Mais – Anbautrend ist ungebrochen
Mais hat es innerhalb eines halben Jahrhunderts geschafft, zu einer der drei wichtigsten Ackerkulturen in Baden-Württemberg zu werden. In den 1960er-Jahren noch eine unbedeutende Randkultur, wurde sie in den folgenden Jahrzehnten, vor allem als Futtergrundlage für die Rinderhaltung, immer wichtiger. Zwischenzeitlich hat sich Mais zur vielfältig nutzbaren Kulturpflanze entwickelt. Das Spektrum reicht von der Produktion von Stärke und Speiseöl für die Ernährungsindustrie bis zur Stromerzeugung in Biogasanlagen. In vielen Regionen Baden-Württembergs stellt Mais die wichtigste Fruchtart dar, die besonders nach der Getreideernte im Sommer und Herbst in den Blickpunkt rückt.
Seit über 5 Jahrzehnten auf der Erfolgsspur
Mit einem Anteil von 24 % am Ackerland hat der Maisanbau im Jahr 2014 einen neuen Höchstwert von 200 000 Hektar (ha) in Baden-Württemberg erreicht und konkurriert schon beinahe um den Spitzenplatz, den traditionell die stärkste Kulturpflanze Weizen (232 000 ha) innehat. Die bis Anfang des Jahrtausends mit über 200 000 ha noch wesentlich stärker vertretene Sommer- und Wintergerste ist mit nunmehr 154 000 ha längst auf den dritten Platz verwiesen worden. Damit befindet sich Baden-Württemberg unter den maisstärksten Ländern in guter Gesellschaft. Auch in Nordrhein-Westfalen (284 000 ha) und Bayern (529 000 ha) nimmt Mais gut ein Viertel der Ackerfläche ein, im maisanbaustärksten Land Niedersachsen (593 000 ha) sogar ein Drittel.1
Innerhalb weniger Jahrzehnte hat damit diese ursprünglich aus Zentralamerika stammende Kulturpflanze einen regelrechten Siegeszug angetreten. Im Jahr 1960 beschränkte sich der Anbau in Baden-Württemberg noch auf 14 500 ha, 10 Jahre später (1970) lag der Anteil von Mais bereits bei 60 200 ha bzw. 6,3 % am Ackerland. Mais wurde dabei überwiegend als Silomais zur Verfütterung in Rinder haltenden Betrieben angebaut und verdrängte zunehmend traditionelle Feldfutterpflanzen wie Luzerne und Klee. Mais ist im Anbau relativ anspruchslos und weist als C4-Pflanze2 ein schnelles Wachstum auf. Aber nicht nur die höheren Energieerträge je ha förderten die Umstellung, auch der hohe Mechanisierungsgrad bei der Aussaat- und Erntetechnik sowie seine pflanzenbaulichen Eigenschaften. Neben einer hohen Standfestigkeit sowie geringem Krankheits- und Schädlingsbefall gehört dazu auch die jahrelange Nachbaumöglichkeit auf derselben Fläche. Zu den größten Problemen zählt die Unkrautbekämpfung, da Mais im frühen Wachstumsstadium empfindlich auf konkurrierende Unkräuter reagiert. Bis 1985, also nur innerhalb von 15 Jahren, verdoppelte sich die gesamte Maisanbaufläche auf 132 200 ha. Allein die Silomaisfläche im Südwesten erreichte 1985 mit 100 900 ha einen Höhepunkt, der über viele Jahre nicht mehr übertroffen werden sollte.
Silomais für Biogas und Rinder
Im Zuge des landwirtschaftlichen Strukturwandels vergrößerten und spezialisierten sich die Betriebe. Durch signifikante Produktivitätsfortschritte oder alternative Einkommensmöglichkeiten entschieden sich viele Betriebe zur Aufgabe der Rinderhaltung, wodurch die Zahl der Rinder in Baden-Württemberg kontinuierlich von 1,8 Mill. Tieren im Jahr 1985 auf derzeit rund 1 Mill. sank. Nahezu parallel verlief die Entwicklung der Silomaisfläche, die bis in die 1990er-Jahre permanent eingeschränkt wurde. Vor diesem Hintergrund war zu erwarten, dass sich der Anbau in einem Bereich von 80 000 bis 90 000 ha in Baden-Württemberg einpendeln würde.
Eine Renaissance erlebte der Maisanbau erst, als Anfang des Jahrtausends verstärkt Biogasanlagen gebaut wurden. Diese benötigten als »Futter« ein energiereiches Substrat mit guter Silierfähigkeit. Mais brachte dafür die besten Voraussetzungen mit und erschloss sich neue Verwertungsmöglichkeiten in Form von »Energiemais«. Immerhin stieg die installierte elektrische Leistung3 von Biogasanlagen in Baden-Württemberg4 seit 2003 um das 15-fache. Da nach wie vor Mais an erster Stelle5 bei der Bestückung von Biogasanlagen mit Gärsubstrat steht, dürfte die seitdem ebenfalls stark gestiegene Silomaisfläche auf den aktuellen Stand von 125 400 ha größtenteils auf die Verwendung in Biogasanlagen zurückzuführen sein. Aber auch der Rinderbestand zeigt seit 2013 mit einem leichten Plus wieder positive Tendenzen.
Die größte Dichte an Biogasanlagen im Land entwickelte sich in den letzten 10 Jahren im südöstlichen Baden-Württemberg. In dieser traditionell von Viehhaltung geprägten Region setzten die Betriebe entweder als zweites Standbein neben der Rinderhaltung oder als Alternative dazu verstärkt auf Biogas. Ein intensiver Maisanbau wird besonders im Bereich zwischen Ulm und Bodensee betrieben, wo in einigen Gemeinden bis zu einem Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) von Mais eingenommen wird. Zum Vergleich: Im Landesmittel liegt der Anteil bei 13 % Mais an der LF. Den größten Anbauumfang hatte im Jahr 2010 mit 15 400 ha (1999: 9 400 ha) der Kreis Biberach vorzuweisen, worunter der überwiegende Anteil mit 13 800 ha aus Silomais besteht. Weitere silomaisstarke Landkreise sind Ravensburg, in dem der Anbau im selben Zeitraum von 6 200 ha auf 9 700 ha ausgeweitet wurde, sowie der Alb-Donau-Kreis mit 8 700 ha Silomais (vorher 4 300 ha).
Oberrheinebene: Körnermais pur
Unbeeindruckt vom Auf und Ab beim Anbau von Silomais zeigte sich der Körnermais. Seit Beginn der 1990er-Jahre stiegen die Anbauflächen stetig an und pendelten sich erst in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau ein. Durch Forschung und intensive züchterische Bearbeitung wurden immer leistungsfähigere und kühletolerantere Hybridsorten hervorgebracht, die eine Ausweitung des Maisanbaus ermöglichten.
Aktuell (2014) liegt die Körnermaisfläche einschließlich Corn-Cob-Mix (CCM)6 in Baden-Württemberg bei 75 000 ha und befindet sich somit bundesweit an vierter Stelle. Nur in Bayern (140 000 ha), Nordrhein-Westfalen (104 000 ha) und in Niedersachsen (86 000 ha) waren 2013 die Flächen noch umfangreicher.7 Allerdings wird in Baden-Württemberg in erster Linie Körnermais gedroschen, CCM spielt nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz dazu ist in den anderen körnermaisstarken Bundesländern die Verarbeitung zu CCM wesentlich bedeutender.
Das größte Anbaugebiet für Körnermais zieht sich am Oberrhein entlang, wo sich im Jahr 2010 über die Hälfte des baden-württembergischen Bestands befand. Dort gelangen durch das milde Weinbauklima auch späte Körnermaissorten mit höheren Reifezahlen noch sicher zur Abreife und garantieren den Betrieben höhere Ernteerträge. In einzelnen Gemeinden nimmt der Maisanbau über 50 % der LF ein. Viele Betriebe haben sich auf den Maisanbau oder sogar auf die Saatmaisproduktion spezialisiert. Den Anbauschwerpunkt bildet die Region Südlicher Oberrhein, vor allem die beiden Landkreise Ortenaukreis und Breisgau-Hochschwarzwald, die 2010 zusammen eine Körnermaisanbaufläche von 22 200 ha aufwiesen. Hier standen ebenso wie im Landkreis Emmendingen (5 100 ha) auf fast der Hälfte der Ackerfläche Körnermais (landesweit 9 %).
Insbesondere im Zeitraum von 1987 bis 1999 legte in der Region Südlicher Oberrhein sowie in den Kreisen Lörrach und Rastatt der Anteil von Körnermais (inklusive Corn-Cob-Mix) an der Ackerfläche um 10 bis 25 Prozentpunkte zu. In den Folgejahren bis 2010 waren die Anstiege moderater. In den Landkreisen Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald und Rastatt sowie im Stadtkreis Freiburg gingen in diesem Zeitraum weitere 5 bis 12 Prozentpunkte der Ackerfläche an den Körnermais. Dagegen stabilisierte sich der Anteil in den Landkreisen Emmendingen und im Ortenaukreis, was vermutlich auf das starke Auftreten des Maiswurzelbohrers zurückzuführen ist, der dort ab 2009 verstärkt gefunden wurde8. Der Käfer schädigt im Larvenstadium die Wurzeln, während im adulten Stadium die Narben und Pollen gefressen werden, was bis zum Totalausfall der Maispflanze führen kann. Mit Insektiziden ist der Käfer zwar in beiden Stadien bekämpfbar, jedoch bestehen aus Gründen des Gewässer- und Nützlingsschutzes Bedenken. Eine Eingrenzung des Befalls erscheint über Fruchtfolgemaßnahmen am nachhaltigsten zu sein, wes-halb 2009 in den betroffenen Landkreisen eine Anbaubeschränkung erlassen wurde.
Körnermais als alleinige Ackerfrucht in einer solchen Dichte ist jedoch nur auf einem schmalen Streifen entlang des Rheins zu finden. Wenige Kilometer abseits findet sich bereits ein anderes Landschaftsbild. Während sich der Körnermais auf die Ebene beschränkt, ist in der Vorbergzone Wein- und Obstanbau vorherrschend; Grünland und auch Silomais hingegen sind als Futtergrundlage im Schwarzwald unentbehrlich. Erst in den Höhenlagen ist in vielen Gemeinden kein Maisanbau mehr möglich.
Wohin geht der Trend?
Der jahrelange Anbau derselben Kulturpflanze auf einer Fläche erhöht die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Mahnendes Beispiel ist das verstärkte Auftreten des Maiswurzelbohrers in der Rheinebene in den letzten Jahren, das ein Umdenken im Anbauverhalten erforderlich machte. Auch wenn die Anbaubeschränkungen in den Landkreisen Emmendingen und im Ortenaukreis wieder aufgehoben wurden, wird nach wie vor empfohlen, den Maisanbau auf 66 % in der Fruchtfolge zu begrenzen. Immer häufiger werden auch Blattkrankheiten, wie die Turcicum-Blattdürre festgestellt, die bei starkem Befall sogar Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich werden lassen. Wesentliche Impulse für die weitere Anbauentwicklung von Mais dürften von den künftigen Investitionen in Biogasanlagen abhängen. Hier wird sich zeigen, inwieweit sich die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes niederschlägt und alternative Energiepflanzen zur Praxisreife gelangen.