:: 2/2010

Das Liegenschaftskataster – Datenquelle der Flächenerhebung

Der verantwortungsvolle Umgang mit Grund und Boden ist immer wieder Thema und Gegenstand der politischen Diskussion. Der Bogen spannt sich ausgehend von der großen internationalen Politik, dem Bundestag und den Länderparlamenten bis hin zu den vor Ort für die Raumordnung verantwortlichen Gremien: die Gemeinde- und Stadträte. Die Diskussionen werden häufig kontrovers und nicht selten emotional geführt. Denn Grund und Boden ist als knappes Gut nur begrenzt verfügbar. Werden vormals naturnahe Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke umgewidmet, ist dies nur sehr schwer und unter hohem Kostenaufwand rückgängig zu machen. Und doch hat die Bevölkerung den Wunsch und auch den Anspruch auf eine adäquate Versorgung mit Wohnraum, Freizeiteinrichtungen und weitere Versorgungsinfrastruktur. Gewerbe und Industrie, Handel und Dienstleistungen brauchen Flächen als Grundlage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Dem stehen oft erhebliche Auswirkungen beispielsweise auf die biologische Vielfalt, die Naherholungsfunktion und die landwirtschaftliche Nutzbarkeit gegenüber.

Zahlen zu diesem Themenkreis liefert insbesondere die »Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung«. Was steckt hinter dieser Erhebung, aus welchen Quellen speist sie sich, wie belastbar sind die Zahlen? Diese und ähnliche Fragen werden im folgenden Beitrag behandelt.

Datengrundlage für die Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung (kurz: Flächenerhebung) ist das amtliche Liegenschaftskataster, in dem alle Flurstücke des Landes lückenlos registriert sind.1 Der Schwerpunkt des Katasters liegt auf der geometrischen Erfassung der Flurstücke ergänzt um Angaben unter anderem zur tatsächlichen Nutzung.

In Baden-Württemberg sind die staatlichen Vermessungsämter der Landkreise und die städtischen Vermessungsdienststellen für die Führung des Liegenschaftskatasters zuständig. Des Weiteren sind die Flurbereinigungsverwaltungen der Landkreise und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure berechtigt, Katastervermessungen durchzuführen.

Vermessung und Genauigkeit

Die Landesfläche wird, seitdem das Vermessungswesen seinen festen Platz in der Verwaltung hat, als Flächensumme sämtlicher Flurstücke des Landes berechnet. Dazu mussten beginnend in der Mitte des 19. Jahrhunderts rund 9 Millionen Flurstücke erfasst werden.

Die eigentliche Flächenberechnung erfolgte im halbgrafischen Verfahren. Hierbei wurde ein Flurstück in einfache geometrische Formen wie Drei- und Vierecke untergliedert und dann die Teilflächen berechnet. Schon damals durften bei der Vermessung der Flurstücksgrenzen gewisse Fehlergrenzen nicht überschritten werden. Das heißt die Differenz zwischen der eigentlichen Vermessung und der vorgeschriebenen Kontrollmessung durfte einen bestimmten Wert nicht überschreiten. Dieser Wert variierte zwischen wenigen Zentimetern im Siedlungsbereich und einigen Dezimetern in schwierigem Gelände. Mit den heutzutage verfügbaren Vermessungsgeräten und der Flächenberechnung aus Koordinaten sind deutlich höhere Genauigkeiten und damit engere Fehlergrenzen erreichbar. Bei der Neuvermessung von Flurstücken kann es deshalb zu rechnerischen Flächenänderungen kommen, die sich in der Summe bis hin zur Landesfläche bemerkbar machen können.2

Die im Kataster nachgewiesene Nutzung eines Flurstücks orientiert sich an der Nutzung der Bodenfläche3. Nutzungen über oder unter der Erde (Brücken, Tunnel, …) werden nicht gesondert nachgewiesen. Entscheidend für die Zuordnung zu einem bestimmten Merkmal ist die Hauptnutzung. So steht beispielsweise auf einem Flurstück mit der Nutzungsart »130 Gebäude- und Freifläche Wohnen – GFW« auf jeden Fall ein Wohngebäude. Neben dem eigentlichen Wohnhaus (Whs) können sich auf diesem Flurstück aber noch weitere (Neben-)Gebäude wie Schuppen (Sch) und Garage sowie Fußwege, Hofflächen, Zier- und Nutzgärten, etc. befinden.

