50 Jahre nach der Ölpreiskrise 1973
Entwicklungen der Energieversorgung in Baden-Württemberg
Die Energieversorgung im Land unterliegt einem stetigen Wandel. In den vergangenen 5 Jahrzehnten haben verschiedene Ereignisse zu weitreichenden Transformationsprozessen auf dem Energiemarkt geführt. Bereits vor 50 Jahren gab es eine erste große Energiekrise. Damals wie heute stellen Krisen die Energiepolitik vor große Herausforderungen. Sich dadurch verändernde Rahmenbedingungen machen weitreichende und teils kurzfristige Anpassungen erforderlich. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist die Energieversorgung auch aktuell wieder zu einem zentralen Thema in der öffentlichen und politischen Diskussion geworden. Dieser Beitrag beleuchtet die Entwicklung der Energieversorgung in Baden-Württemberg seit der Ölpreiskrise 1973 bis zum Jahr 2021.
Auslöser für die erste Ölpreiskrise war der Jom-Kippur-Krieg, der durch einen Angriff Syriens und Ägyptens auf Israel, vor etwa 50 Jahren, am 6. Oktober 1973 begann. Die infolgedessen enormen Preiserhöhungen für den in Deutschland wichtigsten Energieträger Erdöl und die von den Ölförderländern beschlossene Reduzierung der Fördermengen rückten die Sicherung der Energieversorgung in den politischen Fokus. Am 9. November 1973 wurde in Deutschland im Eilverfahren das Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Mineralöl oder Erdgas (Energiesicherungsgesetz) verabschiedet. Auf dessen Grundlage wurden Maßnahmen zur Energieeinsparung beschlossen. Dazu zählten unter anderem vier autofreie Sonntage sowie die Einführung temporärer Geschwindigkeitsbeschränkungen. Zudem sollte die Abhängigkeit von Mineralölprodukten reduziert und der Einsatz anderer Energieträger wie Kernenergie, Erdgas oder Kohle verstärkt gefördert werden.1 Der Ausbau der erneuerbaren Energien spielte in den damaligen politischen Entscheidungen noch keine wesentliche Rolle.
Auch in Baden-Württemberg wird im Energieprogramm 1975 die Versorgungssicherheit als ein Hauptziel der Energiepolitik genannt. Das Programm des Landes orientierte sich vor allem am Energieprogramm der Bundesregierung vom 26. September 1973 sowie dessen erster Fortschreibung vom 23. Oktober 1973.2 Anfang 1979 führte die zweite Ölpreiskrise, die durch die islamische Revolution und den kurz darauf beginnenden Krieg des Iraks gegen den Iran ausgelöst wurde, erneut zu einer Verknappung der Ölmenge auf dem Weltmarkt und zu steigenden Rohölpreisen.3 Dadurch haben die Sicherung der Energieversorgung sowie eine rationelle Energienutzung bei der energiepolitischen Zielsetzung auf Bundes- und Landesebene weiter an Bedeutung gewonnen.
Mineralöle auch 2021 wichtigste Energieträger
Das Bestreben, die starke Abhängigkeit von Mineralöl zu mindern, führte zu strukturellen Veränderungen der Energieversorgung in Baden-Württemberg. Insgesamt war die Entwicklung durch eine deutliche Verschiebung bei den Energieträgern gekennzeichnet. In den 1970er-Jahren war der Primärenergieverbrauch geprägt durch Mineralöle. Im Jahr 1973 betrug der Primärenergieverbrauch im Südwesten 1 168 Petajoule (PJ), davon entfielen drei Viertel auf Mineralöle (879 PJ). In den darauffolgenden 3 Jahrzehnten sank der Mineralölanteil am Primärenergieverbrauch kontinuierlich. Im Jahr 1983 kamen sie auf einen Anteil von 55 %, 1993 waren es 47 % und 2003 rund 37 %. Seit Anfang der 2000er-Jahre blieb ihr Anteil relativ konstant. Nach vorläufigen Ergebnissen waren Mineralöle mit gut 34 % bzw. 452 Petajoule auch 2021 weiterhin wichtigste Energieträger im Land (Schaubild 1).
