:: 86/2016

Pressemitteilung 86/2016

Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik der Landtagswahl am 13. März 2016

Die GRÜNEN mit deutlichen Stimmengewinnen bei den Älteren, CDU mit Stimmenverlusten in allen Altersgruppen

Nach den endgültigen Ergebnissen der Wahl zum 16. Landtag von Baden‑Württemberg am 13. März 2016 haben die GRÜNEN ihr Ergebnis von 2011 (24,2 %) nochmals deutlich verbessert und erzielten mit 30,3 % der gültigen Stimmen ihr bisheriges Rekordergebnis. Sie lösten damit die CDU als stärkste Kraft im Landtag von Baden‑Württemberg ab. Die CDU erlitt deutliche Verluste. Insgesamt verlor die Partei 12,0 Prozentpunkte im Vergleich zur Landtagswahl 2011. Mit 27,0 % der gültigen Wählerstimmen verzeichneten die Christdemokraten ihr bisher niedrigstes Ergebnis bei einer Wahl zum baden‑württembergischen Landtag. Einen erheblichen Stimmenrückgang musste auch die SPD hinnehmen. Das Ergebnis der Sozialdemokraten verringerte sich gegenüber 2011 um 10,4 Prozentpunkte, wodurch die Partei nur noch auf einen Stimmenanteil von 12,7 % kam. Die FDP konnte ihren Stimmenanteil im Vergleich zur Landtagswahl 2011 (5,3 %) um 3,0 Prozentpunkte verbessern und erreichte einen Wert von 8,3 %. Die neu in den Landtag eingezogene AfD erhielt bei der Wahl am 13. März 2016 insgesamt 15,1 % der gültigen Stimmen.

Nachdem die Wahlbeteiligung bereits bei der Landtagswahl 2011 erstmals seit vielen Jahren zulegen konnte (66,3 %), war die Beteiligungsquote auch bei der Wahl zum 16. Landtag von Baden‑Württemberg erneut gestiegen. Mit 70,4 % lag die Wahlbeteiligung 4,1 Prozentpunkte über der Marke von 2011.

Die GRÜNEN als neue stärkste Kraft in Baden‑Württemberg, die hohen Verluste von CDU und SPD sowie der erstmalige Einzug der AfD in den Landtag heben die Wahl vom 13. März 2016 im Vergleich zu vorangegangenen Landtagswahlen in Baden‑Württemberg deutlich hervor. Umso interessanter gestaltet sich der Blick auf das Wahlverhalten der baden‑württembergischen Bevölkerung. Informationen hierüber liefert die Repräsentative Wahlstatistik, die im Gegensatz zu den Befragungen durch Meinungsforschungsinstitute das tatsächliche Wahlverhalten abbildet. Mit Hilfe der Daten dieser Statistik können Erkenntnisse über die Wahlberechtigten, die Wahlbeteiligung, die Stimmabgabe sowie über die Zusammensetzung der Wählerschaft der Parteien nach Geschlecht und Altersgruppen gewonnen werden.

Weniger jungen Wahlberechtigten steht eine zunehmende Zahl älterer gegenüber

Aufgrund des demografischen Wandels hat sich die Altersstruktur der Wahlberechtigten1 in Baden‑Württemberg seit 1980 deutlich verändert. Während die Zahl der älteren Wahlberechtigten beträchtlich gestiegen ist, hat sich die Zahl der jüngeren wahrnehmbar verringert. Betrug der Anteil der Wahlberechtigten mit 60 und mehr Jahren bei der Landtagswahl 1980 noch 25,5 %, gehörte bei der Wahl zum 16. Landtag bereits jede dritte wahlberechtigte Person (34,4 %) zu dieser Altersgruppe. Gleichzeitig nahm im selben Zeitraum die Zahl der Wahlberechtigten unter 35 Jahren erheblich ab. Waren 1980 noch 30,0 % der Wahlberechtigten 35 Jahre und jünger, umfasste diese Gruppe 2016 lediglich 23,2 %. Das politische Einflusspotenzial der älteren Wahlberechtigten hat sich folglich gegenüber 1980 rein quantitativ betrachtet spürbar erhöht, das der jungen Generation hat sich erkennbar reduziert.