Wann finden Nutzungsänderungen ihren Niederschlag im Kataster?

Generalverkehrsplan, Regionalplan und Flächennutzungsplan sind planerische Vorstufen künftiger Entwicklungen. Teilweise enthalten sie mehrere Varianten zum Beispiel für die Trassierung einer Ortsumfahrung. Im Kataster werden im Allgemeinen realisierte Nutzungsänderungen, nicht aber Planungen berücksichtigt. Planungen finden höchstens ausnahmsweise ihren Niederschlag in der Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung. In Einzelfällen wie dem geplanten Kernkraftwerk am Rhein bei Wyhl, in denen ein Bauvorhaben letztendlich doch nicht realisiert wurde, musste die im Liegenschaftskataster bereits eingetragene Nutzungsänderung wieder rückgängig gemacht werden.

Grundsätzlich werden Neuvermessungen nur auf Antrag durchgeführt; sie sind kostenpflichtig. Gleiches gilt für die bloße Eintragung von Nutzungsänderungen im Kataster. Voraussetzung für eine Neuvermessung ist ein berechtigtes Interesse beim Antragsteller (zum Beispiel Grundstückseigentümer, Nachbar). Feldbegehungen, das heißt die Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort, mit dem Ziel der flächendeckenden Aktualisierung der Nutzungsarten finden nicht statt. Andererseits gibt es bestimmte Meldeautomatismen, etwa bei der Planfeststellung im Verkehrswegebau, der Baulandumlegung oder einem Bauantrag.

Zwischen der Nutzungsänderung vor Ort und dem Eintrag ins Kataster vergeht zwangsläufig Zeit, abhängig unter anderem vom Auftragsbestand bei der Vermessungsverwaltung und der Art der Nutzungsänderung. Eine einfache Flurstücksteilung kann innerhalb weniger Tage bearbeitet und ins Kataster übernommen werden. Anders bei größeren Vorhaben: So werden bei einer Baulandumlegung die Flurstücke meist neu eingeteilt, Leitungen verlegt und Straßen gebaut. Dann erst erfolgt die eigentliche Katastervermessung mit dem Setzen der neuen Grenzmarken. Bei klarer Abgrenzung der Flurstücke und eindeutiger Zuordnung der zukünftigen Nutzung (zum Beispiel Wohnbebauung) wird nach der Abmarkung sofort in das endgültige Merkmal gebucht. Ist die künftige Nutzung oder der endgültige Flurstückszuschnitt dagegen noch offen, werden die Baugrundstücke zunächst der Position »1/2 Gebäude- und Freifläche nicht weiter untergliedert« zugeordnet. Später, wenn ein Großteil der Gebäude errichtet ist und die Nutzung feststeht, erfolgt die Gebäudeaufnahme en bloc mit der endgültigen Merkmalszuordnung (zum Beispiel »130 Gebäude- und Freifläche Wohnen«).

Flurbereinigungsverfahren sind Sonderfälle. Bei vereinfachten Verfahren werden lediglich die verstreut liegenden Flurstücke eines Eigentümers auf dem Wege des Flächentausches mit anderen Beteiligten zu größeren Einheiten zusammengefasst. Eine Nutzungsänderung ist damit in der Regel nicht verbunden; in der Flächenbilanz einer Gemarkung oder Gemeinde wird sich die Umlegung nicht niederschlagen.

