:: 4/2009

Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge in Baden-Württemberg 2007

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 14 400 Ausbildungsverhältnisse vorzeitig gelöst. Das war immerhin ein Sechstel der 81 011 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge des Jahres 2007 und fast 7 % aller 209 590 Ausbildungsverhältnisse in unserem Bundesland. Der folgende Beitrag stellt dar, in welchen Ausbildungsbereichen und in welchen Berufsbereichen/-gruppen die meisten Ausbildungsverhältnisse vorzeitig gelöst wurden. Er beantwortet zum Beispiel die Frage, ob Verträge mit Ausländern häufiger als mit Deutschen von vorzeitigen Lösungen betroffen waren. Zudem wird darauf eingegangen, inwieweit die schulische Vorbildung einen maßgeblichen Einfluss auf die Vertragslösung genommen hat. So lag der Anteil der vorzeitigen Lösungen von Auszubildenden, die mit Hauptschulabschluss eine Berufsausbildung 2007 begonnen hatten, bezogen auf die entsprechenden Neuabschlüsse des Jahres 2007 bei fast 26 %. Ob Bewerber von bestimmten Ausbildungsberufen überzogene oder gar falsche Vorstellungen von dem realen Berufsbild hatten und sich sogenannte Traumberufe im Nachhinein als körperlich anstrengende »Knochenjobs« herausgestellt haben und deshalb wieder aufgelöst wurden, kann von der Berufsbildungsstatistik nicht beantwortet werden, da die Gründe für Vertragslösungen nicht erhoben werden. Auch fehlt die Information, auf wessen Initiative – auf die des Auszubildenden oder auf die des Ausbildungsbetriebs – die Lösung zustande gekommen ist.

Dienstleistungsberufe waren am ehesten von vorzeitigen Vertragslösungen betroffen

Die meisten Lösungen von Ausbildungsverträgen in den Ausbildungsbereichen Industrie und Handel, Handwerk und in den Freien Berufen wurden 2007 im Berufsbereich Dienstleistungsberufe gezählt (8 031 oder 56 %), gefolgt von den Fertigungsberufen mit 6 051 Vertragslösungen (42 %). In den restlichen Berufsbereichen waren die insgesamt 318 Lösungen (2,2 %) bei den Berufen in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau, der Bergleute und Mineralgewinnern und den Technischen Berufen relativ unbedeutend.

Insgesamt 5 508 junge Frauen – mehr als zwei Drittel der Lösungen in den Dienstleistungsberufen – lösten das Ausbildungsverhältnis vorzeitig. Dies ist insoweit nicht verwunderlich, da die meisten Berufe im Dienstleistungsbereich eher als »frauentypisch« gelten, wie zum Beispiel das Friseurhandwerk. Nur 581 der insgesamt 4 967 Auszubildenden in diesem Beruf waren männlich. In den eher »männertypischen« Fertigungsberufen war der Frauenanteil mit 754 Lösungen (13 %) dagegen sehr viel geringer. Noch ausgeprägter stellt sich das ungleiche Geschlechterverhältnis im Ausbildungsbereich Freie Berufe bei den medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten dar; hier waren im Jahr 2007 von insgesamt 8 440 Auszubildenden nur 41 männlich, bei den Tierarzthelfern/-innen und den Rechtsanwalts- und Notarangestellten gab es überhaupt keine männlichen Auszubildenden.

In den Dienstleistungsberufen lagen vor allem folgende Berufsgruppen bei der vorzeitigen Lösung von Ausbildungsverhältnissen vorne:

Verkaufspersonal:1 502
Berufe der Groß- und Einzelhandelskaufleute:1 458
Büroberufe:1 247
Hotel- und Gaststättenberufe:1 139
Berufe in der Körperpflege:755
Übrige Gesundheitsdienstberufe:475

Bei den restlichen Berufsgruppen lagen die Zahlen der vorzeitigen Lösungen im kleinen 3- oder im 2-stelligen Bereich und werden im Folgenden nicht näher betrachtet.

