:: 12/2019

Im Blickpunkt: Die Stadt Gaggenau

In der Serie »Im Blickpunkt« steht dieses Mal die Stadt Gaggenau im Landkreis Rastatt. Aus dem Landesinformationssystem Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Gaggenau wie für jede andere Gemeinde des Landes interessante Erkenntnisse zur Struktur und Entwicklung gewinnen. Besonders herausgehoben werden an dieser Stelle die Bevölkerungsentwicklung, die Wohn- und die Beschäftigtensituation.

Gaggenau ist eine Stadt im Westen Baden-Württembergs rund 8 Kilometer nordöstlich von Baden-Baden. Sie ist nach der Kreisstadt Rastatt die zweitgrößte Stadt des Landkreises Rastatt und bildet zusammen mit der südlichen Nachbarstadt Gernsbach ein Mittelzentrum innerhalb der Region Mittlerer Oberrhein. Zum Mittelbereich Gaggenau/Gernsbach gehören neben den beiden Städten Gaggenau und Gernsbach noch die Gemeinden Forbach, Loffenau und Weisenbach. Seit dem 1. Januar 1971 ist Gaggenau eine Große Kreisstadt. Gaggenau liegt am Westrand des Nordschwarzwalds beiderseits des Flusses Murg in einer Erweiterung des Murgtals. Der höchste Punkt im Stadtgebiet liegt auf dem Mauzenberg auf einer Höhe von 750 Metern. Ab Anfang der 1970er-Jahre wurden die bis dahin selbstständigen Gemeinden Ottenau, Rotenfels, Selbach, Freiolsheim, Oberweier mit Niederweier, Sulzbach, Hörden und Michelbach.

Die Bahnlinie Rastatt–Freudenstadt, die sogenannte Murgtalbahn, führt durch die Stadt, auf der seit der durchgehenden Elektrifizierung im Jahr 2002 eine von Karlsruhe kommende Stadtbahnlinie verkehrt. Seither gehen die Züge direkt auf das dortige Straßenbahnnetz über. Gaggenau liegt an der Bundesstraße B 462 Rastatt–Freudenstadt, die Schwarzwald-Tälerstraße. Die nächste Autobahnanschlussstelle ist in Rastatt an die Bundesautobahn A 5, Karlsruhe–Basel.

Eine erste urkundliche Erwähnung von Gaggenau findet sich 1243 in der Teilungsurkunde des Pfarrsprengels Rotenfels. 1288 kommt es zu einer weiteren urkundlichen Erwähnung des Dorfes Gaggenau (Gackenowe). Durch die Teilung der Markgrafschaft Baden gelangt Gaggenau 1535 zur Markgrafschaft Baden-Baden. Bis 1689 gehörte Gaggenau zum Amt Kuppenheim und dann zum Amt Rastatt, aus dem später der Landkreis Rastatt hervorging. 1691 wurde der Ort im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen fast vollständig zerstört. Erst 1771, nach Aussterben der Baden-Badener Linie, wird das altbadische Land wieder vereint. 1839 wird in Gaggenau die erste Poststation eröffnet, es folgen der Telegrafendienst 1861 und der Fernsprechdienst 1898. 1849 werden nach den Revolutionsunruhen 1372 preußischen Soldaten in Gaggenau stationiert. 1869 wird die Murgtalbahnstrecke, an der Gaggenau liegt, eröffnet. 1886 wird in den Eisenwerken der Stadt das erste Automobil gebaut. Damit ist Gaggenau weltweit der einzige Ort, wo seitdem ununterbrochen Autos produziert werden. Am 10. September und 3. Oktober 1944 wurden die Kernstadt und der Stadtteil Ottenau bombardiert. Die Stadt wurde zu 70 % zerstört. Am 10. September 1944 griffen 140 Bomber vom Typ B-17 der achten US-Luftflotte die örtliche Fahrzeugindustrie an, am 3. Oktober folgte ein Angriff durch 139 Bomber vom Typ B-24. 205 Einwohner starben, 111 wurden verletzt und 4 500 obdachlos. 696 der 2 185 Gebäude in Gaggenau wurden völlig zerstört und 1 334 beschädigt. Nach dem Krieg wurde die Stadt mit einem regelmäßigen Straßennetz wiederaufgebaut.

Gaggenau hat eine Gemarkungsfläche von 6 501 ha. Davon werden fast 25 % landwirtschaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächennutzungsart unter dem Landesdurchschnitt. Die Waldfläche beträgt gut 56 % und liegt deutlich über dem Niveau des Landes (38 %). Annähernd 17 % der Fläche sind besiedelt oder dienen als Verkehrsfläche, auch hier wird das Landesmittel überschritten.

Am 31. Dezember 2018 lebten 29 777 Personen in Gaggenau. Mit 458 Personen je Quadratkilometer liegt die Besiedelungsdichte zwischen den großstädtisch und den ländlich geprägten Teilen Baden-Württembergs und übersteigt den Landesdurchschnitt (310). Die Bevölkerungsentwicklung war in den Jahren zwischen 2008 und 2018 leicht positiv. In diesem Zeitraum hat die Bevölkerung um 1,9 % zugenommen. Sie lag damit unter der landesweiten Entwicklung. Das Durchschnittsalter der Bürger von Gaggenau betrug 46,1 Jahre und lag damit über dem Landesdurchschnitt von 43,5 Jahren. Annähernd 17 % der Einwohner von Gaggenau hatten 2018 einen ausländischen Pass. Der Ausländeranteil in Gaggenau lag damit über dem Landesdurchschnitt von gut 15 %.

Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in Gaggenau ist positiv. Im Zeitraum zwischen 2008 und 2018 nahm der Wohnungsbestand um 5,2 % zu und entspricht damit dem sehr positiven Landesniveau. Die Werte für baureifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen 2015 und 2017 mit 223 Euro/m2 um 35 Euro/m2 höher als die im Landesdurchschnitt ermittelten Werte. Fast 57 % der Wohngebäude sind Einfamilienhäuser. Mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 48 m2 je Einwohner liegt der Wert in Gaggenau deutlich über dem Landesdurchschnitt. Architektonisch fallen im Stadtbild von Gaggenau zahlreiche historische Gebäude auf: Im Stadtteil Bad Rotenfels befinden sich der Kurpark und an seinem Rand die Akademie Schloss Rotenfels. Das Hauptgebäude der Akademie ist ein repräsentativer Bau mit klassizistischem Säulenportikus. In der Kernstadt selbst liegen die katholische Pfarrkirche St. Josef aus dem Jahr 1899 und die evangelische Markuskirche aus dem Jahr 1891. Im Oberdorf vom Stadtteil Bad Rotenfels liegt die 1747 bis 1752 erbaute Sebastianskapelle mit offener Vorhalle und Dachreiter. In der Innenstadt von Gaggenau und den Stadtteilen stehen zahlreiche Brunnen. Der markanteste ist der 1981 erbaute und 2016 umgestaltete Gänsebrunnen von Gudrun Schreiner am Bahnhofsplatz. Er greift die Namenssage Gaggenaus auf, die besagt, dass einem Hütebuben seine Gans entlaufen sei und er sie aufgrund ihres lauten »Gag-gag« beim sogenannten Hilpertsloch unterhalb des Hilpert wiedergefunden hat.

Die Chance auf eine Beschäftigung in Gaggenau hat in den vergangenen 10 Jahren leicht abgenommen. So hatten hier 2018 rund 11 769 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Arbeitsplatz. Dies sind etwas über 1 % weniger als 2008. Langfristig betrachtet lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2018 um gut 670 niedriger als 1999. Fast 62 % aller Arbeitsplätze in Gaggenau liegen heute noch in dem Wirtschaftsbereich des Produzierenden Gewerbes und nehmen damit eine dominierende Position wie in vielen anderen Kommunen des Landes ein.

Der Schuldenstand je Einwohner in Gaggenau belief sich auf 276 Euro im Jahr 2018 und lag damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 1 022 Euro je Einwohner. Die Steuerkraftmesszahl je Einwohner und die Steuerkraftsumme je Einwohner lagen im Jahr 2018 leicht über dem Landesniveau.

Kulturell hat Gaggenau seinen Einwohnern und Besuchern einiges zu bieten. Das Museum Haus Kast im Stadtteil Hörden zeigt Exponate zur Flößerei, Wald, Jagdgeschichte, Märchen und Sagen. Die Stadtteile Bad Rotenfels und Michelbach zeigen in ihren Heimatmuseen ihre historische Entwicklung sowie Leben, Arbeit und Alltag im Laufe der Jahrhunderte. Rund 100 Krämer und Händler bieten auf dem Gaggenauer Maimarkt am Muttertagswochenende ihre bunte Warenwelt an, dort kann man Schmuck, Kleidung, Haushaltswaren, Lebensmittel, Pflanzen und Kosmetik bestaunen und natürlich auch kaufen – und mit Sicherheit das richtige Geschenk zum Muttertag, der ja gerade auch an diesem Sonntag gefeiert wird. Alle 2 Jahre am letzten Juniwochenende wird der Kurpark in Gaggenau-Bad Rotenfels zur 1,5 km langen Kultur- und Flaniermeile. Beim Kurparkfest wird die gesamte Meile bespielt. Die Initiative »Kunst im Park« bietet Künstlern und Kunsthandwerkern aus der Region ein Atelier im Grünen an. Publikumsmagnet sind die Walkacts und Straßenkünstler, die überraschend auf der Festmeile auftauchen. Auf dem Gaggenauer Adventsmarkt werden viele vorweihnachtlichen Wünsche erfüllt. Für die Kinder öffnen die Kaufhauszwerge jeden Tag ein Türchen am großen Adventskalender. Für die Erwachsenen gibt es Heißgetränke in allen Variationen und vor allem viele Sitz- und Stehgelegenheiten, um sich auf dem Markt zu einem Plausch zu verabreden. Der Kulturrausch Gaggenau – das Kulturprogramm der Stadt – bietet den Einwohnern ein vielfältiges kulturelles Angebot, das von der Kleinkunst bis zum Open-Air-Konzert reicht. Das mögen die Hauptgründe dafür sein, dass es 2018 zu 753 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner in Gaggenau kam.