Die Energieträger Erdgas und Kernenergie konnten ihren Beitrag am baden-württembergischen Primärenergieverbrauch nach der Ölpreiskrise dagegen deutlich erhöhen.4 Zwischen 1968 und 1989 gingen in Baden-Württemberg fünf Kernkraftwerke ans Netz. Mit der Inbetriebnahme der Kernkraftwerke und dem dadurch steigenden Einsatz der Kernenergie zur Stromerzeugung nahm auch ihr Beitrag am Primärenergieverbrauch zu. Machte Kernenergie im Jahr 1973 lediglich 3 % des Primärenergieverbrauchs im Land aus, erreichte sie 1994 einen Anteil von nahezu 28 %. Die darauffolgenden Jahre blieb ihr Anteil auf einem ähnlichen Niveau, bis 2005 mit Obrigheim das erste Kernkraftwerk im Land abgeschaltet wurde und der Primärenergieverbrauch von Kernenergie tendenziell zurückging. Absolut betrachtet erreichte die Nutzung von Kernenergie mit 431 Petajoule im Jahr 1996 ihren Höchstwert.
Weitreichende Auswirkungen auf die Bedeutung der Kernenergie in Deutschland hatte die Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011. Die Bundesregierung beschloss ein dreimonatiges Atom-Moratorium, was die unmittelbare Abschaltung der beiden baden-württembergischen Reaktoren Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 zur Folge hatte. Mit einer Änderung des Atomgesetzes wurde zudem der schrittweise Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie beschlossen. Die drei letzten Kernkraftwerke in Deutschland wurden zum 15. April 2023 abgeschaltet.5 Damit ging auch das letzte baden-württembergische Kernkraftwerk Neckarwestheim 2 vom Netz. Diese Entwicklung lässt sich mit den aktuell vorliegenden Zahlen jedoch noch nicht abbilden. Im Jahr 2021 lag der Primärenergieverbrauch von Kernenergie in Baden-Württemberg bei knapp 122 Petajoule. Damit deckte Kernenergie noch gut 9 % des Primärenergiebedarfs im Land.
Der Verbrauch von Erdgas hat in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahrzehnten, mit einigen kleineren Schwankungen, immer weiter zugenommen. Im Jahr 1973 lag der Primärenergieverbrauch von Erdgas bei 80 Petajoule, im Jahr 2021 waren es 291 Petajoule. Damit ist der Erdgasanteil am Primärenergieverbrauch von 7 % im Jahr 1973 auf 22 % im Jahr 2021 gestiegen. Seit 2012 steht Erdgas hinter den Mineralölen an zweiter Position des baden-württembergischen Primärenergieträgermix.
In den 2000er-Jahren standen nationale und europäische Klimaschutzziele im Vordergrund der Energiepolitik. Vor dem Hintergrund der globalen Erderwärmung sowie der zunehmenden Klimaveränderungen und der damit einhergehenden Krisen hat der Klimaschutz und eine nachhaltige Energieversorgung neben der Versorgungssicherheit immer mehr an politischer Bedeutung gewonnen. Dies gab dem Ausbau der erneuerbaren Energien einen Schub, deren Beitrag am Primärenergieverbrauch sich seitdem dynamisch entwickelt hat. Lag der Anteil erneuerbarer Energieträger im Südwesten 2003 noch bei 5 %, stieg dieser seitdem kontinuierlich auf 17 % im Jahr 2021 (Schaubild 2).
Bereits mit Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes zum 1. Januar 1991 sollten erneuerbare Energieträger verstärkt genutzt werden. Die Stromnetzbetreiber wurden erstmals dazu verpflichtet Strom aus erneuerbaren Energiequellen abzunehmen und zu vergüten. Mit dem im Jahr 2000 verabschiedeten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschleunigte sich der Ausbau regenerativer Energien. Ziel war es unter anderem durch feste staatliche Vergütung erneuerbaren Strom zu fördern. Das EEG wurde seit seinem Inkrafttreten mehrmals überarbeitet, zuletzt 2023. Danach soll sich der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf mindestens 80 % erhöhen.
Relativ konstant blieb seit 1973 der Anteil der Steinkohle, die zum überwiegenden Teil in den Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt wird. Sowohl 1973 als auch 2021 lag der Anteil der Steinkohle am Primärenergieverbrauch bei rund 10 %. Am höchsten war der Steinkohleverbrauch im Jahr 2005 mit 214 Petajoule, 1973 waren es 115 Petajoule und 2021 lag er bei 136 Petajoule.
Der Primärenergieverbrauch insgesamt stieg im Land seit 1973 (1 168 PJ) mit gewissen jährlichen Schwankungen auf 1 731 Petajoule im Jahr 2006. Seitdem nahm er tendenziell wieder ab. Im Jahr 2021 lag der Primärenergieverbrauch bei 1 314 Petajoule und damit gut 12 % über dem Wert von 1973.
