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Südwestwirtschaft bis Herbst 2024: Konjunktur und Wachstum anhaltend schwach

In der Weltwirtschaft deuten die Zeichen für das Jahr 2024 einen moderaten aber robusten Aufschwung an. Die Wirtschaftsentwicklung in Baden-Württemberg war im bisherigen Jahresverlauf 2024 dagegen schwach, auch im Vergleich zur gesamtdeutschen Konjunktur, die ihrerseits ebenfalls schwächelt. Trotz einiger verbesserter Rahmenbedingungen zeichnet sich keine Erholung ab. Neben einer schwachen Konjunktur belasten strukturelle Probleme die Südwestwirtschaft. Zur Einordnung der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Baden-Württemberg werden in diesem Beitrag wichtige Indikatoren für die konjunkturelle Entwicklung im Zeitablauf der letzten Jahre bis zum ersten Dreivierteljahr 2024 betrachtet. Für die Indikatoren liegen Daten bis zum 1. Halbjahr 2024 vollständig vor. Für das 3. Quartal 2024 werden Indikatoren, soweit diese am aktuellen Rand verfügbar sind, herangezogen.

Rückgang der Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg

Die baden-württembergische Wirtschaft entwickelte sich im bisherigen Jahresverlauf 2024 schwach. Nach vorläufigen Berechnungen des Arbeitskreises »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder« verzeichnete das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Halbjahr 2024 einen Rückgang von 1,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum und setzte damit den Abwärtstrend aus dem Jahr 2023 (−0,6 % gegenüber dem Vorjahr) fort. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt war der Vorjahresrückgang der Wirtschaftsleistung im Südwesten deutlich stärker ausgeprägt. Bundesweit ging das reale BIP im 1. Halbjahr 2024 um 0,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück.1 Auch im Vorquartalsvergleich zeichnete sich, laut der im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg durchgeführten indikatorgestützten Berechnung der Quartalswerte des realen BIP, in der ersten Jahreshälfte 2024 eine rückläufige Entwicklung ab. Nach vorläufiger Schätzung sank die Wirtschaftsleistung im 1. Quartal 2024 gegenüber dem Schlussquartal 2023 saison- und arbeitstäglich bereinigt um 1,6 %, im 2. Quartal schwächte sich der Rückgang mit einem Minus von 0,3 % zum Vorquartal etwas ab.2 Demgegenüber verzeichnete die deutsche Wirtschaft im 1. Quartal 2024 mit einem Plus von 0,2 % noch einen leichten Anstieg des preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigten BIP zum Vorquartal und im 2. Vierteljahr ebenfalls ein Minus von 0,3 % (Schaubild 1).3 Verglichen mit der Bundesentwicklung war die Wirtschaftsleistung im Südwesten in den beiden ersten Quartalen 2024 damit schwach ausgeprägt, während die deutsche Wirtschaft stagnierte.

Wirtschaftsleistung im internationalen Vergleich schwach

Eingeordnet im internationalen Vergleich fiel die wirtschaftliche Entwicklung in den ersten 6 Monaten des Jahres im Südwesten – und in einem geringeren Ausmaß auch im Bundesgebiet – deutlich zurück. Im europaweiten Durchschnitt stieg das reale BIP im 1. Halbjahr 2024 um 0,7 % zum Vorjahreszeitraum an, und die Länder im Euroraum verzeichneten im entsprechenden Zeitraum ein Wachstum von 0,5 %. Im Einzelnen verzeichneten von den großen EU-Ländern besonders Spanien mit 3,1 % und Frankreich mit 0,9 % höhere Wachstumsraten, Italien lag bei 0,5 %. In den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, stieg das reale BIP im selben Zeitraum um 3,1 % bzw. 5,0 % an. Auch im Vorquartalsvergleich legte die Wirtschaftsleistung in den anderen großen EU-Mitgliedsstaaten im bisherigen Jahresverlauf zu. In Spanien wuchs das preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte BIP im 1. und 2. Quartal 2024, mit 0,9 % bzw. 0,8 % zum Vorquartal, besonders stark. In Frankreich mit jeweils 0,2 % und Italien mit 0,3 % bzw. 0,2 % Plus nahm die Wirtschaftsleistung leicht zu. Insgesamt legte die wirtschaftliche Entwicklung der EU-Länder mit einem Vorquartalswachstum von jeweils 0,3 %, sowie der Mitgliedsstaaten des Euroraums mit 0,3 % bzw. 0,2 % in den ersten beiden Quartalen 2024 zu. In den weltweit größten Volkswirtschaften war die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr ebenfalls robust. In den USA stieg das BIP in den ersten beiden Quartalen um 0,4 % bzw. 0,7 % zum Vorquartal an. In China wuchs das reale BIP ebenfalls in beiden Quartalen, auch wenn sich das Quartalswachstum vom 1. Quartal (+1,5 %) zum 2. Quartal abschwächte (+0,5 %).4

