:: 3/2023

Hülsenfrüchte im Aufwärtstrend

Mehr Bohnen und Erbsen auf baden-württembergischen Äckern

Ackerbohnen, Erbsen, Soja und Co. werden als landwirtschaftliche Kulturen in Baden-Württemberg zuletzt immer wichtiger. Seit 2016 wuchs die Anbaufläche im Südwesten um ein Fünftel. Besonders der Anbau von Soja ist dafür maßgebend. Die proteinreichen Hülsenfrüchte werden größtenteils als Futtermittel verwendet, kommen jedoch auch in der Humanernährung beispielsweise als Rohstoff für Fleischersatzprodukte zum Einsatz. In der Fruchtfolge sind sie wegen ihrer stickstofffixierenden Eigenschaft besonders im Ökolandbau gefragt. Aufgrund steigender Preise bei Stickstoffdüngern und in der Eigenversorgung mit Futtermitteln könnten sie zukünftig im heimischen Anbau eine noch größere Rolle spielen.

Bedeutung wächst in mehrfacher Hinsicht

Hülsenfrüchte, wie zum Beispiel Ackerbohnen, Erbsen oder Soja zeichnen sich durch ihren hohen Eiweißgehalt aus. Als Proteinlieferanten spielen sie deshalb eine große Rolle im Einsatz als Viehfutter in der Veredelung (Schweine, Geflügel) sowie der Rinderhaltung. Aber auch als Rohstoffe für vegane oder vegetarische Fleischersatzprodukte gewinnen Hülsenfrüchte in der menschlichen Ernährung an Bedeutung. So stieg beispielsweise die Produktion dieser eiweißreichen Nahrungsmittel in Deutschland zwischen 2019 und 2021 um 62 %.1 Dies geht mit einer gesteigerten Beliebtheit dieser Produkte einher. Laut dem Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2022 haben 47 % der befragten Personen mindestens einmal Fleischersatzprodukte gekauft. Das sind 4 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor.2

Weitere biologische Eigenschaften der Hülsenfrüchte machen diese gerade in letzter Zeit für landwirtschaftliche Betriebe interessant. Neben dem hohen Eiweißgehalt ihrer Früchte, können Leguminosen in Interaktion mit Knöllchenbakterien an den Wurzeln Luftstickstoff binden. Dies wirkt sich positiv auf die Bodenfruchtbarkeit aus, wodurch Betriebe die Ausbringung von mineralischem Stickstoffdünger bei Folgekulturen reduzieren können. Des Weiteren haben Leguminosen eine biodiversitätssteigernde Wirkung. Sie brechen getreidedominierte Fruchtfolgen hierzulande auf, erhöhen also die Diversität auf dem Acker, und bieten durch ihre Blüten eine Nahrungsquelle für Insekten.

Nicht minder stark tragen agrarpolitische Rahmenbedingungen zu Anbauausweitungen von bestimmten Kulturarten bei. Zum einen hat das BMEL im Jahr 2012 die Eiweißpflanzenstrategie ins Leben gerufen. Hierfür wurden Demonstrationsnetzwerke eingerichtet um Wissen aus der Forschung in die Praxis zu bringen und dadurch den heimischen Hülsenfruchtanbau wettbewerbsfähiger zu machen. Parallel dazu unterstützte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) in Baden-Württemberg wischen 2012 und 2021 die Anbauausweitung der Körnerleguminosen mit dem Projekt »Eiweißinitiative«. Zum anderen hat die Ausgestaltung der Agrarförderung durch die Gemeinsame Agrarpolitik in der EU (GAP) einen erheblichen Einfluss auf die Anbauplanung der landwirtschaftlichen Betriebe. In der Reform zwischen 2014 und 2020 wurden die Vorgaben durch das sogenannte Greening ab dem Jahr 2015 für die Betriebe verpflichtend. Neben einem vielfältigeren Anbau und Erhalt des Dauergrünlands, muss­ten auf 5 % des Ackerlands ökologische Vorrangflächen (ÖVF) bereitgestellt werden. Zu den ÖVF zählen unter anderem das Anlegen von Blüh- oder Zwischenfruchtflächen, aber auch die Kultivierung von stickstoffbindenden Pflanzen, also Leguminosen.

Mehr Soja in Baden-Württemberg

Dieser Bedeutungszuwachs lässt sich auch an Zahlen der amtlichen Statistik belegen. In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2022 auf insgesamt 20 900 Hektar (ha) Leguminosen zur Körnergewinnung angebaut. Damit konnte die bislang größte Hülsenfruchtfläche im 21. Jahrhundert festgestellt werden (i-Punkt). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anbaufläche um etwa ein Achtel (+ 12 %), seit 2016 wurde sie sogar um fast ein Fünftel ausgeweitet. Trotz der Zuwächse, nahmen Körnerleguminosen nur knapp 3 % an der gesamten Ackerfläche im Südwesten ein. Im Ländervergleich führen Bayern (54 700 ha) und Mecklenburg-Vorpommern (46 600 ha) die Liste an, die eine mehr als doppelt so große Fläche dieser Kulturarten bewirtschafteten. Bundesweit entfielen rund 290 000 ha auf den Hülsenfruchtanbau, ein Anstieg sogar um mehr als die Hälfte seit 2016.

