:: 8/2004

Wanderungsbewegungen von Deutschen und Ausländern seit 2000

Baden-Württemberg ist seit dem Jahr 2001 das einzige Bundesland Deutschlands, in dem noch etwas mehr Kinder geboren werden als Menschen sterben. Das Bevölkerungswachstum des Landes beruht jedoch zum ganz überwiegenden Teil auf den Nettozuwanderungen von Deutschen und Ausländern. Woher stammen die Zuwanderer? In den 90er-Jahren kamen sie in erster Linie aus dem Ausland – das betraf Deutsche wie Ausländer. Dies hat sich neuerdings geändert.

Mehr Zuwanderungen von Deutschen als von Ausländern

Die deutliche Mehrzahl der etwa 117 700 Personen, die seit Jahresanfang 2000 per saldo nach Baden-Württemberg zugezogen sind, waren Deutsche. Sie stellten rund 60 % aller Nettozuzüge im Zeitraum 2000 bis 2003, die übrigen 40 % der Wanderungsgewinne waren ausländische Staatsbürger. Im Gegensatz zu den 90er-Jahren, als deutsche Staatsangehörige insgesamt gesehen hauptsächlich direkt aus dem Ausland nach Baden-Württemberg kamen (überwiegend als Spätaussiedler), lagen die Herkunftsgebiete des Zustroms Deutscher während der vergangenen 4 Jahre vollständig in den übrigen Bundesländern. Von dort zogen zwischen 2000 und 2003 netto knapp 118 700 Personen ins Land zu. Gegenüber dem Ausland hat Baden-Württemberg in diesem Zeitraum nahezu 1 000 Deutsche durch Abwanderung verloren.

Bei der ausländischen Bevölkerung erfolgten die Nettozuzüge – insgesamt waren dies seit Anfang 2000 fast 76 500 Personen – zu drei Vierteln direkt aus dem Ausland und zu einem Viertel aus den anderen Bundesländern. Auch hier hat sich wie bei der deutschen Bevölkerung eine deutliche Verschiebung der Wanderungsströme ergeben. In den 90er-Jahren entfielen noch rund 98 % der Wanderungsgewinne bei der ausländischen Bevölkerung auf Zuzüge aus dem Ausland. Die Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit hängt wesentlich damit zusammen, dass die damals starken Zuströme aus dem Gebiet des früheren Jugoslawien nunmehr zu einem großen Teil zu Rückwanderungen dorthin geworden sind. Von Anfang 2000 bis Ende 2003 wurden per saldo rund 19 000 Abwanderungen ausländischer Staatsangehöriger in das ehemalige Jugoslawien registriert. Darüber hinaus haben sich auch die Zuwanderungen von Ausländern aus dem übrigen Bundesgebiet seit Beginn des laufenden Jahrzehnts verstärkt. Da dieser Personenkreis hauptsächlich aus Niedersachsen – dort ist die bundesweit zentrale Aufnahmestelle für Spätaussiedler (Friedland, Landkreis Göttingen) eingerichtet – zugezogen ist, dürfte es sich hierbei vermutlich in größerem Umfang um ausländische Familienangehörige von Spätaussiedlern handeln.

Starke Nettozuwanderung von Deutschen aus den neuen Bundesländern

Durch die zentrale Weiterverteilung der in der niedersächsischen Gemeinde Friedland zunächst aufgenommenen Spätaussiedler auf die übrigen Bundesländer stellt Niedersachsen gegenwärtig das Hauptherkunftsland von Zuzügen Deutscher nach Baden-Württemberg dar. Per saldo sind von 2000 bis 2003 nahezu 34 000 Deutsche aus Niedersachsen ins Land zugezogen (Schaubild 1). Es folgen in der Rangskala Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen. Zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern verloren die ostdeutschen Bundesländer seit Anfang 2000 netto rund 75 000 Deutsche durch Abwanderung nach Baden-Württemberg. Die meisten kamen aus Sachsen (knapp 29 300 Deutsche). Aus den Ländern des alten Bundesgebietes zogen in den vergangenen 4 Jahren etwa 43 000 Deutsche mehr ins Land als von hier dorthin abwanderten, darunter fast 10 000 aus Nordrhein-Westfalen.

