:: 11/2007

Konjunktur schwächt sich zum Jahresende ab

Preisbereinigtes Wachstum von 2 ½ % im 4. Quartal zu erwarten

Die konjunkturelle Entwicklung verliert im 4. Quartal 2007 an Schwung. Nachdem die preisbereinigte Wachstumsrate im 3. Quartal 2007 3¼ % betragen haben dürfte, schwächt sich das Wirtschaftswachstum im laufenden Quartal vermutlich auf 2½ % ab. Handelt es sich hierbei noch um eine nachlassende Dynamik auf hohem Niveau, deutet die Entwicklung des vom Statistischen Landesamt verwendeten Konjunkturindikators darauf hin, dass der Zenit der Hochkonjunktur überschritten ist .

Die von den Entwicklungen am US-Immobilienmarkt ausgelösten Turbulenzen auf den Finanzmärkten haben das Bewusstsein für die Konjunkturrisiken geschärft. Rückläufige Vermögenswerte und restriktivere Kreditvergabe dürften den US-Konsum dämpfen. Die gestiegene Zinsdifferenz von Dollar- und Euroraum bedingt tendenziell eine weitere Euroaufwertung und führt zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsposition der Exportwirtschaft. Eine Leitzinssenkung seitens der EZB, die dieses Problem mildern könnte, blieb vorläufig angesichts der allgemeinen Inflationsgefahren aus: die Preisentwicklungen auf verschiedenen Märkten sowie die Geldmengenentwicklung ließen einen solchen Schritt aus Sicht der EZB nicht angeraten sein.

In den Monaten Juni bis August 2007 waren unter anderem folgende Entwicklungen für die konjunkturelle Lage der baden-württembergischen Wirtschaft prägend:

  • Die Umsatzzuwächse aus dem Auslandsgeschäft fielen im Sommer geringer aus als in der Vorperiode, was insbesondere der mäßigen Umsatzentwicklung des Fahrzeugbaus geschuldet war. Die Entwicklung der Auftragseingänge lässt erwarten, dass die Nachfrageimpulse aus dem Ausland in den nächsten Monaten weniger stark ausfallen.
  • Die Binnennachfrage zeigte das gewohnt zwiespältige Bild: die Nachfrage nach Vorleistungs- und Investitionsgütern entwickelte sich ausgesprochen lebhaft, während die Hersteller von Gebrauchsgütern nur unterdurchschnittliche Umsatzzuwächse realisieren konnten. Die Umsätze der Verbrauchsgüterproduzenten gingen gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar zurück.
  • Die Zahl der Beschäftigten konnte im Sommer erneut deutlich zulegen. Dies betraf insbesondere das Verarbeitende Gewerbe und den Handel. Im Gast- und Bauhauptgewerbe wurden dagegen Arbeitsplätze abgebaut. Die Zahl der Arbeitslosen verringerte sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wenngleich weniger stark als im Vorquartal. Insgesamt ist die Zahl der Arbeitslosen damit auf den niedrigsten Wert seit Juni 2001 gesunken.

US-Wirtschaft – Krise oder Korrektur?

Nachdem die zuvor oft erwarteten Korrekturen auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt nunmehr eingetreten sind, werden von Beobachtern vermehrt Risiken für die konjunkturelle Entwicklung in den Blick genommen. Diese bestehen zum einen in den durch den Rückgang der Immobilienpreise bedingten Vermögensverlusten vieler US-Haushalte, deren Konsumfreude entsprechend gedämpft werden wird. Die, wie sich herausgestellt hat, auf übertriebenen Erwartungen hinsichtlich der Wertentwicklung fußende Vergabe von Hypothekendarlehen in den USA hat zwar zeitweise zu Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt. Diese haben, nicht zuletzt aufgrund der Interventionen der bedeutendsten Notenbanken, das Finanzsystem allerdings nicht nachhaltig erschüttert, weshalb in diesem Zusammenhang ein sparsamer Gebrauch des Begriffs »Krise« angebracht erscheint.

Gleichwohl sind im Gefolge dieser Entwicklung die kurzfristigen Zinsen nicht nur in den USA gestiegen, mit einem tendenziell dämpfenden Effekt auf die Konjunktur (Schaubild 2). Liquiditätsengpässe führen zu restriktiverer Kreditvergabe, wodurch sich die Finanzierung von Investitionen verteuert. Hierdurch sah sich die US-Notenbank ungeachtet potenzieller Inflationsrisiken mit Leitzinssenkungen im September und Ende Oktober zum Gegensteuern veranlasst. Die Europäische Zentralbank hat sich im Zuge dessen noch nicht zu einem Zinssenkungsschritt entschlossen, vor allem aufgrund der zuletzt erneut sehr betonten Inflationsrisiken, die die EZB stärker gewichtet als die Federal Reserve. Durch die veränderte Zinsdifferenz ist der Euro allerdings einem weiteren Aufwertungsdruck ausgesetzt, der für die Exportwirtschaft des Euroraums zu einer immer stärkeren Belastung werden kann. Die Aussage des Präsidenten der EZB Trichet von Anfang Oktober dieses Jahres, »den Entwicklungen in nächster Zeit weiterhin große Aufmerksamkeit (zu) widmen«, lässt aber den Schluss zu, dass man sich die Möglichkeit zur Leitzinssenkung zumindest offen hält.

Neben der Lage auf den Finanzmärkten und den sich daraus ergebenden skizzierten Folgen können weitere Anzeichen für eine Abschwächung der Weltkonjunktur ausgemacht werden. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass insbesondere die EZB sehr deutlich auf Inflationsrisiken hinweist, denen gegebenenfalls mit einem restriktiveren Kurs begegnet werden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Preisentwicklung bei Rohstoffen, Energie oder auch Lebensmitteln weniger die Ursache eines Abschwungs als vielmehr die Folge einer bislang dynamisch wachsenden Weltwirtschaft sind. Eine konjunkturelle Abkühlung stellt damit eher eine Normalisierung als einen Abschwung dar. Insgesamt steht die Konjunktur in dem für den baden-württembergischen Export so bedeutenden europäischen Markt auf solidem Grund. Die Beschäftigung steigt europaweit und mit ihr die Nachfrage nach heimischen Gütern.