:: 8/2009

Unternehmensregister Baden-Württemberg: Der Umstellungsprozess auf die Wirtschaftszweigklassifikation WZ 2008

Aufgrund geänderter wirtschaftlicher Zusammenhänge wurde es notwendig, die zur Beschreibung der unternehmerischen Aktivitäten verwendeten Wirtschaftszweigklassifikationen auf europäischer Ebene grundsätzlich zu überarbeiten. Die dabei entstandene neue NACE Rev. 2 wurde so abgestimmt, dass auch die weiteren überarbeiteten Wirtschaftssystematiken mit berücksichtigt werden konnten. Für Deutschland wurde eine aus der NACE Rev. 2 abgeleitete nationale Fassung der Wirtschaftszweigklassifikation erarbeitet, die unter der Bezeichnung »Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008)« die bisherige Systematik ablöst.1 Im Laufe des Jahres 2008 erfolgte bundesweit die Einführung und Umstellung für alle betroffenen Einheiten im statistischen Unternehmensregister nach einem innerhalb der deutschen amtlichen Statistik abgestimmten Verfahren. Daneben wurde die neue Klassifikation auch in der Steuer- und Arbeitsverwaltung eingeführt.

Im nachfolgenden Beitrag wird der Ablauf dieses Prozesses der Umstellung im Einzelnen dargestellt.

Eine neue Wirtschaftszweigsystematik mit geänderten Strukturen

Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Nicht nur Veränderungen in den Produktionstechniken und den technologischen Entwicklungen, sondern auch Erweiterungen der Produktions- und Dienstleistungsangebote wirken sich aus. Diese Veränderungen führten dazu, dass die mit der Zuordnung der Unternehmen zu den Wirtschaftszweigen der bisherigen NACE Rev. 1.1 verbundenen Auswertungen aus dem Unternehmensregister zunehmend unschärfer wurden, was die Abbildung der wirtschaftlichen Aktivitäten in Unternehmen und Betrieben anbetraf. Auch Vergleiche auf nationaler und internationaler Ebene waren davon berührt.

Nach außen hin am deutlichsten sichtbar sind die strukturellen Veränderungen, die nach Einführung der WZ 2008 zu Verschiebungen innerhalb der Wirtschaftszweige führen.2 Nicht nur dass sich die Anzahl der Wirtschaftsabschnitte von 17 auf 21 vergrößert hat, auch die Abteilungen haben sich von 66 auf 88 erhöht. Gegenüber der WZ 2003 stieg die Anzahl der Wirtschaftsgruppen von 222 auf 272 und die der Wirtschaftsklassen von 513 auf 615. Ganz weggefallen sind hingegen die bisher gebräuchlichen Unterabschnitte. Die Anzahl der nationalen Unterklassen (5-Steller) wurde von 1 041 auf 838 reduziert.

So umfassen beispielsweise neu hinzugekommene Abschnitte mit dem Buchstaben J alle Wirtschaftszweige zu »Information und Kommunikation«, im Abschnitt M wird die »Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« und im Abschnitt N wird die »Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen« zusammengefasst. Alle wirtschaftlichen Tätigkeiten mit Bezug zu »Kunst, Unterhaltung und Erholung« werden schließlich im Abschnitt R dargestellt.

Verfahren zur Bestimmung der neuen WZ

Um die beabsichtigte Umstellung einheitlich und effizient zu gestalten, wurde die Vorgehensweise frühzeitig auf Bundesebene abgestimmt. Für die umfangreichen Arbeitsvorgänge unterstützten spezielle Programme eine einheitliche Bearbeitung der fraglichen Fälle.

Zunächst kam im Februar 2008 ein Programm zur maschinellen Umstellung zur Anwendung, mit dessen Hilfe allen Registereinheiten eine neue Schlüsselnummer für den Wirtschaftszweig nach der WZ 2008 auf Basis der bisherigen Klassifikation 2003 zugewiesen wurde. Da es aber eine Reihe von Wirtschaftszweigen gibt, für die aufgrund veränderter Abgrenzungen der einzelnen Wirtschaftszweige keine eindeutige Zuordnung erfolgen konnte, hatten bereits im Vorfeld Experten eine der möglichen Ausprägungen schwerpunktmäßig als die jeweils wahrscheinlichste festgelegt. Bundesweit waren von etwa 4,4 Mill. Einheiten ca. 1,7 Mill. mehrdeutig, das heißt hier sollte bei der maschinellen Umschlüsselung nur ein vorläufiger »Schwerpunkt« zugewiesen werden.