Lediglich zwei Länder Deutschlands – Hamburg und Bayern – scheinen gemessen an den Wanderungsbewegungen attraktiver zu sein als Baden-Württemberg. Fast durchgängig ziehen seit 1990 mehr Deutsche von hier nach Hamburg und oder nach Bayern als von dort nach Baden-Württemberg. Während sich die Wanderungsverluste gegenüber Hamburg zahlenmäßig in relativ engen Grenzen halten, belief sich die Nettoabwanderung Deutscher nach Bayern zwischen 2000 und 2003 auf rund 6 000 Personen, seit 1990 (allerdings einschließlich der seinerzeitigen Weiterverteilung von Spätaussiedlern) auf insgesamt rund 50 000 Personen.

Hinter der Nettoabwanderung von nahezu 1 000 Deutschen ins Ausland seit 2000 verbergen sich recht unterschiedliche Wanderungsströme. So wanderten in den letzten 4 Jahren deutsche Staatsangehörige aus Baden-Württemberg vor allem in die Länder der Europäischen Union (EU-15) und in noch etwas stärkerem Maße in die Schweiz ab. Wanderungsgewinne verzeichnete das Land gegenüber dem außereuropäischen Ausland, die jedoch die Wanderungsverluste gegenüber dem europäischen Ausland nicht ausglichen.

Zuwanderungen von Ausländern aus dem asiatischen Raum, Abwanderungen ins das frühere Jugoslawien

Die Nettozuzüge von nahezu 58 000 ausländischen Staatsangehörigen in den vergangenen 4 Jahren aus dem Ausland nach Baden-Württemberg weisen mit Blick auf die Herkunftsländer ein breites Spektrum auf. Aus dem europäischen Ausland zogen per saldo rund 18 000 Ausländer zu, die meisten aus der Türkei, Russland, Polen und der Ukraine (Schaubild 2). Diesen Zuwanderungsströmen standen deutliche Abwanderungen in das Gebiet des früheren Jugoslawien und in die Länder der Europäischen Union (EU-15) gegenüber. Bei Letzteren handelte es sich in erster Linie um Nettofortzüge nach Italien und Griechenland.

Die Wanderungsgewinne gegenüber dem außereuropäischen Ausland ergaben sich hauptsächlich aus den Zuwanderungen aus dem asiatischen Raum. Zwischen 2000 und 2003 zogen rund 28 600 Ausländer mehr von dort zu als von Baden-Württemberg dorthin abwanderten. An der Spitze standen Zuwanderungen von Ausländern aus dem Irak, China, Kasachstan und Indien. Zusammen umfassten diese Wanderungsgewinne fast 16 000 Personen. Die übrigen Nettozuzüge verteilten sich auf weitere 43 Länder Asiens.

Wanderungsgewinn 2003 deutlich niedriger als in den Vorjahren

Die Wanderungsbilanz Baden-Württembergs wies im Jahr 2003 insgesamt einen Gewinn von rund 31 000 Personen auf. Damit fiel das Wanderungsplus im vergangenen Jahr um etwa 25 000 Personen niedriger aus als im Jahr 2002 und hat wieder einen relativ moderaten Stand erreicht. Während der 90er-Jahre betrug der jahresdurchschnittliche Wanderungsüberschuss etwa 68 000 Personen. Die Abnahme der Wanderungsgewinne 2003 beruhte fast vollständig auf rückläufigen Zuzugszahlen, während die Zahl der Fortzüge nahezu unverändert blieb. Im längerfristigen Rückblick wurden im vergangenen Jahr die wenigsten Zuzüge seit 1988 registriert.