Werden im Rahmen einer Flurbereinigung das Wege- und Gewässernetz neu gestaltet, Biotope und Grünstreifen neu angelegt oder Flächen insgesamt einer anderen Nutzung zugeführt, kann sich der Bau über längere Zeit erstrecken und die Abschlussvermessung auch erst nach mehreren Jahre erfolgen. Besonders augenfällig wird dies im Zusammenhang mit größeren Bauvorhaben, etwa bei Ortsumfahrungen, dem Neubau von Fernstraßen und Schnellbahnstrecken.

Ein ganz anderes Problem stellt die Nutzungsänderung im Bestand für die Aktualität und Richtigkeit des Liegenschaftskatasters dar. Typisches Beispiel hierfür sind landwirtschaftliche Anwesen, die im Zuge des Strukturwandels die landwirtschaftliche Produktion aufgegeben haben. Damit dürfte die Hofstelle eigentlich nicht mehr unter dem Nutzungsartenschlüssel »270 Gebäude- und Freifläche Land- und Forstwirtschaft«, sondern angesichts der geänderten Hauptnutzung ggf. unter »130 Gebäude- und Freifläche Wohnen« oder ähnlichem verbucht werden. Dass diese Nutzungsänderung nur auf dem Antragsweg Eingang ins Kataster findet und dann noch gebührenpflichtig ist, steht der von der Sache her gewünschten Aktualisierung häufig entgegen. Diese Praxis führt dazu, dass die Gebäude- und Freifläche Land- und Forstwirtschaft tendenziell nicht ab-, sondern sogar zunimmt. Und zwar dann, wenn ein Betrieb aussiedelt oder im Außenbereich neue Produktionsanlagen errichtet werden.

Änderungen in der Katasterführung und deren Auswirkungen auf die Flächenerhebung

Zu Beginn der Liegenschaftsvermessung wurden alle Unterlagen manuell auf Papier geführt. Neben den Vermessungsakten waren dies die Flur- und Lagebücher für den beschreibenden Teil und die Flurkarten für den geometrisch-kartografischen Teil. 1979 galt es nun, diese Unterlagen im Hinblick auf die durch die amtliche Statistik neu einzurichtende Flächenerhebung auszuwerten. Angesichts der immensen Anzahl von rund 9 Millionen Flurstücken versuchte die Vermessungsverwaltung so rationell wie möglich vorzugehen. Die Flächen wurden, wo immer möglich, in größeren homogenen Einheiten aus Flurkarten ausgemessen. Die Zuordnung zu einer bestimmten Hauptnutzung (100er-Positionen) war unproblematisch, da diese Hauptnutzungen in der Flurkarte in der Regel eindeutig erkennbar sind. Die im AdV-Nutzungsartenkatalog4 aufgeführten Unternutzungen sind aber anhand der Kartografie nicht mehr eindeutig unterscheidbar.5 In diesem Fall wurden deren Flächenanteile vielfach geschätzt.

Mitte der 90er-Jahre wurde das Kataster schließlich auf EDV-Verfahren umgestellt. Dabei wurde das Buchwerk in das ALB (Automatisiertes Liegenschaftsbuch) und das Kartenwerk in die ALK (Automatisierte Liegenschaftskarte) überführt. Für die Flächenerhebung hatte das einschneidende Konsequenzen. Denn nach Einführung des ALB konnte die Nutzung flurstücksscharf nachgewiesen werden. Die Gemeindedaten für die Flächenerhebung wurden jetzt durch Summation der Flurstücksangaben ermittelt. In der Folge ergaben sich aufgrund dieser methodischen Änderung rechnerische Unterschiede (allein bei der »Gebäude- und Freifläche Wohnen« landesweit ein Minus um mehrere 10 000 Hektar), die nichts mit tatsächlichen Nutzungsänderungen vor Ort zu tun hatten.6 In der Konsequenz sind die Daten der Flächenerhebung damit erst ab 1996 voll vergleichbar.

Die nächste Änderung im Katasterwesen steht bevor, denn in den kommenden Jahren werden die bisher getrennten Dateisysteme ALB und ALK in ALKIS (Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem) zusammengefasst. Von der Umstellung auf ALKIS werden in Baden-Württemberg nur wenige Unternutzungen7 betroffen sein. So wird die Berechnung des Hauptindikators für den Flächenverbrauch, die Siedlungs- und Verkehrsfläche, kaum tangiert.