In Baden-Württemberg konnten von knapp 528 000 Unternehmen und Betrieben fast 233 000 nicht eindeutig zugeordnet werden (siehe Schaubild). Diese Fälle wurden im Unternehmensregister zusätzlich entsprechend der bundesweiten Vorgaben maschinell markiert (siehe i-Punkt). Sie erhielten damit sowohl eine vorläufige Zuordnung als auch einen eindeutigen Hinweis für eine spätere Überprüfung. Nach dieser maschinellen Umstellung waren alle einbezogenen Registereinheiten mit einer neuen zulässigen Wirtschaftszweignummer nach der Klassifikation WZ 2008 versehen.

Insgesamt gesehen haben nicht alle Registereinheiten von ihrem »wirtschaftlichen Gewicht« her – gemessen am Umsatz bzw. an der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – die gleiche Bedeutung. Mittels eines weiteren maschinellen Verfahrens wurden diejenigen Einheiten mit einem vorläufigen Schlüssel (000w2) markiert, die aufgrund ihres besonderen Gewichts zuerst geklärt werden sollten oder die von einem eventuellen Wechsel der Wirtschaftsabteilung bei der Umstellung von der WZ 2003 auf die WZ 2008 betroffen waren. Auch in diesen Fällen erfolgte eine automatische Kennzeichnung mit einem speziellen Statistikschlüssel (000x2). Diese besonderen Unternehmen und Betriebe repräsentierten in ihrem Wirtschaftszweig zusammen 80 % am Umsatz oder 80 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Sie sollten einer genaueren Überprüfung noch im Jahr 2008 unterzogen werden. Für die übrigen mehrdeutigen Einheiten war vorgesehen, die korrekte Zuordnung je nach Kapazität in den Statistischen Landesämtern zu einem späteren Zeitpunkt zu überprüfen. Für Baden-Württemberg lag die Zahl dieser vordringlich zu klärenden Einheiten bei 97 000.

Die Umstellungsarbeiten auf die neue Wirtschaftszweigsystematik erfolgten im Unternehmensregister Baden-Württemberg zentral für alle Einheiten. Die Fachstatistiken waren beteiligt und bearbeiteten ihre Erhebungseinheiten überwiegend selbstständig. Im Verarbeitenden Gewerbe erfolgte die Umstellung der Einheiten in Erhebungen gegen Ende des Jahres mit dem Schwerpunktbestimmungsverfahren. Auch die Überprüfung der Converter3 war Ende 2008 abgeschlossen.

Befragung nach der wirtschaftlichen Haupttätigkeit bei 92 000 Unternehmen und Betrieben

Ein Teil der Arbeiten zur Klärung der richtigen Zuordnung nach der WZ 2008 bei den nicht eindeutig zuordenbaren Fällen erfolgte im Laufe des Frühjahrs 2008 bereits durch manuelle Recherchen von speziell geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich des Unternehmensregisters sowie in den Fachbereichen. Hilfen bei der Recherchearbeit boten das elektronische Handelsregister, einige spezielle Firmendatenbanken und auch das Internet. Auf diese Weise konnte bereits vor Beginn der schriftlichen Befragung die Zuordnung zur WZ 2008 bei rund 55 000 Einheiten geklärt werden. Dadurch wurden Kapazitäten frei, um weitere Unternehmen und Betriebe in die folgende Befragung einzubeziehen, zum Beispiel Einheiten, die für die bevorstehenden Stichprobenziehungen der Handels- und Gastgewerbestatistik oder der Dienstleistungsstatistik besonders wichtig waren.

Bei der schriftlichen Befragung der nicht eindeutig umgeschlüsselten Unternehmen und Betriebe wurde auf das Erhebungsmanagementsystem EMSy zurückgegriffen, das beim Landesamt Sachsen gehostet und von Baden-Württemberg genutzt werden konnte. Damit konnten die Angaben zu den angeschriebenen Einheiten nicht nur gepflegt werden, sondern eingehende Informationen und von Bearbeitern gesetzte Kennungen konnten – nach entsprechenden Prüfungen – direkt in elektronischer Form ins Unternehmensregister übernommen werden.

Insgesamt wurden in Baden-Württemberg 92 000 Einheiten in eine schriftliche Befragung einbezogen. Der Druck und Versand sowie der Eingang des elektronischen Rücklaufs fand in Sachsen (Online-Meldungen, Faxe) statt. Alle Fragebögen waren vorab so adressiert, dass der postalische Rücklauf in Baden-Württemberg einging. Da jeder Erhebungsbogen die mögliche Wirtschaftstätigkeit nach dem damaligen Kenntnisstand im Klartext der WZ 2008 enthielt, konnte ein Befragter üblicherweise zwischen wenigen »Alternativen« durch einfaches Ankreuzen auswählen. Sollte keiner der Vorschläge zutreffen, boten freie Felder die Möglichkeit einer textlichen Beschreibung der wirtschaftlichen Haupttätigkeit. Von telefonischen Rückfragen über eine eigens eingerichtete Hotline und von Nachfragen per E-Mail wurde reger Gebrauch gemacht. Auch auf der Internetseite des Statistischen Landesamtes konnten Informationen zur Wirtschaftszweigumstellung abgerufen werden. Die für die Umstellung erforderlichen Arbeiten konnten nur mithilfe von zusätzlichem Personal und dem außerordentlichen Einsatz der Registermitarbeiterinnen und -mitarbeiter organisiert und bewältigt werden.

