschlusszeugnisse wird dagegen wohl beständig über dem Wert des Jahres 2021 liegen.

Langfristig ist zwar die Entwicklung der Geburtenzahlen die entscheidende Einflussgröße für die künftige Entwicklung der Schülerzahlen. Kurz- und mittelfristig können aber auch andere Faktoren diese massiv beeinflussen. Bildungspolitische Entscheidungen und die Reaktionen von Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten hierauf zählen beispielsweise zu diesen Faktoren. In der Regel haben diese einen gewissen zeitlichen Vorlauf, sodass man im Rahmen einer Vorausberechnung Annahmen über die möglichen Auswirkungen abstimmen kann. Möglicherweise kann man hierzu sogar auf Erfahrungen aus ähnlich gelagerten Fällen zurückgreifen.

Die jüngste Vergangenheit hat aber gezeigt, dass auch unvorhersehbare Ereignisse, die ihren Ursprung außerhalb Baden-Württembergs haben, innerhalb kürzester Zeit die Zahl der an den Schulen im Land unterrichteten Kinder und Jugendlichen beeinflussen können. Sowohl die Coronapandemie wie auch der Krieg in der Ukraine sind Beispiele hierfür. So ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge nach dem drastischen Rückgang um 8,5 % im »Coronajahr« 2020 im Jahr 2021 noch einmal gesunken und hat mit 63 085 Vertragsabschlüssen den niedrigsten Wert seit Einführung der Berufsbildungsstatistik im Jahr 1977 erreicht.1 Dadurch sank die Schülerzahl der Teilzeit-Berufsschulen als Bestandteil des dualen Ausbildungssystems entsprechend. Die Schülerzahlen einiger anderer vollzeitschulischer Bildungsgänge waren dagegen im Schuljahr 2020/21 angestiegen. Ein weiteres Beispiel ist die Flucht von Kindern und Jugendlichen vor dem Krieg in der Ukraine. Diese führte dazu, dass am Ende des Schuljahrs 2021/22 über 20 000 Schülerinnen und Schüler mehr an den Schulen unterrichtet wurden als am Beginn des Schuljahrs.

Diese Beispiele verdeutlichen zum einen, dass eine Vorausberechnung von Schülerzahlen in solch unruhigen Zeiten ständig an neue Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Zum anderen zeigen sie, dass eine Vorausberechnung von Schülerzahlen mehr ist, als das bloße Verschieben der aktuellen Schülerzahlen um eine Klassenstufe nach oben. Um eine trotz vieler Unwägbarkeiten brauchbare Abschätzung der Entwicklung der Schülerzahlen zu erreichen, sind Annahmen zu einer Vielzahl von Einflussgrößen zu treffen (i-Punkt »Methodik der Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen«). Grundlagen dieser Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen sind die Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 2021/22 und die Hauptvariante der aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg.2 Für die Betrachtung der kurz- und mittelfristigen Entwicklung ist dabei ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der Beschulung ukrainischer Kinder und Jugendlicher zu richten (i-Punkt »Berücksichtigung der Zugänge von aus der Ukraine geflüchteten Kindern und Jugendliche«).

An allgemeinbildenden Schulen ist der Höhepunkt bereits absehbar

Seit dem Schuljahr 2003/04, in dem knapp 1,308 Mill. Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und privaten allgemeinbildenden Schulen unterrichtet wurden, sank deren Schülerzahl bis zum Schuljahr 2020/21 auf gut 1,095 Mill. ab.3 Im Schuljahr 2021/22 erfolgte mit einer Schülerzahl von fast 1,098 Mill. die erwartete Trendwende.4 Diese Zunahme dürfte bis zum Schuljahr 2032/33 anhalten, in dem mit 1,206 Mill. Schülerinnen und Schülern gerechnet wird – 10 % mehr als im Schuljahr 2021/22. Bis 2035/36 könnte die Schülerzahl wieder leicht auf 1,199 Mill. sinken (Tabelle 1).

An den öffentlichen und privaten Grundschulen herrscht bereits seit 8 Jahren ein grundsätzlich steigender Trend vor. Im Schuljahr 2021/22 lag die Schülerzahl mit fast 382 000 um knapp 13 800 höher als im Schuljahr 2013/14. Dieser Anstieg wird wohl bereits 2026/27 mit 426 900 Schülerinnen und Schülern seinen Höhepunkt erreichen. Damit läge die Schülerzahl fast 12 % über dem Wert des Schuljahrs 2021/22. Bis 2035/36 könnte sie dann wieder auf 411 200 zurückgehen.

