:: 5/2012

Leichte Abschwächung auf hohem Niveau

Reales Bruttoinlandsprodukt dürfte im 2. Quartal 2012 noch um gut 1 % gegenüber dem Vorjahr wachsen

Die konjunkturelle Abschwächung, die im 4. Quartal 2011 im Land einsetzte, dürfte sich auch in der 1.  Jahreshälfte 2012 fortsetzen. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich um eine Abschwächung auf hohem Niveau handelt. Immerhin wuchs das reale BIP in Baden-Württemberg 2011 mit 4,4 % dynamischer als in allen anderen Bundesländern (der Bundesdurchschnitt lag bei 3 %) und damit am oberen Rand des vom Statistischen Landesamt seit Sommer 2011 prognostizierten Bereichs von rund 4 %.

Es fällt auf, dass die Abkühlung im 4. Quartal 2011 im Land weniger stark ausfiel als im Bund: Nach aktuellem Berechnungsstand wuchs die saison- und kalenderbereinigte Wirtschaftsleistung Baden-Württembergs im 4. Quartal gegenüber dem Vorquartal, während dieser Wert in Gesamtdeutschland leicht negativ war. Wenn die Konjunktur also im 1. Halbjahr 2012 in ruhigeren Bahnen verläuft, was auch der Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamtes anzeigt, so handelt es sich um eine normale zyklische Abschwächung. Gegenüber dem Vorjahr steht im 1. Quartal ein Wachstum von 1 ¾ %, im 2. Quartal von gut 1 % zu erwarten. Für das 2. Halbjahr zeigt der Konjunkturindikator eine mögliche neue Belebung an. Die Aufwärtsbewegung des Konjunkturindikators ist vor allem auf die Stimmungsindikatoren, wie ifo-Index und DAX zurückzuführen.

Zu Jahresbeginn sind die Signale, die von den Einzelindikatoren ausgehen, eher uneinheitlich: Inländische wie ausländische Auftragseingänge weisen – saison- und kalenderbereinigt – eine rückläufige Tendenz auf. Andererseits stieg der Produktionsindex des Verarbeitenden Gewerbes in den Wintermonaten Dezember bis Februar nicht nur im Vorjahresvergleich, sondern auch gegenüber der Vorperiode (wenngleich abgeschwächt). Positive Signale sendet auch der stets mit einer gewissen Verzögerung reagierende Arbeitsmarkt: die Zahl der ungeförderten offenen Stellen steigt und die Arbeitslosigkeit bewegt sich auf niedrigem Niveau.

Europas Wirtschaft kommt nur langsam in Fahrt

Nach Angaben der Weltbank hat das Wachstum des Welthandels 2011 nachgelassen. Nachdem das Handelsvolumen 2010 noch um 12,4 % stieg, belief sich das Wachstum 2011 nach aktuellem Berechnungsstand nur noch auf 6,6 %. Für das Jahr 2012 prognostiziert die Weltbank eine Rate von 4,7 %. Auf der globalen Ebene dürfte bezüglich der abgeschwächten Wachstumsraten ebenso wie für Baden-Württemberg gelten, dass es sich um normale zyklische Entwicklungen handelt.

Interessant sind einmal mehr die nach Wirtschaftsräumen unterschiedlichen Konjunkturen, die hinter den aggregierten Zahlen stehen. Zu Jahresbeginn sind die Konjunkturaussichten für Europa nach wie vor verhalten, was angesichts der großen Bedeutung Europas als Absatzmarkt für baden-württembergische Exportgüter misslich ist. So bewegt sich der OECD Composite Leading Indicator (CLI) für die Eurozone (wie auch für Deutschland) in den Wintermonaten Dezember bis Februar bestenfalls seitwärts, nachdem er seit Anfang 2011 stetig gefallen ist. Für das reale Bruttoinlandsprodukt wird für die Eurozone zumindest im 1. Quartal von einem leichten Rückgang ausgegangen. Nach wie vor divergieren aber auch innerhalb Europas die nationalen Konjunkturverläufe. Während die OECD für Deutschland im 1. Quartal ein leichtes Wachstum zum Vorquartal sieht, wird für Frankreich und Italien, die nächst größeren Volkswirtschaften des Euroraums, von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung ausgegangen. Für das 2. Quartal prognostiziert die OECD für Deutschland und Frankreich ein Wachstum, während Italiens Wirtschaft auch dann noch keinen Schwung aufgenommen haben dürfte. Vor dem Hintergrund der europaweit eher schwachen Konjunkturaussichten, die auch die Europäische Zentralbank (EZB) so einschätzt, dürfte der Kurs der Geldpolitik gerade die deutsche Konjunktur weiter stützen.

Im Vergleich zu Europa ist zu erwarten, dass sich die US-Konjunktur dynamischer darstellt. Der genannte OECD-CLI für die USA, der schon im Oktober letzten Jahres seinen Tiefpunkt überwunden hatte, setzte seine positive Entwicklung auch im Februar fort: Im Durchschnitt der Monate Dezember bis Februar lag er 0,8 % über dem Wert der Vorperiode. Die Federal Reserve konstatiert für die Monate Januar und Februar einen Beschäftigungsaufbau, der sich gegenüber dem Schlussquartal 2011 noch einmal beschleunigt hat, und einen Abbau der Arbeitslosigkeit (die sich jedoch immer noch auf für US-Verhältnisse hohem Niveau befindet und im März bei rund 8 % lag). Beides führte zu einer Erhöhung der verfügbaren Haushaltseinkommen, was vor allem die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen stimulierte. Gleichwohl beurteilt die Fed (Federal Reserve System) die Wachstumsaussichten als moderat und die langfristigen Inflationserwartungen als stabil, so dass die US-Geldpolitik die wirtschaftliche Erholung weiter akkomodieren dürfte.