:: 9/2008

Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern in Baden-Württemberg

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen weist seit 1980 – vor allem durch das stark gestiegene Angebot von Teilzeitstellen – eine sehr dynamische Entwicklung auf, während die der Männer im längerfristigen Vergleich sogar rückläufig ist. Die Berufstätigkeit von Frauen gilt heute als Selbstverständlichkeit. Eine wichtige Voraussetzung hierfür war die Angleichung des Bildungsniveaus vor allem der jungen Frauengeneration an das der jungen Männer. Nichtsdestotrotz weist der Arbeitsmarkt nach wie vor eine geschlechtsspezifische Teilung auf: Auch heute noch arbeiten Frauen vorwiegend in »typisch weiblichen« Berufen und Männer in sogenannten »Männerberufen«. In Sachen »Frauen in Führungspositionen« besteht ebenfalls noch ein erheblicher Nachholbedarf. Die Auswirkungen dieser nach wie vor bestehenden Unterschiede in der Arbeitswelt zeigen sich für viele erwerbstätige Frauen auch beim Einkommen: Frauen verdienen bei gleicher Qualifikation im Durchschnitt weniger als Männer.

Erwerbsbeteiligung der Frauen nimmt zu

Im Jahr 2007 waren nach den Ergebnissen des Mikrozensus 5,3 Mill. Baden-Württemberger erwerbstätig1, davon knapp 2,4 Mill. Frauen. Im Zeitraum von 1980 bis 2007 ist dabei die Zahl der berufstätigen Frauen um annähernd 718 000 angestiegen, was einem stattlichen Zuwachs von 43 % entspricht. Die Zahl der erwerbstätigen Männer erhöhte sich im gleichen Zeitraum lediglich um knapp 332 000, das heißt um 13 %. Betrachtet man die Entwicklung seit 1990, so ist die Zahl der erwerbstätigen Männer sogar nur um 3 % gestiegen, während für die Zahl der weiblichen Erwerbstätigen auch in dieser Zeit weiterhin ein beachtlicher positiver Saldo von 23 % zu beobachten ist. Seit Anfang der 80er-Jahre hat sich der Frauenanteil an allen Erwerbstätigen von annähernd 40 % auf nunmehr gut 45 % erhöht.

Auch im Anstieg der Erwerbstätigenquote2 der Frauen spiegelt sich verglichen mit 1980 eine deutlich höhere Erwerbsbeteiligung der baden-württembergischen Frauen wider. So stieg der Anteil der 15- bis unter 65-jährigen erwerbstätigen Frauen an allen Frauen dieser Altersgruppe seit 1980 deutlich von gut 54 % auf knapp 67 % im Jahr 2007 an. Der Trend bei den Männern verlief gegenläufig: Hier sank die Erwerbstätigenquote von fast 84 % auf jetzt 79 %. Dies zeigt unter anderem die Tendenz, dass sich das Erwerbsverhalten von Männern und Frauen einander angleicht. Allerdings fällt aufgrund der hohen Bedeutung von Teilzeitjobs bei den Frauen deren Anteil am gesamten erbrachten Arbeitsvolumen vergleichsweise niedrig aus. Während der Frauenanteil an den Erwerbstätigen insgesamt gut 45 % beträgt, liegt der Anteil der von Frauen geleisteten Arbeitsstunden nur bei rund 37 %.

Teilzeitarbeit weiter auf dem Vormarsch

Bei der Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit seit 1980 dürfte der enorme Zuwachs der Teilzeitarbeitsplätze der entscheidende Motor gewesen sein. Gut 877 000 Teilzeitstellen insgesamt kamen in Baden-Württemberg seit 1980 hinzu (was einer Zunahme von nahezu 150 % entspricht), während sich die Zahl der Vollzeitstellen insgesamt um rund 172 000 (knapp 5 %) erhöht hat.3 Teilzeit zu arbeiten ist auch heute noch eine weibliche Domäne, denn 2007 waren immerhin gut 82 % der knapp 1,47 Mill. Teilzeiterwerbstätigen in Baden-Württemberg Frauen. Männer sind unter den Teilzeitkräften mit einem Anteil von annähernd 18 % nach wie vor eher die Ausnahme, obwohl auch die Zahl der männlichen Teilzeitbeschäftigten gegenüber 1980 um knapp 192 000 Personen stark zugenommen hat.