Anstieg der Schülerzahlen an weiterführenden Schulen bis in die erste Hälfte der 2030er-Jahre

Bei den weiterführenden Schulen herrscht mit Ausnahme der Gymnasien und der Gemeinschaftsschulen derzeit noch ein demografisch bedingter Trend abnehmender Schülerzahlen vor. Dieser wird allerdings kurzfristig von den Auswirkungen des Zustroms von Flüchtlingen aus der Ukraine überlagert, der für einen zwischenzeitlichen Anstieg der Schülerzahlen sorgt. Auch die vorübergehende Aussetzung »regulärer« Klassenwiederholungen im Schuljahr 2020/21 aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie auf den Schulunterricht und der daraus resultierende »Nachholeffekt« an Klassenwiederholungen im Schuljahr 2021/22 – und wohl auch im laufenden und im nächsten Schuljahr – wird sich in der Entwicklung der Schülerzahlen niederschlagen (i-Punkt »Besondere Annahmen für allgemeinbildende Schulen«). So könnte die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Werkreal- und Hauptschulen im laufenden Schuljahr auf 45 600 steigen, um anschließend bis zum Schuljahr 2026/27 auf 42 600 zu sinken. Dies würde nur wenig unterhalb des Werts von knapp 43 500 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2021/22 liegen. Verbleibt die Übergangsquote von der Grundschule auf die Werkreal- und Hauptschule wie im Durchschnitt der letzten Jahre bei einem Wert von knapp unter 6 %, dürfte die Schülerzahl bis 2032/33 wieder auf 46 800 zunehmen. Im Anschluss daran könnten wieder etwas schwächer besetzte Altersjahrgänge bis 2035/36 für einen leichten Rückgang auf 46 400 Schülerinnen und Schüler führen. Auch dann läge die Schülerzahl noch fast 8 % über dem Wert von 2021/22 (Schaubild 1).

An den öffentlichen und privaten Realschulen wird ausgehend von 208 400 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2021/22 zunächst bis 2023/24 ein Anstieg auf 213 500 Schülerinnen und Schüler erwartet. Nach dem anschließenden Erreichen eines Tiefpunkts von 210 700 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2026/27 dürfte bis 2032/33 eine Zunahme der Schülerzahl auf 232 200 erfolgen. Ähnlich wie bei den Werkreal- und Hauptschulen wird sie in der Folge bis zum Schuljahr 2035/36 wohl leicht auf 230 400 zurückgehen. Dies wären knapp 11 % mehr Schülerinnen und Schüler als im Schuljahr 2021/22.

Bei den öffentlichen und privaten Gymnasien war im Schuljahr 2021/22 die Schülerzahl bereits zum zweiten Mal in Folge angestiegen und hatte den Wert von 296 400 erreicht. Dieser Anstieg dürfte zunächst bis zum Schuljahr 2024/25 anhalten, in dem 301 000 Schülerinnen und Schüler erwartet werden. Bis 2026/27 könnte dann ein leichter Rückgang auf 298 900 Schülerinnen und Schüler erfolgen, bevor die Schülerzahl bis 2034/35 beständig auf 329 200 ansteigen könnte. Damit wäre sie 11 % höher als im Schuljahr 2021/22. Im Schuljahr 2035/36 würde sie dann mit 328 800 nur geringfügig darunterliegen.

Auch an den öffentlichen und privaten Gemeinschaftsschulen wird der kurzfristige Zustrom von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine spürbare Auswirkungen haben. So dürfte deren Schülerzahl bis zum Schuljahr 2023/24 gegenüber 2021/22 um insgesamt rund 5 000 auf 92 600 anwachsen. Nach einem Rückgang auf 88 000 bis zum Schuljahr 2026/27 wird bis zum Schuljahr 2032/33 mit einer Zunahme der Schülerzahl auf 96 700 gerechnet. Im weiteren Verlauf bis zum Schuljahr 2035/36 dürfte dann ein leichter Rückgang auf 96 000 Schülerinnen und Schüler eintreten. Dies wären immer noch knapp 10 % mehr Schülerinnen und Schüler als im Schuljahr 2021/22.