Der Ausbildungsbereich Handwerk wies die höchste Lösungsquote auf

Der gesamte Sektor, in dem in Baden-Württemberg junge Menschen in einem anerkannten Ausbildungsberuf ausgebildet werden, erstreckt sich auf insgesamt sechs Ausbildungsbereiche. Neben den bereits genannten drei großen Bereichen – Industrie und Handel, Handwerk und Freie Berufe – wurde noch im Bereich Landwirtschaft (4 362 Auszubildende), Hauswirtschaft (1 752 meist weibliche Lehrlinge) und im Öffentlichen Dienst (6 082 Auszubildende als Fachkräfte oder Fachangestellte) ausgebildet. Im letztgenannten Bereich wurden im Jahr 2007 insgesamt nur 168 Ausbildungsverhältnisse, also nur etwa 1 % aller vorzeitigen Vertragslösungen vor Abschluss der Lehrzeit und ohne Prüfung gelöst. Wegen der relativ kleinen Summen werden auch diese Bereiche im Folgenden vernachlässigt.

Im größten Ausbildungsbereich Industrie und Handel wurden 2007 insgesamt 7 877 Ausbildungsverhältnisse vorzeitig gelöst. Das waren mehr als die Hälfte der 14 400 Lösungen insgesamt. Im Verhältnis zu den 47 979 Neuabschlüssen lag die Lösungsquote jedoch nur bei etwas mehr als 16 %. Dabei betrafen 46 % der Vertragslösungen weibliche Auszubildende, dies lag 4 Prozentpunkte über ihrem Anteil an den Neuabschlüssen (42 %).

Im Handwerk gab es insgesamt 5 498 vorzeitige Lösungen, 38 % aller vorzeitigen Lösungen im Jahr 2007. Bezogen auf die 23 211 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge entsprach dies einer Lösungsquote von fast 24 %, also deutlich mehr als im Ausbildungsbereich Industrie und Handel. Der Anteil der Vertragslösungen mit Frauen betrug hier fast 35 %.

In den meisten Fertigungsberufen schwankten die Quoten zwischen etwa 6 % und knapp 13 %. Ausnahmen sind hier nur die Berufsgruppen der Fleischer/-innen mit 119 Lösungen (3,2 %) und der Hochbauberufe mit 157 vorzeitigen Lösungen (4,2 %). In den Dienstleistungsberufen (1 767 vorzeitige Lösungen oder eine Quote von etwas über 32 %; siehe i-Punkt, vereinfachtes Rechenmodell) traten vor allem die Berufsgruppen des Verkaufspersonals (745 vorzeitige Lösungen) und die Berufe in der Körperpflege (747 Lösungen) hervor.

Bei den Freien Berufen, dem drittgrößten Ausbildungsbereich, wurden insgesamt 769 vorzeitige Lösungen gemeldet. Dies waren etwa 5 % aller vorzeitigen Lösungen im Jahr 2007. Bezogen auf die 5 498 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge entsprach dies einer Lösungsquote von knapp 14 %, dies war 2007 die geringste Lösungsquote in den drei wichtigsten Ausbildungsbereichen.

Traumberuf Koch?

In ausgewählten Berufsgruppen – hier wurden nur Gruppen gewählt, die mehr als 100 Lösungen aufweisen – fielen im Fertigungsbereich von Industrie und Handel die Köche/-innen mit 907 vorzeitigen Lösungen besonders auf. Gilt hier möglicherweise die eingangs erwähnte Vermutung von einer falschen Vorstellung eines Berufsbildes, das – möglicherweise beeinflusst durch die Vielzahl von Kochsendungen mit Spitzenköchen im Fernsehen – den Eindruck erwecken mag, dass dieser Traumberuf nur aus haute cuisine und nicht aus harter Arbeit besteht? Der Berufsalltag eines Auszubildenden in dieser Berufsgruppe weicht jedoch möglicherweise erheblich von den dort geweckten Erwartungen ab, sodass hierin ein Grund zur vorzeitigen Lösung des Ausbildungsverhältnisses liegen könnte.

