:: 3/2011

Arbeitsmarkt 2010 auf Erholungskurs

Die kräftige konjunkturelle Erholung der baden-württembergischen Wirtschaft im vergangenen Jahr sorgte dafür, dass die Arbeitsmarktbilanz bereits ein Jahr nach der schweren Wirtschaftskrise wieder positiv ausfiel. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr um fast 23 000 bzw. 0,4 %, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden sogar um 2,8 % oder 215 Mill. Hauptursache für den starken Anstieg der geleisteten Arbeitsstunden im Südwesten ist der kräftige Konjunkturaufschwung, der insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe wieder für vollere Auftragsbücher und damit für einen massiven Rückgang der Kurzarbeit sorgte.

Mehr Arbeitsplätze, weniger Arbeitslose

Im Jahr 2010 waren in Baden-Württemberg durchschnittlich 5,59 Mill. Personen erwerbstätig, fast 23 000 oder 0,4 % mehr als ein Jahr zuvor. Der letzte Höchststand von 5,6 Mill. Erwerbstätigen aus dem Jahr 2008 wurde 2010 allerdings noch nicht erreicht. Bundesweit stieg die Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr um 0,5 % auf einen neuen Höchststand von 40,48 Mill. Es waren vor allem die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, die von der konjunkturellen Erholung profitierten.

Die höhere Zahl an Arbeitsplätzen sorgte auch für einen spürbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 273 000 Menschen im Land arbeitslos, fast 12 000 weniger als 2009. Die Arbeitslosenquote betrug 4,9 % (2009: 5,1 %) und war außer in Bayern (4,5 %) in keinem anderen Bundesland so niedrig wie in Baden-Württemberg. Bundesweit betrug die Arbeitslosenquote 7,7 % (Schaubild 1, Tabelle).

Kräftiger Stellenzuwachs vor allem in der Zeitarbeitsbranche

Positive Entwicklungen gab es vor allem im Dienstleistungsbereich, wo alleine 3,74 Mill. Personen oder zwei Drittel aller Erwerbstätigen im Land arbeiten. Dort fiel der Stellenzuwachs im vergangenen Jahr mit einem Plus von fast 41 000 Arbeitsplätzen (+1 %) doppelt so stark aus wie im Jahr 2009. Für die dynamische Entwicklung im Dienstleistungsbereich war vor allem die deutlich höhere Nachfrage nach Leiharbeitnehmern ausschlaggebend, die während der schweren Wirtschaftskrise von einer Entlassungswelle betroffen waren. Leiharbeitnehmer haben Arbeitsverträge mit Zeitarbeitsfirmen, die wirtschaftsfachlich dem Dienstleistungsbereich zuzurechnen sind, arbeiten jedoch häufig in der Industrie. Nach neuesten Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im Dezember 2010 im Südwesten rund 89 000 Personen bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt. Im Zeitraum Januar bis Dezember 2010 waren durchschnittlich fast 23 000 Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt als im gleichen Zeitraum 2009, was einem Zuwachs um 40 % entspricht. Die Zahl aller fast 3,9 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten war von Januar bis Dezember 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast 29 000 gestiegen. Anders ausgedrückt wäre die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne den starken Personalzuwachs in der Zeitarbeitsbranche im Jahresdurchschnitt 2010 lediglich um rund 6 000 höher gelegen als ein Jahr zuvor.

Im Produzierenden Gewerbe hat sich 2010 der Stellenabbau im Vergleich zum Vorjahr auf ein Drittel reduziert. Dort arbeiteten im vergangenen Jahr 1,76 Mill. Erwerbstätige, 17 000 oder 1 % weniger als im Vorjahr. Im Jahr 2009 hatte der Stellenabbau noch fast 50 000 betragen. Im Verarbeitenden Gewerbe ging die Zahl der Erwerbstätigen im vergangenen Jahr um 23 000 auf 1,44 Mill. zurück, im Baugewerbe gab es nach den Krisenjahren 2008 und 2009 aktuell wieder ein Plus von fast 5 000 Arbeitsplätzen (Schaubild 2).

Deutlicher Rückgang der Kurzarbeit

Die Kurzarbeit hatte im Jahr 2009 ganz wesentlich dazu beigetragen, dass Betriebe ihr Stammpersonal trotz massiver Auftragseinbußen weitgehend halten und eine Entlassungswelle vermeiden konnten. Mit dem konjunkturellen Aufschwung im Jahr 2010 dürfte das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt um 4 ¾ % gestiegen sein, so dass die Kurzarbeit drastisch verringert werden konnte. Im November 2010 waren in Baden-Württemberg nach neuesten Angaben der Bundesagentur für Arbeit noch 34 000 Personen konjunkturell bedingt von Kurzarbeit betroffen, beim Höchststand im Mai 2009 waren es mit fast 327 000 Personen noch fast zehnmal so viele. Von daher spiegelte sich der starke Konjunkturaufschwung im Jahr 2010 anders als in früheren Aufschwungphasen weitaus stärker in einer höheren Auslastung des bereits vorhandenen Stammpersonals als in Neueinstellungen wider. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden entwickelte sich daher spürbar positiver als die Erwerbstätigenzahl.

Zuwachs bei geleisteten Arbeitsstunden

In Baden-Württemberg arbeiteten im Jahr 2010 die 5,59 Mill. Erwerbstätigen insgesamt 7,8 Mrd. Stunden. Das waren rund 215 Mill. Stunden bzw. 2,8 % mehr als ein Jahr zuvor. Damit erreichte die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden zwar noch nicht ihren bisherigen Höchststand aus dem Jahr 2008, der zahlenmäßige und prozentuale Zuwachs war jedoch der höchste seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1998 und etwas stärker als im Bundesdurchschnitt (+2,6 %). Der Zuwachs der geleisteten Arbeitsstunden um 2,8 % fiel 2010 siebenmal so stark aus wie der Erwerbstätigenzuwachs mit einem Plus von 0,4 %. Dies zeigt, dass die Arbeitgeber im Land nach einer massiven Ausweitung der Kurzarbeit während der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr zunächst ihr Personal wieder voll ausgelastet und erst danach zusätzliches Personal eingestellt haben. Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr sogar um 4,8 % gestiegen, während die Zahl der Erwerbstätigen um 1,6 % zurückging (Schaubild 3).

Die durchschnittliche Pro-Kopf-Arbeitszeit, also die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen, hat sich im Jahr 2010 im Südwesten um 2,4 % erhöht. In keinem anderen Bundesland außer in Bremen (+2,5 %) war der prozentuale Zuwachs so stark wie in Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr arbeitete ein Erwerbstätiger durchschnittlich 1 398 Stunden, 33 Stunden mehr als 2009. Im Verarbeitenden Gewerbe stieg die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen sogar um 84 auf 1 388 (+6,5 %). Das Niveau der durchschnittlich geleisteten Arbeitszeit je Erwerbstätigen fällt in den Bundesländern recht unterschiedlich aus und reichte im vergangenen Jahr von 1 483 Stunden in Thüringen bis 1 391 Stunden in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Baden-Württemberg hatte bundesweit die fünftniedrigste Pro-Kopf-Arbeitszeit. Dies hat jedoch nichts mit dem unterschiedlichen Fleiß der Beschäftigten in den Bundesländern zu tun, sondern mit einer Vielzahl ganz anderer Faktoren wie der Branchenstruktur in den Ländern, den unterschiedlichen tariflichen Arbeitszeitregelungen sowie der unterschiedlichen Bedeutung der Mini- und Teilzeitjobs.