:: 6/2013

Früchte zum Naschen – Strauchbeeren in Baden-Württemberg

Das Angebot an Beeren in den Hofläden und Obsttheken ist zum festen Bestandteil des Obstsortimentes geworden. Besonders Himbeeren und Heidelbeeren zum sofortigen Verzehr sind zunehmend beim Verbraucher beliebt. Weniger in Erscheinung treten dagegen die Beeren, die zu Saft oder Marmelade weiterverarbeitet werden. Aber wie viel Strauchbeeren werden eigentlich in Baden-Württemberg oder in Deutschland angebaut? Dieser Frage wurde in der 2012 erstmalig durchgeführten Strauchbeerenerhebung nachgegangen, welche die Anbauflächen und die produzierten Erntemengen erfasst. Baden-Württemberg rangiert dabei mit insgesamt 1 504 Hektar (ha) nach Niedersachsen (1 619 ha) an zweiter Stelle in Deutschland (6 839 ha).

Unter den Strauchbeeren werden alle Beerenarten verstanden, die auf Sträuchern wachsen. Dazu zählen neben den bekannten Johannisbeeren, Stachelbeeren und Himbeeren auch exotische Vertreter wie die Kiwi oder Goji-Beere. Erdbeeren hingegen gehören nicht dazu. Strauchbeeren sind vitaminreiche Früchte mit vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten. Das reicht vom »fingerfood« bis zur industriellen Verarbeitung zu Saft und Konfitüren. Ein Nachteil, besonders bei der Frischvermarktung, stellt die begrenzte Lagerfähigkeit der Früchte dar, die 2012 durch die warme Witterung während der Ernte zusätzlich beeinträchtigt wurde.

In Baden-Württemberg dominieren im Freiland vor allem schwarze Johannisbeeren mit 610 ha den Anbau , gefolgt von Himbeeren auf 310 ha, sowie roten und weißen Johannisbeeren auf 294 ha. Das Beerensortiment ergänzen Stachelbeeren (120 ha), Brombeeren (66 ha), Kulturheidelbeeren (61 ha) sowie Schwarzer Holunder (16 ha). Insgesamt wurden 2012 von 456 Betrieben rund 78 500 Dezitonnen (dt) Strauchbeeren produziert. Fast 5 % der Fläche (71 ha) wurde unter ökologischen Bedingungen kultiviert, wobei die 35 »Öko«-Betriebe rund 1 700 dt Beeren erzeugten.

Regionale Schwerpunkte

Die Schwerpunkte des Beerenobstanbaus befinden sich in den klimatisch milden Regionen am Bodensee und in den Flusstälern von Rhein, Neckar und seinen Nebenflüssen. Ungefähr ein Drittel der Beerenobstanlagen (508 ha) steht im südlichen Bereich der Rheinebene, vom Ortenaukreis bis zum Kreis Breisgau-Hochschwarzwald, wo auf eine breite Auswahl an Beerenobstarten gesetzt wird. Neben roten und weißen Johannisbeeren (147 ha), sowie Himbeeren (135 ha) sind schwarze Johannisbeeren (104 ha), Stachelbeeren (50 ha) und Brombeeren (37 ha) von Bedeutung. Ähnlich stark im Anbau ist die Region Heilbronn-Franken mit den Kreisen Heilbronn, Hohenlohe und Schwäbisch Hall, die zusammen 489 ha Strauchbeeren vereinigen. Allerdings liegt der Fokus dort eindeutig auf den schwarzen Johannisbeeren mit 374 ha. Schwarze Johannisbeeren dominieren auch den Anbau in der Bodenseeregion. Von den 252 ha Strauchbeeren, die zwischen Ravensburg und Konstanz kultiviert werden, entfallen darauf 89 ha. Rote und weiße Johannisbeeren (37 ha), Himbeeren (54 ha) und Stachelbeeren (41 ha) komplettieren das Angebot.

Johannisbeeren dominieren

Gemeinsam mit den Stachelbeeren gehören rote, weiße und schwarze Johannisbeeren zur Familie der Stachelbeergewächse und stellen damit ähnliche Ansprüche an Klima und Boden. Die neu gepflanzten Sträucher benötigen ungefähr 2 bis 3 Jahre, um ihren vollen Ertrag zu erreichen. Abhängig von der Sorte bleibt eine Anlage zwischen 8 und 15 Jahren1 stehen.

Schwarze Johannisbeeren sind mit einem Flächenanteil von 41 % die bedeutendste Strauchbeerenart im Land. Als Frischobst eher weniger beliebt, geht der Ertrag fast ausschließlich in die Industrie und wird zu Saft, Gelee und Konfitüren verarbeitet. Die Plantagen sind in der Regel auf eine maschinelle Ernte ausgerichtet, die es den Betrieben auch ermöglicht, große Flächen zu bewirtschaften. Mit 3,2 ha bepflanzter Fläche hat ein Betrieb im Schnitt deutlich mehr schwarze Johannisbeeren, als dies bei Himbeeren (1,4 ha) oder roten und weißen Johannisbeeren (1,1 ha) der Fall ist. Der durchschnittliche Ertrag je ha lag 2012 bei schwarzen Johannisbeeren bei 47 dt, was zu einer Gesamterntemenge von 28 700 dt führte. Bei einer Saftausbeute von 70 % könnten somit rund 2 Mill. Liter Johannisbeersaft hergestellt werden.

Rote Johannisbeeren wandern dagegen nicht nur in die Saftpresse, sondern werden auch in Schälchen oder Körben frisch verkauft. Weiße Johannisbeeren spielen im Erwerbsobstbau im Land fast keine Rolle. Bei der Handpflücke für den Frischmarkt wird zunehmend die Straucherziehung durch Spindel- oder Heckenerziehung2 abgelöst, bei der nur noch ein bis drei Triebe je Stock gezogen werden. Rote Johannisbeeren weisen in der Regel ein wesentlich höheres Ertragsniveau auf als die schwarzen Johannisbeeren und erreichten 2012 fast 76 dt/ha. Damit wurden insgesamt etwa 22 200 dt geerntet.

Ähnlich den Johannisbeeren werden auch bei den Stachelbeeren Sorten mit grünen, gelben oder roten Früchten angeboten, wobei die roten Sorten auf dem Frischmarkt überwiegen. Bei einem durchschnittlichen Ertrag von 53 dt/ha wurden 2012 annähernd 6 400 dt Stachelbeeren gepflückt.

Himbeere: Die Diva unter den Strauchbeeren

Neben Heidelbeeren dürften die Aromatischen Himbeeren die beliebtesten Strauchbeeren sein, die frisch gegessen werden. Für die Vermarktung nachteilig ist jedoch die weiche Beschaffenheit der Früchte. Himbeeren weisen auch unter gekühlten Bedingungen nur eine geringe Haltbarkeit auf, weshalb die empfindlichen Beeren am selben Tag den Verbraucher erreichen sollten.3 Um das Angebot an Himbeeren über einen möglichst langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, sind auf den 310 ha neben den früh tragenden Sommersorten und remontierenden Sorten4 auch Herbstsorten im Anbau.

Himbeeren erlangen zwar bereits im Jahr nach der Pflanzung ihre volle Ertragsfähigkeit, die erzielbaren Erträge unterliegen jedoch jährlich extremen Schwankungen durch Anfälligkeit gegenüber Winter- und Spätfrösten sowie Krankheiten. Zunehmend Sorge bereitet auch der Befall mit der Kirschessigfliege. Besonders das Jahr 2012 war durch eine Reihe von Ertragsbeeinflussenden Faktoren gekennzeichnet. Winterfröste im Februar ließen die Himbeerruten erfrieren, weiterhin dezimierten Krankheitsbefall und heiße Temperaturen zur Haupternte die Ertragserwartungen. Vor allem bei Himbeeren wird deshalb auf den geschützten Anbau unter Foliendächern gesetzt, um die empfindlichen Früchte vor Witterungseinflüssen zu schützen. Von insgesamt 15 ha Strauchbeeren unter hohen begehbaren Schutzabdeckungen werden allein 12 ha durch Himbeeren belegt. Während im Freiland 42 dt Früchte je ha gepflückt wurden, konnten unter geschützten Bedingungen wesentlich höhere Erträge von 79 dt erzielt werden. Insgesamt kamen 14 000 dt Himbeeren aus heimischer Produktion auf den Markt, was ungefähr 2,8 Mill. haushaltsgerechten Schälchen à 500 g entsprechen würde.

Mit ihren Ranken stellen Brombeeren eine Ausnahme unter den erwerbsmäßig angebauten Strauchbeerenarten dar. Höhere Erträge und weniger Ausfälle durch Krankheiten und Winterfröste als bei Himbeeren machen den Anbau attraktiv. Durch eine unterschiedliche Reife der Früchte ist bei Brombeeren eine kontinuierliche Ernte möglich, die sich über 2 Monate erstrecken kann.5 Auch bei Brombeeren gilt: Die Früchte sollten den Verbraucher schnell erreichen. Die gesamte Ernte lag 2012 bei 3 500 dt, wobei ein durchschnittlicher Ertrag von 52 dt/ha realisiert werden konnte.

Heimischer Name aus neuer Welt: Heidelbeere

Mit unseren heimischen Waldheidelbeeren hat die im Handel erhältliche Kulturheidelbeere vor allem den Namen gemeinsam. Die Kulturheidelbeere stammt von nordamerikanischen Arten ab und im Gegensatz zur Waldheidelbeere sind die Früchte größer und färben nicht. Als Waldpflanze bevorzugt die Heidelbeere humose, saure Böden mit einem niedrigen pH-Wert. Diese natürlichen Bedingungen findet die Kulturheidelbeere besonders in Niedersachsen vor, wo 1 270 ha im Anbau stehen. Hier im Südwesten gestaltet sich die Kultivierung auf den aktuell 61 ha wesentlich aufwändiger. Die Pflanzen werden entweder in Containern mit Sägemehl, Rinde oder Torf angezogen oder in Gräben mit entsprechenden Substraten gepflanzt, um einen sauren, humusreichen Boden zu schaffen. Wichtig ist zudem eine gleichmäßige Wasserversorgung.6 Aber die Nachfrage und erzielbaren Preise am Markt scheinen den Aufwand zu rechtfertigen. Die in mehreren Pflückdurchgängen geernteten Früchte erreichten 2012 einen durchschnittlichen Ertrag von 49 dt/ha. Die geernteten 3 000 dt dürften im Südwesten vorrangig als Frischware vermarktet worden sein.

Alte Pflanze neu entdeckt

Der schwarze Holunder ist ein weit verbreiteter Wildstrauch mit geringen Klimaansprüchen. In intensiverem Anbau wird Holunder als Kleinbaum in Anlagen angezogen, wobei sich der Anbau in Baden-Württemberg momentan auf 16 ha beschränkt. Sowohl Blüten als auch Beeren können verwertet werden. Aus den Blüten (19 dt in 2012) wird meistens Holunderblütensirup hergestellt, der sich als Zusatz in Limonaden oder trendigen Cocktails wie »Hugo« wiederfindet. Dagegen werden die roh ungenießbaren Beeren vor allem zu Säften und Gelees weiterverarbeitet, gehen aber auch als Farbstofflieferant in die Lebensmittelindustrie. Insgesamt wurden in Baden-Württemberg 490 dt geerntet.

1 Mündliche Mitteilung der Obstbauberatung Ortenaukreis.

2 Heckenerziehung bei Johannis- und Stachelbeeren: www.lwg.bayern.de/gartenbau/obstbau/24651/ [19. April 2013].

3 Lucas, Eduard: Lucas‘ Anleitung zum Obstbau. Ulmer Verlag, 2002.

4 Mehrmals im Jahr tragende Sorten.

5 Lucas, Eduard: Lucas‘ Anleitung zum Obstbau. Ulmer Verlag, 2002.

6 Badische Bauern Zeitung Nr. 12/2013: Wie man mit Beeren Geld verdienen kann.