Wirtschaftliche Erholung bleibt auch ohne exogene Schocks aus

In den meisten EU- bzw. Euroländern hat die Wirtschaftsleistung das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht bzw. größtenteils sogar merklich überschritten.5 So lag das preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte BIP im 2. Quartal 2024 in Spanien und Italien mit rund 6 % deutlich über dem Niveau des 4. Quartals 2019, in Frankreich erhöhte sich die Wirtschaftsleistung in diesem Zeitraum um 3,6 %. EU-weit lag das BIP 4,8 % über dem Vor-Corona-Niveau, innerhalb des Euroraums um 4,2 %. Die US-Wirtschaft expandierte sogar um 10,7 %. Dagegen zeigt die deutsche Wirtschaft im 2. Quartal 2024 keine Steigerung des realen BIP gegenüber dem 4. Quartal 2019. Nach dem Corona-Einbruch im 2. Quartal 2020 folgte zwar zunächst eine kurzfristige Erholungsphase in den Folgequartalen. Nach der umfassenden russischen Invasion der Ukraine ergab sich im 2. Quartal 2022 jedoch eine deutliche konjunkturelle Abbremsung, wobei das preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte BIP seitdem stagniert.6 Im Südwesten zeigte sich zunächst ein ähnliches Bild. Allerdings entwickelte sich die Südwestwirtschaft seit dem 3. Quartal 2023 deutlich schwächer als im Bundesgebiet. Im 2. Quartal 2024 lag das preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte BIP unter dem Vor-Corona-Niveau im 4. Quartal 2019. Die langfristige Betrachtung impliziert, dass die baden-württembergische Gesamtwirtschaft seit dem Jahr 2017 praktisch nicht gewachsen ist (Schaubild 1).

Entwicklungen ausgewählter Konjunkturindikatoren

Einige Rahmenbedingungen für die Südwestkonjunktur haben sich zuletzt deutlich verbessert. Die Preissteigerung hat nachgelassen und die Inflation erreichte bereits im 2. Quartal 2024 die 2 %-Marke, dem mittelfristigen Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB). Im 3. Quartal ging die Teuerung weiter zurück, die Verbraucherpreise lagen 1,7 % über dem Niveau des Vorjahres.7 Die Reallöhne im Südwesten stiegen8 und temporäre Faktoren, wie Lieferkettenprobleme oder der akute Energiepreisschock, sind weitestgehend aufgelöst. Zudem sorgt die konjunkturelle Belebung, vor allem in der EU, für ein förderliches Umfeld.

Industrie unter Druck

In Baden-Württemberg ist die Industrie von besonderer Bedeutung. Im Jahr 2023 trug der Wirtschaftsbereich des Verarbeitenden Gewerbes 31 % zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung (BWS) bei. Zum Vergleich: Der Anteilswert in Deutschland lag bei 21 %.9

