:: 7/2010

Erste positive Signale auf dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg zeigte im 1. Quartal 2010 erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung. Als Frühindikator für die Gesamtbeschäftigung sendet die Zeitarbeitsbranche mit einem deutlichen Beschäftigungszuwachs im März 2010 gegenüber dem Vorjahr positive Signale aus. Darüber hinaus hat der Arbeitsplatzabbau im 1. Quartal 2010 an Tempo verloren. Gleichwohl bleibt abzuwarten, wann die konjunkturellen Impulse den Arbeitsmarkt nachhaltig beleben werden.

Zeitarbeitsbranche setzt positives Signal

Auf dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt gibt es erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung. Auswertungen der neuesten Ergebnisse der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass die Zahl der Leiharbeitnehmer1 erstmals seit 2 Jahren wieder gestiegen ist. Im März 2010 arbeiteten in Baden-Württemberg 65 400 der insgesamt rund 3,85 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche, 11 800 oder 22 % mehr als im gleichen Monat des Vorjahres. Gegenüber dem Vormonat erhöhte sich die Zahl der Leiharbeitnehmer bereits zum 3. Mal in Folge. Dabei war im März 2010 der Zuwachs der Zeitarbeitnehmer um 4 900 oder 8 % gegenüber dem Vormonat fast 3-mal so hoch wie im Januar (+ 1 700 bzw. + 3 %).

Im März 2010 fiel der prozentuale Zuwachs gegenüber dem Vorjahr bei den Leiharbeitnehmern in Baden-Württemberg stärker aus als im Bundesgebiet (+ 16 %). Ausschlaggebend hierfür ist die wirtschaftliche Erholung in der exportorientierten Industrie, die hierzulande sehr stark vertreten ist. In Baden-Württemberg arbeitete im März 2010 fast jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe (32 %), bundesweit waren es lediglich 23 %. Dabei lässt die Auswertung der Zeitarbeitsbranche nach den ausgeübten Berufen darauf schließen, dass die Mehrzahl der Zeitarbeitnehmer in der Industrie tätig ist.2 Zur Jahresmitte 2009 übten alleine 60 % oder 31 000 der in Baden-Württemberg tätigen Leiharbeitnehmer Fertigungsberufe aus, die vor allem in der Industrie gefragt sind.

Entwicklung in der Zeitarbeitsbranche als Frühindikator für die Gesamtbeschäftigung

Grundsätzlich stellt die Entwicklung der Beschäftigung in der Zeitarbeitsbranche einen Frühindikator für die Gesamtbeschäftigung dar, so dass die Zeitarbeitsbranche aktuell ein positives Signal für den baden-württembergischen Arbeitsmarkt insgesamt setzt. In der Anfangsphase eines konjunkturellen Aufschwungs werden zuerst Leiharbeitnehmer eingestellt, und in wirtschaftlichen Abschwungphasen sind die Beschäftigten der Zeitarbeitsbranche als erste vom Stellenabbau betroffen. So nahm in Baden-Württemberg die Beschäftigung in der Zeitarbeitsbranche in der letzten konjunkturellen Aufschwungphase bereits im Jahr 2005 und damit früher zu als in den übrigen Wirtschaftsbereichen. In der konjunkturellen Abschwungphase ging die Zahl der Zeitarbeitnehmer bereits ab der Jahresmitte 2008 gegenüber dem Vorjahr zurück. Auch hier folgte die Gesamtbeschäftigung der Entwicklung in der Zeitarbeitsbranche erst mit zeitlicher Verzögerung, wobei der Stellenabbau dank der Ausweitung der Kurzarbeit erst ein Jahr später einsetzte.

Im März 2010 war in der Zeitarbeitsbranche der Stellenzuwachs mit 22 % gegenüber dem Vorjahresmonat ähnlich hoch wie zu Beginn der letzten Aufschwungphase auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2006. Anders als vor 4 Jahren, als bereits im darauffolgenden Quartal die Gesamtbeschäftigung ebenfalls zunahm, ist aktuell nicht davon auszugehen, dass die Gesamtbeschäftigung so zeitnah wieder zunehmen wird. Eine positive Auswirkung auf die Gesamtbeschäftigung im Land setzt voraus, dass das vorhandene Personal bereits ausgelastet ist.

Stellenabbau im Land verliert an Tempo

Im 1. Quartal 2010 gab es in Baden-Württemberg insgesamt 5,52 Mill. Arbeitsplätze, 37 000 oder 0,7 % weniger als im vergleichbaren Vorjahresquartal. Aus den Auswertungen der aktuellsten Daten des Arbeitskreises »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« geht hervor, dass sich der seit 3 Quartalen zu beobachtende Stellenabbau im 1. Quartal 2010 zwar fortgesetzt hat. Das Tempo des Personalrückgangs hat sich jedoch erstmals verringert. Im Schlussquartal 2009 hatte der Stellenabbau gegenüber dem Vorjahresquartal noch fast 61 000 betragen (– 1,1 %). Baden-Württemberg war im 1. Quartal 2010 nach Bremen (– 1,0 %) sowie dem Saarland und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils – 0,8 %) bundesweit das Land mit dem viertstärksten Arbeitsplatzabbau. Im Durchschnitt aller Bundesländer ging die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem Vorjahresquartal um 107 000 oder 0,3 % auf 39,8 Mill. zurück. Gegenüber dem Vorquartal sank die Zahl der Erwerbstätigen im Südwesten um 71 000, ein Rückgang ist allerdings saisonal üblich und fiel aktuell weniger stark aus als zu Beginn des Jahres 2009 (– 95 000 Erwerbstätige).