Die jungen Baden‑Württembergerinnen und Baden‑Württemberger »verschenken« durch geringere Wahlbeteiligung politisches Einflusspotenzial

Das größere Einflusspotenzial der älteren Wahlberechtigten wird neben dem demografischen Wandel zusätzlich durch die geringere Wahlbeteiligung in den niedrigen Altersgruppen verstärkt. So blieb die Wahlbeteiligung2 der jüngeren Wahlberechtigten bei der Landtagswahl 2016 deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt von 70,4 %. Lediglich 55,9 % der Erstwählerinnen und -wähler sowie 54,8 % der Wahlberechtigten zwischen 25 und 29 Jahren nahmen an der Wahl teil. 18,4 Prozentpunkte unter dem Landesdurchschnitt und damit die niedrigste Beteiligungsquote aller Wahlberechtigten wurde mit 52,0 % in der Gruppe der 21 bis 24-Jährigen erreicht. Im Gegensatz dazu nutzten 73,8 % der 60- bis 69-Jährigen ihre Möglichkeit zur Wahlteilnahme. Wie bei vorangegangenen Wahlen wies diese Altersgruppe weiterhin die höchste Beteiligungsquote auf. Allerdings kann im Vergleich zur Landtagswahl 2011 festgestellt werden, dass in der Gruppe der 60 Jahre und älteren die Beteiligungsquote leicht abgenommen hat, während die Wahlbeteiligung der jüngeren Wählerinnen und Wähler tendenziell angestiegen ist. Beispielsweise stieg die Beteiligungsquote der 25- bis 29-Jährigen im Vergleich zu 2011 um 8,3 Prozentpunkte und die der 21- bis 24-Jährigen um 5,0 Prozentpunkte. Lediglich in der Gruppe der 18- bis 20-Jährigen sank die Wahlbeteiligung (- 0,5 Prozentpunkte). Den größten Anstieg der Wahlbeteiligung erreichten mit einem Plus von 9,6 Prozentpunkten die 30- bis 34-Jährigen.

Insgesamt blieb der Trend, dass mit zunehmendem Alter eine Teilnahme an politischen Wahlen wahrscheinlicher wird, auch bei der Landtagswahl 2016 bestehen. Die einzigen Ausnahmen dieser Tendenz bilden weiterhin die Erstwählerinnen und -wähler – die niedrigsten Beteiligungsquoten werden tendenziell nicht von den 18- bis 24-Jährigen, sondern in der Gruppe der 21- bis 24-Jährigen erreicht – sowie die mindestens 70 Jahre alten Wahlberechtigten.

Männer weiterhin mit knapp höherer Wahlbeteiligung als Frauen

Die Wahlbeteiligung der Frauen lag – wie bei allen bisherigen Landtagswahlen in Baden‑Württemberg – auch bei der Landtagswahl 2016 in fast allen Altersgruppen unter der der Männer. Lediglich in den Gruppen der 40- bis 44-Jährigen (+ 0,4 Prozentpunkte) und der 45- bis 49-Jährigen (+ 0,1 Prozentpunkte) entschieden sich etwas mehr Frauen als Männer für eine Teilnahme an der Wahl.

Der deutlichste Abstand zwischen der Wahlbeteiligung von Männern und Frauen kann weiterhin für die 70-Jährigen und Älteren festgestellt werden. Hier lag mit 73,3 % die Beteiligungsquote der männlichen Wahlberechtigten um 11,3 Prozentpunkte über der Wahlbeteiligung der Frauen (62,0 %). Gründe hierfür können in gesundheitlichen Beeinträchtigungen und möglicherweise eingeschränkter Mobilität für einen Teil der älteren Menschen gesehen werden, weshalb sich eine Teilnahme an politischen Wahlen für diese Gruppe schwieriger gestalten kann. Gleichzeitig erreichen mehr Frauen als Männer ein sehr hohes Alter, weshalb sich dieses Phänomen bei den weiblichen Wahlberechtigten stärker niederschlägt als bei ihren männlichen Altersgenossen. Immer deutlicher kann allerdings festgestellt werden, dass sich die Beteiligungsquoten der Baden‑Württembergerinnen und Baden‑Württemberger zunehmend angleichen. In den meisten Altersgruppen lagen die Abstände der Wahlbeteiligung von Männern und Frauen unter 2,0 Prozentpunkten. Lediglich in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen – neben den mindestens 70 Jahre alten Wahlberechtigten – kann mit 2,8 Prozentpunkten noch von einem »größeren« Abstand gesprochen werden.