Endenergieverbrauch 2021 um 15 % höher als 1973
Betrachtet man die Entwicklung des Endenergieverbrauchs der vergangenen Jahrzehnte in Baden-Württemberg, so zeigt sich ein Anstieg von 896 Petajoule im Jahr 1973 auf 1 028 Petajoule im Jahr 2021 (+15 %). Am höchsten war der Endenergieverbrauch im Land 2006 mit 1 166 Petajoule. Der Beitrag der einzelnen Energieträger entwickelte sich in diesem Zeitraum sehr unterschiedlich (Schaubild 3). Stark rückläufig war der Mineralölverbrauch. Dieser sank von 667 Petajoule im Jahr 1973 auf 390 Petajoule im Jahr 2021 (–42 %). Damit verringerte sich der Mineralölanteil am Endenergieverbrauch von 74 % auf 38 %. Besonders der Heizölverbrauch ging in diesem Zeitraum erheblich zurück (von 458 auf 89 Petajoule), wohingegen der Verbrauch von Dieselkraftstoffen deutlich zugenommen hat (von 71 auf 191 Petajoule).
Dies wirkte sich auch auf den Mineralölverbrauch in den einzelnen Verbrauchergruppen aus. Entfiel 1973 knapp die Hälfte des Mineralölverbrauchs auf Haushalte und sonstige Verbraucher6 (47 %), waren es 2021 nur noch 27 %. Im Jahr 2021 hatte der Verkehrssektor den mit Abstand höchsten Anteil am Mineralölverbrauch (70 %), 1973 war der Anteil dieses Sektors noch deutlich geringer (29 %). Merklich zurückgegangen ist der Mineralölverbrauch im Verarbeitenden Gewerbe7. Der Anteil der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe am Mineralölverbrauch verringerte sich von 24 % im Jahr 1973 auf gut 2 % im Jahr 2021. Dennoch blieben die Mineralöle auch 2021 wichtigste Endenergieträger im Land.
Der Erdgasverbrauch hat sich im Südwesten hingegen von 49 Petajoule im Jahr 1973 auf 240 Petajoule im Jahr 2021 nahezu verfünffacht. Der Anteil von Erdgas am Endenergieverbrauch erhöhte sich damit von 5 % auf 23 %. Auch der Stromverbrauch war 2021 mit 217 Petajoule deutlich höher als 1973 mit 115 Petajoule (+89 %). Am höchsten war der Stromverbrauch im Land 2007 mit 265 Petajoule bzw. einem Anteil von gut 24 % am Endenergieverbrauch. Im Jahr 2021 lag der Stromanteil bei 21 %, 1973 waren es 13 %. Zuwächse gab es auch bei Fernwärme, während der Verbrauch von Stein- und Braunkohle zurückging. Der Anteil erneuerbarer Energieträger lag 2021 bei knapp 12 % (1973: 0,5 %). Nach wie vor wird ein Großteil der Endenergie (noch) mit fossilen Energieträgern gedeckt.
Heizölverbrauch im Verarbeitenden Gewerbe deutlich rückläufig
Der Endenergieverbrauch im Verarbeitenden Gewerbe ist mit einigen Schwankungen von 253 Petajoule im Jahr 1973 auf 218 Petajoule im Jahr 2021 zurückgegangen (–14 %). Im Jahr 2007 war er mit 254 Petajoule am höchsten. Der Anteil dieses Sektors am gesamten Endenergieverbrauch verringerte sich von 28 % im Jahr 1973 auf 21 % im Jahr 2021 (Schaubild 4). Seit Anfang der 1990er-Jahre veränderte sich der Anteil im Südwesten kaum und blieb seitdem auf einem relativ konstanten Niveau.
Seit 1973 hat sich der Heizölverbrauch der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes von 158 Petajoule auf nur noch 6 Petajoule im Jahr 2021 reduziert (–96 %). Der Mineralölverbrauch insgesamt sank von 161 auf 9 Petajoule. Auch der Steinkohleverbrauch ist in diesem Zeitraum von 13 auf 3 Petajoule zurückgegangen. Gestiegen ist hingegen der Endenergieverbrauch der Energieträger Erdgas, Strom und Fernwärme sowie der Verbrauch von sonstigen Energieträgern. Am höchsten war die Zunahme des Erdgasverbrauchs, der sich nahezu vervierfacht hat (1973: 17 Petajoule, 2021: 70 Petajoule). Der Stromverbrauch der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe stieg von 56 Petajoule auf 90 Petajoule (Schaubild 5).