Die Schülerzahl der Freien Waldorfschulen könnte von fast 23 000 im Schuljahr 2021/22 bis 2035/36 auf 25 300 ansteigen. Im Schuljahr 2021/22 waren an den drei öffentlichen Schulen besonderer Art rund 4 000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet worden. Im Schuljahr 2035/36 könnten es 4 300 sein.

Anstieg der Schülerzahl an SBBZ bis 2031/32

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, die an einer allgemeinen Schule inklusiv unterrichtet wurden, ist im Schuljahr 2021/22 gegenüber dem Vorjahr um gut 280 auf 8 707 zurückgegangen. Dagegen erhöhte sich die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) leicht um rund 550 auf 52 991. Seit dem Schuljahr 2010/11 hat sich somit die Gesamtzahl um knapp 16 % gesteigert. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot an der gleichaltrigen Bevölkerung hat sich zwischen 2010 und 2020 von 3,6 % auf 4,6 % erhöht. Im Schuljahr 2021/22 blieb er auf dem Niveau von 4,6 %. Für die Vorausberechnung wird angenommen, dass dieser Anteil weiterhin gleichbleibt.

Der weitere Anstieg der Schülerzahl der SBBZ ist somit in erster Linie auf stärker besetzte Geburtsjahrgänge zurückzuführen. Dieser seit dem Schuljahr 2016/17 anhaltende Trend wird sich wohl bis zum Schuljahr 2031/32 fortsetzen. Die Schülerzahl könnte dann mit 57 300 um rund 8 % über dem Niveau des Schuljahres 2021/22 liegen. Auch an den SBBZ dürfte die Schülerzahl in den folgenden Schuljahren bis 2035/36 leicht auf 56 700 absinken. Weitere 9 700 Kinder und Jugendliche würden entsprechend der getroffenen Annahmen inklusiv an einer Regelschule Unterricht erhalten. Gegenüber dem Schuljahr 2021/22 würde die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot somit um 12 % zunehmen.

An beruflichen Schulen zunächst schwankende Schülerzahlen

An öffentlichen und privaten beruflichen Schulen5 wurden im Schuljahr 2021/22 insgesamt 400 300 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, fast 7 500 weniger als im Vorjahr. Die Auswirkungen der Pandemie auf den Ausbildungsstellenmarkt werden wohl erst schrittweise in den nächsten Jahren abflauen. Andererseits werden nun zahlreiche aus der Ukraine geflüchtete Jugendliche an beruflichen Schulen unterrichtet (i-Punkt »Besondere Annahmen für berufliche Schulen«). In Kombination mit unterschiedlich stark besetzten Abgangsjahrgängen an allgemeinbildenden Schulen führt dies in den nächsten Schuljahren zu schwankenden Schülerzahlen an den beruflichen Schulen. So gehen diese voraussichtlich zunächst bis 2023/24 auf 390 600 zurück, steigen dann bis 2025/26 auf 394 400 an, bevor sie bis 2029/30 auf 388 900 sinken. Danach ist aufgrund wieder stärker besetzter Altersjahrgänge bis 2035/36 mit einem Anstieg auf 424 400 Schülerinnen und Schüler zu rechnen (Tabelle 2). Damit wäre die Schülerzahl um 6 % höher als im Schuljahr 2021/22.

Durch den eingangs beschriebenen Rückgang der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge in den letzten beiden Jahren verringerte sich die Schülerzahl an den öffentlichen und privaten Teilzeit-Berufsschulen des dualen Ausbildungssystems im Schuljahr auf rund 181 400. Zunächst werden schwächer besetzte Geburtsjahrgänge die Auswirkungen der Coronapandemie noch verstärken. Bis zum Schuljahr 2023/24 dürfte die Schülerzahl der Teilzeit-Berufsschulen daher weiter auf 175 700 absinken. In den Schuljahren von 2025/26 bis 2030/31 könnte sie sich dann mit leichten Schwankungen im Bereich zwischen 179 100 und 180 400 bewegen. Danach wird bis zum Schuljahr 2035/36 mit einem Anstieg auf 195 700 Schülerinnen und Schüler gerechnet. Das wären 8 % mehr als 2021/22 (Schaubild 2).

