:: 5/2015

Indikatorensysteme im Regionalatlas

Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bieten unter www.statistikportal.de kostenfrei einen interaktiven Regionalatlas als Gemeinschaftsveröffentlichung an. Dieser Regionalatlas bildet in Form von thematischen Karten über 110 Indikatoren aus den Themenbereichen der amtlichen Statistik für Bundesländer, Regierungsbezirke bzw. Statistische Regionen sowie Stadt- und Landkreise ab. Ausgehend von den aktuellen Daten können diese bis 1995 zurückverfolgt werden. So sind sowohl regionale Unterschiede als auch Entwicklungen im Zeitverlauf visualisierbar.

Im vorliegenden Beitrag werden ausgewählte Indikatoren der neu aufgenommenen Indikatorensysteme »Gender«, »Nachhaltigkeit« und »Soziales« dargestellt und Ergebnisse für die Stadt- und Landkreise Baden‑Württembergs in die bundesweite Lage eingeordnet.

Regionalatlas um Indikatorensysteme erweitert

Die Arbeitsgruppe Regionalatlas hat Indikatoren zu 15 Themenbereichen aufbereitet (siehe i-Punkt »Themenbereiche«). Das Ziel, Indikatorensysteme abzubilden, wurde erstmals zu Beginn des Jahres 2014 realisiert. Begonnen wurde mit dem Indikatorensystem »Gender«, welches mit insgesamt 14 Einzelindikatoren im Regionalatlas publiziert wird. Inhaltlich lehnte sich die Arbeitsgruppe an den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebenen »2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland« an. Grundlage für die Auswahl der einzelnen Indikatoren war dabei das Vorhandensein der Ausgangsdaten für die Berechnung der Indikatorwerte in der Regionaldatenbank Deutschland. Somit bildet die Regionaldatenbank Deutschland die Ausgangsbasis für alle im Regionalatlas dargestellten Indikatoren.

Im Juli 2014 wurden die Indikatorensysteme »Nachhaltigkeit« mit 16 sowie »Soziales« mit 14 Indikatoren in den Regionalatlas aufgenommen. Der vom Statistischen Bundesamt im Auftrag der Bundesregierung erstellte Indikatorenbericht »Nachhaltige Entwicklung in Deutschland 2012« wurde als Grundlage für die inhaltlichen Schwerpunkte zum System »Nachhaltigkeit« verwendet. Der größte Teil der Daten zu diesen Indikatoren stammt aus den Umweltökonomischen und Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen.

Für die ausgewählten Indikatoren im System »Soziales« bildete die »Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik« die Ausgangsbasis. Dieses gemeinsame Projekt der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird von einer Arbeitsgruppe getragen und umfasst im Wesentlichen die Veröffentlichung von Berichten zur sozialen Mindestsicherung in Deutschland sowie die Bereitstellung von Indikatoren zur Messung von Armut und sozialer Ausgrenzung auf Ebene von Bund und Ländern. Die Auswahl der Indikatoren orientierte sich an den in der Europäischen Union vereinbarten Indikatoren zur Messung der sozialen Eingliederung.

Alle Indikatorensysteme – Gender-, Nachhaltigkeits-, Sozialindikatoren – finden in Politik und Gesellschaft zurzeit ein sehr großes Echo. Die Kartendarstellungen mit ihren Zeitreihen können für visuelle Argumentationen genutzt werden. Mit ihrer Hilfe ist schnell ablesbar, inwieweit politische Zielgrößen erreicht worden sind.

Indikatorensystem »Gender«

Im Indikatorensystem »Gender« steht die Gleichstellung von Frauen und Männern im Mittelpunkt (siehe i-Punkt »Indikatorensysteme«).1 Bezüglich der Arbeitslosigkeit stehen die Frauen im Durchschnitt etwas besser da als die Männer. So waren 2014 deutschlandweit 6,6 % der Frauen und 6,8 % der Männer arbeitslos. Gegenüber 2009 ging die Arbeitslosigkeit bei den Männern um 1,6 Prozentpunkte und bei den Frauen um 1,3 Prozentpunkte zurück.

Regional gab es 2014 enorme Unterschiede innerhalb Deutschlands. Der Blick auf die Übersichten 1 und 2 zeigt, dass nach mehr als 2 Jahrzehnten Deutsche Einheit der Arbeitsmarkt in den neuen Ländern sich noch deutlich von den Verhältnissen im früheren Bundesgebiet unterscheidet. Jedoch zeigt sich auch, dass neue und alte Bundesländer in sich keine homogenen Gebiete sind. Die höchste Arbeitslosenquote der Männer wurde 2014 in der kreisfreien Stadt Bremerhaven und im Landkreis Uckermark (Brandenburg) mit 14,9 % ermittelt, die niedrigste mit 1,3 % im Landkreis Eichstätt (Bayern). Bei den Frauen waren es ebenfalls der Landkreis Uckermark mit der höchsten Arbeitslosenquote (16 %) und der Landkreis Eichstätt mit der niedrigsten (1,4 %).

Auch in Baden‑Württemberg sind Unterschiede zwischen den regionalen Einheiten sichtbar. So betrug zum Beispiel im Jahr 2009 die Arbeitslosenquote bei den Männern in Baden‑Württemberg durchschnittlich 5,2 %. Dabei wies der Landkreis Biberach mit 3,7 % den geringsten Wert und der Stadtkreis Pforzheim mit 10,2 % den höchsten Wert auf. Fünf Jahre später sank der Durchschnittswert für Baden‑Württemberg deutlich auf 3,9 %. Pforzheim hatte bei den Männern mit 7,4 % weiterhin die höchste Arbeitslosenquote, während im Landkreis Biberach noch 2,4 % zu verzeichnen waren.

Die Arbeitslosenquote der Frauen betrug 2009 in Baden‑Württemberg 5,0 % und sank bis 2014 auf 4,0 %. Pforzheim wies auch hier in beiden aufgeführten Jahren jeweils den höchsten Wert auf, obwohl die Quote von 9,7 % auf 7,9 % sank. Die niedrigste Arbeitslosenquote bei den Frauen hatte 2014 der Landkreis Waldshut mit 2,6 %.2

Indikatorensystem »Nachhaltigkeit«

»Nachhaltigkeit« hat sich zunehmend als ein zentrales Prinzip in Politik und Gesellschaft etabliert.3 Sie gilt als ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem die Bewahrung der wesentlichen Eigenschaften, der Stabilität und der natürlichen Regenerationsfähigkeit des jeweiligen Systems im Vordergrund steht.4 Die unbebaute, unzerschnittene und unzersiedelte Fläche ist eine begrenzte und gleichwohl begehrte Ressource. Um ihre Nutzung konkurrieren zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Naturschutz, Rohstoffabbau und Energieerzeugung, wobei sich insbesondere die Siedlungs- und Verkehrsflächen stetig ausdehnen. Zu den direkten Umweltfolgen der Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen der Verlust der natürlichen Bodenfunktionen durch Versiegelung, der Verlust fruchtbarer landwirtschaftlicher Flächen oder der Verlust naturnaher Flächen mit ihrer Biodiversität. Zudem zieht jede Neuerschließung von Bauflächen im Umfeld der Städte und außerhalb der bisherigen Siedlungskerne auch weiteren Verkehr und Flächenzerschneidung nach sich. Dies führt zu Folgelasten wie Lärm und Schadstoffemissionen, aber auch zu erhöhtem Aufwand für die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur.5 Ziel der Bundesregierung ist es, die Inanspruchnahme neuer Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis zum Jahr 2020 auf durchschnittlich 30 Hektar (ha) pro Tag zu begrenzen. Im Jahr 2000 betrug der Zuwachs in Deutschland 129 ha pro Tag und 2012 immerhin noch 74 ha pro Tag.

Auch im Regionalatlas wird Wert auf die Darstellung der natürlichen Ressourcen gelegt (siehe i-Punkt »Indikatorensysteme«). Im Themenbereich »Flächeninanspruchnahme« wird mit dem Indikator »Veränderung der Siedlungs- und Verkehrsfläche« darüber hinaus die jährliche Zu- bzw. Abnahme dieser Fläche abgebildet.

Im Vergleich der Bundesländer lag Baden‑Württemberg 2012 gegenüber dem Vorjahr gemeinsam mit Brandenburg und Nordrhein-Westfalen mit einer Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche um 0,5 % im Bundesdurchschnitt. In Berlin (−0,3 %) und Sachsen-Anhalt (−0,1 %) konnte ein Rückgang festgestellt werden. Auf Ebene der 402 Stadt- und Landkreise in Deutschland nahm in 19 Kreisen die Siedlungs- und Verkehrsfläche ab. Den größten Rückgang wies der Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt mit −1,3 % auf.

