:: 8/2006

Zwei Jahre positiver Erfahrung mit der Dauerstichprobe in Baden-Württemberg

Seit 2004 baut das Statistische Landesamt Baden-Württemberg eine Art »Haushaltsregister« auf, eine Kooperation privater Haushalte mit der amtlichen Statistik auf freiwilliger Basis, die dann als Auswahlgrundlage für freiwillige Haushalts- und Personenerhebungen genutzt werden kann. Die Vielzahl unterschiedlichster Haushalte in dieser Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte stellt eine repräsentative Grundlage dar, die im Jahr 2006 schon für drei Erhebungen genutzt werden kann: die Erhebung »Leben in Europa« (EU-SILC: European Survey on Income and Living Conditions), die Europäische Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten (IKT) und die Erhebung »Demografische Grunddaten zur Geburtenentwicklung«.

Die Dauerstichprobe: eine ständig wachsende Auswahlgrundlage für Erhebungen

Die Dauerstichprobe befragungsbereiter Haushalte (DSP) ist eine freiwillige Zusammenarbeit zwischen privaten Haushalten und der amtlichen Statistik. Im Kontakt mit den Haushalten trägt sie die Bezeichnung »Haushalte Heute«. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der DSP entscheiden sich grundsätzlich dafür, hin und wieder an Umfragen der amtlichen Statistik mitzuwirken. Sie können aber bei jeder Erhebung frei entscheiden, ob sie mitmachen wollen oder nicht. Die Dauerstichprobe bildet damit einen Pool von Haushalten, die freiwilligen Befragungen der amtlichen Statistik generell positiv gegenüberstehen.

Um freiwillige Haushalts- und Personenbefragungen durchzuführen, mussten bisher eine sehr große Anzahl von Haushalten um ihre Teilnahme gebeten werden, um den notwendigen Stichprobenumfang zu erreichen. Dies führte zu hohen Anwerbekosten, vergrößerte den Zeitaufwand und ließ es immer weniger zu, flexibel auf einen kurzfristig auftretenden Datenbedarf zu reagieren. Dagegen kann man bei Haushalten der Dauerstichprobe, die sich grundsätzlich zur Teilnahme an Erhebungen der amtlichen Statistik bereit erklärt haben, davon ausgehen, dass sie in weit höherem Maße bereit sind, bei einzelnen Erhebungen mitzumachen. Dies spart Kosten und Zeit und steigert die Flexibilität der amtlichen Statistik. So konnte bei der Anwerbung für EU-SILC 2006 in Baden-Württemberg eine Teilnahmequote von 65 % erreicht werden.

Bereits im Jahr 2004 wurde mit dem Aufbau einer repräsentativen Auswahlgrundlage begonnen. In diesem Jahr konnten in Baden-Württemberg schon 1 116 Haushalte für die DSP gewonnen werden. 2005 lief die Anwerbung noch besser und weitere 1 486 Haushalte waren bereit, an der DSP teilzunehmen.

Die DSP wächst also mit der Zeit durch eine laufende Neuanwerbung von Haushalten. Da gleichzeitig nur eine geringe Anzahl von Austritten aus der DSP zu verzeichnen ist – nur ca. 3 % der Haushalte wollten in den letzten beiden Jahren die DSP wieder verlassen – stellt die DSP eine immer solider werdende Auswahlgrundlage für bestehende Erhebungen dar und lässt sich darüber hinaus auch für neue freiwillige Haushalts- und Personenerhebungen nutzen.

Die Anwerbung der Haushalte für die DSP erfolgt durch die Interviewer des Mikrozensus. Diese werben bei den privaten Haushalten, die zum letzten Mal im Rahmen des Mikrozensus auskunftspflichtig waren, dafür, weiterhin – nun aber freiwillig – mit der amtlichen Statistik zusammenzuarbeiten (Übersicht). Ihre Teilnahme an der DSP verpflichtet die Haushalte dabei nicht, an bestimmten Erhebungen teilzunehmen, sondern die Haushalte können bei jeder Erhebung ganz frei entscheiden, ob sie mitmachen wollen oder nicht.

Der Anwerbungserfolg der beiden ersten Jahre beruht vor allem auf dem engagierten Einsatz der Mikrozensus-Interviewer für die Dauerstichprobe. Die hohe Teilnahmebereitschaft kann durchaus als Beleg dafür angesehen werden, dass die Bevölkerung der amtlichen Statistik ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringt.

Das Kernstück der Dauerstichprobe: die DSP-Datenbank

Die Erfassung und Pflege der Haushaltsdaten erfolgt in der so genannten DSP-Datenbank. Diese wurde als Verbundprogrammierung im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg entwickelt. In ihr können neue Haushalte erfasst und bestehende Daten korrigiert werden. Dabei können nicht nur Änderungen in der Erreichbarkeit oder bestimmten Haushaltsmerkmalen, sondern auch Umzüge von Haushalten, die Trennung von Haushaltsmitgliedern (Splitthaushalte) und das Zusammenziehen von Haushalten (Fusionen) bearbeitet werden.