Bei den Dienstleistungsberufen, die weit mehr als zwei Drittel aller vorzeitigen Lösungen im Industrie- und Handelsbereich ausmachten (5 358 von 7 877 vorzeitigen Lösungen), rangierten die Groß- und Einzelhandelskaufleute (27 %), Hotel- und Gaststättenberufe (21 %), Büroberufe (17 %) und das Verkaufspersonal mit 14 % im Vorderfeld.

Vorzeitige Lösungen meist im 1. Ausbildungsjahr

Im Jahr 2007 wurden 9 293 Ausbildungsverhältnisse bereits im 1. Ausbildungsjahr wieder gelöst. Auffällig hohe Lösungsquoten in der Probezeit (in der Regel 4 Monate) waren im Fertigungsbereich vor allem in den Berufsgruppen der Holzbearbeitung (57 %) zu verzeichnen und im Dienstleistungsbereich in den Berufsgruppen Berufe des Landverkehrs (60 %) und den Haus- und ernährungswirtschaftlichen Berufen mit 63 % festzustellen.

In Industrie und Handel endeten 2 963 Ausbildungsverhältnisse (knapp 38 %) bereits in der Probezeit. Dabei blieben die Berufsbereiche der Fertigungsberufe und der Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau unter der Drittelgrenze, während die Bereiche der Technischen Berufe und die der Dienstleistungsberufe knapp unter 40 bzw. knapp über 40 % lagen. Mit über 45 % lagen die Hotel- und Gaststättenberufe weit über dem Durchschnitt.

Im Handwerk wurde bei 1 882 Ausbildungsverhältnissen (etwas über 34 %) die Probezeit nicht beendet, wobei die Berufsbereiche der Fertigungsberufe (33 %) und die Dienstleistungsberufe (37 %) in etwa dem Durchschnitt entsprachen, die Technischen Berufe mit 27 % jedoch unter diesem Wert lagen. Keine »Ausreißer« gab es beispielsweise auch in den Berufsgruppen Verkaufspersonal (35 %) und in den Büroberufen (36 %), die im Ausbildungsbereich Industrie und Handel noch wesentlich überdurchschnittlich viele Lösungen aufwiesen. Lediglich die Fahr-, Flugzeugbau- und -wartungsberufe mit 40 % sowie die Berufe in der Körperpflege mit knapp 42 % lagen über dem Durchschnitt.

Lösungen im Bereich Freie Berufe beschränkten sich ausnahmslos auf den Berufsbereich der Dienstleistungsberufe und hier vor allem auf die Berufsgruppe der übrigen Gesundheitsdienstberufe mit 475 (etwas über 62 %) vorzeitigen Lösungen. Ausbildungsverhältnisse mit Ausländern wurden häufiger gelöst

Knapp 10 % aller neuen Ausbildungsverhältnisse wurden 2007 mit Ausländern abgeschlossen – ihr Anteil an den vorzeitigen Lösungen lag jedoch bei fast 12 %.

2007 wurden 1 656 Ausbildungsverträge mit Ausländern vorzeitig gelöst. Dementsprechend ergab sich eine Lösungsquote von 22,2 %. Diese lag bei den deutschen Auszubildenden bei 17,3 %. Auffällig ist, dass Lösungen mit Ausländern in der Probezeit (30,5 %) und in den ersten beiden Lehrjahren anteilsmäßig unter denen der Lösungen von deutschen Auszubildenden lagen (Probezeit: 36,7 %), jedoch ab dem 3. Lehrjahr dann überproportional – 16 % gegenüber 10,6 % ihrer deutschen Kolleginnen und Kollegen – zunahmen.