Der Weg vom Kataster bis zu statistischen Ergebnissen

Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (vormals: Landesvermessungsamt) übermittelt am Jahresanfang für die Flächenerhebung eine Datei mit Summensätzen für alle Gemarkungen des Landes; das heißt für jedes Merkmal des AdV-Nutzungsartenkatalogs liegt dann die zugehörige Gemarkungsflächensumme zum Stand 31. Dezember des Vorjahres als Grundlage für die statistische Aufbereitung vor.

Dieses automatisierte Verfahren ist für alle Beteiligten mit vergleichsweise geringem Aufwand und Kosten verbunden. Ein Nachteil aller sekundärstatistischen Auswertungen ist jedoch, dass das Datenmaterial primär für andere Zwecke angelegt wurde und nicht immer befriedigende Antworten auf statistische Fragestellungen geben kann. Obwohl der Meinungsaustausch zwischen Statistik und Vermessungsverwaltung reibungslos vonstattengeht, kann die Statistik auf die Datenqualität und damit die Aussagekraft der Erhebung nur sehr beschränkt Einfluss nehmen.

Die Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung liefert Grundlageninformationen zur Bodennutzung, insbesondere für raumordnungs- und umweltrelevante Entscheidungen auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene. Wichtigste Kenngröße hierbei ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche, die sich aus

  • der Gebäude- und Freifläche,
  • der Betriebsfläche (ohne Abbauland),
  • der Erholungsfläche,
  • der Verkehrsfläche und
  • der Friedhofsfläche

zusammensetzt. Ist am Ende einer Beobachtungsperiode die Siedlungs- und Verkehrsfläche einer Gemeinde, eines Kreises, einer Region, eines Bundeslandes größer als zu Beginn, drückt der Saldo den jeweiligen Flächenverbrauch, also die Flächenumwidmung aus.

Berechnung des Flächenverbrauchs in Baden-Württemberg 2008 (in Hektar = ha):

Siedlungs- und Verkehrsfläche zum Stand 31. Dezember 2008500 386 ha
– Siedlungs- und Verkehrsfläche zum Stand 31. Dezember 2007497 385 ha
= Flächenverbrauch 20083 001 ha
ergibt einen Flächenverbrauch pro Tag von8,2 ha

Da die Flächenerhebung sich nur auf Gemarkungssummensätze für jedes AdV-Merkmal aus dem Kataster stützen kann, ist lediglich ein Saldenvergleich und nicht eine echte Verlaufsanalyse auf Flurstücksbasis möglich, die Aussagekraft ist infolgedessen eingeschränkt. Bei entsprechender Gegenbuchung kann zum Beispiel die Umnutzung von ehemaliger Landwirtschaftsfläche (Abnahme) zu Gebäude- und Freifläche (Zunahme) erkannt werden. Sobald mehrere Nutzungsarten von Änderungen betroffen sind, kann ein eindeutiger Zusammenhang oftmals nicht mehr hergestellt werden. Mitunter ist eine Nutzungsänderung überhaupt nicht nachzuweisen. Und zwar dann, wenn die Nutzungsänderung innerhalb derselben Flächenkategorie erfolgt. Ein Beispiel sind Konversionsflächen, also ehemals militärisch genutzte Flächen. Kasernengelände wird im Kataster unter der Position »110 Gebäude- und Freifläche Öffentliche Zwecke« verbucht. Gleiches gilt für ein Krankenhaus, ein Universitätsgebäude oder kommunale Verwaltungsstellen. In Bezug auf den Flächenverbrauch ist eine derartige Umnutzung wertneutral.

