:: 2/2014

Willkommen in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg ist seit Jahren ein beliebtes Einwanderungsland für Menschen aus aller Welt. 2012 stieg die Zahl der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger so stark wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Die höhere Zahl an ausländischen Einwohnern ging fast ausschließlich auf die Zuwanderung von Personen aus Staaten der Europäischen Union (EU) zurück. Dabei zog es insbesondere Menschen aus den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die im Rahmen der Osterweiterung 2004 und 2007 beitraten, aber auch Männer und Frauen aus den EU-Krisenländern in den Südwesten. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung im Land und dem bereits heute schon in einzelnen Wirtschaftsbereichen zu beobachtenden Fachkräftemangel gibt es in Politik und Wirtschaft vielfältige Initiativen, sowohl das bereits im Land vorhandene Arbeitskräftepotential besser auszuschöpfen als auch die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland aktiv zu fördern.

Im Jahr 2012 stieg die Zahl der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Baden-Württemberg so stark wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Vor allem Osteuropäer aus den neuen EU-Staaten und Menschen aus den EU-Krisenländern zog es ins Land. Nach Auswertung des Ausländerzentralregisters des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge lebten zum Jahresende 2012 rund 1,26 Mill. Menschen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit in Baden-Württemberg, 52 900 oder 4,4 % mehr als im Jahr zuvor. Nach einem Plus von 30 300 Personen im Jahr 2011 hat der Zuwachs an ausländischen Einwohnern1 2012 noch einmal spürbar an Dynamik gewonnen. Damit lebten Ende 2012 so viele ausländische Einwohner in Baden-Württemberg wie seit 1999 (1,27 Mill.) nicht mehr.

Vor allem Personen aus Osteuropa und den EU-Krisenländern zog es in den Südwesten

Die überwiegende Mehrzahl der 2012 neu hinzugekommenen ausländischen Einwohner kam aus den 26 EU-Staaten. Insgesamt waren dies 86 % oder 45 300 Personen. Besonders stark war mit +33 900 Personen (+24,4 %) der Anstieg der ausländischen Einwohner aus den zwölf neuen EU-Mitgliedstaaten, die im Rahmen der Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007 der Europäischen Union beigetreten sind. Der zahlenmäßig stärkste Zuwachs war dabei mit +11 300 oder +30,4 % bei Personen aus Rumänien zu beobachten. An zweiter und dritter Stelle folgten Polen (+8 900 Personen bzw. +18,7 %) und Ungarn ( +7 100 Personen bzw. +41,8 %). Neben dem starken Zuwachs der ausländischen Einwohner aus Mittel- und Osteuropa stieg in Folge der Staatsschuldenkrise im Euroraum auch die Zahl der Personen aus den davon besonders betroffenen Mittelmeerstaaten, die allesamt zu den 14 alten EU-Mitgliedstaaten gehören ( +11 300 Personen bzw. +3,2 %). Den zahlenmäßig stärksten Anstieg gab es 2012 gegenüber dem Vorjahr in dieser Gruppe bei Personen aus Griechenland ( +3 800 Personen bzw. +5,6 %), Italien ( +2 300 Personen bzw. +1,5 %), Spanien ( +2 000 Personen bzw. +10,8 %) und Portugal ( +1 200 Personen bzw. +4,9 %). Unter den Nicht-EU-Staaten gab es dagegen bei den türkischen Staatsangehörigen einen Rückgang um gut 4 500 Personen (−1,6 %).

Stärkste Nationalitätengruppe aus der Türkei

Obwohl sich in den vergangenen Jahren die multikulturelle Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung im Land durch den verstärkten Zuzug von Personen aus Osteuropa verändert hat, stammten zum Jahresende 2012 nach wie vor die Hälfte aller Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Südwesten aus der Türkei, Italien, Kroatien, Griechenland und Polen. Wie bereits in den Vorjahren stellten dabei die türkischen Mitbürger mit 274 100 Personen (22 %) die stärkste Nationalitätengruppe im Land. Danach folgten die Italiener (162 300 bzw. 13 %), die Kroaten (72 800 bzw. 6 %), die Griechen (71 000 bzw. 6 %) und die Polen (56 300 bzw. 4 %).

Ein Drittel der ausländischen Bevölkerung im Südwesten wohnt in der Region Stuttgart

Eine besonders hohe Anziehungskraft auf die fünf genannten Nationalitäten übt die Region Stuttgart aus. Vor allem Griechen und Kroaten zieht es in die Region. Insgesamt lebten 60 % aller in Baden-Württemberg wohnenden Griechen (42 200) und 41 % aller im Südwesten ansässigen Kroaten (29 800) in der Region Stuttgart. Bei den Personen aus Italien (58 500) und der Türkei (89 800) liegen die entsprechenden Anteile bei 36 bzw. 33 %. Polnische Staatsbürger zieht es dagegen schwerpunktmäßig fast gleichermaßen in zwei Regionen des Landes. Rund 22 % oder 12 600 der polnischen Mitbürgerinnen und Mitbürger lebten Ende 2012 in der Region Stuttgart, weitere 20 % oder 11 500 in der Region Rhein-Neckar.

