:: 3/2007

Statistisches Monatsheft März 2007

Jahresbilanz der Südwestwirtschaft 2006: Kraftvoller Aufschwung

So stark war die Südwestkonjunktur schon lange nicht mehr. Im Jahr 2006 erfuhr die baden-württembergische Wirtschaft einen ausgesprochen kräftigen Aufschwung und konnte preisbereinigt um 3,5 % gegenüber dem Vorjahr zulegen. Dies ist die stärkste konjunkturelle Belebung seit dem Boomjahr 2000 (3,7 %) und die zweithöchste Wachstumsrate der letzten 15 Jahre. Der Südwesten schnitt damit beim Wirtschaftswachstum erneut deutlich besser ab als Deutschland insgesamt (2,5 %) und die meisten anderen Bundesländer. Dank der glänzenden Konjunktur hat sich die Beschäftigungslage deutlich verbessert. Endlich hat die Wachstumsdynamik auch den Arbeitsmarkt erreicht und erstmals nach 2001 wieder zu einem neuen Beschäftigungshöchststand im Land geführt.

Das Statistische Landesamt hat damit auch eine Punktlandung mit seiner Wachstumsschätzung vom 20.Dezember 2006 erreicht. Im Dezember hatten wir auf der Grundlage des vom Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder ermittelten ersten Halbjahresergebnisses 2006 für das Wirtschaftswachstum (3,3 %) das Jahresergebnis für 2006 mit 3,5 % geschätzt.

Kinderreichtum – Eine Ausnahme in der neueren Geschichte?

Der Geburtenrückgang in Deutschland ist, wie in den anderen europäischen Staaten und in Nordamerika, weniger das Ergebnis zunehmender Kinderlosigkeit, sondern im Wesentlichen das Ergebnis eines Rückganges der kinderreichen Familien, also der Familien mit drei oder mehr Kindern. In Deutschland ist allerdings die Quote an Mehrkinderfamilien heute besonders gering. Zu diesem Ergebnis kommt der 7. Familienbericht für Deutschland, der im Frühjahr 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist.

Wer jedoch heute über rückläufige Geburtenzahlen und Mangel an Nachwuchs diskutiert, übersieht vielleicht allzu leicht, dass ein höherer Anteil von kinderreichen Familien in der Gesellschaft historisch eine Ausnahme darstellt. Familien, in denen drei oder mehr Kinder gleichzeitig lebten, waren in Deutschland allein in der Zeit zwischen Mitte des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts weitverbreitet. In diesem Sinne ist Kinderreichtum ein soziales Phänomen von gerade 100 Jahren.

Fortzüge ins Ausland: Wandern immer mehr Deutsche aus?

Bundesweit wie auch in Baden-Württemberg wurden in den vergangenen 2 bis 3 Jahren deutlich steigende Zahlen von Fortzügen deutscher Staatsbürger ins Ausland registriert. Daran wurde mancherorts die Frage geknüpft, ob immer mehr Deutsche auswandern und – etwas zugespitzter – ob Deutschland vor allem seine gut qualifizierten Kräfte an das Ausland verliert. Eine wesentliche Antwort lässt die amtliche Wanderungsstatistik zu: Anstelle einer dauerhaften einseitigen Auswanderung ins Ausland wird vielmehr ein ständiger Wanderungsaustausch zwischen Baden-Württemberg und dem Ausland erkennbar.

Modellrechnung zur künftigen Nachfrage nach Ausbildungsplätzen

Der Lehrstellenmarkt befand sich in den letzten Jahren in einer angespannten Lage. Viele Ausbildungsplatzbewerber – besonders Hauptschulabsolventen – mussten zunächst den Weg über eine berufsvorbereitende Maßnahme wählen. Um in dieser Situation den Jugendlichen bessere Perspektiven zu eröffnen, schlossen Vertreter von Wirtschaft und Regierung im Juni 2004 den »Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs« mit einer Laufzeit von 3 Jahren ab. Gegen Ende der Laufzeit dieses Paktes geht nun diese Modellrechnung in drei Szenarien der Frage nach, wie viele Schulabsolventen in den kommenden Jahren einen Ausbildungsplatz nachfragen könnten.