Frauen dominieren nicht nur unter den Teilzeitbeschäftigten, sondern sie haben auch den Großteil der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse4 in Baden-Württemberg inne: So wurden mehr als 70 % dieser geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von Frauen ausgeübt. Besonders häufig sind dabei geringfügige Beschäftigungen bei den jüngeren und älteren erwerbstätigen Frauen anzutreffen.

Die Expansion der Teilzeitarbeit beruht nicht zuletzt darauf, dass Teilzeitjobs sowohl im Interesse der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber liegen. Viele Frauen und Männer können aufgrund ihrer Lebenssituation überhaupt nur deshalb am Erwerbsleben teilnehmen, weil ein Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen besteht. So gaben rund 84 % der Teilzeitbeschäftigten an, eine Vollzeittätigkeit nicht zu wünschen oder aus anderen Gründen (familiäre Verpflichtungen, Ausbildung) nicht ausüben zu können. Nur gut 13 % arbeiteten Teilzeit, weil sie keine Vollzeitstelle finden konnten, und annähernd 3 % hatten gesundheitliche Gründe für die Wahl dieser Arbeitszeitform.

Anteil der Akademikerinnen in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt

Die baden-württembergischen Frauen haben bei der beruflichen Ausbildung seit Beginn der 80er-Jahre deutlich aufgeholt: So hat sich der Anteil der berufstätigen Frauen ohne Berufsausbildung seit 1982 von rund 42 % auf knapp 24 % deutlich reduziert. Der Anteil der Akademikerinnen wiederum hat sich in dieser Zeit von rund 6 % auf nahezu 14 % mehr als verdoppelt.

Getragen wurde diese Entwicklung vor allem von den jüngeren Frauen, die von den bildungspolitischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte offensichtlich zu profitieren wussten: So sind in der Altersgruppe der 30- bis unter 35-Jährigen die weiblichen Erwerbstätigen ihren männlichen Altersgenossen dicht auf den Fersen: Über 21 % der berufstätigen Frauen gegenüber 22 % der Männer haben mittlerweile einen akademischen Ausbildungsabschluss. Auch der Anteil an den Berufstätigen ohne berufliche Ausbildung ist bei Männern und Frauen dieser Altersgruppe ausgeglichen. Jeweils knapp 14 % der erwerbstätigen Männer bzw. Frauen im Alter von 30 bis unter 35 Jahren haben (noch) keinen Beruf erlernt.

Baden-Württemberg: Nachholbedarf in Sachen »Frauen in Führungspositionen«

Obwohl sich die berufliche Qualifikation von Männern und Frauen immer mehr angleicht, sind Frauen in Führungspositionen noch immer eher die Ausnahme. In Baden-Württemberg übten im Jahr 2007 annähernd 189 000 Männer, jedoch nur rund 52 000 Frauen eine Führungsposition aus. Dabei hat seit dem Jahr 2000 die Zahl der weiblichen Führungskräfte mit einem Plus von fast 62 % deutlich stärker zugenommen als die Zahl der männlichen Erwerbstätigen in Führungspositionen mit einem Plus von lediglich knapp 16 %. Gemessen am Frauenanteil an den Erwerbstätigen insgesamt (gut 45 %) sind »Chefinnen« mit knapp 22 % an allen Führungskräften dennoch nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Knapp 19 % bzw. annähernd 10 000 der Frauen in Führungspositionen zählten im Übrigen zu den Selbstständigen. Bei den männlichen Führungskräften traf dies auf fast 20 % (knapp 37 000 Männer) zu. Gut 61 % der erwerbstätigen Frauen in Führungspositionen waren den höheren Angestellten und Beamtinnen zuzurechnen. Von den Männern in Führungspositionen übten gut 68 % eine entsprechende Stellung im Betrieb aus.

Wesentliche Ursachen für die unterdurchschnittliche Präsenz von Frauen in Führungspositionen dürften im durchschnittlich niedrigeren Ausbildungsniveau der älteren Frauen, der wesentlich höheren Teilzeitbeschäftigung von Frauen und in familiär bedingten beruflichen Ausfallzeiten begründet sein. Für die meisten Frauen, die durch Elternzeit eine bestimmte Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden und den beruflichen Wiedereinstieg häufig nur mit einem Teilzeitjob realisieren können, dürfte der »Weg in die Führungsetage« schwierig sein.

Vor allem im Vergleich der Bundesländer und Deutschland insgesamt zeigt sich in Baden-Württemberg in Sachen Frauen in Führungspositionen noch ein erheblicher Nachholbedarf. So liegt Baden-Württemberg mit einem Anteil an Frauen in Führungspositionen von knapp 22 % unter dem Bundesdurchschnitt von 23 %. Besonders hoch liegt der Frauenanteil unter den Führungskräften in den Neuen Ländern und Hamburg.

Teilung des Arbeitsmarktes in Frauen- bzw. Männerberufe

Trotz des stark gestiegenen Qualifikationsniveaus von Frauen und ihrer zunehmenden Erwerbsbeteiligung weist der Arbeitsmarkt noch immer eine Teilung in Frauen- bzw. Männerberufe auf. Nach wie vor konzentrieren sich Männer und Frauen auf jeweils unterschiedliche Branchen, Berufe und Tätigkeiten. Die Rangliste der häufigsten Berufe von Männern und Frauen verdeutlicht die bestehende geschlechtsspezifische Differenzierung der Arbeitswelt: Während bei den Männern Berufe in der Unternehmensleitung und -beratung, Ingenieure, Architekten sowie Büro- und technische Berufe auf den vorderen Plätzen rangieren, zählen bei den Frauen – neben Büroberufen und Gesundheitsberufen – Berufe im Verkauf und soziale Berufe zu den am häufigsten ausgeübten Berufen. Wie die Ranglisten der 10 häufigsten Männer- und Frauenberufe in Baden-Württemberg zeigen, gehören technische Berufe nicht zu den »Top 10« der Frauenberufe. Lediglich gut 2 % aller erwerbstätigen Baden-Württembergerinnen üben einen technischen Beruf aus (gegenüber 12 % der Männer). Somit sind Frauen in technischen Berufen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Auch bei gleicher Qualifikation verdienen Frauen deutlich weniger als Männer

Der Vergleich der monatlichen Nettoeinkommen von vollzeitbeschäftigten Männern und Frauen zeigt, dass Frauen bei gleichen beruflichen Bildungsabschlüssen durchweg ein niedrigeres Nettoeinkommen haben als Männer. So hatten nur knapp 26 % der vollzeitbeschäftigten Akademikerinnen, aber fast 61 % ihrer männlichen Kollegen ein Nettoeinkommen von 2 600 Euro und mehr.

Umgekehrt mussten 14 % der vollzeitbeschäftigten Frauen mit abgeschlossener Lehre mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 900 Euro auskommen – eine Situation, von der nur annähernd 4 % ihrer männlichen Kollegen betroffen sind. Die Ursache dafür dürfte unter anderem auf familiär bedingte Ausfallzeiten zurückzuführen sein, sodass Frauen weniger Berufsjahre vorzuweisen haben als männliche Kollegen und damit auch weniger verdienen. Auch die noch immer weit verbreitete geschlechtsspezifische Berufswahl führt, bei formal gleicher beruflicher Qualifikation, zu Einkommensunterschieden. So sind viele »typisch weibliche« Berufe oftmals schlechter bezahlt als sogenannte »Männerberufe«. Darüber hinaus gibt es auch branchenspezifische Einkommensunterschiede, wobei Frauen häufiger als Männer in den weniger gut bezahlten Branchen arbeiten und seltener in Führungspositionen anzutreffen sind.

1 Erwerbstätige sind nach dem Labour-Force-Konzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) alle Personen im Alter von 15 und mehr Jahren, die in der jeweiligen Berichtswoche mindestens 1 Stunde gearbeitet haben, unabhängig von der Bedeutung dieser Tätigkeit für den Lebensunterhalt. Im Rahmen des Mikrozensus werden Erwerbstätige am Wohnort erfasst.

2 Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung.

3 Teilzeitbeschäftigte: 1980 bis einschließlich 39 normalerweise geleisteter Wochenarbeitsstunden. 2007 bis einschließlich 34 normalerweise geleisteter Wochenarbeitsstunden.

4 Eine geringfügige Beschäftigung liegt dann vor, wenn der Verdienst nicht mehr als 400 Euro im Jahresdurchschnitt pro Monat beträgt (Mini-Job). Auch Beschäftigungsverhältnisse, die auf höchstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage im Jahr begrenzt sind, gelten als geringfügige Beschäftigungen. Hier einschließlich 1-Euro-Jobs.