:: 4/2017

Zahl der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in Baden-Württemberg weiter rückläufig

Die Justizvollzugsanstalten erfüllen in mehrfacher Hinsicht einen wichtigen gesellschaftlichen und gesetzlichen Auftrag im Land. Sie tragen durch den Vollzug einer verhängten Freiheitsstrafe und der sicheren Unterbringung von Gefangenen entscheidend zum Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten und damit zur inneren Sicherheit des Landes bei. Darüber hinaus leisten die Vollzugseinrichtungen durch eine differenzierte Betreuung der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten einen wesentlichen Beitrag zur Resozialisierung der Gefängnisinsassen und für ein späteres Leben ohne Straftaten. Im März 2016 waren in den Justizvollzugs­anstalten in Baden-Württemberg rund 5 000 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte inhaftiert. Die überwiegende Mehrheit waren Männer. Die meisten Inhaftierten waren zwischen 30 und 40 Jahre alt. Seit 2007 ist die Zahl der Strafgefangenen kontinuierlich zurückgegangen. Aufgrund des starken Bevölkerungszuwachses stieg die Zahl der ausländischen Strafgefangenen.

Seit 2007 nimmt die Zahl der Inhaftierten kontinuierlich ab

Ende März 2016 waren in den 19 Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg 5 028 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte inhaftiert. Davon verbüßten 4 624 Personen eine Freiheitsstrafe, 342 eine Jugendstrafe und 62 Personen waren in Sicherungsverwahrung untergebracht (i-Punkt: Sanktionen im Strafvollzug). In dieser Zahl nicht berücksichtigt sind Personen in Untersuchungshaft und sonstiger Freiheitsentziehung wie Strafarrest und Abschiebungshaft (i-Punkt: Statistische Erhebungen). Seit 2007, als mit 6 452 Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten der letztmalige Höchststand in den Gefängnissen des Landes verzeichnet wurde, hat die Zahl der Inhaftierten kontinuierlich abgenommen. In diesem Zeitraum ging auch die Strafgefangenenziffer zurück. Dieser Indikator gibt unabhängig von der Bevölkerungsentwicklung Auskunft über die Häufigkeit von Haftstrafen und Sicherungsverwahrungen und deren Veränderung im Zeitverlauf. Die Strafgefangenenziffer wird berechnet, indem die Zahl der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten auf 100 000 Einwohner im strafmündigen Alter in Bezug gesetzt wird. Zählte man im Jahr 2007 noch 70 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte auf 100 000 Einwohner im Land, so lag der Wert im Jahr 2016 mit 53 deutlich darunter.

Nicht einmal 6 % der Strafgefangenen sind Frauen

Zum Stichtag März 2016 verbüßten 284 Frauen eine Freiheits- oder Jugendstrafe, das waren 5,6 % aller Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten. Im Jahr 1990 lag der Anteil der weiblichen Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten noch bei 3,6 %, also 2 Prozentpunkte niedriger. Dennoch sind Frauen unter den Strafgefangenen nach wie vor sehr wenig vertreten. Die Tatsache, dass der Frauenanteil bei den rechtskräftig Verurteilten mit aktuell knapp 20 % mehr als dreimal so hoch liegt, macht deutlich, dass Frauen sich offensichtlich eher wegen leichteren Straftaten vor Gericht ver­antworten müssen, die mit Geldstrafen oder zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafen geahndet werden, und seltener als Männer schwere Straftaten verüben, die mit Haftstrafen verbunden sind.

