:: 9/2010

Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg

In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat in Sachen Berufstätigkeit von Frauen eine sehr dynamische Entwicklung stattgefunden. Die Zahl berufstätiger Frauen ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines massiv gestiegenen Angebots an Teilzeitarbeitsplätzen – stark gestiegen. Die junge Generation berufstätiger Frauen ist ihren männlichen Kollegen in Sachen Qualifikation dicht auf den Fersen und auch die Zahl weiblicher Führungskräfte ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Obwohl den Frauen mittlerweile alle Berufe offenstehen, zeigt sich nach wie vor das Bild der typischen »Männer- und Frauenberufe«. In technischen Berufen sind Frauen auch heute noch stark unterrepräsentiert. Nicht zuletzt die Diskrepanz bei den ausgeübten Berufen dürfte mit dazu beitragen, dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer.

Boom der Teilzeitarbeit

Im Jahr 2009 waren nach den Ergebnissen des Mikrozensus gut 5,3 Mill. Baden-Württemberger erwerbstätig1, davon rund 2,4 Mill. Frauen und knapp 2,9 Mill. Männer. Im Zeitraum von 1990 bis 2009 ist dabei die Zahl der berufstätigen Frauen um knapp 500 000 angestiegen, was einem stattlichen Zuwachs von rund 26 % entspricht. Die Zahl der erwerbstätigen Männer erhöhte sich im gleichen Zeitraum lediglich um gut 70 000, das heißt um knapp 3 %. Aufgrund der steigenden Zahl berufstätiger Frauen hat sich seit Anfang der 90er-Jahre der Frauenanteil an allen Erwerbstätigen von annähernd 41 % auf nunmehr knapp 46 % erhöht.

Die positive Bilanz bei der Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen und vor allem bei der Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit beruht besonders auf dem starken Anstieg der Teilzeitbeschäftigung. Nahezu 750 000 Teilzeitstellen2 kamen in Baden-Württemberg seit 1990 hinzu, das heißt, die Zahl der Teilzeitstellen hat sich in diesem Zeitraum fast verdoppelt. Die Zahl der Vollzeitstellen ist gegenüber 1990 um rund 4 % zurückgegangen. Teilzeit zu arbeiten ist auch heute noch eine weibliche Domäne, denn 2009 waren immerhin nahezu 82 % der rund 1,5 Mill. Teilzeiterwerbstätigen in Baden-Württemberg Frauen. Männer sind unter den Teilzeitkräften mit einem Anteil von gut 18 % nach wie vor in der Minderzahl, obwohl auch die Zahl der männlichen Teilzeitbeschäftigten gegenüber 1990 um mehr als 200 000 Personen (etwa 280 %) massiv zugenommen hat. Frauen dominieren dabei nicht nur unter den Teilzeitbeschäftigten, sondern sie haben auch den Großteil der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse3 in Baden-Württemberg inne.

Hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen in Baden-Württemberg

Die angewachsene Erwerbsbeteiligung der baden-württembergischen Frauen spiegelt sich auch im Anstieg der Erwerbstätigenquote (Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung)4 deutlich wider. So stieg der Anteil der erwerbstätigen Frauen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren an allen Frauen dieser Altersgruppe seit Anfang der 90er-Jahre deutlich von rund 59 % auf knapp 70 % im Jahr 2009 an. Der Trend bei den Männern verlief gegenläufig. Hier sank die Erwerbstätigenquote von annähernd 82 % auf jetzt gut 79 %. In Sachen Erwerbsbeteiligung von Frauen liegt Baden-Württemberg im Bundesländervergleich auf Platz 2 hinter Brandenburg (etwa 70 %) und deutlich über dem Bundesdurchschnitt von rund 66 %. Auch im EU-Vergleich (die Erwerbstätigenquote von Frauen in der EU-27 liegt bei knapp 59 %) weist Baden-Württemberg eine überdurchschnittliche Frauenerwerbsbeteiligung auf.