Verbrauch im Verkehrssektor seit 1973 gestiegen
Der Endenergieverbrauch des Verkehrssektors8 hat sich von 201 Petajoule im Jahr 1973 auf 298 Petajoule im Jahr 2021 erhöht (+48 %). Damit lag der Anteil dieser Verbrauchergruppe am gesamten baden-württembergischen Endenergieverbrauch im Jahr 2021 bei 29 %, gegenüber 22 % im Jahr 1973. Ausschlaggebend hierfür war der Anstieg des Kraftstoffverbrauchs im Straßenverkehr, der von 180 Petajoule im Jahr 1973 auf 286 Petajoule im Jahr 2021 zugenommen hat (+59 %). Der Straßenverkehr nahm 2021 mit 96 % am Gesamtverbrauch des Verkehrssektors den überwiegenden Anteil ein, 1973 lag der Anteil bei 90 %.
Ursache für den in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Kraftstoffverbrauch im Straßenverkehr ist eine deutliche Zunahme des Kraftfahrzeugbestands sowie der Jahresfahrleistung. Der Kraftfahrzeugbestand im Südwesten hat sich gegenüber 1973 (3,2 Millionen Fahrzeuge) um über 5 Millionen auf 8,4 Millionen Fahrzeuge erhöht. Die Jahresfahrleistung im Land stieg von rund 60 Milliarden Kilometern im Jahr 19859 auf rund 85 Milliarden Kilometer im Jahr 2021.
Vom Gesamtverbrauch des Verkehrssektors entfielen 2021 rund 90 % auf Otto- und Dieselkraftstoffe (1973: 94 %). Der Verbrauch von Ottokraftstoffen ist im Verkehrssektor von 128 Petajoule im Jahr 1973 auf 185 Petajoule im Jahr 1993 gestiegen. Seitdem ging der Ottokraftstoffverbrauch tendenziell zurück und lag 2021 bei 92 Petajoule. Der Dieselkraftstoffverbrauch steigerte sich gegenüber 1973 mit Schwankungen von 62 Petajoule im Jahr 1973 auf 177 Petajoule im Jahr 2021 (Schaubild 6).
50 % der Endenergie entfällt auf Haushalte und sonstige Verbraucher
Sowohl 1973 als aus 2021 entfiel rund die Hälfte der Endenergie auf die Verbrauchergruppe Haushalte und sonstige Verbraucher. Im betrachteten Zeitraum lag deren Anteil am Endenergieverbrauch des Landes kontinuierlich zwischen 45 % und 52 %. Seit 1973 ist der Endenergieverbrauch der Haushalte und sonstigen Verbraucher mit einigen Schwankungen immer weiter angestiegen, bis er im Jahr 2006 seinen Höchststand von 601 Petajoule erreichte (Schaubild 7). Im Jahr 2021 lag deren Verbrauch bei 512 Petajoule und damit 16 % über dem Wert von 1973 (443 PJ). Bezieht man die Bevölkerungszahl mit in die Betrachtung ein, verbrauchten die Haushalte und sonstigen Verbraucher im Jahr 2021 je Einwohnerin und Einwohner knapp 4 % weniger Endenergie als 1973. Im Jahr 2021 lag der Energieverbrauch pro Kopf bei rund 46 Gigajoule, 1973 waren es noch nahezu 48 Gigajoule.
Gegenüber 1973 erheblich gesunken ist der Mineralölverbrauch der Haushalte und sonstigen Verbraucher von 313 Petajoule auf 106 Petajoule im Jahr 2021. Dabei machte Heizöl über den gesamten betrachteten Zeitraum den überwiegenden Teil aus (1973: 300 PJ, 2021: 83 PJ). Auch der Stein- und Braunkohleverbrauch ging von 28 Petajoule auf knapp 1 Petajoule deutlich zurück. Gestiegen ist hingegen der Endenergieverbrauch von Erdgas, Strom, Fernwärme und erneuerbaren Energien. Absolut betrachtet war die Zunahme bei Erdgas von 31 Petajoule im Jahr 1973 auf 169 Petajoule im Jahr 2021 am höchsten. Der Stromverbrauch dieser Verbrauchergruppe stieg in diesem Zeitraum von 55 auf 121 Petajoule. Der Fernwärmeverbrauch nahm von 11 auf 33 Petajoule zu. Der Endenergieverbrauch erneuerbarer Energieträger erhöhte sich von 4 auf 82 Petajoule.