Flächenverbrauch: mehr als Versiegelung

Flächenverbrauch kann vielfältige Ausprägungen haben. Klassisch in diesem Zusammenhang ist der Straßenbau oder die Erschließung neuer Wohngebiete. Aber auch eine neue Sportanlage oder ein Golfplatz sind Erscheinungsformen des Flächenverbrauchs. Entgegen der weit verbreiteten Vorstellung ist »Flächenverbrauch« folglich keineswegs mit »Versiegelung« gleichzusetzen, also dem teilweise oder vollständigen Abdichten offener Böden. Denn die Siedlungs- und Verkehrsfläche umfasst in erheblichem Umfang auch Grün- und Freiflächen. Neben der Sportanlage und dem Golfplatz beispielsweise auch die mit der Bebauung verbundenen Haus- bzw. Nutzgärten und das Straßenbegleitgrün.

Dennoch ist die Versiegelung ein gewichtiger Teil des Flächenverbrauchs, und zwar sowohl vom absoluten Umfang her als auch was die Auswirkungen auf die Umwelt anbelangt. Vonseiten der Raumordnung gibt es deshalb seit Längerem Bestrebungen, die Versiegelung nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zu beschreiben. Mangels vorliegender Originärdaten handelt es sich hierbei stets um Modellrechnungen, bei denen zunächst in räumlich eng begrenzten Feldversuchen die Versiegelungsanteile der einzelnen Flächennutzungskategorien ermittelt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden schließlich verallgemeinert und auf andere Gebietseinheiten übertragen. Im Rahmen der Umweltökonomischen Gesamtrechnung der Länder (UGRdL) hat man sich auf ein Schätzverfahren verständigt, das bundesweit die »Versiegelung innerhalb der Siedlungs- und Verkehrsfläche« auf Länderebene vergleichbar ermittelt.8 Die Berechnung beruht in ihrem Grundgedanken auf einer von Christian Singer entwickelten Methode,9 wobei den einzelnen Nutzungsarten der Flächenerhebung jeweils ein Versiegelungsanteil zugeordnet wird, der verdichtungsabhängig (bestimmt und berechnet als Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche der jeweiligen Regionaleinheit) variieren kann. Landesweit liegt der Anteil der versiegelten Fläche nach diesem Schätzverfahren bei knapp der Hälfte der Siedlungs- und Verkehrsfläche (ca. 230 000 ha oder 6,5 % der Landesfläche).

Will man die Ergebnisse vergangener Flächenerhebungen gleichermaßen mit diesem Schätzverfahren aufbereiten, zeigen sich erste Unschärfen, weil die Versiegelungsanteile als statische und nicht als dynamische Determinanten angelegt sind. Entwicklungen in der Flächennutzung, die aber zugegebenermaßen eher langfristiger Natur sind, werden somit nicht entsprechend berücksichtigt: etwa der Trend zu kleineren Baugrundstücken und verdichteter Bauweise (Reihenhäuser statt Einzelhäuser) oder die Nachverdichtung älterer Wohngebiete. Über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet, entwickeln sich auf Landesebene Flächenverbrauch und Versiegelung damit weitgehend parallel, Letztere allerdings auf deutlich niedrigerem Werteniveau.

Die Modellannahmen, die auf der Ebene der Bundesländer zu plausiblen Ergebnissen führen, müssen nicht zwangsläufig auch für die detaillierte regionale Betrachtung geeignet sein. Die Versiegelungsanteile derselben Nutzungsart können von Region zu Region, ja sogar von Gemeinde zu Gemeinde in Abhängigkeit von den spezifischen Bedingungen vor Ort stark differieren. Auf regionaler Ebene sind verlässliche Aussagen zur Versiegelung auf dieser Basis somit kaum möglich.

Fazit

Vordringlichste Aufgabe des Liegenschaftskatasters ist die buchmäßige Verwaltung der Flurstücke und die Bereitstellung der Geodaten. Dafür wurde es konzipiert, eingerichtet und stetig weiterentwickelt. Diese Originäraufgaben erfüllt das Liegenschaftskataster in anerkannt guter Qualität. »Unschärfen« zeigen sich bei einigen Fragestellungen der Flächennutzung, die von Nutzern an die amtliche Statistik herangetragen werden. Verbesserungen sind insbesondere im Hinblick auf die Aktualität des Katasters bei Nutzungsänderungen wünschenswert und zumindest in der Theorie möglich.

