:: 9/2023

Cash-Pooling auf Gemeindeebene

Einsparpotenzial bei Gemeindeschulden durch Cash-Pooling – Ein Überblick der kommunalen Cash-Pool-Meldungen in der Finanzvermögen- und Schuldenstatistik

Liquiditätsmanagement ist im Hinblick auf den optimalen Einsatz von Finanzmitteln sowie eine gesicherte finanzielle Stabilität bei gleichzeitiger Vermeidung überflüssiger Finanzierungskosten von entscheidender Bedeutung für die öffentlichen Haushalte. Cash-Pooling gilt als solches Element des Liquiditätsmanagements und wird als Liquiditätsverbund bezeichnet. Cash-Pooling ist nicht nur für private Unternehmen interessant. Vielmehr können auch Gemeinden von dieser Art des Liquiditätsmanagements profitieren.

Cash-Pooling ist bereits in der »freien Wirtschaft« ein etabliertes Instrument der Liquiditätssteuerung und beginnt nun auch bei den Gemeinden Fahrt aufzunehmen.

Allgemeine Funktionsweise von Cash-Pooling

Grundsätzlich werden beim Cash-Pooling Liquiditätsüberschüsse und -defizite aus verschiedenen Einheiten in einem zentralen Pool zusammengeführt (Liquiditätsbündelung). Dieser Cash-Pool ist das zentrale Element, welcher intern die finanziellen Mittel zwischen den verschiedenen Einheiten umverteilt. Dies ist insofern für alle Beteiligten lukrativ, als dass die Liquiditätsüberschüsse einer Einheit zur Deckung von finanziellen Defiziten einer anderen genutzt werden können. Der Vorteil dieser Methode der Liquiditätssteuerung liegt darin, dass unnötige Finanzierungskosten durch »externe« Kreditaufnahmen minimiert werden.

Vereinfacht lässt sich dies an einem fiktiven Beispiel veranschaulichen: Ein Unternehmen hat neben der Muttergesellschaft in Stuttgart auch noch in Karlsruhe und Mannheim Tochtergesellschaften eröffnet. Alle Gesellschaften betreiben Cash-Pooling und gehören einem gemeinsamen Pool an. In Stuttgart laufen die Geschäfte gut und so wurde ein Liquiditätsüberschuss von 100 000 Euro verzeichnet. Die Tochtergesellschaften Karlsruhe und Mannheim verzeichneten jeweils einen Liquiditätsbedarf von 50 000 Euro. Beide müssten nun jeweils einen »externen« Kredit beispielsweise bei einem Kreditinstitut aufnehmen, um ihr Defizit auszugleichen und liquide zu bleiben. Da sie aber als Cash-Pool-Einheit mit der Muttergesellschaft Stuttgart einem Cash-Pool angehören, können die 100 000 Euro Überschuss aus Stuttgart über den gemeinsamen Pool die Defizite aus Karlsruhe und Mannheim decken. Somit hat das Unternehmen die Liquidität zentral gesteuert und die finanziellen Mittel aus allen drei Gesellschaften optimal genutzt.

Doch wie funktioniert Cash-Pooling auf Gemeindeebene?

Im Grunde ist es gleich, ob es sich um ein privates Unternehmen oder eine Gemeinde handelt: Cash-Pooling wird im Prinzip gleich angewandt.

Obgleich Cash-Pooling bereits auf eine längere Historie als Art des Liquiditätsmanagements auf Gemeindeebene zurückblickt, werden die Daten hierzu erst ab 2019 differenziert erhoben. Gemeinden in Baden-Württemberg, die eine Cash-Pooling-Meldung abgeben, haben verbundene Sonderkassen. In der Regel bilden Gemeinden einen Cash-Pool im Rahmen einer Einheitskasse mit ihren verbundenen Unternehmen. Hierzu zählen die Eigenbetriebe und Eigengesellschaften sowie weitere Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU). Die Daten der FEU, an denen die öffentliche Hand mit mehr als 50 % beteiligt ist, werden über die Schuldenstatistik und die Finanzvermögenstatistik erhoben.