GRÜNE verzeichnen deutliche Stimmengewinne in der Gruppe der Senioren

Nach ihren deutlichen Stimmengewinnen bei der Landtagswahl 2011 verdrängten die GRÜNEN bereits die SPD als zweitstärkste Partei in Baden‑Württemberg. Fünf Jahre später gelang der Partei aufgrund weiter steigender Stimmenanteile, die seit Jahrzehnten als stärkste Kraft amtierende CDU abzulösen. Mit einem Plus von 13,5 Prozentpunkten unter den 60- bis 69-Jährigen und einem Zugewinn von 13,7 Prozentpunkten bei den mindestens 70-Jährigen Wählerinnen und Wählern konnten die GRÜNEN die größten Gewinne bei der Landtagswahl 2016 in der Gruppe der Senioren verzeichnen. Ihre höchsten Stimmenanteile erreichte die Partei mit 35,2 % bei den 45- bis 59-Jährigen. Lediglich in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen (27,1 %) und bei den mindestens 70-Jährigen Wahlberechtigten (23,9 %) erhielt die Partei merklich unter ihrem Landesergebnis (30,3 %) liegende Stimmenanteile.

Trotz der deutlichen Zugewinne bei Wählerinnen und Wählern im Seniorenalter bildete weiterhin die Gruppe der 45- bis 59-Jährigen mit 36,0 % den größten Anteil der GRÜNEN-Wählerschaft. Die Senioren machten demgegenüber einen Anteil von 16,5 % (60 bis 69 Jahre) bzw. 16,7 % (70 Jahre und mehr) aus. Im Falle der Erstwählerinnen und –wähler erreichten die GRÜNEN mit 6,9 % genau den Landesdurchschnitt dieser Gruppe an der Gesamtwählerschaft.

CDU erneut mit Stimmenverlusten in allen Altersgruppen

Wie bei der Landtagswahl 2011 musste die CDU auch bei der Wahl zum 16. Landtag von Baden‑Württemberg in allen Altersgruppen deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Nach den Ergebnissen der Repräsentativen Wahlstatistik beruhte ein Großteil der Verluste der Partei auf der Wahlentscheidung der 60- bis 69-Jährigen sowie der mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wähler. In diesen beiden Altersgruppen hatten die Christdemokraten prozentual betrachtet überdurchschnittlich hohe Stimmenrückgänge (- 18,4 bzw. - 17,7 Prozentpunkte). Im langfristigen Vergleich erreichte die CDU gerade in diesen Altersgruppen ihre höchsten Stimmenanteile. Zwar konnte die Partei auch bei der Landtagswahl 2016 mit 36,9 % weiterhin ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis in der Gruppe der älteren Wählerinnen und Wähler erreichen. Allerdings sank ihr Stimmenanteil bei den 60- bis 69-Jährigen mit 24,4 % unter ihr Landesergebnis (27,0 %). Am wenigsten verlor die Partei bei den 18- bis 24-Jährigen und den 35- bis 44-Jährigen (jeweils - 6,9 Prozentpunkte).

Bezogen auf die gesamte Wählerschaft der Partei erhielt die CDU weiterhin den größten Anteil ihrer Stimmen (28,9 %) von den 70-Jährigen und Älteren. Weitere 25,7 % ihrer Wählerschaft stammten aus dem Lager der 45- bis 59-Jährigen, wohingegen lediglich 6,1 % ihrer Stimmen aus der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen kamen.

SPD verliert in allen Altersgruppen

Die Sozialdemokraten mussten bei der Landtagswahl 2016 über alle Altersgruppen hinweg deutliche Verluste hinnehmen. Am niedrigsten fielen diese Einbußen mit einem Minus von 8,4 Prozentpunkten in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen aus. Den größten Stimmenrückgang erhielt die Partei hingegen bei den 45- bis 59-jährigen Wählerinnen und Wählern (- 12,0 Prozentpunkte), gefolgt von den 60- bis 69-Jährigen Wahlberechtigten (- 11,8 Prozentpunkte). Im Vergleich mit den anderen in den Landtag eingezogenen Parteien konnte die SPD überdurchschnittlich viele Erstwählerinnen und –wähler für sich gewinnen. Mit einem Anteil von 7,5 % an ihrer gesamten Wählerschaft lag die SPD deutlich über den Werten der anderen Parteien in dieser Altersgruppe. Den größten Anteil ihrer Stimmen erhielt die SPD mit 27,1 % aus der Gruppe der mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wähler. Damit erhielt die Partei ebenso wie die CDU ihren größten Stimmenanteil nicht aus der Gruppe der 45- bis 59-Jährigen, sondern von den älteren Wählerinnen und Wählern.

