:: 5/2019

Studium an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften immer beliebter

Mehrheit der Erstsemester entscheidet sich weiterhin für ein Universitätsstudium

Die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger im Land Baden-Württemberg stieg von knapp 44 000 im Studienjahr 2000 auf nahezu 75 000 im Studienjahr 2017. Studienanfänger schreiben sich am häufigsten für ein Studienfach der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften ein. Studienanfängerinnen entscheiden sich am häufigsten für ein Studienfach aus dem Bereich der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die meisten Bildungsausländerinnen und -ausländer im 1. Hochschulsemester kamen im Studienjahr 2017, wie auch schon in den Vorjahren, aus China. Der folgende Beitrag ist ein Auszug aus dem Bericht »Bildung in Baden-Württemberg 2018«. Der Bildungsbericht 2018 entstand in Kooperation zwischen dem Landesinstitut für Schulentwicklung und dem Statistischen Landesamt und wurde am 24. Januar 2019 im Rahmen einer Fachveranstaltung vorgestellt. Erstmals wurde die Hochschulbildung in eigenen Abschnitten thematisiert. Der vollständige Bericht kann unter www.bildungsbericht-bw.de heruntergeladen bzw. dort als Printversion bestellt werden.

Nahezu 75 000 Studienanfängerinnen und -anfänger im Studienjahr 2017

Knapp 44 000 Studienanfängerinnen und -anfänger (Indexwert 1001) waren im Studienjahr 2000 an baden-württembergischen Hochschulen immatrikuliert. Diese Zahl wurde in den nachfolgenden 17 Jahren immer übertroffen (Schaubild 1). Allerdings nahmen die Studienanfängerzahlen über diesen Zeitraum nicht Jahr für Jahr gleichmäßig zu, sondern unterlagen deutlichen Schwankungen. Nachdem bis zum Studienjahr 2003 die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger gestiegen war, sanken die Studienanfängerzahlen in den Studienjahren 2004 bis 2007. Ab dem Studienjahr 2008 war ein erneuter Anstieg zu verzeichnen (Schaubild 1b). Ein Grund liegt darin, dass seit dem Wintersemester 2008/09 auch die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Daten zur amtlichen Studierendenstatistik liefert. Damals waren an der DHBW gut 8 800 Studierende im 1. Hochschulsemester immatrikuliert.

Im weiteren Verlauf ist der Effekt des »doppelten Abiturientenjahrgangs« 2012 deutlich erkennbar. Danach entwickelten sich die Übergänge zunächst rückläufig, stiegen in den Jahren 2015 und 2016 jedoch wieder an. Im Studienjahr 2017 sanken die Studienanfängerzahlen um 4 Indexpunkte auf den Wert von 146. Mit fast 74 600 Erstimmatrikulierten im Studienjahr 2017 begannen damit gut 5 000 weniger Abgängerinnen und Abgänger ein Studium als im »Rekordjahr« 2012 (Schaubild 1b). Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um gut 2 000 Studienanfängerinnen und -anfänger.

Die Entwicklung der Studienanfängerzahlen weist für die einzelnen Hochschularten unterschiedliche Verläufe auf: Der Indexwert von 177 im Studienjahr 2017 an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften zeigt, dass an dieser Hochschulart seit 2000 insgesamt der stärkste Anstieg der Studienanfängerzahlen verzeichnet wurde. An den Kunst- und Musikhochschulen war der Anstieg in diesem Beobachtungszeitraum am geringsten (Indexwert 111 im Studienjahr 2017). Lediglich die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften konnten ihre Studienanfängerzahlen auch nach 2012 noch steigern. An den Universitäten und den Kunst- und Musikhochschulen gingen die Studienanfängerzahlen seit 2012 um jeweils 15 Indexpunkte zurück, an den Pädagogischen Hochschulen betrug der Rückgang 9 Indexpunkte.