Deutlicher Anstieg an beruflichen Gymnasien und Berufskollegs erst nach 2030

Die öffentlichen und privaten beruflichen Gymnasien waren im Schuljahr 2021/22 mit 59 400 Schülerinnen und Schülern wieder die zahlenmäßig größte Vollzeit-Schulart, nachdem im Vorjahr die Berufskollegs knapp vor diesen gelegen hatten. An den beruflichen Gymnasien setzt sich der im Grundsatz seit dem Schuljahr 2016/17 vorherrschende Trend rückläufiger Schülerzahlen voraussichtlich bis zum Schuljahr 2030/31 fort, in dem 55 600 Schülerinnen und Schüler erwartet werden. Danach könnte die Schülerzahl demografisch bedingt wieder bis zum Schuljahr 2035/36 auf 61 000 anwachsen. Sie läge damit um knapp 3 % über dem Wert des Schuljahrs 2021/22.

Im Schuljahr 2020/21 war die Schülerzahl der öffentlichen und privaten Berufskollegs entgegen dem Trend der letzten Jahre deutlich angestiegen, im vergangenen Schuljahr allerdings wieder um 1 300 auf knapp 58 200 zurückgegangen. Im laufenden Schuljahr 2022/23 wird sie wohl weiter auf 55 300 fallen, bevor ein Anstieg der Zahl der mittleren Schulabschlüsse bis 2025/26 für ein »Zwischenhoch« sorgen dürfte. Dann werden 56 500 Schülerinnen und Schüler an den Berufskollegs erwartet. In den folgenden 5 Jahren könnte die Schülerzahl wieder auf 55 200 absinken. Danach ergibt die Vorausberechnung ähnlich wie bei den beruflichen Gymnasien bis 2035/36 einen Anstieg auf 60 800 Schülerinnen und Schüler. Dies wären knapp 5 % mehr als im Schuljahr 2021/22.

Die Schülerzahl der Berufsfachschulen wird schon etwas früher zunehmen

Auch an den öffentlichen und privaten Berufsfachschulen war im Schuljahr 2021/22 ein Rückgang der Schülerzahl zu verzeichnen. Sie sank gegenüber dem Vorjahr um knapp 800 auf rund 55 300. Dies war vor allem auf die Entwicklung bei den 2-jährigen Berufsfachschulen zum Erwerb der Fachschulreife zurückzuführen, deren Schülerzahl um 600 auf 18 700 zurückging. Auch an den 1-jährigen gewerblichen Berufsfachschulen, an denen vorrangig im Bereich des Handwerks das 1. Ausbildungsjahr einer dualen Berufsausbildung absolviert werden kann, wurden mit knapp 8 400 rund 400 Schülerinnen und Schüler weniger unterrichtet. An den ausbildungsvorbereitenden Berufsfachschulen und den Berufsfachschulen im Bereich der Pflegeausbildung ergaben sich dagegen nur kleinere Verschiebungen.

Im laufenden Schuljahr 2022/23 wird noch mit einem weiteren leichten Rückgang der Schülerzahl der Berufsfachschulen auf 54 700 gerechnet. Bis 2025/26 könnten dann vorübergehend eine höhere Absolventenzahl mit Hauptschulabschluss und die voranschreitende Umgestaltung der Ausbildungsvorbereitung (i-Punkt »Besondere Annahmen für berufliche Schulen«) zu einem Anstieg auf 58 500 Schülerinnen und Schüler führen. Schwächer besetzte Altersjahrgänge ergeben in der Vorausberechnung dann bis 2028/29 einen Rückgang auf 56 600 Schülerinnen und Schüler. Bis zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Schuljahr 2035/36 könnte die Schülerzahl wieder auf 61 800 zunehmen. Sie wäre damit um fast 12 % höher als im Schuljahr 2021/22. Ab dem Schuljahr 2024/25 dürften die Berufsfachschulen nach der Teilzeit-Berufsschule die Schulart mit der höchsten Schülerzahl sein.