Zunächst dürfte die Nachfrage noch weiter ansteigen, bevor mittelfristig die demografische Entwicklung zu einer Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt führen kann. Der Abiturientenjahrgang 2012 dürfte aber noch einmal zu einem verschärften Wettbewerb um Ausbildungsplätze führen, wenn möglicherweise zusätzlich 15 000 bis 16 000 Abiturienten in die duale Berufsausbildung drängen.

Innovative Familienbildung – Modellprojekte in Baden-Württemberg

Ungleiche Bildungschancen, verunsicherte Eltern und vernachlässigte Kinder in Deutschland: Gefragt sind passende Konzepte der Elternbildung, die Mütter und Väter, die Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder benötigen, auch wirklich erreichen. Vor allem zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Elternschaft und wenn es um die Bildungschancen ihrer Kinder geht, sind Eltern offen für Unterstützungsangebote und gut ansprechbar. Die Auswertung des »Aktionsprogramms Familie – Förderung der Familienbildung«, die die FamilienForschung Baden-Württemberg im Auftrag der LANDESSTIFTUNG durchgeführt hat, gibt Hinweise darauf, in welche Richtung die zukünftige Entwicklung gehen könnte.

Existenzgründungsvorhaben von Ausländern in Baden-Württemberg

Ausländer wagen durch Neugründung oder Unternehmensübernahme häufiger die Selbstständigkeit als Deutsche. Vor allem bei Übernahmen bestehender Betriebe sowie bei Gründungen von Kleinbetrieben ist der Ausländeranteil hoch. Nebenerwerbsgründungen sind bei Ausländern hingegen deutlich weniger beliebt. Bei Neugründungen mit vermutlich größerer wirtschaftlicher Substanz gründen Ausländer ebenso häufig wie Deutsche. Unter den neuen Selbstständigen sind besonders zahlreich Staatsangehörige aus der Türkei sowie aus Italien vertreten. Seit dem Beitritt Polens in die EU ist die Zahl der polnischen Gründer, insbesondere im Bereich der Kleingründungen, stark gestiegen. Die Branchenwahl variiert mit der Nationalität. Generell gründen Ausländer jedoch häufiger im Gast- und Baugewerbe als Deutsche.

Informations- und Kommunikationstechnologie in Unternehmen 2006

Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie spielt auf dem Weg zur Informations- und Wissensgesellschaft eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft bzw. der einzelnen Unternehmen. Insbesondere dem Internet kommt dabei der Rang einer Schlüsseltechnologie zu. Zur Beobachtung der aktuellen Entwicklung und verschiedener Schwerpunktthemen werden hierzu in den Mitgliedsstaaten der EU seit 2002 jährlich harmonisierte Erhebungen bei Unternehmen (und auch bei privaten Haushalten) auf freiwilliger Grundlage durchgeführt, zunächst als Piloterhebungen, neuerdings als reguläre Statistiken. Auf Landesebene sind hierzu seit 2003 einige Eckzahlen verfügbar. Die Nutzung des Internets hat sich inzwischen bei den Unternehmen, die überhaupt Computer nutzen, zum absoluten Standard entwickelt. Der Schwerpunkt der aktuellen Entwicklung liegt deshalb auf einer kontinuierlichen Verbesserung der technischen Standards sowie auf einer Verbreiterung des Nutzungsspektrums, wobei insbesondere die größeren Unternehmen eine Pionierfunktion übernehmen.

Neue Indikatoren zur Erwerbstätigkeit auf Kreisebene

In der Erwerbstätigenrechnung stand auf Kreisebene bislang ausschließlich die Zahl der erwerbstätigen Personen für Arbeitsmarktanalysen zur Verfügung. Mit dem zunehmenden Wandel der Beschäftigungsformen weg von der klassischen Vollzeitbeschäftigung hin zu mehr Minijobs und Teilzeitbeschäftigungen reicht jedoch die reine Personenbetrachtung ohne Berücksichtigung der von den Erwerbstätigen geleisteten Arbeitszeit immer weniger aus, die Beschäftigungssituation und -entwicklung adäquat abzubilden. Erstmals können nun in der Erwerbstätigenrechnung auf Kreisebene zusätzlich die Indikatoren Vollzeitäquivalente und Standard-Arbeitsvolumen veröffentlicht werden.