Den größten Anteil am Anstieg der Hülsenfruchtfläche in den letzten Jahren hat die Sojabohne. Zwischen 2016 und 2022 hat sich die Anbaufläche von 5 900 auf 8 700 ha erhöht, wodurch die Erbse als wichtigste Hülsenfrucht in Baden-Württemberg verdrängt wurde (Schaubild 1). Im Vergleich zu den Flächen anderer Sommerkulturen, wie beispielsweise Körnermais (56 000 ha) oder Sommergerste (61 100 ha), ist der Umfang bislang noch überschaubar. Während nur 9 % der inländischen Sojaerzeugung für Nahrungsmittel, wie Tofu oder Sojamilch verwendet wird, liegt der Fokus vor allem auf der Nutzung als Viehfutter. Fast die Hälfte (46 %) der Erzeugung werden in den landwirtschaftlichen Betrieben direkt als Futtermittel genutzt und 42 % gehen in die Verarbeitung.3 Da die deutsche Sojaproduktion nach wie vor marginal ist (2021: 106 600 Tonnen), stammt der Großteil des Bedarfs aus Importen (3,6 Mill. Tonnen).45 Fast 90 % der Importmenge kommt aus Brasilien und den USA. Die Ukraine als viertwichtigstes Herkunftsland weist zwar nicht annähernd so große Anteile auf (ca. 2 %), jedoch hat es eine Bedeutung für den Bezug von nicht gentechnisch verändertem Sojaschrot. Versorgungsunsicherheiten durch den dort herrschenden Krieg dürfte für die landwirtschaftlichen Betriebe hierzulande mit ein Grund gewesen sein, in den Sojaanbau einzusteigen bzw. diesen auszubauen. Die Fläche in Baden-Württemberg wurde 2022 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 1 200 ha ausgeweitet.

Ackerbohne und Erbse stabil, Süßlupine aufstrebend

Während die Sojabohne erst im 19. Jahrhundert nach Europa kam, werden Erbsen und die Ackerbohnen schon seit dem Mittelalter im großflächigen Ackerbau kultiviert. Unter den Körnerleguminosen blieb ihre Beliebtheit bis heute bestehen, was sich in stabilen Anbauflächen widerspiegelt. So erstreckte sich der Erbsenanbau6 in Baden-Württemberg 2022 auf 4 900 ha und lag damit im Durchschnitt der fünf vorhergehenden Jahre. Ackerbohnen wurden 2022 auf 3 200 ha angebaut. Im Vergleich zu 2016 kann hier ein Anstieg um mehr als ein Drittel (38 %) festgestellt werden. Als weitere sehr protein- und fettreiche Körnerleguminose gilt die Süßlupine. Ihre Anbaufläche umfasste in den Jahren 2016 bis 2020 im Durchschnitt weniger als 200 ha. In den Jahren 2021 und 2022 sind jedoch sprunghafte Ausweitungen auf 600 ha und zuletzt 1 100 ha auszumachen.

Aufgrund des schwäbischen Traditionsgerichtes »Linsen mit Spätzle« könnte vermutet werden, dass der Linsenanbau eine größere Bedeutung hat. Tatsächlich ist die Linse jedoch nur eine Nischenkultur. In der amtlichen Statistik wird sie bislang im Sammelmerkmal »andere Hülsenfrüchte und Mischkulturen« geführt. Hierunter fallen auch Kulturarten, wie Wicken, Kichererbsen oder Gemenge von verschiedenen Hülsenfrüchten bzw. in Kombination mit Getreide.

Für Biobetriebe nicht wegzudenken

Für ökologisch wirtschaftende Betriebe ist die stickstoffbindende Eigenschaft der Körnerleguminosen von großer Bedeutung, da hier keine synthetisch-mineralischen Stickstoffdünger eingesetzt werden dürfen. Dies spiegelt sich auch in den hohen Anteilen der ökologischen Flächen im Hülsenfruchtanbau wider. So wurden laut den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 über 40 % der gesamten Hülsenfruchtfläche nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet. Zur Einordnung: der Öko-Anteil an der kompletten Ackerfläche lag bei lediglich 9 %. Im Zeitraum zwischen 2016 und 2020 kann beobachtet werden, dass insgesamt betrachtet aber auch bei den einzelnen Kulturarten die ökologischen Flächen sowie deren Anteile deutlich ausgeweitet wurden (siehe Schaubild 2). Der konventionelle Anbau wurde dagegen – mit Ausnahme des Sojaanbaus – eingeschränkt. Als wichtigste Öko-Hülsenfrucht konnte 2020 die Ackerbohne ausgemacht werden. Dreiviertel der gesamten Ackerbohnenfläche werden nach ökologischen Richtlinien angebaut. Beim Anbau von Soja (2 000 ha) und Erbsen (1 000 ha) kamen die ökologischen Betriebe auf einen Anteil von etwa einem Viertel. Seit 2016 hat sich der Anbauumfang dieser drei Körnerleguminosen im Ökoanbau etwa verdoppelt.

