:: 2/2006

Zur Bedeutung Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU)

Mit dem Unternehmensregister steht der amtlichen Statistik nach seinem nunmehr weitgehend abgeschlossenen Aufbau eine neue Datenquelle zur Verfügung, mit der insbesondere strukturelle Darstellungen der Unternehmens- und Betriebslandschaft des Landes möglich sind. Eine häufige Fragestellung zielt dabei auf Größendarstellungen, denn es macht offensichtlich einen erheblichen Unterschied, ob ein Wirtschaftsbereich oder auch eine Regionaleinheit von (meist wenigen) Großfirmen oder einer mehr oder weniger großen Zahl kleinerer Wirtschaftsakteure geprägt wird. Die Größendarstellung kann sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen, je nachdem, wessen Größe dargestellt wird, an welchem Maßstab die Größe gemessen wird und wo die Grenzen zwischen klein und groß bzw. weiter differenzierten Kategorien konkret gezogen werden. Der nachfolgende Beitrag orientiert sich an der auch im deutschen Sprachgebrauch zunehmend verbreiteten Kategorisierung der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU), die auf EU-Empfehlungen zurückgeht (siehe i-Punkt). Nach den vorliegenden Ergebnissen sind über 99 % der baden-württembergischen Unternehmen bzw. Freiberufler dieser Kategorie zuzurechnen. Trotz dieser zahlenmäßigen Dominanz ist hier mit gut 52 % nur eine relativ knappe Mehrheit der Arbeitnehmer beschäftigt. Gemessen am Umsatz liegt das Gewicht der KMU mit gut 41 % sogar deutlich unter dem der Großunternehmen.

Erhöhte Umsatzschwellen beeinflussen Zuordnung nur schwach

Die EU-Empfehlungen zur Abgrenzung der KMU haben sich bei den hier berücksichtigten Umsatzgrenzen mit Wirkung von 2005 geändert (i-Punkt). Da sich die Angaben aus dem Unternehmensregister1 für die Unternehmen (i-Punkt) auf den Zeitstand Ende 2004 bzw. bei den Beschäftigten und Umsätzen (i-Punkt) auf 2002 beziehen, müsste streng genommen noch die alte Abgrenzung verwendet werden. Mit Blick auf die Zukunft soll hier jedoch bereits die neue Abgrenzung zugrunde gelegt werden.2

Zur Abschätzung der Unterschiede wurden deshalb zunächst beide Varianten für das gleiche Datenmaterial gegenübergestellt. Wie aus Schaubild 1 hervorgeht, beeinflusst die Anhebung der Umsatzschwellen die Ergebnisse nicht wesentlich. Die in ihrer Abgrenzung unveränderten Kleinstunternehmen stellen mit gut 89 % zahlenmäßig mit Abstand das größte Kontingent. Mit 8 % folgen die kleinen Unternehmen vor den mittleren mit 2 %, wobei die geänderte Abgrenzung im Nachkommabereich eine leichte Verschiebung zu den kleinen Firmen zur Folge hat. Die Großunternehmen fallen mit unter 1 % von ihrer Anzahl kaum ins Gewicht. Bei den Wertgrößen, sozialversicherungspflichtig (SV) Beschäftigte und Umsätze, kehrt sich die Rangfolge um. Bei den SV-Beschäftigten geht auch nach der neuen Abgrenzung mit 48 % fast die Hälfte auf das Konto der Großunternehmen, während die häufig nur den tätigen Inhaber selbst beschäftigenden Kleinstunternehmen lediglich 14 % beitragen. Da der Umsatz je SV-Beschäftigten mit zunehmender Unternehmensgröße tendenziell steigt, ist die Konzentration auf die Großunternehmen bei den Umsätzen mit 59 % noch stärker ausgeprägt. Entsprechend liegt der Anteil aller drei Unterkategorien der KMU niedriger als ihr jeweiliger Beschäftigtenanteil; bei den Kleinstunternehmen zum Beispiel bei knapp 12 %. Gegenüber der alten Abgrenzung verschieben sich die Anteile bei den Umsätzen etwas stärker als bei den SV-Beschäftigten, und zwar per saldo um knapp 2 Prozentpunkte von den großen zu den kleinen Unternehmen. Verantwortlich dafür dürfte insbesondere eine relativ starke Anhebung der Umsatzgrenze von 7 auf 10 Mill. Euro bei den kleinen Unternehmen sein.

Gastgewerbe am stärksten von KMU geprägt

Bereits in der relativ groben Aufteilung nach 12 Wirtschaftsabschnitten3 wird erkennbar, dass sich hinter den Durchschnittswerten sehr deutliche Branchenunterschiede verbergen. Zwar haben die KMU rein zahlenmäßig durchgehend ein sehr deutliches Übergewicht, das selbst bei der Energie- und Wasserversorgung als dem Bereich mit dem niedrigsten Anteil noch 96 % erreicht. Bei den SV-Beschäftigten und den Umsätzen zeigt sich jedoch ein wesentlich stärker ausgeprägtes Profil.4 Mit einem Beschäftigtenanteil von gut 93 % ist das Gastgewerbe am stärksten von KMU geprägt. Ebenfalls hohe Anteile von nahe 90 % hat das Baugewerbe und der im Land allerdings nur sehr schwach besetzten »Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden«. Auch in den meisten anderen Wirtschaftsabschnitten sind mehr oder weniger deutliche Mehrheiten der Sozialversicherungspflichtigen in einem kleineren bis mittleren Unternehmen beschäftigt. Mit Anteilen von unter 40 % gilt das allerdings nicht für das Erziehungs- und Unterrichtswesen sowie das Verarbeitende Gewerbe. Am stärksten von Großunternehmen geprägt sind die Energie- und Wasserversorgung sowie das Kredit- und Versicherungsgewerbe, in denen lediglich 29 bzw. 24 % der SV-Beschäftigten in einem KMU angestellt sind.