Vom Studienjahr 2016 zu 2017 gab es Zuwächse an den Kunst- und Musikhochschulen (+ 15 Indexpunkte), Pädagogischen Hochschulen (+ 4 Indexpunkte) und den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (+ 2 Indexpunkte). Der starke Anstieg an den Kunst- und Musikhochschulen relativiert sich aber wieder, wenn bei der Betrachtung miteinbezogen wird, dass der Indexwert vom Studienjahr 2015 zu 2016 um 16 Punkte zurückging. An den Universitäten (– 9 Indexpunkte) sanken die Studienanfängerzahlen im Vergleich zum Vorjahr.

Trotz des vergleichsweise deutlichen Rückgangs waren an den Universitäten im Studienjahr 2017 weiterhin die meisten Studienanfängerinnen und -anfänger eingeschrieben (Schaubild 2). So entschieden sich im Studienjahr 2017 knapp 32 500 der Studienanfängerinnen und -anfänger in Baden-Württemberg für ein Studium an einer Universität. Gut 26 500 schrieben sich an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften, knapp 10 700 an der DHBW und über 4 100 an einer Pädagogischen Hochschule ein. An den Kunst- und Musikhochschulen waren 2017 nahezu 800 Studienanfängerinnen und -anfänger immatrikuliert.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Fächergruppenwahl

Nahezu die Hälfte (47 %) der Studienanfänger war im Studienjahr 2017 in einem Studienfach der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften eingeschrieben, die damit bei Männern mit Abstand die beliebteste Fächergruppe war (Schaubild 3). Auf Platz 2 folgte mit einem Anteil von 28 % die Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die unter den Studienanfängerinnen am beliebtesten (44 %) war. Dahinter lagen bei den Frauen mit einem Anteil von jeweils 15 % die Fächergruppen Geisteswissenschaften und Ingenieurwissenschaften. Studienanfänger interessierten sich seltener (6 %) für ein geisteswissenschaftliches Studium. Studienanfängerinnen wählten doppelt so häufig die Fächergruppen Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften (Frauen: 6 %, Männer: 3 %) und Kunst/Kunstwissenschaft (Frauen: 4 %, Männer: 2 %) im Vergleich zu den Studienanfängern. Lediglich in der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften waren die Anteile unter den Geschlechtern ähnlich verteilt: 9 % der Studienanfänger bzw. 10 % der Studienanfängerinnen begannen ein solches Studium.

Tendenziell nahm der Frauenanteil in allen Studienbereichen zu

Der Frauenanteil in den zehn meistgewählten Studienbereichen an baden-württembergischen Universitäten unterlag deutlichen Schwankungen. Wie das Schaubild 4 zeigt, liegt der Frauenanteil, mit Ausnahme des Studienbereiches Mathematik, jedoch in allen betrachteten Studienbereichen im Jahr 2017 über dem Wert von 1995. Im Studienbereich Mathematik betrug der Frauenanteil 2017 gut 41 % und lag damit 1 Prozentpunkt unter dem Wert von 1995. Im Jahr 2009 war das Geschlechterverhältnis im Studienbereich Mathematik nahezu ausgeglichen (47 %). Über den betrachteten Zeitraum hinweg ist die größte Zunahme des Frauenanteils im Studienbereich Rechtswissenschaften festzustellen. Ausgehend von einem Frauenanteil von 43 % im Studienjahr 1995 stieg der Anteil bis 2017 um 15 Prozentpunkte auf 58 %. Mit einem Anstieg von 12 Prozentpunkten ist auch die Erhöhung des Frauenanteils im Studienbereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik bemerkenswert. 2017 betrug der Frauenanteil in diesem Studienbereich mittlerweile insgesamt 25 %, zeichnet sich allerdings immer noch durch einen niedrigen Frauenanteil aus. Geringer ist der Frauenanteil nur noch in den Studienbereichen Physik/Astronomie und Informatik mit einem Frauenanteil von 24 % bzw. 20 %. In diesen beiden Studienbereichen ist von 2016 zu 2017 ein leichter Rückgang des Frauenanteils zu konstatieren.