Für die Stichprobenziehungen im Rahmen der einzelnen Erhebungen können aus der Datenbank die notwendigen Daten exportiert und die Ziehungsergebnisse importiert werden. Mit der wachsenden Zahl von Erhebungen ist darüber hinaus das Erhebungsmanagement in der DSP-Datenbank immer wichtiger geworden. Die Datenbank muss Informationen darüber liefern, auf welche Haushalte bzw. Personen die einzelnen Erhebungen zurückgreifen bzw. an welchen Erhebungen einzelne Personen bzw. Haushalte teilnehmen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Möglichkeit, eine Auswahl aus der DSP zu treffen, sinnvoll genutzt werden kann und die Belastungsintensität bei einzelnen Haushalten oder Personen nicht zu groß wird.

Eine Vielzahl unterschiedlicher Haushalte sichert die Repräsentativität der Dauerstichprobe

Die Haushalte der Dauerstichprobe erklären sich damit einverstanden, dass aus dem Mikrozensus bestimmte Merkmale, so genannte Profildaten, in die Dauerstichprobe übernommen werden. Dazu gehören als Haushaltsprofildaten vor allem der Haushaltstyp, die soziale Stellung des Haupteinkommensbeziehers und das Haushaltsnettoeinkommen. Ein Blick auf diese Profildaten zeigt, dass in Baden-Württemberg eine Vielzahl von unterschiedlichen Haushalten im Rahmen der DSP mitarbeitet. Der Vergleich mit der Verteilung im Mikrozensus macht darüber hinaus deutlich, dass die DSP als repräsentative Grundlage für unterschiedliche Erhebungen genutzt werden kann.

Auch die einzelnen Personen der DSP lassen sich nach bestimmten Profildaten ordnen, etwa nach Alter, Geschlecht oder Bildungsabschluss. Auch hier weist die DSP eine breite Vielfalt von Personen auf, wie zum Beispiel ein Blick auf die Ausbildungsabschlüsse der Personen der DSP in Schaubild 3 zeigt.

Die Profildaten sind eine wichtige Grundlage für die Stichprobenziehung im Rahmen der Befragungen und werden laufend aktualisiert. Nehmen die Haushalte an Erhebungen teil, so wird aus diesen Erhebungen heraus aktualisiert. Nimmt ein Haushalt in einem Jahr an keiner Erhebung teil, erhält er einen kurzen Fragebogen zur separaten Profildatenaktualisierung.

Sowohl Haushalts- als auch Personenbefragungen möglich

2005 wurde die Dauerstichprobe für die Haushaltsbefragung »Leben in Europa« (EU-SILC: European Survey on Income and Living Conditions) genutzt. Die wachsende Zahl von teilnehmenden Haushalten erlaubt es im Jahr 2006 die DSP als Auswahlgrundlage für eine weitere Haushaltserhebung, nämlich der Europäischen Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten (IKT) und für die Personenbefragung »Demografische Grunddaten zur Geburtenentwicklung« heranzuziehen.

Die Erhebung »Leben in Europa« soll einen besseren Einblick in die Lebensbedingungen und die Einkommenssituation der Menschen in Europa geben. Hierzu werden zum Beispiel Angaben zur Erwerbssituation, zum »Auskommen mit dem Einkommen«, zu Kinderbetreuungsmöglichkeiten, zur Gesundheit oder zu den Wohnbedingungen erhoben. Die Ergebnisse fließen in einen länderübergreifenden Vergleich zur sozialen Lage von Menschen in Europa ein.

Erste vorläufige Ergebnisse von »Leben in Europa« 2005 in Baden-Württemberg zeigen zum Beispiel wie Haushalte ihre ökonomische Situation beziehungsweise ihren Gesundheitszustand selbst einschätzen.

Die Europäische Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in privaten Haushalten soll Fragen zu der so genannten modernen Informationsgesellschaft beantworten. Im Mittelpunkt stehen die Nutzung von Computer und Internet sowie die Zugangsmöglichkeiten zu diesen Technologien1.

Die §7-Erhebung »Demografische Grunddaten zur Geburtenentwicklung« soll wichtige Basisdaten zur demografischen Entwicklung in Deutschland liefern, die bislang aus anderen Erhebungen der amtlichen Statistik nicht gewonnen werden können. Dies ist die erste Personenerhebung, die auf der Basis der DSP durchgeführt werden soll. Es werden dabei Frauen im Alter von 16 bis 75 Jahren zu Kinderzahl, Kinderwunsch und Geburtenfolge befragt.

Ausblick

Auch im Jahr 2006 wächst die Dauerstichprobe weiter: bis Ende April konnten schon mehr als 500 neue Haushalte gewonnen werden. Dadurch wird die Grundlage für die bereits jetzt auf der Dauerstichprobe basierenden Erhebungen verbreitert und Entlastungen der Haushalte durch Wechsel ermöglicht und es wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass in der Zukunft weitere Erhebungen im Rahmen von § 7 BStaG bzw. EU-Recht die Vorteile der Dauerstichprobe nutzen können.

1 Vgl. dazu Voß, Michaela: IKT 2005: Haushaltsausstattung in Baden-Württemberg im EU-Vergleich, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2006, S. 41.