Anfang der 1980er-Jahre wurde für über 60 % der Neubauten10 Öl als überwiegende Heizenergie gewählt. Mit deutlichem Abstand folgte Erdgas. Weniger als ein Viertel der fertig gestellten Neubauten wurde Anfang der 1980er-Jahre damit beheizt. Erdgas gewann in den darauffolgenden Jahren zunehmend an Bedeutung und löste Anfang der 1990er-Jahre den bei Baufertigstellungen dominanten Energieträger Öl ab. Nach einem kontinuierlichen Anstieg des Erdgasanteils wurde 2005 für 65 % der fertig gestellten Neubauten dieses für die Beheizung genutzt. Seither verlor auch Erdgas wieder an Bedeutung und kam 2021 nur noch auf einen Anteil von gut 17 %. Dagegen gewannen die erneuerbaren Energien an Bedeutung. Lag deren Anteil im Jahr 2005 noch bei knapp 9 %, wurde 2021 bereits rund 63 % der fertig gestellten Neubauten im Land überwiegend mit erneuerbaren Energien beheizt.
Das Neubaugeschehen zeigt, dass sich die Wahl der überwiegend verwendeten Heizenergie in den letzten Jahrzehnten von Öl über Erdgas zunehmend hin zu erneuerbaren Energien entwickelt hat. Da sich die Bestandsstrukturen jedoch eher langsam verändern, werden auch Energieträger wie Heizöl und Erdgas als Heizenergie im Gebäudebestand noch einige Zeit präsent sein. In den kommenden Jahren dürfte jedoch der Beitrag regenerativer Energien zunehmen, da neben der massiven Bedeutungszunahme bei Neubauten auch bei Modernisierungen Heizöl häufig durch erneuerbare Quellen ersetzt wird.
Der Beitrag der einzelnen Energieträger am Primärenergieverbrauch in Baden-Württemberg hat sich im Zeitraum von 1973 bis 2021 zum Teil sehr unterschiedlich entwickelt. Besonders deutlich sank der Mineralölverbrauch. Trotz des sinkenden Anteils blieben die Mineralöle über den gesamten betrachteten Zeitraum wichtigste Energieträger im baden-württembergischen Primärenergieträgermix (1973: 75 %, 2021: 34 %). Der Kernenergieverbrauch stieg bis Mitte der 1990er-Jahre kontinuierlich an und blieb die darauffolgenden Jahre auf einem ähnlichen Niveau. Infolge des beschlossenen Kernenergieausstiegs und der schrittweisen Abschaltung von vier Kernkraftwerken im Land, ging der Beitrag der Kernenergie am Primärenergieverbrauch bis 2021 wieder erheblich zurück. Zuwächse konnten hingegen Erdgas sowie insbesondere seit Mitte der 2000er-Jahre die erneuerbaren Energieträger verbuchen.
Auch bei der Betrachtung der Entwicklung des Endenergieverbrauchs zeigt sich der deutlich rückläufige Mineralölverbrauch. Über zwei Drittel der Mineralölprodukte wurde 2021 im Verkehrssektor verwendet (1973: 29 %). Im gesamten Zeitraum machten Otto- und Dieselkraftstoffe den überwiegenden Anteil des Endenergieverbrauchs in diesem Sektor aus. Die Industriebetriebe deckten 2021 dagegen rund drei Viertel ihres Energieverbrauchs durch Elektrizität und Erdgas. Im Vergleich dazu lag 1973 allein der Anteil der Mineralöle in dieser Verbrauchergruppe bei 64 %. Auch bei den Haushalten und sonstigen Verbrauchern verringerte sich der Mineralölverbrauch im betrachteten Zeitraum erheblich, während der Erdgas- und Stromverbrauch deutlich anstiegen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Energiesektor in den vergangenen 5 Jahrzehnten weitreichenden Veränderungsprozessen unterlag. Neben den beiden Ölpreiskrisen der 1970er-Jahre, führte unter anderem auch der Unfall in Fukushima sowie die im Laufe der Jahre zunehmende Bedeutung des Klimaschutzes zu einem Wandel der Versorgungsstruktur. Die aktuell anhaltende Krisensituation zeigt, dass aus der Vergangenheit bekannte Fragestellungen zur Energieversorgung nicht an Aktualität verloren, sondern sogar gewonnen haben. Gestiegene Energiepreise und Fragen nach Versorgungssicherheit verstärken das politische Interesse, den Transformationsprozess auf dem Energiemarkt hin zu einer nachhaltigen, effizienten und klimaneutralen Energieversorgung weiter voranzutreiben.