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Die Energiebilanz 2007 für Baden-Württemberg

Die Energiebilanz für Baden-Württemberg gibt einen Überblick über die im Land eingesetzten Energieträger sowie über die Verwendung bzw. den Verbrauch der angebotenen Energie. Die wichtigsten Primärenergieträger sind in Baden-Württemberg Mineralöl, Kernenergie, Erdgas und Steinkohle. Auch erneuerbare Energien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Primär- und Endenergieverbrauch sank im Jahr 2007 deutlich. Insbesondere der Verbrauch von Mineralölen ging zurück. Sowohl von Haushalten und sonstigen Kleinverbrauchern als auch im Verkehrssektor wurde weniger Energie verbraucht. Dabei sank der Verbrauch von Heizöl drastisch. In der Industrie ist der Energieverbrauch hingegen konjunkturbedingt gestiegen.

Eine kontinuierliche und sichere Energieversorgung ist von zentraler Bedeutung für das Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten und die Erkenntnis, dass die Reduzierung von Treibhausgasemissionen notwendig ist, haben ebenso wie die Einsicht über die Endlichkeit von Ressourcen zu einem Bedeutungsgewinn von Energie- und Umweltpolitik geführt. Umso mehr sind diese Politikbereiche auf belastbare und kontinuierliche Daten zum Energieverbrauch angewiesen, wie sie die Energiebilanz bietet. Auch den mit der Energie- und Umweltforschung befassten wissenschaftlichen Instituten dient die Energiebilanz als eine wesentliche statistische Datenbasis für Analysen und Prognosen. Ebenso wäre den internationalen Berichtspflichten, wie beispielsweise im Rahmen der internationalen Klimarahmenkonvention, ohne Energiebilanzen als Grundlage für die Ermittlung von CO2-Emissionen nicht nachzukommen.

In Baden-Württemberg wird die Energiebilanz jährlich vom Statistischen Landesamt in 3 Maßeinheiten1 erstellt und veröffentlicht. Sie liegt gegenwärtig für die Zeit ab 1965 bis einschließlich 2007 vor2. Seit dem Bilanzjahr 1995 erfolgt die Bilanzierung nach einer im Länderarbeitskreis Energiebilanzen3 abgestimmten, verbindlichen Methodik. Überwiegende Datenbasis sind die amtlichen Energiestatistiken. Ergänzend werden Ergebnisse aus nicht amtlichen Statistiken einbezogen. Die Energiebilanz gliedert sich in die Teilbilanzen Primärenergiebilanz (mit Ausweisung des Primärenergieverbrauchs), Umwandlungsbilanz und Endenergieverbrauch.

Verbrauch an Primärenergie 2007 zurückgegangen

Der Anteil Baden-Württembergs am Primärenergieverbrauch Deutschlands beträgt circa 11 %, zum Vergleich: der Bevölkerungsanteil beträgt etwa 13 %. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Primärenergie lag in Baden-Württemberg 2007 mit 149 Gigajoule4 pro Einwohner wieder deutlich niedriger als in Deutschland insgesamt (172 Gigajoule). Auf den ersten Blick könnte man nun bereits auf eine besonders sparsame Energieverwendung im Land schließen. Wesentliche Einflussfaktoren für den Primärenergieverbrauch stellen neben der Bevölkerungszahl jedoch die Wirtschaftsstruktur und der klimatisch bedingte Heizenergiebedarf dar. Auch die Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise dürfte eine immer wichtiger werdende Rolle – insbesondere für die zukünftige Verteilung der Energieträger – spielen5.

Die Energiebilanz zeigt für 2007 einen Primärenergieverbrauch in Baden-Württemberg von rund 1 601 892 Terajoule. Dieser Wert lag um 5,9 % unter dem des Vorjahres. Der stärkste Rückgang zeigte sich beim Verbrauch von Mineralölen mit einem Minus von 13,6 %. Auch der Verbrauch von Steinkohle, Kernenergie und Erdgas ging zurück. Der Beitrag der erneuerbaren Energien zum Primärenergieverbrauch stieg dagegen um 10,3 % und erreichte rund 138 862 Terajoule.

Vergleicht man die um den Temperatureffekt bereinigten Mengen von 2006 und 2007, dann ergibt sich für den Primärenergieverbrauch in Baden-Württemberg ein etwas abgeschwächter Rückgang von 4,5 %. Verbrauchsmindernd wirkten neben den milden Temperaturen also auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die im Verlauf des Jahres gestiegenen Energiepreise. Einen gegenläufigen Einfluss dürfte die konjunkturelle Belebung genommen haben. Gegenüber dem Vorjahr stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 2007 um 3,2 %.

Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch steigt auf 8,7 %

Die Zusammensetzung des Primärenergieverbrauchs nach Energieträgern hat sich gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig verändert. Nach wie vor ist in Baden-Württemberg das Mineralöl mit 32,7 % der Energieträger mit dem größten Anteil. Gegenüber früheren Jahren hat er allerdings etwas an Gewicht verloren. Im Jahr 2003 betrug er noch 37,0 % und 1997 – also 10 Jahre zuvor – 43,0 %. Auch die Kernenergie – seit Ende der 80er-Jahre der zweitgrößte Energieträger beim Primärenergieverbrauch – ist etwas rückläufig. Ihr Anteil lag 2007 bei 24,1 % während es 2004 noch 25,6 % waren. Eine Ursache hierfür ist die Stilllegung des Kernkraftwerks Obrigheim im Jahr 2005. Von Bedeutung sind neben Mineralöl und Kernenergie vor allem Erdgas (18,5 %) und Steinkohle (12,5 %). Während sich der Anteil von Steinkohle als relativ stabil erweist, nimmt die Bedeutung von Erdgas weiterhin zu. Der Beitrag der erneuerbaren Energien zum Primärenergieverbrauch stieg in den letzten Jahren besonders kräftig an. So hat sich ihr Anteil seit 2003 fast verdoppelt und zwar von 4,4 % auf 8,7 %. Verantwortlich hierfür sind vor allem die Zuwächse im Bereich der Biomasse, zu der neben Holz und Pflanzenöle beispielsweise auch der regenerative Anteil des Hausmülls zählt.

Im Vergleich zu Deutschland fällt hinsichtlich der Struktur des Primärenergieverbrauchs in Baden-Württemberg vor allem der auf Bundesebene weitaus geringere Kernenergieanteil von 10,9 % auf. Während Braunkohle in Baden-Württemberg kaum eingesetzt wird, nimmt diese in Deutschland einen Anteil von 11,4 % am Primärenergieverbrauch ein. Vergleichbar sind hingegen die jeweiligen Gewichte von Mineralöl, Steinkohle und den erneuerbaren Energieträgern.

66 % der Primärenergie steht als Endenergie zur Verfügung

Die meisten Energieträger lassen sich in der Form, wie sie als Primärenergie erfasst werden, nicht vom Endverbraucher verwenden. Sie müssen daher zunächst in eine nutzbare Form umgewandelt werden. Beispielsweise werden in Raffinerien aus Rohöl verschiedene Mineralölprodukte wie Benzin, Diesel oder leichtes Heizöl hergestellt. Die Energieversorger setzen in ihren großen Kraftwerken Energieträger wie Steinkohle oder schweres Heizöl zur Elektrizitätserzeugung ein. In der Energiebilanz werden diese Umformungen in der Umwandlungsbilanz dargestellt. Vom Primärenergieverbrauch in Baden-Württemberg entfielen 2007 etwa 85,4 % auf den Einsatz im Umwandlungsbereich. Mehr als die Hälfte der Energie wurde für die Strom und Wärmeerzeugung eingesetzt, der übrige Teil im Raffineriesektor (46,6%).

Nach Berücksichtigung des Verbrauchs in den Umwandlungsbereichen und dem nichtenergetischen Verbrauch von Energieträgern, zum Beispiel als Rohstoff für die Herstellung von Kunststoff, verbleiben in Baden-Württemberg im Jahr 2007 insgesamt 1 062 989 Terajoule für den Endenergieverbrauch. Dies entspricht 66 % der Primärenergie.

Erst diese Endenergie wird beim Verbraucher unter weiteren Verlusten in Nutzenergie (wie beispielsweise Licht und Wärme) umgewandelt. In der Energiebilanz wird der Endenergieverbrauch nach den folgenden Verbrauchergruppen unterteilt:

  • Verarbeitendes Gewerbe, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau (nachfolgend als »Industrie« bezeichnet), unterteilt in die verschiedenen Wirtschaftszweige
  • Verkehr, aufgegliedert nach Schienenverkehr, Straßenverkehr, Luftverkehr sowie Küsten- und Binnenschifffahrt
  • Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und übrige Verbraucher (nachfolgend als »Haushalte und sonstige Kleinverbraucher« bezeichnet)

Heizölverbrauch der Haushalte und sonstigen Kleinverbraucher drastisch gesunken

Der Endenergieverbrauch im Land ging im Jahr 2007 gegenüber 2006 um 7,1 % zurück. Insbesondere die Haushalte und sonstigen Kleinverbraucher nahmen deutlich weniger Energie (– 14,8 %) in Anspruch. Ausschlaggebend war der niedrige Verbrauch von leichtem Heizöl, der in dieser Verbrauchergruppe um 41,3 % zurückging. Für diesen drastischen Verbrauchsrückgang dürften neben den milden Temperaturen im Jahr 2007 vor allem die zu Beginn der Heizperiode gestiegenen Heizölpreise verantwortlich gewesen sein6. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Haushalte verstärkt auf die Bestände in ihren Heizöltanks zurückgegriffen haben und aufgrund der gestiegenen Preise nicht oder geringere Mengen als üblich nachtankten.