Im Schuljahr 2021/22 erreichten die Schulen für Berufe des Gesundheitswesens mit fast 21 200 Schülerinnen und Schülern einen neuen Höchststand der Schülerzahl. An diesen Schulen findet die Ausbildung in nicht akademischen Gesundheitsberufen statt (zum Beispiel in den Bereichen Physiotherapie, Logopädie oder Notfallsanitäter und -sanitäterinnen). Auch die 2020 neu eingeführte generalistische Pflegeausbildung wird nicht nur an Berufsfachschulen, sondern auch an Schulen für Berufe des Gesundheitswesens durchgeführt, in denen zuvor in der Gesundheits- und Krankenpflege ausgebildet wurde. In den nächsten 10 Jahren dürfte die Schülerzahl der Schulen für Berufe des Gesundheitswesens mit leichten Schwankungen auf dem nun erreichten Niveau bleiben. Erst gegen Ende des Vorausberechnungszeitraums könnte sich ein stärkerer Anstieg auf 22 900 Schülerinnen und Schüler ergeben.

Der seit dem Schuljahr 2014/15 anhaltende rückläufige Trend an den öffentlichen und privaten Fachschulen wird wohl bis etwa 2030 weiter anhalten. Die Schülerzahl könnte von rund 18 100 im Schuljahr 2021/22 auf 16 300 absinken. Die demografische Entwicklung könnte im Anschluss daran wieder für einen leichten Anstieg auf 17 000 Schülerinnen und Schüler sorgen.

Mittelfristig wenig Änderung bei der Zahl der Hochschulzugangsberechtigungen

In den Jahren 2020 und 2021 war die Zahl der Hochschulreifezeugnisse um jeweils über 2 500 auf rund 44 100 gesunken. Dies ist vor allem auf die Wiedereinführung des 9-jährigen gymnasialen Bildungsgangs an einigen allgemeinbildenden Gymnasien in zwei Tranchen jeweils 8 Jahre zuvor zurückzuführen. Die Schülerinnen und Schüler der 12. Klassenstufe (bzw. Jahrgangsstufe 1) dieser Schulen »fehlten« den Abschlussjahrgängen 2020 und 2021. Mittelfristig dürfte sich die Zahl der Hochschulreifezeugnisse im Bereich zwischen 44 400 und 45 600 bewegen. Erst gegen Ende des Vorausberechnungszeitraums wird ein Anstieg auf 48 300 erwartet. Etwa ein Drittel der Hochschulreifezeugnisse wird an beruflichen Schulen erworben, wobei dieser Anteil gegen Ende des Vorausberechnungszeitraums leicht absinken könnte (Tabelle 3).

Die Fachhochschulreife wird fast ausschließlich an beruflichen Schulen erworben. Seit dem Erreichen des Höchststands im Jahr 2011 mit 21 800 Abschlusszeugnissen war bei dieser Abschlussart ein beständiger Rückgang bis auf knapp 15 700 Zeugnisse im Jahr 2021 festzustellen. In den Jahren um 2030 dürfte die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit Fachhochschulreife nur noch bei 13 800 liegen. Bis 2035 könnte sie wieder um 1 000 anstiegen. Zusammen mit den 48 300 Hochschulreifezeugnissen könnten 2035 somit insgesamt 63 100 Hochschulzugangsberechtigungen erworben werden. Das wären knapp 6 % mehr als im Jahr 2021, in dem gut 59 700 dieser Zeugnisse vergeben wurden.

Am häufigsten wird ein mittlerer Bildungsabschluss erworben

Durch den ersten Absolventenjahrgang, der an der Werkrealschule neuer Art einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsabschluss erreichen konnte, war 2013 mit gut 69 500 der Höchstwert an mittleren Bildungsabschlüssen6 zu verzeichnen gewesen. Bis 2021 war ihre Zahl dann auf knapp 56 400 abgesunken. Bis zum Beginn des nächsten Jahrzehnts könnte ihre Zahl mit leichten Schwankungen im Bereich zwischen 54 700 und 57 100 liegen. Im Anschluss daran ergibt die Vorausberechnung bis 2035 einen Anstieg auf 61 200 Abschlüsse. Diese Zahl läge um knapp 9 % über dem Wert des Jahres 2021. Der mittlere Bildungsabschluss behält somit weiterhin die Spitzenposition unter den Schulabschlüssen, gefolgt von der Hochschulreife (Schaubild 3). Wie seit 2015 üblich dürfte der Anteil der beruflichen Schulen am Erwerb eines mittleren Abschlusses auch bis 2035 im Bereich von 13 % bis 15 % liegen.