In Baden‑Württemberg hatte der Stadtkreis Mannheim eine Abnahme um 0,1 % gegenüber 2011 zu verzeichnen. Die höchste Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche wurde 2012 in den Landkreisen Ravensburg und Schwäbisch Hall mit 1,1 % festgestellt. Sie belegten damit den 15. Platz im bundesweiten Vergleich.6

Indikatorensystem »Soziales«

Der Indikator »Verfügbares Einkommen je Einwohner« (siehe i-Punkt »Indikatorensysteme«) beschreibt den durchschnittlichen Betrag, der jedem Einwohner für Konsum- und Sparzwecke zur Verfügung steht.7 Anhand der Kartendarstellung ist ersichtlich, dass fast alle Landkreise der neuen Bundesländer ein geringes durchschnittliches verfügbares Einkommen je Einwohner aufweisen. Es gibt aber auch in den alten Bundesländern viele Regionen, in denen das durchschnittlich verfügbare Einkommen gering ist.

Die Universitätsstadt Mannheim stand 2012 mit einem verfügbaren Einkommen von durchschnittlich 18 600 Euro je Einwohner an 96. Stelle im Deutschlandvergleich und an letzter Stelle der Stadt- und Landkreise in Baden‑Württemberg. Dagegen verfügte die Stadt Heilbronn mit 39 524 Euro über das höchste durchschnittlich verfügbare Einkommen je Einwohner sowohl in Baden‑Württemberg als auch deutschlandweit. Die Einwohner der kreisfreien Stadt Weimar (Thüringen) hatten mit durchschnittlich 15 782 Euro das niedrigste verfügbare Einkommen.

Ausblick

Neben den hier dargestellten Indikatorensystemen umfasst der Regionalatlas viele weitere Indikatoren aus allen Bereichen der amtlichen Statistik (siehe auch i-Punkt »Themenbereiche«). Die nächsten Aufgaben der Arbeitsgruppe Regionalatlas bestehen in der Einführung der Indikatorensysteme »Zensus 2011«, »Wissenschaft und Technologie« sowie »Integration«. Aber auch bestehende Themenbereiche und Indikatorensysteme werden regelmäßig aktualisiert und durch weitere geeignete Indikatoren ergänzt.

Die Karten des Regionalatlasses können als PDF-Dokument exportiert und gedruckt werden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, sowohl die Farbgestaltung als auch die Klasseneinteilung manuell anzupassen. Neben der kartografischen Darstellung erlaubt der Regionalatlas eine Wiedergabe der Indikatorwerte in sortierbarer Tabellenform.

Die Nutzerfreundlichkeit des Regionalatlasses wurde durch eine direkte Verlinkung zu den zugehörigen Tabellen in der Regionaldatenbank Deutschland weiter erhöht. Diese sind durch einen Klick auf das Tabellensymbol in der »Auswahl« erreichbar. Ausführliche Bedienhinweise zum Regionalatlas sind über das »?« in der oberen Symbolleiste abrufbar.

Der dieser Veröffentlichung zugrunde liegende Beitrag wurde von Regine Fiedler in der Zeitschrift Statistik in Sachsen 2/2014 erstveröffentlicht. Wir danken der Autorin und dem Statistischen Landesamt des Freistaates Sachsen für die Zustimmung zur Nachnutzung.

Gegenüber der Originalfassung wurden von Sabine Maurer die Angaben für Sachsen durch solche für Baden‑Württemberg ersetzt, die Karten neu erzeugt und eine Übersicht (Ü5) zusätzlich aufgenommen.

1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), 2. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland, Stand Mai 2013, 2. Auflage, S. 5.

2 Für die Berechnung des Indikators »Arbeitslosen­quote bei Frauen« bzw. auch »Anteil der weiblichen Arbeitslosen an den weiblichen zivilen Erwerbspersonen im Jahresdurchschnitt« wird die Zahl der weiblichen Arbeitslosen durch die Zahl der weiblichen zivilen Erwerbspersonen dividiert und mit 100 multipliziert, analog bei den Männern.

3 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Indikatorenbericht 2012, S. 3. Mittlerweile ist der Indikatorenbericht 2014 erschienen.

4 Wikipedia (Abruf: 1. August 2014).

5 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, Indikatorenbericht 2012, S. 14

6 Für die Berechnung des Indikators »Veränderung der Siedlungs- und Verkehrsfläche pro Jahr« wird die Differenz aus der Siedlungs- und Verkehrsfläche zum 31. 12. des Berichtsjahres und zum 31. 12. des Vorjahres durch die Siedlungs- und Verkehrsfläche des Vorjahres dividiert und mit 100 mulitipliziert.

7 Aus methodischen Gründen werden bei der Einkommensberechnung durch die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) nicht nur die Einkommen der privaten Haushalte, sondern auch die Einkommen der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck einbezogen.