:: 9/2015

Statistisches Monatsheft September 2015

Wanderungen von Ost nach West – und wieder zurück?

Zum Wanderungsgeschehen zwischen Baden‑Württemberg und den neuen Bundesländern

Die Zuwanderung nach Baden‑Württemberg hat zuletzt ein Niveau erreicht, das noch Ende des vergangenen Jahrzehnts für kaum vorstellbar gehalten wurde. Zogen 2008 und 2009 per Saldo lediglich jeweils 3 000 bis 4 000 Personen in den Südwesten, waren es im vergangenen Jahr bereits rund 90 000 Personen! Noch erheblich höher war der Wanderungsgewinn allerdings 1990, also im Jahr der Wiedervereinigung, als per Saldo 182 000 Menschen nach Baden‑Württemberg zuzogen. Darunter waren allein in jenem Jahr immerhin 49 000 Personen, die aus den fünf neuen Bundesländern gekommen sind. Rund 5 000 Personen zogen 1990 aus dem Südwesten nach Ostdeutschland.

Anlässlich der Wiedervereinigung vor einem Vierteljahrhundert soll das Wanderungsgeschehen zwischen Baden‑Württemberg und den neuen Bundesländern näher analysiert werden. Dabei soll zunächst deutlich werden, dass – zumindest zeitweise – auch bereits vor 1989 eine starke Wanderungsverflechtung zwischen dem Südwesten und der ehemaligen DDR bestand. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt allerdings auf dem Wanderungsgeschehen seit dem Jahr 1990. Hierbei wird unter anderem auch der Frage nach der alters- und geschlechtsspezifischen Zusammensetzung der Zu- und Fortziehenden nachgegangen. Abschließend soll gezeigt werden, dass die einzelnen Stadt- und Landkreise Baden‑Württembergs für »Zuzügler« aus den neuen Bundesländern sehr unterschiedlich attraktiv sind.

Einkommenseffekte der Berufspendler

Pendlerströme stellen einen bedeutsamen Faktor für die regionale Einkommensverteilung dar, da mit ihnen Einkommenstransfers von den Arbeitsorten zu den Wohnorten verbunden sind. In der Folge unterscheidet sich bei einzelnen Regionen das Einkommen recht deutlich, je nachdem, ob sie aus der Warte des Arbeitsort- oder Wohnortkonzepts betrachtet werden. So weisen auf Bundesländerebene vor allem die Stadtstaaten nach dem Arbeitsortkonzept ein vergleichsweise hohes Einkommen auf, das jedoch teilweise wieder an die Wohnorte der Einpendler in die angrenzenden Länder abfließt.

Das gleiche Bild ergibt sich in Baden‑Württemberg für die Stadtkreise. Hier liegt das geleistete Arbeitnehmerentgelt durchgängig deutlich über dem empfangenen, gleichzeitig zeichnen sie sich durch einen beträchtlichen Einpendlerüberschuss aus. Insgesamt ist das nach dem Wohnortkonzept dargestellte empfangene Einkommen tendenziell regional gleichmäßiger verteilt als das Einkommen nach dem Arbeitsortkonzept.

Forschung und Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika

In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), der weltweit größten Volkswirtschaft, wird rund ein Fünftel der globalen Wirtschaftsleistung erbracht. Die USA umfassen 50 Bundesstaaten und sind gemessen an Bevölkerung und Fläche der drittgrößte Staat der Erde. Dass in diesen US-Bundesstaaten weltweit die meisten Waren und Dienstleistungen pro Periode hergestellt werden, spiegelt sich im Bruttoinlandsprodukt (BIP), der wichtigsten makroökonomischen Kenngröße, wider. Es betrug 2014 in den USA 17 419 Mrd. US-Dollar. Gründe für diese seit Jahrzehnten anhaltende wirtschaftliche Dominanz gibt es viele. Die enormen Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) dürften hier eine wichtige Rolle spielen. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt investierten die USA im Jahr 2012 einen Anteil von 2,8 % in Forschung und Entwicklung (FuE-Intensität). Dieser Wert liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt von 2 %. Wie in Deutschland (2,8 %) gibt es auch in den USA innerhalb des großen Staatenverbundes einzelne Staaten, die bei dieser Kenngröße weit über dem nationalen Durchschnittswert liegen. Im nachfolgenden Beitrag werden in einem Überblick die FuE-Ressourcen dieser weltweit forschungsaktivsten Nation auf Ebene der Bundesstaaten näher betrachtet.

Konjunkturgespräch 2015 – Prognostiker treffen Praktiker

Wirtschaftsprognosen stellen einen wichtigen Bestandteil der Konjunkturbeobachtung im Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg dar. Aber nicht immer kann das Konjunkturteam des Landesamtes die Signale aus den Prognosemodellen eindeutig interpretieren. Umso wichtiger ist es daher, das Prognoseergebnis einem Praxistest zu unterwerfen und mit Hintergrundinformationen aus den einzelnen Branchen der baden-württembergischen Wirtschaft zu unterfüttern. Dieser Praxistest findet seit mittlerweile 10 Jahren in Form eines gemeinsamen Konjunkturgesprächs der IHK Region Stuttgart und des Statistischen Landesamtes statt. Ein Impulsvortrag stellte die gesamtwirtschaftlichen Daten vor ihrem branchenspezifischen Hintergrund vor und lieferte wertvolle Erkenntnisse aus der Konjunkturberichterstattung des Statistischen Landesamtes.