In den meisten Wirtschaftsbereichen gab es leichte Anzeichen einer konjunkturellen Erholung. Insbesondere die Industrie profitierte im Zuge der Erholung der Weltkonjunktur allmählich von der verbesserten Auftragslage vornehmlich aus dem Ausland. Die Industrie war mit einem Abbau von 57 000 Arbeitsplätzen gegenüber dem Vorjahr zwar aktuell mit Abstand noch am stärksten vom Stellenabbau betroffen (– 3,2 %), die Bauindustrie meldete jedoch erstmals seit 2 ½ Jahren wieder ein leichtes Plus von fast 3 000 Arbeitsplätzen (+ 1,0 %), und im Verarbeitenden Gewerbe hat sich der Rückgang der Erwerbstätigenzahl auf 61 000 verringert (– 4,1 %). Im Schlussquartal 2009 hatte dieser im Vergleich zum Vorjahr noch 71 000 betragen (– 4,7 %).

Im Dienstleistungssektor entstanden im 1. Quartal 2010 gegenüber dem Vorjahresquartal per Saldo fast 20 000 neue Arbeitsplätze, die den Stellenabbau in der Industrie aber lediglich zu einem Drittel ausgleichen konnten. Insbesondere die öffentlichen und privaten Dienstleister erhöhten ihren Personalbestand um 29 000, was vor allem dem Gesundheitswesen zu verdanken war. Bei den Unternehmensdienstleistern verringerte sich der Stellenabbau gegenüber dem Vorjahr von 22 000 im Schlussquartal 2009 auf rund 3 000 im 1. Quartal 2010. Ausschlaggebend hierfür war – wie oben erwähnt – die Zeitarbeitsbranche, die im März 2010 erstmals seit 2 Jahren wieder mehr Personen beschäftigte als ein Jahr zuvor.

Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter gesunken

Auch auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg gab es Erholungstendenzen, die jedoch teilweise arbeitsmarktpolitisch bedingt waren. Im Juni 2010 waren im Land mit 266 000 Arbeitslosen 23 000 oder 8 % weniger Menschen arbeitslos gemeldet als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote betrug im Juni 2010 4,7 % und lag ab Mai 2010 zum 1. Mal seit Februar 2009 wieder unter der 5 %-Marke. Die Zahl der unterbeschäftigten Personen (ohne Kurzarbeit), die neben den Arbeitslosen auch Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie der beruflichen Wiedereingliederung, der beruflichen Weiterbildung, Arbeitsgelegenheiten sowie Gründungszuschüsse einbezieht, lag dagegen im Juni 2010 mit 368 000 lediglich um 3 % niedriger als ein Jahr zuvor.

Dauer und Stärke der konjunkturellen Impulse dürften derzeit noch nicht ausreichen, den Arbeitsmarkt nachhaltig zu beleben. Die bundesweit aufgelegten Programme zur Stützung der Konjunktur wie die Inanspruchnahme der Kurzarbeit haben Arbeitsplätze erhalten und einen stärkeren Arbeitsplatzabbau verhindert. Eine Ausweitung des Stammpersonals dürfte erst zu erwarten sein, wenn die vorhandenen Beschäftigungskapazitäten voll ausgelastet sind und sich der Konjunkturaufschwung hinreichend gefestigt hat. Die Entwicklung der Kurzarbeit deutet bereits auf eine verbesserte Auslastung des vorhandenen Personals hin. Im März fiel die Zahl der Kurzarbeiter erstmals wieder unter ihren Vorjahreswert. Es arbeiteten jedoch immer noch 144 000 Personen in rund 9 300 Betrieben im Südwesten aus konjunkturellen Gründen kurz.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsmarkt enthält die Internet-Veröffentlichung »Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg – Indikatoren zur Konjunktur und Struktur«, die vierteljährlich aktualisiert wird. Diese kann unter www.statistik-bw.de/ArbeitsmErwerb/arbeitsmarktBW/ abgerufen werden. In kompakten Kurzanalysen sowie anschaulichen Abbildungen und Tabellen sind wichtige Arbeitsmarktindikatoren für Baden-Württemberg, seine Regionen und alle Stadt- und Landkreise dargestellt.

1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Wirtschaftszweig »Befristete und sonstige Überlassung von Arbeitskräften« (Bereiche 78.2 + 78.3 gemäß der Wirtschaftszweigklassifikation WZ 2008).

2 Da die Leiharbeitskräfte ihre Arbeitsverträge mit den Zeitarbeitsfirmen abschließen, werden die Zeitarbeitnehmer unabhängig von ihrem tatsächlichen Einsatzort wirtschaftsfachlich dem Dienstleistungsbereich zugeordnet.