Berufliche Qualifikation: Junge Frauen holen auf

Vergleicht man die beruflichen Ausbildungsabschlüsse der berufstätigen Männer und Frauen in Baden-Württemberg insgesamt, so zeigt sich noch immer ein deutlicher Vorsprung der Männer. Es bestehen allerdings gute Chancen, dass sich dieser Unterschied im Zeitverlauf nivellieren wird. Denn die baden-württembergischen Frauen haben seit Beginn der 90er-Jahre spürbar aufgeholt. So hat sich der Anteil der berufstätigen Frauen ohne Berufsausbildung seit 1990 von rund 32 % auf knapp 22 % merklich reduziert. Der Anteil der Akademikerinnen wiederum hat sich in dieser Zeit von knapp 8 % auf gut 15 % nahezu verdoppelt.

Getragen wird diese Entwicklung vor allem von den jüngeren Frauen, die von den bildungspolitischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte offensichtlich zu profitieren wussten. So sind in der Altersgruppe der 30- bis unter 35-Jährigen die weiblichen Erwerbstätigen ihren männlichen Altersgenossen dicht auf den Fersen. Einen akademischen Ausbildungsabschluss und eine Meister-/ Technikerausbildung haben mittlerweile nahezu ebenso viele junge Frauen wie junge Männer. So besitzen gut 26 % der Männer und rund 25 % der jungen Frauen einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Einen Meister- bzw. Technikerabschluss können 11 % der jungen Männer und 10 % der Frauen vorweisen. Eine Lehrausbildung haben deutlich mehr junge Frauen als Männer abgeschlossen. Der Anteil an den Berufstätigen ohne berufliche Ausbildung ist bei Männern sogar etwas höher als bei den Frauen. Gut 11 % der erwerbstätigen Männer bzw. rund 10 % der Frauen im Alter von 30 bis unter 35 Jahren haben (noch) keinen Beruf erlernt.

Zahl der Frauen in Führungspositionen steigt

In Baden-Württemberg hat im Zeitraum zwischen 2000 und 2007 die Zahl der weiblichen Führungskräfte um fast 62 % zugenommen. Bei den männlichen Erwerbstätigen in Führungspositionen war ein Plus von knapp 16 % zu beobachten. Dennoch sind Frauen unter den Führungskräften noch immer unterrepräsentiert, was unter anderem auf die nach wie vor bestehenden Qualifikationsunterschiede zwischen berufstätigen Männern und Frauen zurückzuführen sein dürfte. In Baden-Württemberg übten im Jahr 2007 rund 189 000 Männer und knapp 52 000 Frauen eine Führungsposition aus. Somit liegt der Frauenanteil an allen Führungskräften in Baden-Württemberg bei rund 22 %, der Frauenanteil an allen Erwerbstätigen beträgt knapp 46 %.

Frauen und Männer konzentrieren sich auf unterschiedliche Berufe

Obwohl mittlerweile alle Berufe und Ausbildungen Männern und Frauen gleichermaßen offen stehen, zeigen sich bei der Berufsausübung noch immer unterschiedliche Schwerpunkte. Bei Frauen zeigt sich nach wie vor eine Konzentration auf einige wenige Berufsgruppen: So arbeiten 44 % der berufstätigen Baden-Württembergerinnen in nur vier Berufsgruppen, nämlich in den Büroberufen, den Gesundheitsberufen, den Berufen im Verkauf und in den sozialen Berufen. Bei den männlichen Erwerbstätigen zeigt sich hingegen eine viel stärke Verteilung auf die unterschiedlichen Berufsgruppen. Zudem rangieren hier andere Berufe auf den vorderen Plätzen, unter anderem Berufe in der Unternehmensleitung- und Beratung sowie technische Berufe wie Ingenieure, Architekten und Techniker. Zu den Berufen, die gleichzeitig unter den Top 10 der Männer- und der Frauenberufe zu finden sind, gehören die Büroberufe, Rechnungskaufleute und Informatiker, Lehrer sowie Berufe in der Unternehmensleitung und Beratung.

