:: 8/2016

Die Preise für Milchprodukte aus Verbrauchersicht

Die Entwicklung des Milchpreises war eines der beherrschenden Themen bei den Nahrungsmittelpreisen im 1. Halbjahr 2016. Der Einbruch des Erzeugerpreises für Rohmilch im Südwesten auf 24,22 ct/kg im Mai 2016 sorgte für existenzielle Sorgen bei den Milchbauern und ließ die Forderung nach politischen Maßnahmen laut werden. Dagegen konnten sich die Verbraucher im Land über günstigere Molkereiprodukte freuen. In diesem Beitrag soll daher die Entwicklung des Milchpreises in diesem Zeitraum aus Verbrauchersicht beleuchtet werden.

Der Verfall der Milchpreise im 1. Halbjahr 2016 und die daraus folgenden Einkommenseinbußen der Milchbauern haben große Resonanz in den Medien gefunden. Allerdings war aus Sicht der Verbraucherpreise der Rückgang bei den Preisen für Molkereiprodukte1 nicht einmal das beherrschende Thema. Nach wie vor prägen die nachlassenden Preise bei Heizöl und Kraftstoffen die Gesamtentwicklung. Auch im Juni 2016 war der Preisrückgang gegenüber dem Vorjahresmonat bei Heizöl (– 20 %) und Kraftstoffen (– 10 %) ausgeprägter als bei den Molkereiprodukten (– 4,5 %).

Bei der Verbrauchsbedeutung der Gütergruppen haben die Molkereiprodukte dagegen ein relativ hohes Gewicht. Im Bereich der Nahrungsmittel liegen sie mit einem Gewichtungsanteil am Verbraucherpreisindex von 1,4 % auf dem dritten Platz. Ein höheres Gewicht haben hier »Fleisch und Fleischwaren« mit 2,1 % und »Brot und Getreideerzeugnisse« mit 1,7 %.

Preise für Molkereiprodukte – ein stetiges Auf und Ab

Betrachtet man den Verlauf der Preise für Molkereiprodukte in den letzten Jahren, fallen die starken Schwankungen auf, denen diese Gütergruppe unterliegt. Produkte wie Vollmilch oder Butter gelten als besonders preissensibel. Zugleich werden hier Preissenkungen aufgrund ihres Signalcharakters besonders offensiv vermarktet und fordern Wettbewerber auf, ent­sprechend nachzuziehen. Darüber hinaus haben die Lieferkontrakte mit den Molkereien eine mehrmonatige Laufzeit, sodass neu verhandelte Konditionen sich zunächst verzögert, dann aber teilweise deutlich auf den Endverbraucherpreis auswirken. Die Vertragsverhandlungen seitens des Handels und der Molkereien gelten daher als hart geführt.

Die Jahre 2009 und 2010 waren besonders von Rabattschlachten des Handels geprägt. Insgesamt sollen in diesen beiden Jahren Nahrungsmittel in insgesamt 20 Preisrunden gesenkt worden sein. Betroffen waren dabei häufig auch Molkereiprodukte2, weshalb im 1. Halbjahr 2010 deren Preise in Baden-Württemberg spürbar sanken und auch im Jahresdurchschnitt bei – 0,2 % lagen. Die darauffolgenden Jahre bis 2014 waren dagegen, mit Ausnahme des Jahres 2012, von deutlich steigenden Preisen bei den Molkereiprodukten geprägt. Als Gründe gelten hier insbesondere eine stark gestiegene weltweite Nachfrage, verbunden mit schlechteren Ernten und dem kühlen 1. Halbjahr 2013. Spitzenmonate waren hier die Monate um den Jahreswechsel 2013/2014, in denen die Preissteigerungen gegenüber den Vorjahresmonaten bei über 10 % lagen. Zum Zeitpunkt Dezember 2014 hat sich dann der Trend wieder grundsätzlich gewandelt. Seit diesem Monat waren die Preisveränderungen für Milchprodukte durchweg negativ.

2014 neue Rahmenbedingungen für die Milcherzeuger

Seit 2014 scheinen sich die Marktbedingungen für die Milchproduktion deutlich geändert zu haben. So wurden in den vergangenen Jahren die Kapazitäten zur Milcherzeugung kontinuierlich ausgebaut. Wurden in Deutschland 2010 noch 29,6 Mill. t Milch produziert, lag der Wert 2015 bei 32,7 Mill. t.3 Begünstigt wurde dies mit der Abschaffung der europaweiten Milchquote zum 1. April 2015, mit der seit 1984 die Produktion der Milchmenge reguliert werden sollte. Die Deregulierung regte im Vorfeld Milchproduzenten zusätzlich an, ihre Kapazitäten zu erhöhen. Ein Teil der erzeugten Molkereiprodukte wurde dabei ins Ausland exportiert. Die konjunkturelle Eintrübung in China und insbesondere der seit August 2014 geltende Importstopp für europäische Lebensmittel nach Russland führten nun dazu, dass nochmals zusätzliche Mengen auf den inländischen Markt kamen. Dies bewirkte einen zusätzlichen Preisdruck bei den Erzeugerpreisen. Die Vergünstigungen wurden dann teilweise an den Verbraucher weitergegeben. Im Dezember 2014 waren daher in Baden-Württemberg erstmals seit 24 Monaten die Preise für Molkereiprodukte gegenüber dem Vorjahresmonat rückläufig (– 1,1 %). Deutlich stärker entwickelte sich der Preisrückgang im Mai 2015, einen Monat nach Aufhebung der Milchquote (– 4,2 %). Dieses Tempo des Preisverfalls blieb dann für den Rest des Jahres 2015 bestehen. Während sich dann zu Beginn des Jahres 2016 eine Atempause abzuzeichnen schien – im Februar lag der Rückgang gegenüber Februar 2015 bei noch – 2,5 % – gaben die Preise in den Folgemonaten wieder stärker nach. Im Mai 2016 gingen die Preise für Molkereiprodukte um 5,2 % zurück, im Juni um 4,5 %. Das Preisniveau für Milcherzeugnisse lag damit in diesem Monat in etwa auf dem von Januar 2013.

