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Umweltschutzinvestitionen im Produzierenden Gewerbe in Baden-Württemberg

Seit den 1970er-Jahren werden in der amtlichen Statistik Informationen über Umweltschutzausgaben erhoben und ausgewertet. Die jährliche Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz im Produzierenden Gewerbe ist dabei eine wichtige Messgröße für die Anstrengungen der Unternehmen und Betriebe zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit ihrer Produktion.

Als Umweltschutzinvestitionen werden Investitionen in Anlagen bezeichnet, die der Verringerung, Vermeidung oder Beseitigung von Emissionen in die Umwelt dienen oder eine schonendere Nutzung der Ressourcen ermöglichen. Dabei teilen sich die Umweltschutzinvestitionen in die folgenden sieben Bereiche auf: Abfallwirtschaft, Abwasserwirtschaft, Lärm- und Erschütterungsschutz, Luftreinhaltung, Schutz und Sanierung von Boden, Grund- und Oberflächenwasser und Arten- und Landschaftsschutz. Der Bereich Luftreinhaltung wird ab Berichtsjahr 2020 aufgegliedert in Elektromobilität und Luftreinhaltung (ohne Elektromobilität). Ob die Investition auf rechtlicher oder freiwilliger Basis beruht, ist für die Erhebung nicht relevant.

Gerade im Hinblick auf wirtschaftspolitische Entscheidungen und Fragestellungen zur nachhaltigen Entwicklung gewinnt die Umweltschutzwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Im nachfolgenden Beitrag soll daher für das Land Baden-Württemberg ein Überblick über die Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz gegeben werden. Dabei wird auch ihre ökonomische und ökologische Relevanz verdeutlicht und die aktuellen Entwicklungen dargestellt.

In absoluten wie auch relativen Zahlen sind in Baden-Württemberg im Jahr 2020 die Investitionen für den Umweltschutz bzw. der Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den Gesamtinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen (+ 0,11 Milliarden (Mrd.) Euro bzw. der Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den Gesamtinvestitionen + 1,9 %). Die Bereiche Abwasser- und Abfallwirtschaft sowie der Klimaschutz prägen diese positive Entwicklung seit langen Jahren.

Umweltschutzinvestitionen in Industrieunternehmen

Internationaler Umwelt- und Klimaschutz ist längst zentrales Handlungsfeld europäischer Wirtschaftspolitik. Die steigende Bewusstseinsbildung für Umweltschutz und Nachhaltigkeit zeigt sich zunehmend in der immer größer werdenden Klimabewegung und wird unter anderem auch an der Agenda 20301 und dem Klimaschutzplan 20502 sichtbar. Auch die Industrieunternehmen in Deutschland geraten in den Fokus und werden durch staatliche Vorgaben und Anreize zum Handeln bewegt. Die Minderung von Emissionen, die Reduzierung des Ressourcen- und Energieverbrauchs sowie der effiziente Einsatz von Rohstoffen sind Faktoren, die hierbei besonders in den Blick geraten. Auch die nachhaltige Gestaltung von Produkten und deren Kreislaufführung nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip3 gewinnen zunehmend an Relevanz.

In Abhängigkeit von seinem Produktportfolio und seinen spezifischen Produktionsbedingungen beeinflusst jedes Unternehmen die Umwelt auf unterschiedliche Art und Weise. Verschiedene nationale und internationale Gesetze auf Ebene der Länder, des Staates und der Europäischen Union binden alle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen an die Einhaltung konkreter Maßstäbe im Produktionsalltag – unabhängig davon, ob sie auf kleinster, mittelständischer oder globaler Ebene agieren. Um die relevantesten Einflüsse kontrollieren und begrenzen zu können, wurden bereits mehrere Gesetze geltend gemacht. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) sind hierfür einige Beispiele. Dadurch kommt es innerhalb der Unternehmen fortlaufend zu Investitionen, die dem Zweck dienen, Emissionen, die bei der Produktionstätigkeit entstehen, zu begrenzen oder zu vermeiden. Aber auch unabhängig von rechtlichen Vorgaben und Anreizen investieren Unternehmen angesichts ethischer und vor allem wirtschaftlicher Gründe auf freiwilliger Basis in den Umweltschutz. In diesem Zusammenhang scheinen die Faktoren Imagepflege, Erhöhung der Marktchancen, Mitarbeitermotivation, medialer und öffentlicher Druck und die Möglichkeit, in Nachhaltigkeitsfonds aufgenommen zu werden, von besonderer Bedeutung.