Insgesamt wohnten in der Region Stuttgart 421 500 Männer und Frauen mit ausländischem Pass. Das waren ein Drittel der rund 1,26 Mill. registrierten Ausländer im Land und damit landesweit mit Abstand die meisten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Darunter hatten allein in der Landeshauptstadt Stuttgart 133 000 Männer und Frauen mit ausländischer Nationalität ihren Hauptwohnsitz. Mit deutlichem Abstand folgten die Regionen Rhein-Neckar (150 100 bzw. 12 %) und Mittlerer Oberrhein (115 200 bzw. 9 %). Am seltensten wohnten ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger dagegen in der Region Ostwürttemberg (37 300 bzw. 3 %).

Bezogen auf die jeweilige Gesamtbevölkerung2 steht die Region Stuttgart mit einem Anteil der ausländischen Bevölkerung von 15,3 % landesweit an der Spitze, gefolgt von den Regionen Rhein-Neckar und Nordschwarzwald mit Werten von 12,7 und 11,4 %. Am wenigsten stark vertreten sind ausländische Bürger mit Anteilen an der Gesamtbevölkerung von 7,9 bzw. 8,2 % in den Regionen Bodensee-Oberschwaben und Ostwürttemberg. Landesweit hatten 2012 insgesamt 11,4 % der in Baden-Württemberg lebenden Einwohner einen ausländischen Pass.

Über 24 000 ausländische Beschäftigte mehr im Südwesten

Die Daten des Ausländerzentralregisters geben Aufschluss über die Entwicklung der Zahl der im Land wohnenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Man kann daraus aber nicht ableiten, in welchem Umfang die Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind. Informationen dazu finden sich in der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass ein Beschäftigungszuwachs bei ausländischen Arbeitnehmern nicht ausschließlich und unmittelbar mit einem Zuzug in Verbindung stehen muss. Auch der Übergang einer Person aus der Selbstständigkeit, der Ausbildung oder der Arbeitslosigkeit erhöht die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, ohne dass ein Zuzug in das Bundesland erfolgt sein muss. Gleichwohl spiegelt sich der verstärkte Zuzug von Menschen mit ausländischer Nationalität im Allgemeinen auch in einem Zuwachs der Beschäftigten wider.

Nach Auswertung der Beschäftigungsstatistik stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischem Pass 2012 gegenüber dem Vorjahr um 5,4 % oder 24 200 Personen. Bezogen auf den gesamten Beschäftigungszuwachs im Land ( +65 300 Personen bzw. +1,6 %) entspricht dies einem Anteil von 37 %. Insgesamt war im Südwesten der Anteil der ausländischen Arbeitnehmer mit 11,5 % so hoch wie in keinem anderen Bundesland und deutlich höher als im Bundesdurchschnitt (7,7 %). Ende 2012 arbeiteten rund 4,11 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Baden-Württemberg, darunter waren 474 900 ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Höchster zahlenmäßiger Zuwachs bei Arbeitnehmern aus Polen, Ungarn und Rumänien

Rund 22 200 Personen oder 92 % des Bestandzuwachses an ausländischen Beschäftigten im Land stammten aus Mitgliedstaaten der EU. Den zahlenmäßig höchsten Anstieg gab es bei Arbeitnehmern aus Polen und Ungarn mit jeweils +4 500 Personen und Rumänien mit +4 100 Personen. Zusammen waren das allein gut 13 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer aus diesen drei osteuropäischen Staaten, die erst 2004 bzw. 2007 der EU beigetreten sind. Ein Grund für den hohen Zuwachs der ausländischen Bürger aus den neuen EU-Staaten dürfte in der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu sehen sein, die als einer der Grundpfeiler innerhalb der Europäischen Union vorsieht, dass jeder EU-Bürger grundsätzlich in einem Mitgliedstaat seiner Wahl wohnen und arbeiten kann. Für die acht neuen EU-Mitgliedstaaten Polen, Ungarn, Tschechische Republik, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen aus dem Jahr 2004 gilt seit dem 1. Mai 2011 die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Bei den Personen aus Bulgarien und Rumänien, die im Jahr 2007 der EU beigetreten sind, war die Arbeitnehmerfreizügigkeit bis Ende 2013 eingeschränkt. Arbeitnehmer aus diesen Ländern benötigten bis dahin grundsätzlich eine Arbeitsgenehmigung. Allerdings gab es für besondere Berufsgruppen bzw. Tätigkeiten bereits früher schon Ausnahmen. Dazu gehörten beispielsweise Auszubildende, Saisonbeschäftigte, Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvierten, Geschäftsführer oder Fachkräfte mit Hochschulabschluss bei entsprechend qualifizierter Beschäftigung.

