:: 3/2007

Neue Indikatoren zur Erwerbstätigkeit auf Kreisebene

In der Erwerbstätigenrechnung stand auf Kreisebene bislang ausschließlich die Zahl der erwerbstätigen Personen für Arbeitsmarktanalysen zur Verfügung. Mit dem zunehmenden Wandel der Beschäftigungsformen weg von der klassischen Vollzeitbeschäftigung hin zu mehr Minijobs und Teilzeitbeschäftigungen reicht jedoch die reine Personenbetrachtung ohne Berücksichtigung der von den Erwerbstätigen geleisteten Arbeitszeit immer weniger aus, die Beschäftigungssituation und -entwicklung adäquat abzubilden. Erstmals können nun in der Erwerbstätigenrechnung auf Kreisebene zusätzlich die Indikatoren Vollzeitäquivalente und Standard-Arbeitsvolumen veröffentlicht werden.

Die Entwicklungen sind, abhängig von der Wahl des Indikators, recht unterschiedlich. So ist die Zahl der Erwerbstätigen in Baden-Württemberg von 1999 bis 2004 um knapp 180 000 auf 5,4 Mill. gestiegen (+ 3,4 %). Berücksichtigt man allerdings, dass die Erwerbstätigen unterschiedlich lange arbeiten und rechnet die Erwerbstätigen mit ihren unterschiedlichen Arbeitszeiten auf Vollbeschäftigten-Einheiten um, entspricht dies lediglich 4,5 Mill. Vollzeit-Arbeitsplätzen (Vollzeitäquivalente). Der zahlenmäßige Zuwachs im Zeitraum 1999 bis 2004 ist in diesem Fall mit lediglich 92 000 nur etwa halb so stark wie bei den Erwerbstätigen. Auch die Zahl der von den Erwerbstätigen insgesamt geleisteten Arbeitsstunden hat sich im gleichen Zeitraum prozentual weniger als halb so stark erhöht wie die Zahl der Erwerbstätigen (+ 1,5 %) und betrug im Jahr 2004 7,7 Mrd. Stunden.

Die auf Landesebene beschriebenen Tendenzen sind auch in den 44 Stadt- und Landkreisen zu beobachten. Gemessen an den erwerbstätigen Personen weist der Landkreis Böblingen von 1999 bis 2004 den absolut stärksten Stellenzuwachs auf (+ 13 600 Erwerbstätige), den zahlenmäßig stärksten Stellenabbau dagegen der Landkreis Sigmaringen mit – 6 900 Arbeitsplätzen. Insgesamt gab es 37 Kreise mit Arbeitsplatzgewinnen und 7 mit Arbeitsplatzverlusten. Gemessen mit den neuen Indikatoren, also umgerechnet auf Vollzeitbeschäftigte und ausgedrückt in Arbeitsstunden, fällt die Bilanz weniger günstig aus. Danach hat sich die Arbeitsmarktsituation in 12 bzw. 13 Kreisen verschlechtert und lediglich in 32 bzw. 31 verbessert.

In Stuttgart arbeitet ein Erwerbstätiger mit durchschnittlich 1 489 Stunden im Jahr landesweit am längsten

In allen Kreisen liegen die Vollzeitäquivalente mehr oder weniger unterhalb der jeweiligen Zahl der Erwerbstätigen. Beispielsweise kamen 2004 im Stadtkreis Stuttgart, dem Landkreis Böblingen, dem Hohenlohekreis, dem Stadtkreis Mannheim, den Landkreisen Heilbronn und Esslingen sowie dem Stadtkreis Karlsruhe rechnerisch auf 100 Erwerbstätige zwischen 86 und 89 Vollzeit-Arbeitsplätze, am unteren Ende der Skala, namentlich im Landkreis Tübingen, dem Stadtkreis Baden-Baden und dem Landkreis Konstanz dagegen lediglich rund 80. Es sind die gleichen Kreise, die auch am Anfang und Ende des Rankings bei der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen stehen. Mit deutlichem Abstand führt der Stadtkreis Stuttgart mit 1 489 geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen (+ 69 Stunden gegenüber dem Landesdurchschnitt), die wenigsten Arbeitsstunden werden dagegen im Landkreis Tübingen mit durchschnittlich 1 355 Stunden und im Landkreis Konstanz mit 1 351 Stunden geleistet (−65 bzw. −69 Stunden gegenüber dem Landesdurchschnitt).

Die unterschiedlich hohen Anteile der Vollzeitäquivalente bzw. die unterschiedlich hohe Zahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen hängen davon ab, welchen Stellenwert geringfügige Beschäftigungsverhältnisse oder Teilzeittätigkeiten in den Kreisen haben. Grundsätzlich sind diese in den Kreisen am höchsten, in denen Minijobs oder Teilzeitbeschäftigung eine eher untergeordnete Rolle spielen oder der Anteil der in stärkerem Maße Vollzeit arbeitenden Industriebeschäftigten überdurchschnittlich hoch ist. So haben beispielsweise die bei der Arbeitszeit je Erwerbstätigen an der Spitze stehenden Kreise Stuttgart, Böblingen, Mannheim, der Stadtkreis Karlsruhe, der Hohenlohekreis und der Landkreis Esslingen im landesweiten Vergleich gemessen an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten niedrige Anteile an geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen (Minijobs) von 11 bis 16 %. Der Hohenlohekreis sowie die Landkreise Böblingen und Heilbronn haben vergleichsweise niedrige Teilzeitquoten unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (12 bzw. 13 %). Der Landkreis Heilbronn, aber auch der Landkreis Böblingen und der Hohenlohekreis weisen zudem mit jeweils über 40 % im landesweiten Vergleich hohe Anteile an Industriearbeitsplätzen auf. In den eher dienstleistungsgeprägten Landkreisen Konstanz und Tübingen, die eine geringere Arbeitsstundenzahl je Erwerbstätigen aufweisen, beträgt der Anteil der in der Industrie Erwerbstätigen dagegen lediglich 27 bzw. 24 %. Hinzu kommt, dass dort mit Anteilen von jeweils über 20 % an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten die geringfügig entlohnten Arbeitsplätze vergleichsweise stark vertreten sind und die Anteile der Teilzeitbeschäftigten mit 19 bzw. 25 % deutlich höher liegen als in anderen Kreisen.