Der Versand der Erhebungsbelege fand in zwei Wellen am 17. April und am 14. Oktober 2008 statt. Insgesamt kamen rund 82 000 Antworten zurück (1 000 davon waren allerdings unbekannt verzogen), knapp 10 000 Unternehmen und Betriebe meldeten sich trotz Erinnerungsschreiben nicht. Von den letztlich verwertbaren Eingängen (81 000) erfolgten 57 000 oder 70 % per Post oder Fax und 30 % der Angeschriebenen wählten das Internet für ihre Meldung.

Insgesamt 140 000 Zuordnungen wurden 2008 geklärt

Neben der Befragung wurde weiterhin auch durch manuelle Recherche nach eindeutigen Zuordnungen gesucht. Ende 2008 ergab sich folgender Stand der Umstellungsarbeiten. Waren ursprünglich 233 000 Unternehmen und Betrieben mit dem Qualitätskennzeichen 3 markiert (als Zeichen für eine vorläufige mehrdeutige Zuordnung), so blieben am Ende des Jahres noch 93 000 Einheiten mit diesem Status übrig. Insgesamt konnten somit durch manuelle Recherche, schriftliche Befragung und durch die Umstellungsarbeiten in den statistischen Fachbereichen 140 000 oder 60 % der unklaren Zuordnungen überprüft und zugeordnet werden. Durch die Konzentration der Klärungsarbeit im Laufe des Jahres 2008 auf die je Wirtschaftszweig »wichtigen« Einheiten im Unternehmensregister repräsentierten die 140 000 geklärten Fälle insgesamt – bezogen auf den Umsatz und die Beschäftigten – jeweils deutlich mehr als 90 % der ursprünglich unklaren Fälle (233 000).

In der Tabelle weist das Qualitätskennzeichen 2 darauf hin, dass in 89 000 Fällen die maschinelle Schwerpunktsetzung zu einem korrekten Ergebnis geführt hatte: die vorläufige Umschlüsselung wurde damit bestätigt. Durch das Qualitätskennzeichen 9 wird hingegen deutlich, dass in 42 000 Fällen der maschinell gesetzte Wirtschaftszweig nach Überprüfung durch einen anderen, korrekten neuen nach der WZ 2008 ersetzt werden musste.

Für die zukünftige Arbeit entscheidend ist weiterhin das Qualitätskennzeichen 3, das aussagt, dass die vorläufige Zuordnung für diese Einheit noch zu überprüfen ist. Dies trifft auf die genannten 93 000 Unternehmen und Betriebe in Baden-Württemberg zu. Sie stellen zwar 40 % der noch zu klärenden Fälle dar, aber nur knapp 18 % des Bestandes bei Beginn der Umstellungsarbeiten. Ende 2008 wurde diesen Unternehmen und Betrieben maschinell verfeinerte Wirtschaftszweigzuordnungen zugespielt, die anhand der Strukturen der Daten von bereits umgestellten Einheiten ermittelt wurden. Damit konnten zwar keine korrekten Zuordnungen nach manuellen Recherchen ersetzt werden, doch für die bevorstehenden statistischen Auswertungen wurde zumindest eine größere Annäherung an die Realität erreicht.

Auch wenn es sich bei den noch zu prüfenden Unternehmen und Betrieben überwiegend um kleinere Einheiten mit geringem Umsatz oder nur einem Beschäftigten handelt, ist damit der Rahmen für weitere Überprüfungen – ob durch schriftliche Befragungen oder durch Abgleiche mit administrativen Dateien – gesteckt.

1 NACE: Nomenclature générale des Aktivités économiques des Communautés Europeénnes – Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft – NACE Rev. 2, die mit der Verordnung (EG) Nr. 1893/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2008 (ABl EG Nr. L393 S. 1) veröffentlicht wurde.

2 Vgl. Kössler, Richard: »WZ 2008: Die neue Ordnung der wirtschaftsstatistischen Welt«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 08/2009«, (Zitierweise: Wirtschaftsstatistische Welt).

3 Wirtschaftsstatistische Welt S. 26.