In der tieferen Aufgliederung nach den Wirtschaftsabteilungen zeigen sich zum Teil auch innerhalb der Abschnitte deutliche Differenzierungen der Branchen. Das gilt vor allem für das Verarbeitende Gewerbe, denn hier finden sich so unterschiedliche Branchen wie das Ernährungsgewerbe und die Autobauer mit Beschäftigtenanteilen in KMU von 73 bzw. lediglich 4 %. Wenn man einmal von dem aus dem sonstigen Rahmen fallenden Wert der Kraftwagenproduzenten absieht, zeigt sich in den 20 wichtigsten Branchen zwischen dem Kreditgewerbe mit 24 % bis zum Gastgewerbe mit 93 % eine erstaunlich »stetige« Abstufung. Dies lässt sich als Indiz dafür werten, dass nahezu jeder Wirtschaftsbereich bezogen auf das Gewicht der unterschiedlichen Unternehmensgrößen sein eigenes Profil aufweist.

KMU beschäftigen in 36 der 44 Kreise die meisten Sozialversicherungspflichtigen

Da sich die verschiedenen Wirtschaftsbereiche innerhalb des Landes regional nicht gleich verteilen bzw. jede Gegend ihr eigenes Branchenprofil hat, kann es nicht überraschen, dass der Beschäftigtenanteil in KMU auch zwischen den Kreisen eine erhebliche Spanne aufweist. Konkret reicht sie von 21 % im Stadtkreis Stuttgart bis zu 79 % im Landkreis Calw.

Allerdings unterscheidet sich der Verlauf zwischen diesen Extremwerten doch deutlich von der vergleichbaren Darstellung nach Branchen. Der Anteil der SV-Beschäftigten in KMU liegt nämlich lediglich in 8 Kreisen unterhalb des Landeswerts. Neben Stuttgart sind dies Heidelberg, Ulm, Mannheim und Karlsruhe sowie die Landkreise Alb-Donau-Kreis, Tübingen und der Hohenlohekreis. Hier haben jeweils entweder einzelne oder auch mehrere große oder sogar sehr große Unternehmen ihren Sitz, zu denen auch Einrichtungen wie Universitäten gezählt werden. Ist dies jedoch wie in der deutlichen Mehrzahl von 36 der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs nicht der Fall, so schlägt sich die Vielzahl von KMU auch in einem überdurchschnittlichen Beschäftigtenanteil in diesen Größenkategorien nieder. In immerhin 29 Kreisen liegt der Beschäftigtenanteil in KMU über 60 %, darunter in den 6 Landkreisen Rastatt, Neckar-Odenwald-Kreis, Schwarzwald-Baar-Kreis, Emmendingen, Enzkreis und Calw sogar über 70 %.

Ausblick

Wie im i-Punkt erläutert basiert diese Darstellung der KMU auf einer reinen Größenbetrachtung der Unternehmen, gemessen an einer Kombination aus Beschäftigten und Umsatz. Damit werden auch Einheiten wie staatliche oder staatlich beeinflusste Einrichtungen oder rechtlich selbstständige Töchter großer Unternehmen zu den oft mit dem Mittelstand gleichgesetzten KMU gerechnet. Da diese Fälle nach den EU-Empfehlungen nicht zu den KMU gehören, können die Ergebnisse nicht mit dem Mittelstand gleichgesetzt werden. In einem vom Land vergebenen Gutachten soll deshalb geprüft werden, inwieweit mit den bereits vorliegenden Daten oder durch Weiterentwicklungen des Unternehmensregisters zumindest eine deutliche Annäherung an den Mittelstandsbegriff erreicht werden kann. Insofern sind die hier dargestellten Ergebnisse als Einstieg in die Diskussion mit noch vorläufigem Charakter zu verstehen.

1 Der Nachweis des Unternehmensregisters erstreckt sich auf die Wirtschaftsabschnitte C bis K und M bis O der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Aus-gabe 2003. Einbezogen sind demnach alle wirtschaftlichen Aktivitäten mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei, der Öffentlichen Verwaltung sowie privater Haushalte und exterritorialer Organisationen.

2 Diese Abgrenzung wurde auch bereits bei einer vergleichbaren Darstellung aus dem Unternehmensregister zum Stand Ende 2003 zugrundegelegt. Vgl.: Schwarz, Thomas: Mittelständische Wirtschaft Baden-Württembergs, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2004, S.33 - 37.

3 Der Wirtschaftszweigsystematik von 2003.

4 Da die Umsätze vor allem in den nur teilweise steuerpflichtigen Dienstleistungsbereichen M, N und O nur bedingt aussagefähig sind, konzentriert sich die nachfolgende Darstellung auf die SV-Beschäftigten.