Den höchsten Frauenanteil wies 2017 mit 72 % der Studienbereich Germanistik auf, in dem im Jahr 2010 mit 76 % auch der höchste Wert über alle Jahre und untersuchten Studienbereiche hinweg zu verzeichnen war. Mehr Frauen als Männer immatrikulierten sich 2017 zudem für die Studienbereiche Biologie (67 %), Humanmedizin (61 %) und Rechtswissenschaften (58 %). In den Studienbereichen Biologie (61 %) und Humanmedizin (52 %) stellten die Studienanfängerinnen auch schon 1995 die Mehrheit. Nahezu ausgeglichen war das Geschlechterverhältnis 2017 in den Studienbereichen Wirtschaftswissenschaften und Chemie (jeweils 49 % Frauenanteil).

Im Studienjahr 2017 hatten die meisten Bildungsausländerinnen und -ausländer die chinesische Staatsbürgerschaft

Im Studienjahr 2017 waren fast 17 400 ausländische Studienanfängerinnen und -anfänger an baden-württembergischen Hochschulen eingeschrieben. Das waren nahezu zweieinhalb Mal so viele wie 1995. Die bisher höchste Anzahl an ausländischen Studienanfängerinnen und -anfängern wurde mit knapp 18 900 im Studienjahr 2016 verzeichnet. Der Ausländeranteil unter den Studienanfängerinnen und -anfängern sank damit von 25 % im Studienjahr 2016 auf 23 % im Studienjahr 2017. Im Studienjahr 2017 zählten 85 % der ausländischen Studienanfängerinnen und -anfänger zu den sogenannten Bildungsausländerinnen und -ausländern2 und 15 % zu den Bildungsinländerinnen und -inländern3. Je nach Land variiert der Anteil der Bildungsausländerinnen und -ausländern bzw. der Bildungsinländerinnen und -inländern beträchtlich: So zählten 96 % der chinesischen und 77 % der italienischen, aber nur 30 % der türkischen Studienanfängerinnen und -anfänger zu den Bildungsausländerinnen und -ausländern. Gegenüber dem Vorjahr ging die Gesamtzahl der Bildungsausländerinnen und -ausländer um 8,5 % und die der Bildungsinländerinnen und -inländer um 4,3 % zurück. Besonders stark war der Rückgang unter den Bildungsausländerinnen und -ausländern aus Nicht-EU/EWR-Staaten (– 10,6 %). Ab dem Wintersemester 2017/18 wurden für Bildungsausländerinnen und -ausländer aus Nicht-EU/EWR-Staaten Studiengebühren eingeführt, was eine Ursache für diesen deutlichen Rückgang sein könnte.

Die meisten Bildungsausländerinnen und -ausländer im 1. Hochschulsemester kamen im Studienjahr 2017, wie auch schon in den Vorjahren, aus China (1 824) (Schaubild 5). Auf den Plätzen 2 und 3 folgten die Vereinigten Staaten (987) und Frankreich (923). Das beliebteste Studienfach4 unter den Bildungsausländerinnen und -ausländern im 1. Hochschulsemester (wie auch mit deutscher Staatsangehörigkeit) war Betriebswirtschaftslehre (8 %). Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Maschinenbau/-wesen (6 %) und Internationale Betriebswirtschaft/Management (5 %). An den Kunst- und Musikhochschulen war der Anteil der Bildungsausländerinnen und -ausländer im 1. Hochschulsemester mit 53 % prozentual am höchsten und an der DHBW mit 4 % am geringsten.

1 Die DHBW konnte bei der Berechnung der Indexwerte bzw. in das Schaubild 1a nicht einbezogen werden, da sie erst 2008 den Hochschulstatus erhalten hat. Schaubild 1b beinhaltet Gesamtzahlen der Studienanfängerinnen und -anfänger inklusive der DHBW.

2 Ausländische Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland oder an einem deutschen Studienkolleg erworben haben.

3 Ausländische Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland, aber nicht an einem Studienkolleg, erworben haben.

4 Die Kategorie »Sonstige Fächer« wurden bei der Berechnung der beliebtesten Studienfächer ausgeklammert.