Lebens- und Einkommensverhältnisse in Baden-Württemberg

Wie hoch sind die Einkommen privater Haushalte? Wie sind sie verteilt? Wer ist von Armut gefährdet? Wie wohnt die Bevölkerung? Wie gesund fühlen sich die Menschen? Diesen Fragen geht die Erhebung »Leben in Europa« in der gesamten Europäischen Union nach. Erste Ergebnisse aus »Leben in Europa« 2005 in Baden-Württemberg zeigen, dass Armut nicht nur eine Frage des Einkommens ist, sondern sich in vielen anderen Lebensbereichen manifestiert. Armutsgefährdete Menschen müssen vielfach bereits bei der Ernährung oder dem Urlaub Einschränkungen hinnehmen. Auch bei der Wohnqualität lassen sich Unterschiede ausmachen: armutsgefährdete Menschen leben eher in größeren Wohnkomplexen und sind in verstärktem Maße von Kriminalität und Umweltbelastungen betroffen. Schließlich schätzen armutsgefährdete Personen ihren Gesundheitszustand deutlich schlechter ein und haben einen schlechteren Zugang zur gesundheitlichen Versorgung.

Belastung der Umwelt durch unachtsamen Umgang mit Gefahrstoffen

Zu den Wasser gefährdenden Stoffen gehören nach dem Wasserhaushaltsgesetz feste, flüssige oder gasförmige Stoffe, die geeignet sind, nachhaltig die Beschaffenheit des Wassers nachteilig zu verändern. Der Eintrag solcher Stoffe in die Gewässer birgt einerseits erhöhte Gefahren für die Gewässer selbst und andererseits indirekt für die Umwelt in regionaler und globaler Hinsicht. Sie finden in vielen Bereichen des täglichen Lebens Anwendung, zum Beispiel in Reinigungs-, Dünge- und Insektenbekämpfungsmitteln, Batterien, Arzneimitteln, Kraftstoffen und Ähnlichem. Gelangen diese Stoffe in Oberflächengewässer, kann dies nicht nur deren ökologischen Zustand beeinträchtigen, was zum Beispiel das Artensterben in und um die Gewässer verursachen kann, sondern auch die Nutzbarkeit der Gewässer für den Menschen längerfristig einschränken.

Die Bedeutung der Belastung der Wirtschaft durch amtliche Statistiken

Ergebnisse der DIW-Studie

Die Diskussion über die Belastung der Wirtschaft durch zu viel staatliche Bürokratie ist ein Dauerthema in Politik und Gesellschaft. Bei dieser Diskussion wird auch die amtliche Statistik zu den Bürokratielasten gezählt und eine Entlastung der Wirtschaft von statistischen Berichtspflichten gefordert. Die dafür ins Feld geführten Argumente, die sich auf Einzelfälle und bisher vorliegende Untersuchungen stützen, sind jedoch oft undifferenziert, strittig und selten nachvollziehbar. Um zu einer Versachlichung dieser Diskussion beizutragen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) im November 2003 dem DIW Berlin den Auftrag erteilt, eine Untersuchung über »Die Bedeutung der Belastung der Wirtschaft durch amtliche Statistiken« durchzuführen.

Was 60 Millionen Euro wert sind

Oder: Zur Unverhältnismäßigkeit, von der Bundespräsident Köhler und Bischof Huber sprachen

Die Zahlen 20 Mill. und 60 Mill. wurden im Jahr 2006 häufig zitiert. Die Anlässe sind bekannt, aber hier nicht von Bedeutung; auch wenn Bundespräsident Köhler, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Landesbischof Wolfgang Huber und viele andere von Unverhältnismäßigkeiten sprachen. Um die Verhältnismäßigkeiten etwas klarer zu machen, sei hier beispielhaft angeführt, was man mit 60 Mill. Euro so alles machen kann oder was sie wert sind.