Vergleichsweise hohe Zuwächse gab es ebenfalls aus den EU-Krisenländern Griechenland ( +2 200 Personen) und Italien ( +1 900 Personen) sowie dem Kosovo ( +1 400 Personen), der als einziger Nicht-EU-Mitgliedstaat einen Platz unter den zehn Nationalitätengruppen mit den höchsten Beschäftigungszuwächsen im Land einnahm. Auch Spanien ( +1 000 Personen), das wie Griechenland und Italien besonders von der Eurokrise betroffen ist, Bulgarien ( +900 Personen), Portugal ( +800 Personen) und die Slowakei ( +500 Personen) gehören zu den zehn Nationen mit den zahlenmäßig stärksten Beschäftigungszuwächsen.

Vor allem Gastgewerbe und Industrie profitieren

Den zahlenmäßig stärksten Anstieg an ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gab es 2012 im Gastgewerbe ( +4 000 Personen), dem Verarbeitenden Gewerbe ( +3 000 Personen) sowie dem Bereich Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen ( +2 900 Personen), zu dem unter anderem Architektur- und Ingenieurbüros sowie der Bereich Forschung und Entwicklung zählen. Auch wenn die Beschäftigungszuwächse von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den übrigen Wirtschaftsabschnitten zahlenmäßig geringer ausfielen, waren sie dennoch in vielen Fällen bestimmend für die Entwicklung der Gesamtbeschäftigung. So wurde beispielsweise im Baugewerbe der Beschäftigungsabbau von deutschen Arbeitnehmern (−200 Personen) durch einen Zuwachs von ausländischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ( +2 500 Personen) mehr als ausgeglichen. In den Wirtschaftsbereichen Verkehr und Lagerei wurde der Beschäftigungszuwachs fast ausschließlich und in den Privaten Haushalten zu 90 % von ausländischen Beschäftigten getragen. Im Gesundheits- und Sozialwesen, wo bereits heute ein Mangel an Fachkräften zu beobachten ist, aber auch im Gastgewerbe, entfielen jeweils mehr als drei Viertel der neuen Stellen auf ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Qualifikation der ausländischen Arbeitnehmer

Die berufliche Qualifikation der ausländischen Arbeitnehmer hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch ist sie über alle Nationalitätengruppen hinweg immer noch spürbar geringer als die der deutschen Kollegen. So besaßen 2012 unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit, für die eine Angabe zur Berufsausbildung vorlag, 38 % keine abgeschlossene Berufsausbildung. Damit war die Quote fast drei Mal so hoch wie bei den deutschen Beschäftigten (15 %). Des Weiteren war unter den Beschäftigten mit ausländischer Nationalität der Anteil der Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung mit 50 % um 20 Prozentpunkte und bei der Akademikerquote mit 12 % um 3 Prozentpunkte niedriger als bei den deutschen Beschäftigten.

Allerdings muss bei der Analyse der Beschäftigungsstruktur einschränkend erwähnt werden, dass bei ausländischen Beschäftigten der Anteil an Personen mit unbekannten Berufsabschlüssen (26 %) wesentlich höher ist als bei den deutschen Beschäftigten (11 %), sodass Angaben zur Beschäftigungsstruktur je nach Nationalität und Umfang dieses Anteils mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind. Um dennoch Hinweise auf die berufliche Qualifikation der Beschäftigten zu erhalten, kann insbesondere in diesen Fällen eine kombinierte Betrachtung mit dem Anforderungsniveau hilfreich sein, da das Anforderungsniveau und das berufliche Qualifikationsniveau in der Regel in enger Verbindung zueinander stehen.

Bei dieser kombinierten Betrachtung zeigt sich, dass bei den ausländischen Beschäftigten, für die keine Angabe zur Berufsausbildung vorliegt, 45 % als Helfer tätig waren, 48 % arbeiteten als Fachkraft. Nur 4 bzw. 3 % waren als Spezialist oder Experte tätig. Im Vergleich dazu waren lediglich 24 % der deutschen Beschäftigten, für die keine Angabe zum Berufsabschluss vorliegt, als Helfer beschäftigt, 58 % als Fachkraft, 10 % als Spezialist und knapp 8 % als Experte. Damit übten deutsche Beschäftigte auch bei unbekanntem Berufsabschluss sehr viel häufiger höher qualifizierte Tätigkeiten aus als ihre ausländischen Kolleginnen und Kollegen.

1 Um den Lesefluss nicht zu stören, wird im Folgenden in der Regel auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Ausdrucksweisen verzichtet.

2 Datenquelle: Bevölkerungsfortschreibung zum 31. Dezember 2012 auf Basis Zensus 2011