:: 10/2010

20 Jahre Deutsche Einheit – auch in der amtlichen Statistik

Nach dem politischen Umbruch in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vor 21 Jahren und mit dem darauf folgenden Vereinigungsprozess begann auch für die amtliche Statistik in Deutschland ein neuer Weg. Bereits ab 1991 wurden in den fünf neuen Bundesländern alle Statistiken nach den Methoden und Konzepten der Bundesstatistik der früheren Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Zum 20. Mal jährt sich jetzt der Tag der Deutschen Einheit. Die heute 14 Statistischen Landesämter nehmen dies zum Anlass, mit der gemeinsam erstellten Broschüre »Von Bevölkerung bis Wahlen – 20 Jahre Deutsche Einheit in der Statistik«, diesen Tag zu würdigen.

1990 – alles verändert sich…

Am 9. November 1989 fiel die Mauer, die seit 1961 als Symbol des Konflikts im Kalten Krieg zwischen den West- und Ostmächten stand. Eine historische Zeitwende, die knapp 1 Jahr später das Ende der DDR nach sich zog und Ost- und Westdeutschland vereinigte. 1990 war ein turbulentes Jahr, in dem viele Entscheidungen getroffen wurden. Die DDR blieb zunächst noch eigenständig. Am 18. März 1990 fand die DDR-Volkskammerwahl statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 93,38 % gewann mit 48,1 % der Stimmen die »Allianz für Deutschland«, ein Bündnis aus CDU (Christlich-Demokratische Union Deutschlands), DSU (Deutsche Soziale Union) und DA (Demokratischer Aufbruch). Damit war ein Signal und Grundstein zur Wiedervereinigung gelegt.1 Die Umwälzungen stellten die neuen Länder vor viele und tiefgreifende Veränderungen und organisatorische Aufgaben.

… auch in der Statistik

Bereits 1989 wurde der Kontakt und die Zusammenarbeit in der amtlichen Statistik zwischen Ost und West aufgenommen. Im März 1990 wurde eine Arbeitsgruppe »Deutsche Statistik« im Statistischen Bundesamt gegründet, deren Ziel es war, die DDR bei der Einführung eines Statistiksystems zu unterstützen, das den Anforderungen für eine verlässliche Informationsbasis im Gesellschaftssystem einer sozialen Marktwirtschaft gerecht werden sollte. Im Juli 1990 wurde das erste und einzige Statistikgesetz der DDR beschlossen.2 Damit sollte die Anpassung an die Statistik der Bundesrepublik Deutschland und an die geltenden EU-Statistiken erfolgen (siehe i-Punkt). Ebenfalls im Juli 1990 wurde die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialreform sowie die Änderung der Rechtsformen der Unternehmen der DDR vollzogen. Damit war der Wandel von einem zentralistischen Wirtschaftssystem zu einer Marktwirtschaft auch in der Statistik zu vollziehen. Insbesondere die Umstellung bzw. der Neuaufbau der Wirtschaftsstatistiken stellte eine besondere Herausforderung dar. Für die Bevölkerungsstatistiken gab es dagegen frühzeitig vergleichbare und zusammenfassbare Ergebnisse.

Auf Grundlage des Einigungsvertrages vom 28. September 1990 wurde das »Gemeinsame Statistische Amt der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen« (GeStAL) gegründet, um vorübergehend als Interessenvertretung in einer föderalen Struktur zu fungieren. 5 Tage später, am 3. Oktober 1990, trat mit dem Tag der Wiedervereinigung das Statistikgesetz der DDR außer Kraft. Das GeStAL existierte noch bis Ende 1991, so lange bis zur Einrichtung funktionsfähiger statistischer Ämter in den fünf neuen Ländern, wie es im Einigungsvertrag festgelegt wurde.3 Am 6. März 1991 tagten in Berlin erstmals alle Amtsleiter der damals 16 Statistischen Landesämter gemeinsam.

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg mittendrin

Die Geschichte der amtlichen Statistik in Baden-Württemberg reicht heute etwa 190 Jahre zurück. Im Jahre 1820 wurde vom damaligen König Wilhelm I von Württemberg ein Königliches Dekret zur Einrichtung eines statistischen topographischen Bureaus erlassen. Dieses war als unentbehrliche Informationsquelle für Gesetzgebung und Verwaltung in Verbindung mit der Errichtung der konstituierenden Regierungsformen angesehen. 1952 wurde mit der Gründung Baden-Württembergs das Statistische Landesamt durch die Integration der zuvor vier Ämter in Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen geschaffen. Seit 1953 hat das Landesamt seinen Sitz in Stuttgart.

Mit der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland entstanden zur Unterstützung des Aufbaus der neuen Landesverwaltungen Partnerschaften zwischen den alten und neuen Ländern. So zum Beispiel zwischen Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, Thüringen und Hessen oder Sachsen und Bayern. Im Bereich der Statistik unterstützte das Statistische Landesamt Baden-Württemberg unter anderem in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Einige Mitarbeiter halfen zeitweise direkt vor Ort mit, der eine oder andere fand dort gar eine neue Heimat. Umgekehrt hospitierten Mitarbeiter aus den neuen Ländern im Amt in Baden-Württemberg, in dem auch heute noch einige tätig sind.

Von Bevölkerung bis Wahlen

20 Jahre liegen diese Ereignisse nun zurück. Anlass für die Statistischen Landesämter, eine gemeinsame Broschüre herauszugeben, die einen Überblick über die Lebensverhältnisse in Ost, West, Nord und Süd sowie deren Entwicklung gibt. Nicht erschöpfend, aber dennoch informativ und quer durch die verschiedenen Themenbereiche der amtlichen Statistik, zeigt die Broschüre nicht nur unterschiedliche Strukturen und Entwicklungen zwischen neuen und alten Ländern auf, sondern auch das Zusammenwachsen – denn mit 20 Jahren ist das vereinte Deutschland »erwachsen«.

Datenbasis sind zahlreiche Gemeinschaftsveröffentlichungen, allen voran die Regionaldatenbank Deutschland.4 Nicht alle Daten reichen vergleichbar bis 1991 zurück. Kurze Texte und kartografische Darstellungen auch auf Kreisebene begleiten die einzelnen Kapitel. Die Broschüre kann beim Vertrieb des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg bestellt werden und steht als Download kostenfrei zur Verfügung.

1 Aus: Die Bundesregierung: »20 Jahre Deutsche Einheit«

2 Gesetz über die amtliche Statistik der DDR (Statistikgesetz der DDR – StatG vom 20. Juli 1990, GBl DDR I, Nr. 52, S.1 004)

3 Die hier geschilderten historischen Informationen stammen größtenteils aus dem Beiträgen von Andreas Ottel: »Zur Geschichte der amtlichen Statistik in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR 1945 bis 1990«, Festschrift 175 Jahre Amtliche Statistik in Sachsen, 2006; S. 49ff; Klaus Voy, Torsten Haseloff, »Ein kurzer Überblick zur Organisationsgeschichte der amtlichen Statistik in der Region Berlin-Brandenburg«, Zeitschrift für amtliche Statistik Berlin-Brandenburg Heft 5/08, S.22 ff.;Destatis, Geschichte der amtlichen Statistik/

4 www.regionalstatistik.de