Im Jahr 2004 war mit etwas weniger als 47 800 Absolventinnen und Absolventen ein relativer Höhepunkt der Zahl der Hauptschulabschlüsse erreicht worden. Schwächer besetzte Geburtsjahrgänge, eine sinkende Zahl von Übergängen von der Grundschule auf die Hauptschule sowie die Einführung der Werkrealschule neuer Art führten zu einem deutlichen Rückgang auf gut 22 900 im Jahr 2017. Im Jahr 2018 ergab sich mit fast 24 300 Hauptschulabschlüssen ein leichter Anstieg. Seitdem ist ihre Zahl bis 2021 jedoch wieder auf unter 21 700 gesunken. In den nächsten 10 Jahren wird die Zahl der Hauptschulabschlüsse mit Werten zwischen 22 500 und 24 300 wohl grundsätzlich auf einem etwas höheren Niveau liegen und bis 2035 könnte ein weiterer geringfügiger Anstieg auf 24 800 Hauptschulabschlüsse eintreten. Dies wären gut 14 % mehr Abschlüsse als im Jahr 2021.

Die Zahl von Schulabgängen ohne Hauptschulabschluss könnte von 6 200 im Jahr 2021 bis 2035 aufgrund steigender Schülerzahlen leicht auf 6 800 zunehmen. Diese Zahlen umfassen auch die hauptsächlich an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren erworbenen Abschlüsse in den Förderschwerpunkten »Lernen« sowie »Geistige Entwicklung«. Im Jahr 2021 wurden gut 2 400 Abschlusszeugnisse im Förderschwerpunkt »Lernen« und über 1 100 im Förderschwerpunkt »Geistige Entwicklung« ausgestellt. Damit hatten sie einen Anteil von über 57 % an den Abgängen ohne Hauptschulabschluss. Diese sind somit überwiegend keine »Schulabbrüche«.

Jährliche Aktualisierung nötiger denn je

Vorausberechnungen der Schüler- und Schulabschlusszahlen sollen unter anderem Planungsgrundlagen für die Bildungspolitik liefern. Die Entscheidungen der Akteurinnen und Akteure im Bildungssystem sind allerdings einem ständigen Wandel unterworfen. Hinzu kommen Änderungen in den bildungspolitischen Vorgaben, die Rückwirkungen auf die Entwicklung der Schülerzahlen und deren Verteilung auf die verschiedenen Schularten haben können. Daher sind solche Vorausberechnungen auch in »normalen Zeiten« nicht in der Lage, eine genaue Prognose der künftigen Entwicklung zu liefern. Die Coronapandemie und der Zustrom von Kindern und Jugendlichen als Folge des Kriegs in der Ukraine stellen auch für eine Vorausberechnung der Schülerzahlen große Herausforderungen dar. Zwar wird versucht, die Auswirkungen dieser Einflussgrößen durch aus heutiger Sicht plausible Annahmen in die Vorausberechnung einzubeziehen. Die reale Entwicklung mag jedoch schon bald in eine andere Richtung führen, als man es sich heute vorstellen kann.

Dennoch ist es für weitere Planungen notwendig, sich durch eine Vorausberechnung auf Grundlage plausibel erscheinender Annahmen eine Vorstellung über die künftige Entwicklung zu verschaffen. Umso wichtiger ist daher eine regelmäßige Prüfung, ob die Realität mit den getroffenen Annahmen übereinstimmt. Die Vorausberechnung der Schüler- und Schulabschlusszahlen wird daher vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg wie seit 2014 auch künftig jährlich durchzuführen sein.

1 Vergleiche Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Pressemitteilung 185/2022 vom 21.07.2022: Die beliebtesten Ausbildungsberufe 2021, https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2022185 (Abruf: 25.10.2022).

2 Brachat-Schwarz, Werner/Böhm, Marcel: Der Alterungsprozess der Bevölkerung schwächt sich langfristig ab, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2022, S. 16–24.

3 Schülerzahl ohne Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen des Zweiten Bildungswegs.

4 Vergleiche Wolf, Rainer: Steigende Schülerzahl an allgemeinbildenden Schulen – Trendwende an beruflichen Schulen, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11+12/2021, S. 3–14.

5 Einschließlich der Schulen in den Geschäftsbereichen des Sozialministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum.

6 Realschulabschluss, Fachschulreife oder gleichwertiger Bildungsabschluss.