Bei Maßnahmen, die dem Umweltschutz dienen, wird zwischen additiven und integrierten Umweltschutzmaßnahmen unterschieden. Additive oder End-of-Pipe Umweltschutzmaßnahmen sind in der Regel separate, vom übrigen Produktionsprozess getrennte Anlagen. Sie lassen sich eindeutig und vollständig dem Umweltschutz zuordnen. Diese nachsorgenden Umweltmaßnahmen beziehen sich grundsätzlich auf bereits entstandene Emissionen und reduzieren oder beseitigen diese. Hierzu zählen auch Kontroll- und Messsysteme zur Überwachung der (durch die Produktionstätigkeit) entstandenen Emissionen. Integrierte Umweltschutzmaßnahmen vermindern Umweltbelastungen direkt bei der Leistungserstellung.

Sie unterteilen sich in:

  • anlageintegrierte Maßnahmen, welche mit dem Produktionsprozess verbunden sind und zugleich als technische Elemente der Produktionsanlage einzeln nachweisbar sind, und
  • prozessintegrierte Maßnahmen, bei denen der gesamte Prozess einer Leistungserstellung im Vergleich mit einer herkömmlichen Technik zu einer Minderung der Umweltbelastungen führt. Einzelne Komponenten zur Minderung der Umweltauswirkungen sind hier nicht bestimmbar.

Umweltschutzinvestitionen 2020 in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg wurden 2020 insgesamt 10 207 Industriebetriebe des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) zu ihren Investitionen befragt. Von den 10 207 Betrieben tätigten 8 584 Betriebe Investitionen. Darunter befanden sich 2 739 Betriebe, die in den Umweltschutz investierten. Das waren 166 Betriebe mehr als im Vorjahr (+ 6,5 %) und 1 106 Betriebe mehr als vor 10 Jahren (+ 67,2 %).

Zwei Drittel der Betriebe mit Umweltschutzinvestitionen kamen aus dem Wirtschaftsbereich Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (1 824), ein gutes Viertel aus dem Bereich Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen (731) und knapp 7 % aus der Energieversorgung (184).

Die gemeinsame Investitionssumme der Unternehmen für den Umweltschutz belief sich im Jahr 2020 auf rund 1,4 Mrd. Euro, was einem Anstieg von 8,6 % im Vergleich zum Vorjahr und 87,5 % im 10-Jahresvergleich entspricht (Schaubild 1). Damit lagen die Umweltschutzinvestitionen erstmalig 3 Jahre in Folge über 1 Mrd. Euro. Auch anteilig gibt die Industrie immer mehr für den Umweltschutz aus: Von dem Gesamtvolumen der allgemeinen Investitionen (15,2 Mrd. Euro) flossen 9,3 % in Maßnahmen zum Schutz der Umwelt. 10 Jahre zuvor lag der Anteil noch bei 6,7 %.