Wie die Rangliste der zehn häufigsten Frauenberufe in Baden-Württemberg außerdem zeigt, zählen technische Berufe nicht zu den Top 10 der Frauenberufe. Lediglich rund 3 % aller erwerbstätigen Baden-Württembergerinnen üben einen technischen Beruf5 aus gegenüber gut 12 % der Männer. Somit sind Frauen in technischen Berufen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Der Zeitvergleich zeigt, dass sich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren wenig verändert hat. Bereits zu Beginn der 90er-Jahre lag der Frauenanteil in den technischen Berufen mit rund 3 % auf dem heutigen Niveau.

Männer mit höheren Einkommen als Frauen

Aus dem Vergleich der monatlichen Nettoeinkommen von vollzeitbeschäftigten Männern und Frauen wird ersichtlich, dass Frauen selbst bei gleichen beruflichen Ausbildungsabschlüssen durchweg ein niedrigeres Nettoeinkommen haben als Männer. So hatten im Jahr 2009 nur gut 27 % der vollzeitbeschäftigten Akademikerinnen, aber rund 62 % ihrer männlichen Kollegen ein Nettoeinkommen von 2 600 Euro und mehr. Umgekehrt musste jede zehnte vollzeitbeschäftigte Frau mit abgeschlossener Lehre mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 900 Euro auskommen – eine Situation, von der nur gut 3 % ihrer männlichen Kollegen betroffen sind. Sogar von den Erwerbstätigen, die keine Berufsausbildung haben, verdienen Männer mehr als Frauen. So befanden sich von den männlichen Vollzeitbeschäftigten ohne berufliche Ausbildung immerhin noch gut 5 % in der Einkommensklasse 2 600 Euro und mehr, von den Frauen lediglich 0,6 %.

Die Ursachen für die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen dürften unter anderem auf familiär bedingten Ausfallzeiten beruhen. Diese führen dazu, dass Frauen im Durchschnitt weniger Berufsjahre vorzuweisen haben als männliche Kollegen und damit auch weniger verdienen. Auch die noch immer weit verbreitete geschlechtsspezifische Berufswahl führt, bei formal gleicher beruflicher Qualifikation, zu Einkommensunterschieden. So sind viele »typisch weibliche« Berufe oftmals schlechter bezahlt als sogenannte »Männerberufe«. Darüber hinaus gibt es auch branchenspezifische Einkommensunterschiede, wobei Frauen häufiger als Männer in den weniger gut bezahlten Branchen arbeiten und seltener in Führungspositionen anzutreffen sind.

1 Erwerbstätige sind nach dem Labour-Force-Konzept der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) alle Personen im Alter von 15 und mehr Jahren, die in der jeweiligen Berichtswoche mindestens 1 Stunde gearbeitet haben, unabhängig von der Bedeutung dieser Tätigkeit für den Lebensunterhalt. Im Rahmen des Mikrozensus werden Erwerbstätige am Wohnort erfasst.

2 Als Teilzeittätigkeit zählen Tätigkeiten bis einschließlich 34 normalerweise geleisteter Wochenarbeitsstunden.

3 Eine geringfügige Beschäftigung liegt dann vor, wenn der Verdienst nicht mehr als 400 Euro im Jahresdurchschnitt pro Monat beträgt (Mini-Job). Auch Beschäftigungsverhältnisse, die auf höchstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage im Jahr begrenzt sind, gelten als geringfügige Beschäftigungen. Hier einschließlich 1 Euro-Jobs.

4 Erwerbstätigenquote in der Abgrenzung nach Eurostat-Definition.

5 Hierbei werden nur die Berufgruppen 60 – 65 auf Basis der Klassifizierung der Berufe, Ausgabe 1992, berücksichtigt.