Erhält eine Cash-Pool-Einheit Mittel aus dem Cash-Pool, dann wird dies in der Schuldenstatistik unter den Kassenkrediten gemeldet, ebenso wenn ein Cash-Pool am Kreditmarkt Mittel aufnehmen muss, weil der gesamte Liquiditätsbedarf die dem Cash-Pool zugeführten Mittel übersteigt. Werden Mittel in den Cash-Pool eingebracht, werden diese im Rahmen der Statistik des öffentlichen Finanzvermögens erhoben. Beide Statistiken zusammen liefern wichtige Informationen über die Finanzen der öffentlichen Haushalte.

Der Cash-Pool-Führer (in der Regel die Gemeinde) verwaltet die finanziellen Mittel des Pools zentral und hat Liquiditätsbeziehung zu allen anderen Cash-Pool-Einheiten. Der Cash-Pool-Führer nimmt zusätzlich als Einheit am Cash-Pool teil.

Die Cash-Pool-Einheit leiht dem Pool entweder Liquiditätsüberschüsse oder erhält Mittel. Diese Beziehung besteht immer bilateral gegenüber dem Cash-Pool-Führer.

Heruntergebrochen auf ein vereinfachtes Beispiel einer Gemeinde mit zwei Eigenbetrieben ist dies wie folgt zu beschreiben: die Gemeinde A agiert als Cash-Pool-Führer und verwaltet den Pool. Gemeinde A als Einheit gibt 100 000 Euro als Liquiditätsüberschuss in den Pool. Da Eigenbetrieb A und B als Cash-Pool-Einheiten allerdings liquide Mittel brauchen, erhalten diese jeweils 50 000 Euro aus dem gleichen Pool. Die Gemeinde als Cash-Pool-Führer verzeichnet so eine Forderung gegenüber den Cash-Pool-Einheiten von insgesamt 100 000 Euro (je 50 000 Euro gegenüber den Eigenbetrieben) und eine Verbindlichkeit gegenüber Gemeinde A als Cash-Pool-Einheit von 100 000 Euro (siehe Übersicht 1). Bedeutet das in unserem Beispiel, dass die Gemeinde A Verbindlichkeiten gegenüber sich selbst hat?

Nicht ganz, es werden lediglich verschiedene Rollen beim Abgeben der Statistikmeldung eingenommen. In der Amtlichen Statistik meldet der Cash-Pool-Führer das Verhältnis zu jeder an dem Cash-Pool teilnehmenden Einheit. So meldet der Cash-Pool-Führer in der Finanzvermögenstatistik die Forderungen gegenüber den jeweiligen entnehmenden Einheiten und in der Schuldenstatistik die Verbindlichkeiten gegenüber den Einheiten, die einen Überschuss dem Pool zuführten. Eine Cash-Pool-Einheit kann zum jeweiligen Stichtag entweder in der Finanzvermögenstatistik eine Forderung oder eine Verbindlichkeit in der Schuldenstatistik melden. Es kommt vor, dass eine Gemeinde als Verwalter des Cash-Pools, also in der Rolle des Cash-Pool-Führers, auch die Verbindlichkeit/Forderung gegenüber sich selbst als teilnehmende Cash-Pool-Einheit meldet.

Anhand des vorangehenden Beispiels meldet die Gemeinde A als Cash-Pool-Führer in der Finanzvermögenstatistik Forderungen sowie in der Schuldenstatistik Verbindlichkeiten in Höhe von 100 000 Euro. Die Gemeinde A meldet zusätzlich als Cash-Pool-Einheit lediglich in der Finanzvermögenstatistik eine Forderung in Höhe von 100 000 Euro. Die Eigenbetriebe A und B hingehend melden Verbindlichkeiten gegenüber dem Cash-Pool von jeweils 50 000 Euro in der Schuldenstatistik (Übersicht 2).

Eckzahlen zum Cash-Pooling aus der Schulden- und Finanzvermögenstatistik

Wird die Schuldenstatistik 2022 betrachtet, dann haben 200 Gemeinden Daten für den Cash-Pool als Cash-Pool-Führer gemeldet; entsprechend wurden auch die Daten für die Finanzvermögenstatistik von diesen Gemeinden gemeldet.