Im Jahr 2020 entfiel mehr als ein Drittel aller Umweltschutzinvestitionen (487,9 Millionen (Mill.) Euro bzw. 34,6 %) auf den Umweltbereich Klimaschutz (Schaubild 2). Seit 2010 haben sich die Investitionen in dieser Kategorie mehr als verdoppelt. Im Vorjahresvergleich ergibt sich eine Zunahme um 58,6 Mill. Euro (+ 13,6 %). Zum Bereich Klimaschutz zählen Anlagen, Einrichtungen und Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung der Emissionen von Treibhausgasen nach Kyoto-Protokoll4, zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung. Auch bundesweit haben sich die Investitionen der Industrieunternehmen in den Klimaschutz seit dem Jahr 2009 mehr als verdoppelt, allerdings sanken sie im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 %.5

411,8 Mill. Euro bzw. 29,2 % des Gesamtvolumens wurden in Maßnahmen der Abwasserwirtschaft investiert, zu denen beispielsweise Investitionen in Anlagen zur Verminderung der Abwassermenge zählen. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich hier eine Zunahme um 26,8 Mill. Euro bzw. um 7 %.

Mehr als ein Viertel (365 Mill. Euro) aller Umweltschutzinvestitionen bildeten im Jahr 2020 Investitionen im Umweltbereich Abfallwirtschaft. Seit 2010 haben sich die Investitionen in dieser Kategorie mehr als verdreifacht. Im Vorjahresvergleich ergibt sich eine Zunahme um 16,2 Mill. Euro (+ 4,7 %). Zum Umweltbereich Abfallwirtschaft zählen beispielsweise Investitionen in Anlagen zur Abfallaufbereitung und -beseitigung.

Von den übrigen Investitionen für den Umweltschutz im Jahr 2020 entfielen 110,5 Mill. Euro (7,8 %) auf den Bereich der Luftreinhaltung. Im Vergleich zum Vorjahr ist hier ein besonders starker Zuwachs von 27,4 % zu verzeichnen, da seit dem Berichtsjahr 2020 in diesem Bereich auch die Investitionen in die Elektromobilität (zum Beispiel Elektro- und Hybridfahrzeuge und die entsprechende Ladeinfrastruktur) erfasst werden. Für solche Maßnahmen investierten die Betriebe 46,6 Mill. Euro, das waren 42,2 % aller Investitionen in die Luftreinhaltung. Die restlichen 57,8 % wurden in andere Maßnahmen zur Beseitigung, Verringerung oder Vermeidung von luftfremden Stoffen in Abgas oder Abluft investiert.

Investitionen in Lärm- und Erschütterungsschutz, Arten- und Landschaftsschutz und Schutz und Sanierung von Boden, Grund- und Oberflächenwasser machten auch im Jahr 2020 mit 35,7 Mill. Euro nur einen geringen Anteil (2,5 %) an den gesamten Umweltschutzinvestitionen aus.

Bei der Verteilung der Umweltschutzinvesti­tionen auf einzelne Branchen liegt der Hauptteil der Umweltschutzinvestitionen bei Unternehmen der Ver- und Entsorgung, die sowohl Unternehmen des Wirtschaftsbereichs Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen sowie der Energieversorgung beinhalten. Mit einem Volumen von 951,7 Mill. Euro entfallen auf die Ver- und Entsorger im Jahr 2020 über zwei Drittel (67,5 %) der Umweltschutzinvestitionen.

Aufgeteilt auf die beiden Wirtschaftsbereiche ergibt sich für die Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen eine Investitionssumme von 711 Mill. Euro (69,1 %). Dieser hohe Wert kommt auch dadurch zustande, dass bei Entsorgern alle Investitionen, außer der Geschäftsausstattung, zu den Umweltschutzinvestitionen gezählt werden. Eine Vergleichbarkeit dieses Wirtschaftsbereichs mit anderen Wirtschaftsbereichen ist daher nur bedingt gegeben.

Auf den Wirtschaftsbereich der Energieversorgung entfällt eine Investitionssumme von 240,7 Mill. Euro (11,1 %). Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich hier ein Anstieg von über 35 % verbuchen (+ 63,2 Mill. Euro). Gerade im Hinblick auf die Energiewende ist die Entwicklung der Investitionen in diesem Wirtschaftsbereich von besonderer Bedeutung. Die Steigerung lässt sich auf Investitionen in Erneuerbare Energien zurückführen, wie beispielsweise in Wind- und Solarparks.