Preisentwicklung bei einzelnen Molkereiprodukten unterschiedlich

Betrachtet man die Preisveränderungen einzelner Molkereiprodukte, so ist eine unterschiedliche Entwicklung erkennbar. Auffallend ist dabei insbesondere, wie stark sich der Preis für Butter von der Preisentwicklung anderer Erzeugnisse aus Milch abgekoppelt hat. Deutliche Preisanstiege in der 2. Jahreshälfte 2013 von bis zu 32 % (August 2013) gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat stehen Preisrückgänge bis zu 19 % im 2. Halbjahr 2014 gegenüber. Allerdings kam es seither kaum noch zu Preisanstiegen bei Butter, mit Ausnahme des Jahreswechsels 2015/2016. Ein Grund für die auffälligen Bewegungen dürfte die Tendenz insbesondere bei den Lebensmitteldiscountern sein, den Butterpreis als Werbeinstrument einzusetzen, sei es durch Sonderangebote oder durch werbeträchtige Preissenkungen. Umgekehrt ziehen bei entsprechenden Marktumständen die Preise hier besonders deutlich an.

Auch bei anderen Molkereiprodukten war die Preisentwicklung der letzten Zeit dauerhaft negativ. Insbesondere Sahne ist davon betroffen. Im Juni 2016 lag hier der Rückgang bei – 15,1 %. Auch der Preis für Schnittkäse war von dem Preisverfall betroffen. Seit Dezember 2014 waren hier die Preise rückläufig. Im Juni 2016 betrug der Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat – 7,3 %. Dagegen war der Preis für Weichkäse nicht ganz so stark von den Rückgängen betroffen (Juni 2016: – 2,3 %). Gegen den Trend entwickelte sich der Preis für Joghurt, der im Juni sogar merklich zulegen konnte (+ 4,5 %). Hintergrund dürfte der größere Produktionsaufwand, die breitgefächerte Produktauswahl mit entsprechenden qualitativen Unterschieden und die stärkere Nachfrage nach Markenprodukten für Joghurt und Käse sein, verbunden mit der Bereitschaft der Verbraucher, hier einen höheren Preis zu akzeptieren.

Preisrückgänge insbesondere bei Discountern

Bei den Preisrückgängen zur Mitte des Jahres 2016 ist anzunehmen, dass verschiedene Geschäftstypen des Lebensmitteleinzelhandels in unterschiedlicher Form daran beteiligt sind. Am Beispiel des Molkereiproduktes »Vollmilch« zeigt sich anhand einer Sonderauswertung die Tendenz, dass insbesondere Lebensmitteldiscounter die Preise für dieses Gut im Juni 2016 in Baden-Württemberg deutlich reduziert haben. Geringer war dagegen der Rückgang bei Supermärkten und Verbrauchermärkten. Der Hintergrund dürfte in der größeren Markenvielfalt sowie einer stärkeren qualitativen Ausrichtung des Sortimentangebots zu sehen sein. Dagegen dominiert das preissensible Sortiment in der Regel bei den Discountern. Aufgrund der Marktsituation zur Jahresmitte erfolgten daher bei den Discountern kurzfristig entsprechende Preisreduzierungen bei Vollmilch.

Bei den Erzeugerpreisen deutliche Einbußen

Entsprechend der Entwicklung auf Ebene der Verbraucher zeigen sich auch deutliche Preisrückgänge für die Erzeugerpreise für Milch4 in Baden-Württemberg. Von Januar 2015 bis April 2016 war die Preisentwicklung im Vergleich zum Vorjahresmonat für konventionell erzeugte Kuhmilch durchweg negativ. Der größte Rückgang erfolgte dabei im Juli 2015, als hier der Erzeugerpreis gegenüber dem Vorjahresmonat um 24 % sank. Zum Jahresende ließ das Tempo kurzfristig wieder nach, um dann mit Beginn des Jahres 2016 wieder zuzulegen. Im Mai 2016 lag der Rückgang bei 18,7 % zum Vorjahresmonat und damit der Erzeugerpreis für Kuhmilch noch bei 24,22 ct/kg.