FDP kann über alle Altersgruppen hinweg Stimmen gewinnen

Während die FPD bei der Wahl 2011 noch in allen Altersgruppen Stimmenverluste verzeichnen musste, konnte die Partei bei der Wahl zum 16. Landtag von Baden‑Württemberg wieder mehr Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen. In der Gruppe der mindestens 70 Jahre alten Wählerinnen und Wähler konnte die FDP mit 5,1 Prozentpunkten ihre größten Zugewinne erzielen. Die niedrigsten, aber immer noch positiven Stimmengewinne erreichte die Partei mit einem Plus von 0,7 Prozentpunkten in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen. Die größten Gruppen der FDP-Wählerschaft bilden mit 27,7 % die 45- bis 59-Jährigen, gefolgt von den mindestens 70-Jährigen mit 27,5 %. Aus der Gruppe der 25- bis 34-jährigen Wählerinnen und Wähler entschied sich eine unterdurchschnittliche Anzahl für eine Wahl der FDP. Lediglich 9,4 % der Stimmen der Partei kamen aus diesem Lager, während ihr Anteil auf Landesebene 12,6 % betrug.

AfD erreicht überdurchschnittliche Unterstützung bei den 25- bis 59-Jährigen

Die neu in den Landtag eingezogene AfD erreichte ihre höchsten Stimmenanteile mit 17,9 % in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen, gefolgt von den 25- bis 34-Jährigen mit 17,4 % und den 45- bis 59-Jährigen mit 17,3 %. Ihren schlechtesten Wert erzielte die Partei mit 9,6 % bei den 70-Jährigen und Älteren.

Bezogen auf die gesamte Wählerschaft der Partei bildete die Gruppe der 45- bis 59-Jährigen mit 35,5 % den größten Anteil. Weiterhin kamen überdurchschnittliche 15,1 % der AfD-Stimmen von den 35- bis 44-Jährigen (Landesdurchschnitt 12,7 %) sowie 14,5 % aus der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen (Landesdurchschnitt 12,6 %). Im Gegensatz dazu erreichte die Partei bei den mindestens 70-jährigen Wählerinnen und Wählern mit 13,5 % einen deutlich unter dem Landesdurchschnitt (21,2 %) liegenden Anteil ihrer Stimmen.

Wählerschaft der AfD am jüngsten

Anders als bei CDU, SPD und FDP waren die Senioren (70 Jahre und älter) in der Wählerschaft der GRÜNEN und der AfD bei der Landtagswahl 2016 stark unterrepräsentiert. Während der Landesdurchschnitt bei der Wahl am 13. März 2016 bei 21,2 % lag, erhielten die GRÜNEN lediglich 16,7 % ihrer Stimmen aus diesem Lager und die AfD sogar nur 13,5 %. In der Gesamtbetrachtung wies die AfD die jüngste Wählerschaft aller im Landtag vertretenen Parteien auf, da rund 35 % der Stimmen für die Partei von Personen unter 45 Jahren stammten. SPD und FPD lagen in diesem Bereich deutlich unter 30 %, wohingegen die Wählerschaft der GRÜNEN und der CDU zumindest zu knapp über 30 % aus Personen unter 45 Jahren bestand.

Parteipräferenzen von Männern und Frauen

Ebenso wie das Alter kann auch das Geschlecht einen Einfluss auf die Wahlentscheidungen der jeweiligen Person ausüben. Beispielsweise entschieden sich mehr Frauen als Männer für eine Wahl der CDU, der GRÜNEN oder der SPD. Im Gegensatz dazu bestand die Wählerschaft der FDP und der AfD mehrheitlich aus Männern.

Die deutlichsten Unterschiede zwischen den Geschlechtern lassen sich für die Wählerschaft der AfD feststellen. Insgesamt erhielt die Partei ihre Stimmen zu 61,1 % von Männern und nur zu 38,9 % von Frauen. Auch im Falle der FDP lag der Anteil der Männer (51,2 %) über dem der Frauen (48,8 %). Die CDU-Wählerschaft setzte sich hingegen zu 53,3 % aus Frauen und nur zu 46,7 % aus Männern zusammen. Auch für die Wahl der SPD entschied sich ein größerer Anteil der weiblichen Wählerschaft (52,3 %) als der männlichen (47,7 %). Der höchste Frauenanteil innerhalb der Wählerschaft einer Partei konnte bei den GRÜNEN festgestellt werden, die insgesamt 55,1 % ihrer Stimmen von Frauen erhielten. Demgegenüber lag der Anteil der männlichen GRÜNEN-Wähler nur bei 44,9 %.

1 Wahlberechtigte ohne Wahlschein. – Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik.

2 Wahlbeteiligung der Wähler ohne Wahlschein. – Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik.