:: 11/2013

Arbeiten beim Nachbarn

Grenzpendler im Oberrheingebiet

Die vorliegende Analyse beschreibt auf Basis der aktuell verfügbaren statistischen Daten, wie sich die grenzüberschreitenden Berufspendlerströme im letzten Jahrzehnt entwickelt haben. Es werden Statistiken aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz herangezogen, um die Grenzgängerströme in allen Richtungen analysieren zu können.

Die Analyse zeigt, dass es vor allem drei große Grenzgängerströme gibt, nämlich von Deutschland und Frankreich in die Schweiz und von Frankreich nach Deutschland, wobei der Pendlerstrom von Frankreich nach Deutschland seit über einem Jahrzehnt rückläufig ist. Die Dynamik, mit der die Grenzgängerzahlen aus den französischen Oberrheingebieten in die deutschsprachigen Oberrheinkantone wachsen, ist niedriger als die Zunahme des Pendlerstroms von Frankreich in die französisch­sprachigen Kantone der Schweiz. Die Oberrheinregion stellt sich somit nicht als ein besonders dynamischer grenzüberschreitender Arbeitsmarkt dar. Vor allem die Sprache könnte dabei ein wesentliches Hindernis für das weitere Zusammenwachsen der Region sein.

Die Oberrheinkonferenz, insbesondere die Arbeitsgruppe Wirtschaftspolitik, betreibt seit vielen Jahren Initiativen, die Wettbewerbshemmnisse zwischen den drei Ländern Deutschland, Frankreich und der Schweiz abbauen und die grenzüberschreitende wirtschaftliche Zusammenarbeit am Oberrhein stärken sollen. Die Region Oberrhein setzt sich zusammen aus dem Elsass, der Südpfalz, Baden sowie den Kantonen Aargau, Basel‑Stadt, Basel‑Landschaft, Jura und Solothurn (Schaubild 1). Zwischen den drei Anrainerländern Deutschland, Frankreich und der Schweiz gibt es erhebliche Grenzgängerströme (Tabelle 1). Der größte Teil richtete sich 2012 von Frankreich in die Schweiz mit rund 142 000 aktiven Grenzgängern1, davon kamen allerdings lediglich 33 000 aus dem Elsass. Von Deutschland in die Schweiz pendelten am Jahresende 2012 rund 56 000 Berufstätige. Aus der Südpfalz kamen aufgrund der großen Entfernung nur wenige Grenzgänger und aus Baden rund 40 000. Einige davon arbeiteten auch in Kantonen, die nicht zum Oberrheingebiet zählen, insbesondere in Schaffhausen und Zürich. Rund 36 000 Pendler aus Deutschland wurden als Einpendler in die Kantone Aargau, Basel‑Landschaft, Basel‑Stadt, Jura und Solothurn – im Folgenden als Nordwestschweiz bezeichnet – gezählt.2 Von Frankreich nach Deutschland pendelten zum Jahresende 2012 rund 41 000 Personen, 26 000 davon in die deutschen Oberrheingebiete (Baden und Südpfalz). Die Zahl der Auspendler aus Deutschland nach Frankreich war mit rund 4 000 Personen deutlich geringer, knapp die Hälfte davon pendelte in das Elsass (1 900 Personen). Aus der Schweiz arbeiten 1 600 Angestellte in Deutschland, etwas mehr als ein Drittel davon in Baden. Die kleinste Grenzgängergruppe zog es aus der Schweiz nach Frankreich: Insgesamt rund 700 Personen pendelten in diese Richtung, davon rund 100 ins Elsass.

Die Daten für Tabelle 1 stammen aus drei verschiedenen Statistiken der drei Länder. Sie sind aufgrund unterschiedlicher Grundgesamtheiten, Meldeverfahren, Erhebungsmethoden und Stichtage nur bedingt miteinander vergleichbar.

Die Daten zu den in Deutschland arbeitenden Grenzgängern stammen aus der Pendlerstatistik der Bundesagentur für Arbeit und beziehen nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ein. Unberücksichtigt bleiben alle Beamten, Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen sowie ausschließlich geringfügig Beschäftigte. Gezählt werden sowohl Ausländer als auch Deutsche mit Wohnsitz in Frankreich oder der Schweiz. Eine weitere Untergliederung des Herkunftsgebiets ist mit diesen Daten nicht möglich. Stichtag der Statistik ist jeweils der 30. Juni.

Da auf deutscher Seite die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort erhoben werden, sind in Deutschland wohnhafte, aber im Ausland erwerbstätige Personen nur mittels fremder Datenquellen zu analysieren.

In Frankreich werden Merkmale der Beschäftigung im Rahmen des Zensus am Wohnort erhoben. Deutsche, die in Frankreich arbeiten, sind darum für die Statistik ein nahezu unbekanntes Wesen. Die INSEE Direktion Nord3 gibt auf Basis der in der Datei der französischen Krankenversicherung (CNAM) erfassten Personen einige Eckzahlen zu Grenzgängern bekannt. Auf diesen basieren die Angaben zu den Einpendlern nach Frankreich bzw. dem Elsass aus Deutschland und der Schweiz. Stichtag der Erhebung ist jeweils der 31. Dezember.

Die Einpendler in die Schweiz werden auf Basis der Grenzgängerstatistik des Bundesamts für Statistik der Schweiz (BFS) dargestellt. Vom BFS wird aus den erteilten Grenzgängerbewilligungen des Bundesamtes für Migration (BfM) und den Ergebnissen der Stichprobe der Beschäftigungsstatistik (BESTA) eine Schätzung der aktiven Grenzgänger vorgenommen. Diese bezieht sich nur auf Ausländer, da Schweizer, die im Ausland wohnen, keine Grenzgängerbewilligung benötigen. Dafür werden sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige erfasst. Aktuelle Quartalsergebnisse können auf der Seite des BFS abgerufen werden.4 Die Daten der Einpendler in die Schweiz bzw. in die Kantone des Oberrheins stammen aus dieser Statistik und beziehen sich jeweils auf das 4. Quartal (2012 nach der Revision vom 28. Mai 2013) (i‑Punkt).

Im Folgenden wird dargestellt, was sich auf Basis dieser Quellen über die Entwicklung der Grenzgängerströme, die Herkunfts- bzw. Zielgebiete sowie die Tätigkeiten der Grenzgänger aussagen lässt. Gewisse Unschärfen, besonders beim Vergleich von Daten aus unterschiedlichen Quellen, sind aufgrund der oben dargestellten Unterschiede unvermeidlich.

Zahl der Grenzgänger nach Deutschland nimmt ab

Die Auspendler aus Frankreich wurden bereits untersucht und in einer Analyse von INSEE Alsace dargestellt.5 Die dort präsentierten Ergebnisse beruhen auf den französischen Volkszählungen bis 2008. Die in Frankreich wohnenden Grenzgänger sind dort differenziert dargestellt.

Der in der INSEE‑Studie von 1999 auf 2008 festgestellte Rückgang der Grenzgängerzahlen von Frankreich nach Deutschland hat sich nach den in dieser Arbeit durchgeführten aktuellen Analysen auf Basis der Daten der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit fortgesetzt. Während 1999 noch 36 000 Grenzgänger aus Frankreich in das deutsche Oberrheingebiet pendelten, wurden 2012 nur noch 26 000 gezählt.

Regional war die Entwicklung unterschiedlich. Im Zeitraum von 2007 bis 2012 nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die aus Frankreich einpendeln, in den Kreisen Landau und Südliche Weinstraße geringfügig zu. Dies führte zu einem relativ stabilen Ergebnis für die Südpfalz, während in Baden die Grenzgängerzahlen in allen Kreisen rückläufig waren. Erst in den letzten Jahren blieben die Zahlen in Baden relativ stabil. Dies dürfte auch eine Folge der Eurokrise sein, die den französischen Arbeitsmarkt sehr viel stärker belastet als den deutschen. Warum die stark zunehmenden Unterschiede in der Arbeitsmarktsituation zwischen Elsass und Baden bis Juni 2012 keine deutlicheren Auswirkungen hatten, kann hier nicht abschließend beantwortet werden. Sprachhürden scheinen auch hierfür eine mögliche Erklärung zu sein.

Schaubild 2 zeigt den Verlauf für Angestellte aus Frankreich, die in die Südpfalz und nach Baden pendeln und Angestellte aus der Schweiz, die nach Baden pendeln von 2002 bis 2012. Die Grenzgänger aus der Schweiz bilden mit 600 gegenüber 26 000 Grenzgängern aus Frankreich eine kleine Gruppe. Die Grenzgänger aus der Schweiz haben sich über die Zeit jedoch in der Tendenz eher nach oben entwickelt. Nur in den Jahren 2011 und 2012 gab es, vermutlich bedingt durch den im Zuge der Eurokrise deutlich ungünstiger gewordenen Wechselkurs und den damit verbundenen Attraktivitätsverlust deutscher Löhne, einen Rückgang der Einpendler aus der Schweiz.

Die Verteilung der Einpendler am 30. Juni 2012 auf die deutschen Landkreise im Oberrheingebiet zeigt Schaubild 1. Sie hat sich seit 2008 nicht wesentlich geändert.6 Die größte Anzahl Einpendler findet sich im Landkreis Ortenau, gefolgt von Rastatt und dem Stadtkreis Karlsruhe. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Einpendler mit Wohnsitz in Frankreich. Lediglich im Landkreis Waldshut gab es – bedingt durch die größere Distanz zu Frankreich – mehr Grenzgänger aus der Schweiz.

Über die Grenzgänger von Deutschland nach Frankreich lässt die Datenlage keine weiteren Analysen zu. Daher werden im Folgenden nun die Einpendler in die Oberrheingebiete der Schweiz und Deutschlands genauer betrachtet.

Zahl der Grenzgänger in die Schweiz steigt

Das BFS zählte in der Schweiz Ende 2002 insgesamt rund 163 000 ausländische Grenzgänger aus dem Ausland. Diese Zahl ist in den letzten 10 Jahren um über 100 000 auf 268 000 aktive Grenzgänger angewachsen (4. Quartal 2012). Auch aus Frankreich und Deutschland nahm die Zahl der Grenzgänger kontinuierlich zu. Die Grenzgänger aus Frankreich in die Schweiz sind von 86 000 im Jahr 2002 auf knapp 142 000 im Jahr 2012 angewachsen (+65 %). Sie bildeten 2012 wie in den Jahren zuvor die bei weitem größte Gruppe. An zweiter Stelle lag Italien (62 000), Deutschland erst an dritter (56 000) und Österreich mit 8 000 an vierter Stelle (Schaubild 3). Dass in der Schweiz sehr viel mehr Grenzgänger aus Frankreich arbeiten als aus Deutschland liegt auch an der deutlich längeren gemeinsamen Grenze.7 Der Großteil der Grenzgänger pendelt nämlich lediglich über eine relativ kurze Distanz.

Entsprechend stammen die meisten Grenzgänger aus Frankreich in die Schweiz nicht aus dem Elsass. Im südlichsten an die Schweiz angrenzenden Departement Haute‑Savoie wohnten mit rund 58 000 die meisten Grenzgänger, Haut‑Rhin lag mit 32 000 an zweiter, Doubs an dritter (21 000) und Ain an vierter Stelle (17 000, jeweils 4. Quartal 2012). Aufgrund der großen Distanz zur Schweiz war die Zahl der Grenzgänger aus Bas‑Rhin mit unter 500 sehr gering.

Interessant ist hier besonders die Entwicklung über die Zeit. Während die Zahl der Grenzgänger aus dem Elsass mit rund 32 000 in den letzten 10 Jahren ungefähr stabil geblieben ist, haben sich die Grenzgängerzahlen aus Departements außerhalb des Oberrheingebiets (Ain, Doubs und Haute‑Savoie) im letzten Jahrzehnt fast verdoppelt. Damit ist der Anteil des Oberrheingebiets an den französischen Grenzgängern deutlich zurückgegangen (von 37 % auf 23 %).

Aus Deutschland ist die Zahl der aktiven Grenzgänger von 2002 bis 2012 von 34 000 auf 56 000 gestiegen (+65 %). Die meisten wohnten 2012 in den Landkreisen Lörrach (20 000) und Waldshut (14 000). Aus Freiburg und dem Landkreis Breisgau‑Hochschwarzwald pendelten zusammen noch knapp 5 000 Personen in die Schweiz. Knapp 9 000 aktive Grenzgänger wohnen im an die Oberrheinregion angrenzenden Landkreis Konstanz. Die Grenzgänger aus Deutschland stammten zum größten Teil aus dem Oberrheingebiet (73 %). Der Anteil ist jedoch auch leicht rückläufig. 2002 waren es noch 78 %.

Es bleibt also festzuhalten, dass die Dynamik, in der sich der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt entwickelt, im Oberrhein deutlich geringer ist als in den anderen Grenzgebieten zwischen Frankreich bzw. Deutschland und der Schweiz. Besonders die Stagnation der Grenzgängerzahlen von Haut‑Rhin in die Schweiz sollte Anlass für eine genauere Betrachtung der Ursachen dieser Entwicklung sein. Da die Dynamik vor allem dort ungünstiger ist, wo auf beiden Seiten der Grenze unterschiedliche Sprachen gesprochen werden, könnte vermutet werden, dass mangelnde Sprachkenntnisse eine Hürde darstellen.

Bezüglich des Geschlechterverhältnisses zeigt sich bei den Grenzgängern relativ wenig Veränderung. Die Mehrzahl der Pendler ist nach wie vor männlich, auch wenn der Frauenanteil von 2002 bis 2012 leicht angestiegen ist, und zwar in Frankreich von 34 % auf 37 % und in Deutschland von 31 % auf 32 %.

Basel‑Stadt zieht die meisten Grenzgänger an

Die Arbeitsplätze der Grenzgänger in die Nordwestschweiz befanden sich vor allem in den Kantonen Basel‑Stadt (34 000), Basel‑Landschaft (18 000) und Aargau (12 000). In Jura (6 000) und Solothurn (2 000) arbeiteten insgesamt deutlich weniger Grenzgänger.

Wie sich die Grenzgänger aus den französischen Departements bzw. den deutschen Landkreisen des Oberrheingebietes in den Schweizer Kantonen verteilen, ist Schaubild 4 zu entnehmen. Fast alle der im Kanton Jura arbeitenden und aus dem Oberrheingebieten stammenden Grenzgänger kamen aus Haut‑Rhin. Die Grenzgänger des Oberrheins machten im Jura aber nur ein Sechstel aller Grenzgänger aus (rund 1 000 Personen). Im Kanton Jura arbeiteten mehr Ausländer aus den Departements Doubs und Territoire de Belfort. Dagegen stammten in den beiden Basel Kantonen und Solothurn jeweils über die Hälfte der Grenzgänger des Oberrheins aus Haut‑Rhin. Die Grenzgänger aus Lörrach verteilten sich im Wesentlichen auf die beiden Basler Kantone sowie Aargau, die aus dem Landkreis Waldshut auf Aargau und die an die Oberrheinregion angrenzenden Kantone Zürich und Schaffhausen.

Viele Hilfsarbeitskräfte unter den Grenzgängern

Die von den Grenzgängern ausgeübten Berufe unterscheiden sich zwischen den Arbeitskantonen ganz erheblich. Insgesamt überwiegen die geringer qualifizierten Berufe. Über ein Drittel der Grenzgänger in Basel‑Stadt und in Solothurn sind als Hilfsarbeitskräfte tätig. Im Kanton Jura sind Handwerks- und Technikerberufe besonders verbreitet.

Die standardmäßig angebotenen Tabellen des BFS lassen keine Unterscheidung nach Wohnort und ausgeübtem Beruf zu. Dafür wurde vom BFS eigens eine Sonderauswertung durchgeführt.8 Diese Auswertung ermöglicht eine Unterscheidung nach Land und Herkunftsdepartement bzw. Landkreis, bezieht sich jedoch auf das Gebiet der gesamten Schweiz. Im 4. Quartal 2012 arbeiteten aus dem deutschen Oberrheingebiet 40 000 Grenzgänger in der Schweiz, darunter über 9 000 Hilfsarbeitskräfte (24 %).9 Die zweitstärkste Gruppe bildeten Techniker und gleichrangige Berufe (17 %), knapp vor akademischen Berufen (16 %).

Die im französischen Oberrheingebiet (Elsass) wohnenden 33 000 Grenzpendler sind zu 30 % Hilfsarbeitskräfte. Handwerksberufe liegen mit 18 % an zweiter und Technikerberufe an dritter Stelle (14 %). Der hohe Anteil der Hilfskräfte bei den Pendlern aus dem Elsass und Lörrach erklärt sich zum Teil aus der Nachfrage in den nahegelegenen Schweizer Kantonen. So werden in Basel‑Stadt und Solothurn besonders viele Hilfskräfte aus dem Ausland angestellt (35 % bzw. 38 % der dort beschäftigen Grenzgänger), während in Basel‑Landschaft und im Aargau nur 21 % bzw. 18 % der Grenzgänger als Hilfskräfte beschäftigt werden. Die Grenzgänger aus dem Elsass sind vor allem aufgrund dieser Nachfrageunterschiede tendenziell geringer qualifiziert als die Grenzgänger aus Baden.

Geringe Qualifikationsunterschiede zwischen Grenzgängern aus Frankreich und Deutschland

Grenzgänger aus Frankreich insgesamt haben jedoch kein niedrigeres Qualifikationsniveau als Grenzgänger aus anderen Ländern. Dies ist daran zu erkennen, dass bei der Betrachtung aller Grenzgänger mit Arbeitsort Schweiz (letzte Zeile der Tabelle 2 unter Arbeitsort) und aller Grenzgänger mit dem Wohnort Frankreich (letzte Zeile der Tabelle 2 unter Wohnort) eine relativ hohe Übereinstimmung der Berufsanteile besteht. Hilfsarbeiter mit Wohnort in Frankreich sind mit 13 % gegenüber durchschnittlich 18 % (aus allen Ländern) sogar unterrepräsentiert. Dafür kommen überdurchschnittlich viele Techniker aus Frankreich (21 % gegenüber durchschnittlich 17 %).

Ein Grund für die hohe Nachfrage nach Hilfsarbeitskräften in Basel‑Stadt ist die Branchenstruktur des Stadtkantons. Aufgrund der Zentrumsfunktion Basels ist der Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor generell höher. In Basel-Stadt waren Ende 2012 rund 64 % der Grenzgänger im Dienstleistungssektor beschäftigt. Dieser Anteil war deutlich höher als in den anderen Kantonen der Nordwestschweiz (zwischen 32 % im Jura und 56 % in Basel‑Landschaft). In den Dienstleistungsbranchen ist in der heutigen Schweizer Wirtschaft die Nachfrage nach gering qualifizierten Arbeitskräften tendenziell größer als in der Industrie.

Die Zahl der Grenzgänger mit der Berufsqualifikation »Hilfsarbeitskräfte« hat in den letzten Jahren stark zugenommen, bei der Betrachtung des Wohnorts vor allem aus Haut‑Rhin und Lörrach. Die stärkste Zunahme gab es bei Betrachtung des Arbeitsorts im Kanton Basel‑Stadt. Die Zahl der als Hilfsarbeitskräfte gemeldeten Grenzgänger nahm dort von 3 600 im Jahr 2002 auf 12 300 im Jahr 2012 zu.

Das Statistische Amt des Kantons Basel‑Stadt ging möglichen Ursachen hierfür auf den Grund.

Eine Rolle für die Zunahme der Hilfsarbeitskräfte mag die Liberalisierung des Arbeitsmarkts gespielt haben. Aufgrund der bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz ist für EU‑Bürger (mit Ausnahme der Bürger aus Bulgarien und Rumänien) seit 2007 keine behördliche Überprüfung mehr nötig, um eine Grenzgängerbewilligung zu bekommen. Es ist möglich, dass diese Umstellung für Arbeitskräfte ohne Qualifikation besonders attraktiv ist, weil die Schweizer Löhne höher und die Lebenshaltungskosten in Deutschland oder in Frankreich niedriger sind. Mit der Erweiterung der bilateralen Verträge sind die Grenzgänger aus der EU auch nicht mehr verpflichtet, im Grenzgebiet zu wohnen, was zu einem Anstieg der Grenzgänger aus anderen EU‑Ländern geführt hat.