Soja im Westen, Erbsen im Norden, Ackerbohnen im Südosten

Die Anbauschwerpunkte bedeutender Körnerleguminosen folgen in Baden-Württemberg unterschiedlichen Verteilungsmustern.7 Die Sojabohne, als wärmeliebende Pflanze, findet unter anderem in der Oberrheinebene die besten Standortbedingungen im Land vor. Am südlichen Oberrhein ist es vor allem der Ortenaukreis, der mit einer Sojafläche von über 1 000 ha ein Achtel der gesamten Sojafläche im Land einnahm. Am Rhein weiter nördlich, im Landkreis Karlsruhe (740 ha), sowie im benachbarten Landkreis Heilbronn (960 ha) waren weitere größere Flächen festzustellen. Neben den guten klimatischen Bedingungen für Soja sind im Westen, im Sinne einer regionalen Wertschöpfungskette, bedeutende Händler und Futtermittelwerke ansässig. Der Hotspot des Erbsenanbaus befindet sich im ackerbaustarken Norden von Baden-Württemberg. Allen voran wies der Main-Tauber-Kreis – mit der größten Ackerfläche im Land – auch die größte Erbsenfläche (570 ha) auf. Der angrenzende Neckar-Odenwald-Kreis folgt mit knapp 510 ha auf Platz 2. Ackerbohnen werden verstärkt im Süden bzw. Südosten des Landes angebaut. Hier sind vor allem die Kreise Alb-Donau (360 ha) und Biberach (300 ha) zu nennen. Beide Kreise wiesen auch große Bestände an Rindern und Schweinen auf, die Erntemenge kann also direkt als Futtermittel eingesetzt werden. Die Bedeutung des Ackerbohnenanbaus als betriebseigenes Futtermittel zeigt sich auch darin, dass im Jahr 2020 mehr als zwei Drittel der Anbaufläche von Betrieben mit Viehhaltung bewirtschaftet wurden (Schaubild 3).

Ausblick

Der Hülsenfruchtanbau in Baden-Württemberg vollzieht seit ein paar Jahren eine positive Entwicklung. Ob dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhält, hängt unter anderem davon ab, wie sich der Ökolandbau weiterentwickelt. Er verzeichnete zuletzt ein deutliches Wachstum, in dem unter anderem die ökologische Ackerfläche um fast 50 % gestiegen ist.8 Aus politischer Sicht sollte das Wachstum sogar verstärkt und bis 2030 ein Bio-Anteil in Baden-Württemberg von 30 % bis 40 % erreicht werden. Im Jahr 2020 lag der ökologische Anteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche noch bei 13 %.

Hindernisse für Anbauausweitungen ergeben sich in der Nicht-Selbstverträglichkeit der Hülsenfrüchte, weshalb landwirtschaftliche Ackerbaubetriebe Anbaupausen einhalten müssen. Die Körnerleguminosen stehen jedoch vor allem in Konkurrenz zu anderen Ackerkulturen, wie Winterweizen, Körnermais oder Winterraps. Bei der Entscheidung über eine Aufnahme in die Fruchtfolge steht hierbei die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Aspekte, wie die derzeitigen Marktpreise der Hülsenfrüchte bzw. der Alternativkulturen, aber auch die Düngerpreise können für die Wahl ausschlaggebend sein. Auswertungen in Baden-Württemberg und Bayern ergaben, dass Soja mit den zuvor angesprochenen Kulturen, vor allem wegen den erzielbaren Marktpreisen, mithalten kann. Erbsen und Ackerbohnen haben dagegen eher einen schwierigeren Stand.9 Aufgrund der Konkurrenzfähigkeit und dem hohen Bedarf an Soja sind hier weitere Zuwächse im heimischen Anbau zu erwarten.

1 Destatis, Pressemitteilung Nr. 025 vom 9. Mai 2022, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/05/PD22_N025_42.html (Abruf: 23.01.2023).

2 BMEL, Ernährungsreport 2022, https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/ernaehrungsreport2022.html (Abruf: 23.01.2023).

3 Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, Marktrecherche Sojabohnen, 08.12.2021.

4 Destatis, Fachserie 3, R 3.2.1, Wachstum und Ernte 2021.

5 Destatis, Genesis, Tabelle 51000-0013, Stand 16.12.2022.

6 Ohne Frischerbsen.

7 Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2020.

8 Vergleich zwischen Agrarstrukturerhebung 2016 und Landwirtschaftszählung 2020.

9 Reisenweber, Jörg: Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, top agrar, 11/2022, S. 42 ff. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg