:: 3/2009

Auszubildende in Baden-Württemberg 2007

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Württemberg 209 590 junge Menschen in einem anerkannten Ausbildungsberuf in theoretischen und praktischen Fertigkeiten in Form der klassischen »Lehre« ausgebildet. Die Zahl dieser Ausbildungsverhältnisse war in den letzten Jahren meist rückläufig und hatte 1996 mit knapp 184 000 Lehrlingen ihren bisherigen Tiefststand erreicht. Der Anstieg um 7 684 Auszubildende gegenüber dem Vorjahreswert weist damit auf eine Bestätigung des positiven Trends am Ausbildungsmarkt seit 2006 hin. Neu abgeschlossen wurden 2007 in Baden-Württemberg 81 011 Ausbildungsverträge. Das sind 4 863 mehr als im Jahr zuvor, wobei die einzelnen Ausbildungsbereiche unterschiedlich stark zu diesem Aufschwung beigetragen haben. Über ein Drittel der neuen Auszubildenden weisen einen Hauptschulabschluss als Einstiegsqualifikation auf, fast die Hälfte hat den Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss vorzuweisen und jeder Sechste, der eine Lehre im Jahr 2007 begann, hatte die Hochschulreife in der Tasche.

Die meisten Ausbildungsbereiche wiesen 2007 mehr neu abgeschlossene Ausbildungsverträge auf als ein Jahr zuvor. Im zahlenmäßig am stärksten besetzten Ausbildungsbereich »Industrie und Handel« konnten 2007 47 979 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen werden, 3 986 mehr als im Jahr zuvor (9 %). Auch im »Handwerk« war ein Aufschwung zu beobachten, wenn auch weniger stark. Hier wurden 23 211 Neuabschlüsse von den Kammern registriert, 690 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge mehr als 2006 (3 %). Ebenso haben die Ausbildungsbereiche »Freie Berufe« mit 5 498 Neuabschlüssen (knapp 4 %), Landwirtschaft (4 %) und Hauswirtschaft (über 10 %) zugelegt. Lediglich im Öffentlichen Dienst war 2007 ein Rückgang der Neuabschlüsse auf 1 953 (– 6,6 %) zu beobachten.

In Ulm und um Ulm und um Ulm herum

Für das Jahr 2007 können erstmals Aussagen darüber gemacht werden, an welchen Ausbildungsorten wie viele Ausbildungsverträge neu abgeschlossen wurden. Bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 25 Jahren – den Altersjahrgängen, die die meisten der neuen Auszubildenden umfassen – und hier bezogen auf je 100 der entsprechenden Bevölkerungsjahrgänge ergeben sich folgende Erkenntnisse (Schaubild 1):

  • Die meisten Stadtkreise oder größere Städte wirken auf das Umland wie ein Magnet hinsichtlich ihres Ausbildungsangebots.
  • Universitätsstädte wie zum Beispiel Tübingen weisen mit ihrer hohen Akademikerdichte und der damit verbundenen Tendenz, dass Kinder aus diesen Familien eher eine Hochschulausbildung als eine berufliche Ausbildung anstreben, eher unterdurchschnittliche Ausbildungsquoten aus.
  • Ländlich geprägte Landkreise wie der Hohenlohekreis, Tuttlingen oder Rottweil liegen hinsichtlich der Ausbildungsquote über dem Landesdurchschnitt; hier werden die Jugendlichen eher wohnortnah ausgebildet, da große Städte oder Industriezentren relativ weit entfernt liegen und das Berufspendeln wohl zu aufwendig wäre.

Vor allem der Stadtkreis Ulm mit der landesweit höchsten Ausbildungsquote von 30,2 %, direkt vom Alb-Donau-Kreis (12 %) umgeben und in der Nähe zu dem Landkreis Heidenheim (über 16 %), die weit unter oder nur um den Landesdurchschnitt von knapp 17 % liegt, bestätigt deutlich die getroffenen Aussagen. Die direkte Angrenzung zum Bundesland Bayern wirkt sich möglicherweise auf die Bildung dieser überdurchschnittlichen Quote ebenfalls aus; hier ist anzunehmen, dass etliche Ausbildungsverträge von bayerischen Jugendlichen im schwäbischen Ulm abgeschlossen worden sind. Möglicherweise resultiert dadurch ein größerer Ausbildungsgewinn als -verlust, wenn junge Ulmer in dem Nachbarland eine Ausbildung beginnen. Mangels der Kenntnis des Wohnortes der Auszubildenden – dieses Merkmal wird in der Berufsbildungsstatistik nicht erhoben – bleibt dies allerdings eine Vermutung. Die Tatsache, dass Ulm andererseits auch Universitätsstadt ist (hohe Akademikerdichte, die Universität als großer Arbeitgeber) und damit junge »Ulmer« mit höheren Schulabschlüssen eher eine Hochschulausbildung anstreben würden, verstärkt die Annahme, dass der Ausbildungsort Ulm eine überaus starke Anziehungskraft hinsichtlich seiner Ausbildungsmöglichkeiten auf das Umland ausübt.

35 % aller neuen Ausbildungsverträge mit Hauptschulabgängern abgeschlossen

Im Verlauf des Jahres 2007 wurden 28 329 neue Verträge in dualen Ausbildungsberufen von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss abgeschlossen. Das waren 35 % aller 81 011 Neuverträge. Besonders hoch war der Anteil im Handwerk: Hier hatten 59 % aller 23 211 Beginner einer Ausbildung den Hauptschulabschluss.

Unter den zahlenmäßig bedeutenderen Berufsgruppen wiesen die Fleischer, die Maler und Lackierer, die Maschinen- und Anlagenführer, die Reinigungs- und Entsorgungsberufe sowie die Berufe im Hochbau und im Tiefbau mit Werten von über 70 % die höchsten Anteile an Hauptschulabsolventen auf.

Im größten Ausbildungsbereich »Industrie und Handel« lag der Anteil der Auszubildenden mit Hauptschulabschluss dagegen unter dem des Handwerks. Hier überwog die Zahl der neuen Lehrlinge, die einen Realschulabschluss (oder gleichwertigen Abschluss) bzw. die Hochschulreife erreicht hatten.

Der Realschulabschluss ist der Schulabschluss, mit dem die meisten Berufsanfänger einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben. 2007 waren dies knapp 36 000 junge Menschen (44 %). In den letzten 10 Jahren hat sich dieser Anteil – gemessen an den jeweiligen Neuabschlüssen – erhöht. Besonders in den Elektroberufen (66 %), den Berufen des Gesundheitsdienstes (über 62 %) sowie in der Berufsgruppe Büroberufe, Kaufmännische Angestellte (knapp über 60 %) sind vorrangig Auszubildende mit einem Realschulabschluss anzutreffen.

Etwa 12 100 (15 %) Auszubildende begannen 2007 mit einer Hochschul- bzw. Fachhochschulreife ihre Ausbildung. Im Jahr 2002 waren es knapp 10 % der neuen Ausbildungsverträge, seither wächst der Anteil von den »Azubis mit Abi« stetig. Besonders im Berufsbereich Dienstleistungsberufe und ganz besonders in dem Wirtschaftszweig Kredit- und Versicherungsgewerbe. In diesem Wirtschaftszweig hat jeder Zweite einen Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss.

Von den 2007 neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen hatten in Baden-Württemberg nur 1 750 Jugendliche, die keinen Hauptschulabschluss aufweisen konnten, eine Ausbildung angetreten; das sind 2,2 % aller Neuabschlüsse.

Traditionelle Ausbildungsberufe sind nach wie vor die Favoriten

Der Großteil der Jugendlichen hat sich wieder für einen traditionellen Ausbildungsberuf entschieden. Nach wie vor ist die geschlechtsspezifische Wahl der Ausbildung sehr ausgeprägt. Die »Jungs« wählen hauptsächlich handwerkliche und gewerblich-technische Berufe und die »Mädchen« fast ausschließlich kaufmännische und andere Dienstleistungsberufe.

Von den insgesamt 33 895 weiblichen Lehrlingen konzentrierten sich 55,6 % auf einen Ausbildungsberuf der unter den 10 häufigsten Ausbildungsberufen zu finden war. Bei den 20 beliebtesten Ausbildungsberufen sind es sogar über 73 %. Mit einem Anteil von 8 % liegt die »Kauffrau im Einzelhandel« mit Abstand an der Spitze der weiblichen Beliebtheitsskala des Jahres 2007. Es folgt die »Industriekauffrau« (7 %) und der Beruf der »Medizinischen Fachangestellten« mit (6 % Neuabschlüsse).

Demgegenüber schließen nur 36,2 % der männlichen Bewerber einen neuen Ausbildungsvertrag in den 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufen ab. Der »Industriemechaniker« mit einem Anteil von 6,9 % steht an erster Stelle. An zweiter bzw. dritter Stelle folgen der »Kraftfahrzeugmechatroniker« mit knapp 6 % neu abgeschlossener Verträge und der »Kaufmann im Einzelhandel« mit 4 % Neuverträgen.

Fast jeder zehnte neue Lehrling hat einen ausländischen Pass

Im Jahr 2007 haben in Baden-Württemberg 7 471 Jugendliche mit ausländischem Pass eine Lehre in einem anerkannten Ausbildungsberuf begonnen. Dies entspricht einem Anteil von gut 9 % an allen Neuabschlüssen. Die meisten dieser ausländischen Berufsanfänger haben als letzten Schulabschluss den Hauptschulabschluss erreicht, fast ein Drittel hatte den Realschulabschluss in der Tasche und fast jeder Zwölfte die Hochschulreife. Nur wenige haben ohne Schulabschluss eine Ausbildung im dualen Ausbildungssystem, der klassischen Lehre, begonnen.

Ergebnisse der Erhebung 2007 zeigen, dass ausländische Jugendliche vor allem in den Dienstleistungsberufen (4 336) und im Fertigungsbereich (3 055) eine Lehre beginnen. In den Bereichen land- und tierwirtschaftlichen und in den technischen Berufen sind sie mit einem Anteil von 2 bzw. knapp 4 % unterrepräsentiert: Nur 31 ausländische Berufsanfänger begannen im Landwirtschaftsbereich – vorwiegend in den Gartenbauberufen – und 49 in den Technischen Berufen – hier meist Technische Zeichner – eine Lehre.

Bei den Dienstleistungsberufen hatte ein Drittel der ausländischen Lehrlinge einen Realschulabschluss als Einstiegsqualifikation aufzuweisen, fast die Hälfte besaß den Hauptschulabschluss und über 11 % hatten die Hochschulreife erreicht. Vor allem in den Bereichen der kaufmännischen Angestellten (57 %), der Warenkaufleute (49 %) und in den Gesundheitsdienstberufen (43 %) – und hier vor allem bei den medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten – war der Realschulabschluss die Einstiegsqualifikation. Hauptschüler sind dagegen vor allem in der Berufsgruppe des Nachrichtenverkehrs (69 %), bei den Dienst- und Wachberufen (72 %), in den Berufen der Körperpflege (74 %) und im Reinigungs- und Entsorgungsgewerbe (68 %) Einsteiger in eine berufliche Ausbildung. Die Abiturienten sind, wie ihre deutschen Kollegen auch, vorwiegend im Bankenbereich (52 %), bei den Rechnungskaufleuten/Informatikern (über 46 %) und den Berufen der Unternehmensberatung (37 %) vertreten.

Ohne Schulabschluss oder mit einem im Ausland erworbenen Abschluss haben nur wenige ausländische Jugendliche den Weg in eine Berufsausbildung beschritten; ohne Abschluss lediglich knapp 4 % und mit einem im Ausland erworbenen Abschluss etwas mehr als 5 %. Vorwiegend bei den haus- und ernährungswissenschaftlichen Berufen und im Montagebereich – jeder Vierte der 98 Neuen hatte hier keinen schulischen Abschluss – weist die Statistik Ausländer ohne Schulabschluss bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen aus.

Ziel: »Jedem ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz«

Der Aufwärtstrend seit 2006 macht Hoffnung, dass in Zeiten von Wirtschaftswachstum und damit verbundener guter Konjunktur parallel auch der Ausbildungsmarkt weiter mitwächst. Prognosen aus den Wirtschaftsbereichen »Industrie und Handel« und »Handwerk« weisen für das Jahr 2008 in diese Richtung; erste vorläufige Zahlen dieser Bereiche deuten auf eine Zunahme der Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen wie im Jahr 2007 hin. Diese Vorausrechnungen datieren allerdings vom Frühherbst 2008, also vor der eingetretenen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich möglicherweise auch auf den Ausbildungsmarkt ausgewirkt hat bzw. 2009 noch auswirken wird. Es bleibt daher abzuwarten, welche Daten die Berufsbildungsstatistik für 2008 ausweisen wird und ob man sich dem gesteckten Ziel, einer Versorgung aller Schulabgänger mit einer Lehrstelle, nähern konnte.