Die amtliche Statistik versucht ihrerseits über Modellrechnungen, wie das Beispiel Versiegelung zeigt, die Informationslücken zu schließen. Ergänzend dokumentieren methodische Erläuterungen Grenzen in der Analyse, um den Nutzern den verantwortlichen Umgang mit den Daten der Flächenerhebung zu ermöglichen. Ganz allgemein gilt, dass die Beeinträchtigung der Genauigkeit der statistischen Ergebnisse mit zunehmender Aggregation der Daten an Bedeutung verliert. Das gilt für die Merkmalsausprägungen, den Raumbezug sowie den Beobachtungszeitraum bei Verlaufsunteruntersuchungen gleichermaßen. Während beispielsweise auf Landesebene Jahreskennzahlen selbst für die 10er-Positionen wichtige Hinweise für die Raumordnungspolitik liefern kann, sollte der Fokus auf Gemeindeebene langfristig angelegt sein und auf übergeordnete Merkmale beschränkt bleiben.

Denn eines ist klar: Brauchbare Alternativen wie etwa die Auswertung von Luft- und Satellitenbildern, die mit vertretbarem Aufwand alle Anforderungen erfüllen könnten, sind nicht verfügbar und werden es in absehbarer Zeit auch nicht sein. Die amtliche Statistik trägt ihren Teil zu einer sachlichen Diskussion über Fragen der Flächennutzung bei. Was sie nicht kann, ist zu werten, welche Flächennutzung generell oder im Einzelfall wünschenswert ist und welche nicht. Denn Flächenverbrauch ist nicht nur ein quantitatives sondern auch ein qualitatives Phänomen. Das Für und Wider ist in den zuständigen Gremien abzuwägen.

1 Auch im Grundbuch werden Angaben zu Flurstücken gespeichert; allerdings nicht lückenlos. Der inhaltliche Schwerpunkt des Grundbuchs liegt im Nachweis des Eigentums und diverser Rechte (zum Beispiel Hypotheken). Über die eindeutige Lagebezeichnung (Gemeinde, Gemarkung, Gewann, Flurstücksnummer) sind alle buchungsfähigen Flurstücke des Grundbuchs mit dem Kataster verbunden.

2 Weitere Änderungen der Gebietsfläche beruhen auf Gebietstausch zwischen Gemeinden, auch über die Landesgrenzen hinweg.

3 Die einschlägigen Definitionen sind dem Verzeichnis der flächenbezogenen Nutzungsarten im Liegenschaftskataster und ihrer Begriffsbestimmungen der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) zu entnehmen. Damit sind zugleich die Merkmalsausprägungen der Flächenerhebung festgelegt.

4 Verzeichnis der flächenbezogenen Nutzungsarten im Liegenschaftskataster und ihrer Begriffsbestimmungen (Nutzungsartenverzeichnis) der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV), Stand 1991.

5 Beispielsweise »Gebäude- und Freifläche Wohnen« versus »Gebäude- und Freifläche Handel und Dienstleistungen« versus »Gebäude- und Freifläche Gewerbe und Industrie«; etc.

6 Vgl. Wöllper, Frank/Betzholz, Thomas: Flächenerhebung im Umbruch, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 9/1998, S. 413 ff.

7 So wird beispielsweise die Nutzungsart »Übungsgelände« nicht weiter geführt.

8 Vgl. Frie, Britta/Hensel, Ralph: Schätzverfahren zur Bodenversiegelung: UGRdL-Ansatz, in: Statistische Analysen und Studien Nordrhein-Westfalen, Band 44.

9 Singer, Christian: Stadtökologisch wertvolle Freiflächen in Nordrhein-Westfalen, ILS-Schrift-Nr. 96, Dortmund 1995.