Die meisten Häftlinge sind zwischen 30 und 40 Jahre alt

In den Justizvollzugsanstalten in Baden-Würt­temberg waren Ende März 2016 insgesamt 50 Jugendliche im Alter von 14 bis unter 18 Jahren, 238 Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren und 4 740 Erwachsene inhaftiert. Unter den Erwachsenen waren insgesamt 1 516 (30,2 %) und damit die meisten Inhaftierten der Altersgruppe der 30- bis unter 40-Jährigen zuzuordnen. Betrachtet man die zeitliche Entwicklung seit der Jahrtausendwende, so ging die Zahl der Inhaftierten im Alter bis zu 50 Jahren um 1 353 Personen auf 4 221 zurück, während die Zahl der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten der Generation 50+ um 244 auf 807 zunahm und sich damit unter den Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten der Anteil der älteren Inhaftierten von 9,2 % auf 16,1 % fast verdoppelte.

Der Grund hierfür zeigt sich, wenn man die Entwicklung der Inhaftierten mit Bevölkerungsentwicklung in den Altersgruppen vergleicht. So ging im Zeitraum 2000 bis 2016 der Anstieg der inhaftierten 50- bis unter 60-Jährigen um rund 31 % mit einem Bevölkerungswachstum in der Altersgruppe um knapp 36 % einher. Das heißt, dass die aktuell höhere Zahl der Häftlinge in dieser Altersgruppe als eine Folge des demografischen Wandels zu interpretieren ist. In der Altersgruppe 60+ lässt sich der Anstieg zum Teil ebenfalls als Folge der veränderten Bevölkerungsstruktur ableiten, allerdings spiegelt sich hier auch eine leicht zunehmende Häufigkeit von Haftstrafen und Sicherungsverwahrungen wider. So erhöhte sich im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2016 die Zahl der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten um knapp 83 %, während die Bevölkerung der Generation 60+ nur um 22 % zunahm. Bezogen auf je 100 000 Einwohner der Altersgruppe stieg die Gefangenenziffer von 6 auf 9. Trotz dieses Zuwachses sind in der Generation 60+ mit deutlichem Abstand die wenigsten Personen inhaftiert und die Strafgefangenenhäufigkeiten am geringsten. In der Gruppe der 25- bis unter 30-Jährigen gab es 2016 bezogen auf je 100 000 Personen in der Altersgruppe mit 124 Personen die meisten Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten. An zweiter und dritter Stellen folgten die 30- bis unter 40-Jährigen mit einem Wert von 112 und die 21- bis unter 25-Jährigen mit 110 Inhaftierten auf je 100 000 Einwohner.

Gut ein Drittel der Strafgefangenen hat ausländischen Pass

Von den aktuell insgesamt 5 028 Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten im Land waren 3 223 Deutsche, 1 805 Personen besaßen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der deutschen Inhaftierten um 165 Personen oder 4,9 % zurück, während die Zahl der ausländischen Straf­gefangenen und Sicherungsverwahrten um 142 Personen oder 8,5 % zunahm. Der Anteil deutscher Häftlinge lag bei 64 %, die anderen 36 % der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten hatten einen ausländischen Pass. Die vergleichsweise hohe Zahl ausländischer Inhaftierter relativiert sich allerdings, wenn man berücksichtigt, dass die ausländische Wohnbevölkerung im strafmündigem Alter ab 14 Jahren in Baden-Württemberg allein im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr um 10,3 % zugenommen hat, stärker als die Zahl der ausländischen Strafgefangenen (+ 8,5 %).

Eine differenzierte Betrachtung der demografiebereinigten Entwicklung der Häufigkeit von Haftstrafen und Sicherungsverwahrungen bei Ausländern mithilfe von Strafgefangenenziffern ist aus methodischen Gründen nicht möglich. Grund hierfür ist, dass zur Bevölkerung nur die einwohnerrechtlich registrierten Personen gezählt werden. Dagegen werden Ausländer, die zu einer Haftstrafe oder Sicherungsverwahrung verurteilt werden, auch dann in der Strafvollzugsstatistik erfasst, wenn sie sich illegal in Deutschland aufgehalten haben oder als Touristen nur vorübergehend im Land waren. Betrachtet man ausschließlich die zeitliche Entwicklung der ausländischen Inhaftierten bezogen jeweils auf die gemeldete Wohnbevölkerung, kann man feststellen, dass die Zahl derer, die zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, in den letzten Jahren merklich zurückging. So war die Zahl der ausländischen Strafgefangenen in den baden-württembergischen Vollzugsanstalten im Jahr 2000 mit 1 930 Inhaftierten um 7 % höher als aktuell im Jahr 2016, obwohl die ausländische Bevölkerung im strafmündigem Alter seinerzeit noch um gut 29 % niedriger lag als Ende 2015.