Auszubildende mit Hauptschulabschluss eher von vorzeitigen Lösungen betroffen

Im Jahr 2007 wurden 28 329 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen, bei denen der höchste erreichte Schulabschluss der neuen Auszubildenden der Hauptschulabschluss war. Den Realschulabschluss hatten 35 985 Auszubildende und 12 102 die Hochschul- bzw. Fachhochschulreife. Bei 2 845 Neuabschlüssen wurden die Schulabschlüsse im Ausland erworben oder waren nicht zuordenbar, 1 750 hatten keinen Hauptschulabschluss. In über 2 600 Fällen fehlten hierzu Angaben der berichtspflichtigen Stellen.

Bei den vorzeitigen Lösungen über die drei ausgewählten Ausbildungsbereiche hinweg stellte sich die prozentuale Verteilung wie folgt dar:

Gelöst über alle Ausbildungsbereiche wurden

mit Hauptschulabschluss 7 22850,2 %
mit Realschulabschluss 4 78833,3 %
mit Hoch-/Fachhochschulreife 1 2438,7 %
ohne Hauptschulabschluss 4383,0 %

Gemessen an den Neuabschlüssen mit dem jeweiligen Schulabschluss waren dies Lösungen

mit Hauptschulabschluss25,5 %
mit Realschulabschluss13,3 %
mit Hoch-/Fachhochschulreife10,3 %
ohne Hauptschulabschluss25,0 %

Wer mit oder ohne Hauptschulabschluss eine Lehre beginnt, hat folglich ein deutlich höheres Risiko, dass das Lehrverhältnis vorzeitig gelöst und eventuell nicht erfolgreich beendet wird als Realschulabgänger oder gar Abiturienten.

Fazit

Fasst man die Erkenntnisse der Auswertungen aus der Berufsbildungsstatistik 2007 zusammen, fallen bei der Betrachtung der vorzeitig gelösten Ausbildungsverhältnisse vor allem folgende Punkte auf:

  • Die Lösungsquote 2007 (Schichtenmodell) von 17,3 % aller Ausbildungsbereiche lag um einen Prozentpunkt über dem Vorjahr (16,3 %).
  • Die Lösungsquoten (vereinfachte Berechnungsmethode) in den einzelnen Ausbildungsbereichen schwankten zwischen 14 % (Freie Berufe), 16 % in Industrie und Handel und fast 24 % im Handwerk.
  • Die meisten Ausbildungsverträge wurden mit Auszubildenden mit Hauptschulabschluss vorzeitig gelöst (50 %), mit Realschul- oder gleichwertigem Abschluss waren es über 33 %, mit Hoch-/Fachhochschulreife fast 9 % und ohne Hauptschulabschluss 3 %. Gemessen an den Neuabschlüssen mit jeweiligem Schulabschluss lagen diejenigen mit und ohne Hauptschulabschluss mit 25 % weit vor den übrigen allgemeinbildenden Schulabschlüssen.
  • Die anteilsmäßig meisten Ausbildungsverträge wurden im Handwerk mit über 68 % mit Auszubildenden mit Hauptschulabschluss gelöst, Lösungen mit Hoch-/Fachhochschulreife waren anteilsmäßig hauptsächlich bei den Freien Berufen zu finden (14 %).
  • Der durchschnittliche Anteil der vorzeitigen Lösungen in der Probezeit an der Gesamtzahl der Lösungen lag bei fast 37 %. Weit über diesem Schnitt lagen vor allem Berufsgruppen haus- und ernährungswirtschaftlicher Berufe mit über zwei Dritteln der Lösungen in der Probezeit (63 %) und der Holzverarbeitung (über 57 %).
  • Die Lösungsquote von Ausbildungsverträgen mit Ausländern (22,2 %) übertraf die bei deutschen Auszubildenden (17,3 %) um rund 5 Prozentpunkte. Auffällig ist allerdings, dass Ausländer weit weniger Vertragslösungen in der Probezeit aufwiesen (30,5 %) als ihre deutschen Kollegen (36,7 %).