Angeführt werden muss an dieser Stelle, dass es sich bei den Positionen zu den Cash-Pools um »junge« Positionen in der Schulden- und Finanzvermögenstatistik handelt. Es ist hier regelmäßig davon auszugehen, dass in einem gewissen Rahmen noch eine Untererfassung besteht. Hier wird noch laufend hinsichtlich der Meldegenauigkeit nachgesteuert, was zur Qualitätsverbesserungen der Angaben führt. Dass Cash-Pooling als solches erkannt und gemeldet wird, ist für die Gemeinden mit Herausforderungen verbunden. Aufgrund dessen ist es nicht wunderlich, dass die Meldungen in den letzten Jahren gestiegen sind, da erhöhte Aufklärungsarbeit seitens des Statistischen Verbundes geleistet worden ist.

Nichtsdestotrotz kann man folgendes Volumen an Schuldenaufnahmen in den Cash-Pools finden:

200 Cash-Pool-Führer verzeichneten 2022 Verbindlichkeiten in Höhe von 1,8 Milliarden (Mrd.) Euro. Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass die Verbindlichkeiten der Gemeinden als Cash-Pool-Führer nicht als Schulden angerechnet werden, da sie nur die Verwaltungsrolle übernehmen. Anders verhält es sich bei der Meldung als Cash-Pool-Einheit: deren Verbindlichkeiten werden als Schulden der Gemeinden bzw. der FEU ausgewiesen. Als Cash-Pool-Einheit meldeten nur insgesamt 24 Gemeinden und Kreise, allerdings 218 FEUs im Jahr 2022 in der Schuldenstatistik. Demgegenüber meldeten 161 Gemeinden und Kreise in der Finanzvermögenstatistik Forderungen gegenüber dem Cash-Pool und führten insgesamt 1,3 Mrd. Euro ihrem Cash-Pool zu. So lässt sich sagen, dass insgesamt 185 Gemeinden und Kreise als Cash-Pool-Einheit mindestens einem Pool angehören.

Wir stellten fest, dass die 1 101 Gemeinden Baden-Württembergs im Kernhaushalt beim öffentlichen-Bereich rund 96,1 Millionen (Mill.) Euro und 5,7 Mrd. Euro Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich verzeichneten.1

Betrachten wir die klassischen Kassenkredite2 und die Entnahme von Mitteln aus dem Cash-Pool für den eigenen Liquiditätsbedarf so fällt auf, dass 2022 fast doppelt so viel von Cash-Pools entnommen wurde (21,8 Mill. Euro), als die Höhe an aufgenommenen klassischen Kassenkrediten (12 Mill. Euro). Blicken wir auf die Vorjahre, so ist festzustellen, dass die Summe, die vom Cash-Pool entnommen wurde, tendenziell höher geworden ist: So waren es lediglich 6,2 Mill. Euro im Berichtsjahr 2020. Im Jahr darauf waren es bereits 15,6 Mill. Euro.

Fazit

Abschließend kann festgehalten werden, dass Cash-Pool-Entnahmen in gleichem Maße wie klassische Kassenkredite als Schulden offenzulegen sind. Dies erhöht die Transparenz der Finanzverwaltung einzelner Gemeinden und somit auch der Statistik. Das Erhebungsinstrument basiert auf Vorgaben von Eurostat und vom Statistischen Bundesamt. Durch die statistische Erfassung wird sichtbar, in welchem Rahmen Cash-Pooling angewandt wird. Dies sorgt für tiefere und umfassendere Einblicke in die Verschuldung der öffentlichen Hand. Es konnte gezeigt werden, dass immer mehr Gemeinden unter den Kassenkrediten auch Cash-Pooling melden. Gleichzeitig ist ein Rückgang der klassischen Kassenkredite zu verzeichnen. Aufgrund dessen erscheint Cash-Pooling als eine günstigere Methode Liquidität sicher zu steuern.

1 Bei der Summe der Schulden beim öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich ist zu beachten, dass es hier zu Doppelzählungen kommen kann, da die Berichtseinheit sowohl vom Cash-Pool für eigenen Liquiditätsbedarf Mittel entnehmen kann als auch für den Cash-Pool einen Kassenkredit aufgenommen haben kann.

2 Kassenkredite werden für die kurzfristige Liquiditätssicherstellung von öffentlichen Haushalten aufgenommen, um Engpässe zu überbrücken. Somit wird die Zahlungsfähigkeit sichergestellt. Diese Kassenkredite sind kurzfristige Darlehen und sind im Regelfall innerhalb eines Jahres wieder zurückzuzahlen.