Mit einem Volumen von 459,1 Mill. Euro fällt das restliche Drittel der Umweltschutzinvestitionen auf die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes.

Alle Investitionen in den Klimaschutz sind nach dem Verständnis der amtlichen Statistik integrierte Maßnahmen. In den anderen Umweltbereichen sind bei Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt 46,4 % der Maßnahmen integrierte Maßnahmen. Den Rest stellen mit 53,6 % die additiven Maßnahmen dar.

Während die Investitionen für den Umweltschutz im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind, sind die Gesamtinvestitionen der baden-württembergischen Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 2,3 Mrd. Euro (– 13,2 %) zurückgegangen. Hier zeichnet sich der Einfluss der Coronakrise ab, durch die viele Unternehmen Investitionsprojekte nicht so umsetzen konnten, wie ursprünglich geplant.

Ausblick

Der Klimawandel, die Verknappung von natürlichen Ressourcen, der Verlust der Artenvielfalt sowie die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden gehören zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Auch aus Sicht der Unternehmen wird es in Zukunft immer wichtiger, derartige Faktoren in ihre Unternehmensstrategie miteinzubeziehen, auch um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Daher ist zu erwarten, dass der Bedarf an Umwelt- und Klimaschutztechnologien weiter zunimmt und Unternehmen auch in Zukunft darauf setzen, ihre Produktionsprozesse nachhaltig zu gestalten. Neben der Verwirklichung umweltpolitischer Ziele sind mit dem Umweltschutz weitere positive Effekte verbunden. Dazu zählen wirtschaftliche Vorteile, wie zum Beispiel zusätzliches Wachstum aufgrund der Nachfrage nach Klimaschutzgütern, positive Beschäftigungsauswirkungen und mit Klimaschutztechnologien verbundene Exportmöglichkeiten.

Die in der jährlichen Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz erhobenen Daten sind Orientierungshilfen zur Einordnung der Wirtschaftsweise von Unternehmen und zeigen auf, inwieweit Unternehmen bereits ökologische Aspekte in ihren Unternehmensstrategien berücksichtigen. Zudem bilden sie die Basis für weitere Analysen zur nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaftspolitik. Zukünftig ist zu erwarten, dass durch neue Gesetzgebungen und fortschrittliche Zielsetzungen der Umweltpolitik zunehmend Impulse entstehen, die die Entwicklung nachhaltiger Umwelttechnologien und Innovationsgedanken in der Wirtschaft weiter vorantreiben.

1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: »Mit der Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft 17 Ziele (Sustainable Development Goals, SDGs) für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt.« Quelle: www.bmz.de (Abruf: 30.01.2023).

2 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: »Der Klimaschutzplan 2050 fasst die klimaschutzpolitischen Grundsätze und Ziele der Bundesregierung zusammen und beschreibt den Weg zu einem weitgehend treibhausgasneutralen Deutschland bis zum Jahr 2050.« Quelle: www.bmwk.de (Abruf: 30.01.2023).

3 »Das Cradle-to-Cradle-Prinzip […] bezeichnet einen idealisierten, geschlossenen Rohstoffkreislauf nach dem Vorbild der Natur, bei dem alle Rohstoffe eines Produkts nach dem Nutzungszeitraum […] im Kreislauf bleiben und wiederverwendet werden können.« Quelle: www.baunetzwissen.de (Abruf: 30.01.2023).

4 Umweltbundesamt: »Die unter dem Kyotoprotokoll reglementier­ten Treibhausgase sind: Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, Halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Fluorkohlenwasserstoffe und Schwefelhexaflourid.« Quelle: www.umweltbundesamt.de (Abruf: 23.02.2023)

5 Destatis, Pressemitteilung Nr. 405 vom 22.09.2022, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/09/PD22_405_32.html (Abruf: 30.01.2023).