Pressemitteilung 346/2016
Erstmals höchstes Pro-Kopf-Arbeitsvolumen im Baugewerbe
Beschäftigungsstruktur in den Wirtschaftsbereichen ist entscheidend
In Baden‑Württemberg arbeiteten im Jahr 2015 insgesamt 6,08 Millionen Erwerbstätige 8,3 Milliarden Stunden. Wie das Statistische Landesamt nach vorläufigen Berechnungen des Arbeitskreises »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« mitteilt, arbeitete jeder Erwerbstätige in Baden‑Württemberg durchschnittlich 1 366 Stunden im Jahr. Das Pro-Kopf-Arbeitsvolumen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen hatte eine Bandbreite von 1 057 Stunden im Bereich der sonstigen Dienstleistungen einschließlich private Haushalte bis 1 607 Stunden im Baugewerbe. Damit war das Baugewerbe erstmals der Wirtschaftsbereich mit dem höchsten Pro-Kopf-Arbeitsvolumen. In den vorangegangenen Jahren hatte die Landwirtschaft an erster Stelle gelegen (2015: 1 601 Stunden). Die höhere Pro-Kopf-Arbeitszeit ist dabei nicht Ausdruck des Fleißes der Erwerbstätigen, sondern die Folge der unterschiedlichen Beschäftigungsstrukturen in den Wirtschaftsbereichen.
Im Baugewerbe arbeiteten mit einem Anteil von 88 Prozent besonders viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Vollzeit. Anders ausgedrückt, lag die Teilzeitquote bei nur 12 Prozent. Dies wirkt positiv auf das Pro-Kopf-Arbeitsvolumen. Im landesweiten Durchschnitt über alle Wirtschaftsbereiche arbeiteten lediglich drei Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vollzeit. Zusätzlich war der Anteil der Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen mit 19 Prozent relativ hoch. Selbstständige weisen durchschnittlich höhere Arbeitszeiten als andere Beschäftigtengruppen auf. Dadurch liegt das Pro-Kopf-Arbeitsvolumen im Vergleich zu Wirtschaftsbereichen mit einer geringeren Selbstständigenquote höher. In der Landwirtschaft arbeiteten 2015 besonders viele Selbstständige und mithelfende Familienangehörige (49 Prozent der Erwerbstätigen), die das vergleichsweise hohe Pro-Kopf-Arbeitsvolumen von 1 601 Stunden erklären. Von 2014 auf 2015 sank die Zahl der Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen mit 15,6 Prozent sehr stark. Infolgedessen gingen in der Landwirtschaft die geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen mit einem Minus von 36 Stunden (−2,2 Prozent) am stärksten zurück. Umgekehrt weist der Wirtschaftsbereich Öffentliche Dienstleistungen, Erziehung und Gesundheit mit einer Selbstständigenquote von nur 7 Prozent und einer sehr hohen Teilzeitquote von 43 Prozent ein deutlich niedrigeres jährliches Pro-Kopf-Arbeitspensum von 1 302 Stunden auf.
Ein weiterer Einflussfaktor der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen ist der Anteil der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigung (Minijobs), die durch eine geringe Wochenarbeitszeit geprägt ist. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten verringerte sich von 2014 zu 2015 im Wirtschaftsabschnitt Information und Kommunikation, wozu auch das Verlagswesen zählt, um 37 Prozent und damit besonders stark. Infolgedessen verzeichnete der Wirtschaftsabschnitt Information und Kommunikation mit einem Plus von 81 Stunden (+5,6 Prozent) auf 1 508 Stunden den höchsten Anstieg des Pro-Kopf-Arbeitsvolumens über alle Wirtschaftsbereiche. Ein entscheidender Grund für diese Entwicklung dürfte die Einführung des allgemeinen Mindestlohnes von 8,50 Euro pro Stunde am 1. Januar 2015 gewesen sein. Zu diesen und weiteren Auswirkungen des Mindestlohnes und der Entwicklung der marginalen Beschäftigung einschließlich der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigung in Baden‑Württemberg erscheint in der Dezemberausgabe des Statistischen Monatsheftes eine umfangreiche Analyse.

Geleistete Arbeitsstunden je Erwerbstätigen und Einflussfaktoren in Baden-Württemberg 2015 nach Wirtschaftsbereichen | |||||
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Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ08) | Geleistete Arbeitsstunden je Erwerbstätigen1) | Anteil Selbstständige und mithelfende Familienangehörige an Erwerbstätigen ingesamt in %1) | Anteil Teilzeitbeschäftigte an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in % | Anteil ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte an Beschäftigten insgesamt in % | |
Stunden | in % | ||||
1) Vorläufige Ergebnisse. Datenquelle: Arbeitskreis »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder«, Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2016 | |||||
R bis T | Sonstige Dienstleistungen, private Haushalte | 1.057 | 16 | 41 | 35 |
L | Grundstücks- u. Wohnungswesen | 1.140 | 12 | 34 | 49 |
O bis Q | Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit | 1.302 | 7 | 43 | 11 |
G bis T | Dienstleistungsbereiche | 1.314 | 11 | 33 | 17 |
M bis N | Unternehmensdienstleister | 1.339 | 15 | 24 | 17 |
G bis I | Handel, Verkehr, Gastgewerbe | 1.346 | 11 | 30 | 21 |
A bis T | Alle Wirtschaftsbereiche | 1.366 | 10 | 25 | 14 |
C | Verarbeitendes Gewerbe | 1.442 | 3 | 10 | 6 |
K | Finanz- und Versicherungsdienstleistungen | 1.464 | 12 | 27 | 5 |
B bis F | Produzierendes Gewerbe | 1.472 | 6 | 10 | 7 |
J | Information u. Kommunikation | 1.508 | 11 | 16 | 9 |
A | Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 1.601 | 49 | 23 | 22 |
F | Baugewerbe | 1.607 | 19 | 12 | 11 |