Haftstrafen unter 1 Jahr überwiegen

Bei der voraussichtlichen Vollzugsdauer do­minieren eindeutig kürzere Haftstrafen. 2 165 oder 43 % aller Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten wurden zu einer Haftstrafe mit einer Dauer von maximal 1 Jahr verurteilt. 944 bzw. 19 % der Häftlinge hatten eine Freiheitsstrafe von 1 bis 2 Jahren und 1 155 oder 23 % eine Gefängnisstrafe von 2 bis 5 Jahren zu verbüßen. Längere Vollzugsdauern sind dagegen eher selten. Nur insgesamt 764 oder 15 % der Häftlinge wurden zu einer Freiheitsstrafe von über 5 Jahren verurteilt. Im Einzelnen waren dies 412 Personen (8 %) mit einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von 5 bis 10 Jahren, 56 Personen (1 %) mit einer Haftstrafe von 10 bis 15 Jahren und 234 Personen waren zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. 62 Häftlinge befanden sich in Sicherungsverwahrung mit unbestimmter Dauer (1 %).

Vermögensdelikte häufigster Haftgrund

Mit großem Abstand am häufigsten waren die Häftlinge in den Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg wegen Vermögensstraftaten inhaftiert. Im März 2016 waren dies insgesamt 2 430 oder 48 % der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten. Darunter waren 1 108 Gefängnisinsassen, die Haftstrafen wegen Diebstahls und Unterschlagung verbüßten, 640 Inhaftierte wegen Raubes und Erpressung und 542 Personen, die wegen Betrugs und Untreue zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden waren.

An zweiter Stelle folgten die Straftaten gegen die Person (außerhalb des Straßenverkehrs) mit 1 635 Inhaftierten oder einem Anteil von 33 %. Dazu gehörten unter anderem 607 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte, die eine Haftstrafe wegen Körperverletzung verbüßten, 513 Inhaftierte wegen Straftaten gegen das Leben, darunter 343 Häftlinge wegen Mordes, und 380 Häftlinge mit Freiheitsstrafen wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Der dritthäufigste Grund für eine Haftstrafe waren Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. 2016 waren dies 611 Personen (12 %).

Vergleichsweise hohe Belegungsquote im Südwesten

In Baden-Württemberg ist die Belegungssituation im Strafvollzug angespannt. Von den im März 2016 insgesamt 7 175 in den Justizvollzugsanstalten zur Verfügung stehenden Haftplätzen waren 6 837 belegt. Dies entspricht einer durchschnittlichen Auslastung der Haftanstalten von 95 %. Bundesweit beträgt der entsprechende Wert 88 %. Bei der Zahl der belegten Plätze sind zusätzlich zu den Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten aus der Stichtagserhebung auch die Personen in Untersuchungshaft und sonstiger Freiheitsentziehung wie Strafarrest und Abschiebehaft berücksichtigt. Vor allem die Zahl der Untersuchungshäftlinge ist im Jahresverlauf 2015 und insbesondere auch bis zum 1. Quartal 2016 stark angestiegen. Befanden sich in Baden-Württemberg im März 2015 noch 1 487 Personen in Untersuchungshaft, so erhöhte sich deren Zahl binnen eines Jahres um 20 % auf 1 783. Im weiteren Jahresverlauf ging sie bis August 2016 auf 1 692 zurück und stieg dann bis November wieder leicht auf 1 727 Personen an.