Vergleichsweise niedrig fiel 2007 auch der Anteil der Haushalte und sonstigen Kleinverbraucher am gesamten Endenergieverbrauch aus. So betrug er nur noch 46,5 % gegenüber 50,7 % im Vorjahr. Etwa ein Drittel des Endenergieverbrauchs der Haushalte und sonstigen Kleinverbraucher im Land wird durch Erdgas gedeckt. Strom nimmt einen Anteil von 30,2 % ein, während auf Heizöl im Jahr 2007 nur 19,9 % entfielen. Auch hier wird der ungewöhnlich starke Verbrauchsrückgang sichtbar: 2006 lag der Wert für Heizöl noch bei 28,9 %. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch dieser Verbrauchergruppe beträgt 5,6 %, wobei hier die Biomasse überwiegt. Die Fernwärme nimmt am Endenergieverbrauch der Haushalte 7,3 % ein, die restlichen 2,9 % entfielen auf Flüssiggas, Diesel- und Ottokraftstoffe.

Die Industrie Baden-Württembergs verbrauchte 2007 insgesamt 254 297 Terajoule. Dies sind 3,0 % mehr als im Vorjahr und entspricht fast einem Viertel des Endenergieverbrauchs im Land. Der Endenergieverbrauch der Industrie verteilt sich im Wesentlichen auf Strom (43,0 %) und Erdgas (30,4 %). Mineralöle spielen mit 9,2 % eine vergleichsweise geringe Rolle. Der Anteil erneuerbarer Energien lag bei 5,4 %.

Im Bereich Verkehr wurde 0,8 % weniger Energie aufgewandt als 2006. Der Anteil des Verkehrs am Endenergieverbrauch lag mit 29,6 % etwas über dem Vorjahreswert.

Ausblick

Der Energieverbrauch im Jahr 2007 unterlag sowohl verbrauchsfördernden als auch verbrauchssenkenden Einflüssen. Eher ungewöhnlich war der extreme Rückgang beim Absatz vom leichten Heizöl. Ursache hierfür war die Kaufzurückhaltung vieler Verbraucher aufgrund steigender Preise im Jahresverlauf. Im Jahr 2008 dürften die Verbraucher jedoch aufgrund geleerter Heizöltanks und den im Vergleich zum Vorjahr kühleren Temperaturen zum Nachfüllen gezwungen gewesen sein. Eine Zunahme bei Mineralölverbrauch ist somit zu erwarten. Allerdings dürfte vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise zum Ende des Jahres 2008 der Verbrauch im industriellen Bereich zumindest leicht zurückgegangen sein. Auch das sehr hohe Energiepreisniveau könnte die Verbraucher zu einem sparsameren Umgang mit Energie und zu einer effizienteren Energienutzung angehalten haben. Die Energiebilanz 2008, deren Veröffentlichung für die zweite Jahreshälfte 2010 vorgesehen ist, wird Aufschluss über die weitere Entwicklung des Energieverbrauchs in Baden-Württemberg geben.

1 In spezifischen Mengeneinheiten und – um die verschiedenen Energieträger vergleichen zu können – in den Maßeinheiten Terajoule (Tera = 1012) und Steinkohleeinheiten (SKE).

2 Energiebilanzen

3 Dem Länderarbeitskreis Energiebilanzen (LAK) gehören die für die Energiewirtschaft zuständigen Ministerien der Bundesländer sowie die Statistischen Landesämter an, soweit diese mit der Erstellung der Energiebilanz beauftragt sind; außerdem Vertreter wirtschaftswissenschaftlicher Institute, die in einigen Bundesländern die Energiebilanz erarbeiten. Hauptaufgabe des LAK ist die Koordinierung der Bilanzerstellung in den Bundesländern.

4 1 000 Gigajoule = 1 Terajoule, entspricht dem Heizwert von 34 Tonnen Steinkohleneinheiten oder 277 778 Kilowattstunden.

5 Als aussagekräftiger Indikator für die Effizienz einer Volkswirtschaft im Umgang mit den Energieressourcen gilt die Energieproduktivität. Einen Bundesländervergleich finden Sie hier.

6 Die Sondertabelle für Energie zum Verbraucherpreisindex ist im Internetangebot des Statistischen Landesamtes abrufbar.