:: 4/2004

Regionale Wettbewerbsfähigkeit und die Strukturfonds

Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige Entwicklung und Zusammenhalt in Europa

Europa und seine Regionen haben in den kommenden Jahren zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen: unter anderem eine enorme Zunahme sozialer und wirtschaftlicher Disparitäten im Anschluss an die Erweiterung, eine voraussichtliche Beschleunigung der wirtschaftlichen Umstrukturierung infolge der Globalisierung, eine alternde Bevölkerung und steigende Zuwanderungen. Zur bevorstehenden EU-Erweiterung veröffentlicht das Statistische Landesamt Baden-Württemberg in lockerer Folge Beiträge zu regional- und sozial-politischen Maßnahmen der EU und der Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Im ersten Beitrag geht es um regionale Wettbewerbsfähigkeiten, dargestellt an ausgewählten Indikatoren, insbesondere dem BIP pro Kopf.

Der Beitrag ist der von der Europäischen Kommission 2003 herausgegeben Broschüre »Strukturpolitik und der europäische Raum – Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa von Lissabon nach Göteborg« entnommen. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg dankt für die Abdruckgenehmigung.

Wenn man von Wettbewerbsfähigkeit spricht, sind zwar normalerweise Unternehmen gemeint, die auf dem Markt miteinander konkurrieren, aber dieser Begriff wird auch zunehmend für den Vergleich der regionalen und nationalen Wirtschaftsleistung benutzt. Die Definition der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Ländern bezieht sich auf ihr Vermögen, hohe Raten hochwertiger Beschäftigung und hohe und steigende Lebensstandards zu erreichen und aufrechtzuerhalten, indem sie ihren Bürgern in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft wirtschaftliche Möglichkeiten bieten.

Der Hauptindikator für Wettbewerbsfähigkeit ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, aber andere Faktoren, die den wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen, werden ebenfalls berücksichtigt, etwa die physische und soziale Infrastruktur, die Zugänglichkeit des Gebiets, die Qualität der Arbeitskräfte, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und die Effizienz der öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen. Im Einklang mit den Strategien von Lissabon und Göteborg wurde eine Reihe von Strukturindikatoren zur Beobachtung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung festgelegt. Diese Indikatoren sind unter sechs Titeln zusammengefasst: allgemeiner wirtschaftlicher Hintergrund, Beschäftigung, Innovation und Forschung, Wirtschaftsreform, sozialer Zusammenhalt und die Umwelt.

Die Modernisierung von Infrastrukturen, die Beschaffung von Privatinvestitionen, die Gestaltung eines entsprechenden Umfelds, insbesondere für kleine und mittIere Unternehmen und Start-ups, und die Unterstützung transeuropäischer Netzwerke sind Schlüsselfragen, die von den Strukturfonds in Angriff genommen werden. Sie stehen im Mittelpunkt von Entwicklungsstrategien für rückständige oder mit Strukturproblemen konfrontierte Regionen.

Die Autobahndichte in zentralen EU-Regionen ist viermal so hoch wie in abgelegenen; auch gibt es dort 40 % mehr Eisenbahnlinien und doppelt so viele zweispurig ausgebaute Strecken. Der Bau moderner und effizienter Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsinfrastrukturen ist von größter Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung, insbesondere in den abgelegensten Regionen.

In ihrem Weißbuch »Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft«1 stellt die Kommission die Bedürfnisse der Benutzer ins Zentrum einer Strategie, die darauf abzielt, die Verkehrsarten bis zum Jahr 2010 in ein neues Gleichgewicht zu bringen. Diese Strategie beinhaltet die Sanierung der Schienenwege, die Förderung von Transport auf Seewegen und Binnenwasserstraßen und die Kombination der verschiedenen Verkehrsarten. In der Periode zwischen 2000 und 2006 stehen rund 49,3 Mrd. EUR bzw. 22,5 % der gesamten Strukturfondsmittel für Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze in Mitgliedstaaten und Bewerberländern zur Verfügung.

Unternehmergeist und wettbewerbsfähige Unternehmen sind ebenfalls unentbehrliche Motoren der regionalen Entwicklung und damit auch wichtige Prioritäten für Gemeinschaftspolitiken. Das Unternehmen Europa, das den Herausforderungen der Globalisierung und der neuen wissensbestimmten Wirtschaft durch die Unterstützung nachhaltigen Wachstums begegnet, hat sich zum Slogan für Gemeinschaftsaktivitäten in diesem Bereich entwickelt.

Die insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichteten Aktivitäten der Union zielen darauf ab, unternehmerische Tätigkeiten zu fördern, ein Umfeld zu schaffen, das Innovation und sinnvollen Veränderungen entgegenkommt, und für Güter und Dienstleistungen den Zugang zu neuen Märkten mit höherem Mehrwert sicherzustellen. Im Rahmen der aktuellen Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen wurde ein erheblicher Teil der Strukturfonds – 52,2 Mrd. EUR bzw. 23,8 % der bis 2006 verfügbaren Mittel – für die Förderung der Entwicklung, Modernisierung und Zusammenarbeit von Unternehmen bereitgestellt. Neben ihren positiven Auswirkungen auf regionale Arbeitsmärkte wird diese Unterstützung – aufgrund reduzierter Emissionen und eines effektiveren Energieverbrauchs – auch zu einer umweltfreundlicheren Produktion beitragen.

Im Hinblick auf regionale Disparitäten in Beschäftigungs- und Arbeitslosenraten und auf die Bildungsniveaus sind zwischen den einzelnen EU-Ländern erhebliche Schwankungen festzustellen. Regionen, die in puncto Beschäftigung am besten abschneiden, charakterisieren sich in der Regel durch hohe Einkommensniveaus, einen niedrigen Anteil von Beschäftigung in der Landwirtschaft und einen hohen Anteil von Beschäftigung im Dienstleistungssektor sowie hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Im Jahr 2001 lag die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in den Regionen mit den niedrigsten Raten bei lediglich 2,3 %, verglichen mit einem Durchschnitt von 19,7 % in den Regionen mit den höchsten Raten.

Der Europäische Sozialfonds, seit 1998 in der Europäischen Beschäftigungsstrategie und nationalen Aktionsplänen verankert, unterstützt nationale und regionale Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramme sowie Programme zur Förderung der sozialen Einbeziehung. Er ist mit insgesamt 62,1 Mrd. EUR dotiert, das heißt 28,3 % der gesamten Strukturfondsmittel.

1 KOM (2001) 370 vom 12. September 2001.