Generalrevision 2014 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Die methodischen Hintergründe

Haben Sie es bemerkt? Quasi über Nacht, am 14. August 2014, sind Sie bzw. ist »jeder Deutsche um rund 1 000 Euro reicher geworden – aber nur auf dem Papier«, wie vom Handelsblatt plakativ dargestellt. Die deutsche Wirtschaftsleistung, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist »in dieser Nacht« rechnerisch um gut 81 Mrd. Euro gestiegen. Denn das Statistische Bundesamt hat am 14. August neue Wirtschaftszahlen vorgestellt, die es im Rahmen der VGR-Generalrevision 2014 nach einer neuen, von der Europäischen Union vorgegebenen EU-weit einheitlichen Methode – dem »Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen«, kurz ESVG 2010 – ermittelt hat. In einem ersten Teil werden mit den folgenden Ausführungen die methodischen Hintergründe der Generalrevision erläutert. Die Kenntnisse darüber sind wichtig für das Verständnis der revidierten Ergebnisse der nationalen und regionalen VGR, über die in Heft 10/2015 des Statistischen Monatshefts berichtet werden wird.

Zur Zimmerauslastung in der Hotellerie

In der monatlichen Tourismusstatistik wird als Auslastungsmaß traditionellerweise die Bettenauslastung verwendet. Insbesondere von Branchenvertretern wird dieses Maß als zunehmend unrealistisch kritisiert, weil zumindest in der Hotellerie üblicherweise das Zimmer und nicht das Bett die Vermietungseinheit darstellt. So ist auch ein mit nur einer Person belegtes Doppelzimmer (voll) ausgelastet, weil das freie Bett faktisch nicht mehr zur Vermietung verfügbar ist. Basierend auf diesen Überlegungen wurde die Zimmerauslastung ab 2003 auf nationaler Rechtsgrundlage als zusätzliches Merkmal in der gesamten ­Hotellerie erhoben. Wegen der Belastung der auskunftspflichtigen Betriebe wurde die Erhebung dieser Größe ab Juni 2005 jedoch wieder abgeschafft. Zur Erfüllung einer EU-Anforderung wird die Zimmerauslastung seit Januar 2012 erneut erhoben. Dem Belastungsargument wird aber insofern Rechnung getragen als nur noch größere Hotelleriebetriebe ab 25 Zimmern zu diesem Thema befragt werden. Der nachfolgende Beitrag zeigt nach einer Einordnung des speziellen Berichtskreises, dass bei einem Vergleich zwischen Betten- und Zimmerauslastung durchaus differenzierte Beziehungen erkennbar werden.

Aktuelle und langfristige Entwicklung von Treibhausgas-Emissionen

Der im Jahr 2013 registrierte Anstieg der Treibhausgas(THG)-Emissionen, der bundesweit bei rund 2 % lag, war in verstärktem Maße auch in Baden‑Württemberg zu verzeichnen. Auf der Grundlage der vorläufigen Energiebilanz 2013 und in Anlehnung an den Nationalen Inventarbericht des Umweltbundesamts 2014 hat das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg die vorläufigen THG-Emissionen für das Jahr 2013 errechnet. Diese lagen um 6,2 % höher als 2012. Langfristig betrachtet haben die THG-Emissionen seit 1990, dem Referenzjahr für internationale Minderungsziele, um 10,7 % abgenommen, bis 2012 waren es sogar 15,9 %. Grund dieser Gesamtminderung ist vor allem der Rückgang des Ausstoßes des gewichtigsten aller Treibhausgase, Kohlendioxid (CO2), das vorwiegend durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Es gibt Anzeichen, dass es sich bei der aktuellen Entwicklung nur um einen kurzfristigen Anstieg handelt und dass 2014 wieder eine Annäherung an das Ziel der Landesregierung erreicht werden kann, die THG-Emissionen bis 2020 um mindestens 25 % und bis 2050 um 90 % zu reduzieren.

Raumbezug in der amtlichen Statistik und Anwendungsbeispiele

Der Raumbezug von Daten ist generell wie auch in der amtlichen Statistik von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der statistisch erhobenen Sachverhalte. In aller Regel weisen diese Sachverhalte sichtbare, wenn nicht sogar deutliche regionale Differenzierungen auf. Die Kenntnisse darüber wiederum stellen notwendige Grundlagen für regionalplanerische Überlegungen und Vorgehensweisen dar. Das bisherige Informationsangebot an Regionaldaten in der amtlichen Statistik wird künftig erweitert durch die Möglichkeiten von georeferenzierten Auswertungen.

Im Folgenden wird ein leicht gekürzter Vortrag wiedergegeben, den Dr. Carmina Brenner auf der Großen Fachtagung »Georeferenzierung und Landentwicklung Baden‑Württemberg« des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden‑Württemberg am 25. Juni 2015 in Heilbronn gehalten hat.