Jedoch können hinter der starken Zunahme auch Kodierungsprobleme vermutet werden. So werden in Basel‑Stadt Grenzgänger, die keine klare Qualifizierung angeben, oft als »Betriebsmitarbeiter« angemeldet und in der Grenzgängerstatistik dann möglicherweise zu »Hilfsarbeitskräften« umkodiert. Es ist anzunehmen, dass die Praxis nicht in allen Kantonen gleich ist, da es keine Bundesanweisung gibt, wie mit solchen Fällen umzugehen ist.10

Beschäftigungsschwerpunkte der Grenzgänger im deutschen und schweizerischen Oberrheingebiet

Die Grenzgänger aus Frankreich im deutschen Oberrheingebiet sind hauptsächlich im Verarbeitenden Gewerbe tätig. Seit 2002 hat dessen Anteil zwar etwas abgenommen, es ist aber immer noch der dominierende Wirtschaftszweig. Bei den in der Nordwestschweiz beschäftigten Grenzgängern überwiegt dagegen der Dienstleistungssektor. Ursache hierfür ist im Wesentlichen die unterschiedliche Wirtschaftsstruktur in den Zielregionen. Die im deutschen Oberrheingebiet sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Wohnsitz in der Schweiz, können aufgrund von Geheimhaltungsfällen nicht nach Branchen ausgewertet werden (Schaubild 5).

Fazit

Die Analyse der Daten zu den Berufspendlern am Oberrhein hat gezeigt, dass es drei große Grenzgängerströme gibt, nämlich von Deutschland und Frankreich in die Schweiz und von Frankreich nach Deutschland. Ursachen hierfür sind wahrscheinlich vor allem das im Zielland höhere Lohnniveau und der aufnahmefähige Arbeitsmarkt. In die Gegenrichtung gibt es sehr viel kleinere Pendlerströme, die vermutlich auf spezielleren individuellen Motiven beruhen.

Während die Grenzgängerzahlen von Frankreich nach Deutschland rückläufig sind, wächst die Zahl der Berufspendler in die Schweiz kontinuierlich an, von Baden in die Nordwestschweiz jedoch deutlich stärker als aus dem Elsass. Da der Grenzgängerstrom von Frankreich in die französischsprachigen Teile der Schweiz demgegenüber dynamisch ansteigt, legt dies die Vermutung nahe, dass unterschiedliche Sprachen auf beiden Seiten der Grenze eine große Hürde bei der Entstehung eines gemeinsamen Arbeitsmarktes sind.

Das Qualifikationsniveau und die Berufe der Grenzgänger werden nicht vom Herkunftsland sondern von der Struktur des Arbeitsmarktes am Beschäftigungsort bestimmt.

1 Unter aktiven Grenzgängern werden diejenigen Personen verstanden, die über eine Grenzgängerbewilligung verfügen und nach Schätzung des Bundesamtes für Statistik der Schweiz (BFS) auch tatsächlich einer Arbeit in der Schweiz nachgehen (siehe auch i‑Punkt).

2 Auch hier kommen nicht alle aus Baden sondern einige auch aus angrenzenden Landkreisen, insbesondere Konstanz.

3 INSEE ist das nationale französische Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien.

4 Statistik Schweiz: Erwerbstätigkeit und Arbeitszeit – Detaillierte Ergebnisse der GGS [Abrufdatum: 5. 8. 2013]

5 INSEE Alsace: La conjoncture régionale; Chiffres pour l‘Alsace n°24, Dezember 2011, [Abrufdatum: 5. 8. 2013]

6 Analyse von INSEE, Fußnote 5.

7 Bei der Einwanderung verhält es sich genau umgekehrt. Die Zahl der Einwanderer aus Deutschland lag mit über 19 000 im Jahr 2012 fast drei Mal höher als die Zahl der Einwanderer aus Frankreich (unter 7 000). Quelle: Bundesamt für Migration – BfM (Schweiz), Statistikdienst Ausländer, Tabelle 6.53.

8 An dieser Stelle sei Herrn Berset vom BFS für seine Unterstützung sehr herzlich gedankt.

9 Der höchste Anteil von Hilfskräften aus Deutschland wohnt im Landkreis Lörrach mit 27 %.

10 Dies ergaben Nachfragen bei verschiedenen Experten im Kanton Basel‑Stadt, unter anderem beim Migrationsamt des Kantons Basel‑Stadt durch Martina Schriber vom Statistischen Amt des Kantons Basel‑Stadt, der an dieser Stelle für ihre Mitarbeit herzlich gedankt sei.