In Baden-Württemberg lagen die realen Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe im 1. Halbjahr 2024 um 7,1 % unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. In Deutschland gingen die Umsätze im selben Zeitraum, mit einem Minus von 4,8 %, etwas verhaltener zurück. Auch im 3. Quartal kam es zu Umsatzverlusten für die Industrie gegenüber dem Vorjahreszeitraum, in Baden-Württemberg erneut in stärkerem Ausmaß (−3,8 %) als im Bundesgebiet (−3,3 %). Im Vorquartalsvergleich sanken die saison- und arbeitstäglich bereinigten Umsätze im Südwesten seit dem Schlussquartal 2022 mehrere Quartale in Folge und lagen Ende 2023 unter dem Vor-Corona-Niveau des 4. Quartals 2019. Im Jahr 2024 setzte sich der Abwärtstrend fort. In 2 von 3 Quartalen entwickelten sich die Umsätze negativ. Die Erlöse sanken im 1. und 2. Quartal mit 1,6 % bzw. 1,7 % zum Vorquartal. Im 3. Quartal stiegen die Umsätze leicht an (+0,4 %). Die einzelnen Branchen entwickelten sich dabei heterogen: Einen langanhaltenden Aufwärtstrend zeigen die Umsätze in der Pharmaindustrie und bei der Herstellung von DV-Technik, Elektronik und Optik. Im Fahrzeugbau und Maschinenbau, den bedeutendsten Branchen im Südwesten,10 ist die Umsatzentwicklung dagegen seit mehreren Quartalen rückläufig, wobei die Kfz-Branche am aktuellen Rand allerdings einen Umsatzanstieg für das 3. Quartal gegenüber dem Vorquartal verzeichnete (Schaubild 2). Deutschlandweit entwickelten sich die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe im Vorquartalsvergleich ebenfalls rückläufig, in den ersten beiden Quartalen abgeschwächter als im Südwesten. Die Umsätze sanken im 1. und 2. Quartal um 0,4 % bzw. 1,4 % gegenüber dem jeweiligen Vorquartal. Anders als in Baden-Württemberg setzte sich die Abwärtsentwicklung im 3. Quartal mit einem Rückgang von 1,1 % fort.

Ein wesentlicher Grund für die rückläufigen Industrieumsätze im Südwesten ist die mangelnde Nachfrage. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe, die den Umsätzen vorauslaufen, gingen in Baden-Württemberg seit mehreren Quartalen zurück. Die Ende 2021 eingeleitete Abschwächung der Nachfrage, setzte sich auch im Jahr 2024 fort. Im 1. Halbjahr 2024 lagen die Auftragseingänge preisbereinigt um 8,4 % unter dem Vorjahresniveau. Saison- und arbeitstäglich bereinigt sanken die Aufträge im 1. Quartal 2024 um 5,1 %, im 2. Quartal verlangsamte sich der Rückgang auf 0,7 %. Im 3. Quartal stieg die Nachfrage gegenüber dem Vorquartal um 4,1 % an und lag somit um 1,6 % über dem Vorjahresniveau. Hier gilt jedoch zu beachten, dass die Auftragslage im 3. Quartal durch Großaufträge positiv beeinflusst wurde.11 Bundesweit zeichnet sich ein ähnliches Bild. Die realen Auftragseingänge gingen im 1. Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,9 % zurück. Gegenüber den jeweiligen Vorquartalen sanken die Bestellungen saison- und arbeitstäglich bereinigt im 1. Quartal (−3,9 %) und 2. Quartal (−1,6 %), während die Nachfrage im 3. Quartal zum Vorquartal (+4,4 %) sowie zum Vorjahr (+1,9 %) zulegte.12 Laut Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart bewerteten im September 2024 baden-württembergische Unternehmen die schwache Nachfrage als großes Geschäftsrisiko. Die schwache Inlandsnachfrage wurde von der Mehrheit (70,1 %) der befragten Betriebe als Problem für ihre wirtschaftliche Entwicklung angegeben. Die fehlende Auslandsnachfrage, die die Südwestwirtschaft häufig stützt, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und wurde von 29,5 % der befragten Unternehmen als Risikofaktor genannt.13

Neben der schwachen Nachfrage trifft auch der Strukturwandel das Verarbeitende Gewerbe. Strukturelle Veränderungen, wie der demografische Wandel, Transformationsziele zur Dekarbonisierung, Energiekosten oder die zunehmende Konkurrenz Chinas in der Weltwirtschaft, setzen die deutschen Unternehmen unter Druck.14 Aufgrund der Inflation und des Fachkräftemangels sind die Lohnkosten gestiegen, in Deutschland stärker als beispielsweise im Euroraum und insbesondere verglichen mit den anderen großen Euroländern.15 Die Arbeitskosten sind der Umfrage der IHK Region Stuttgart zufolge für 54,8 % der baden-württembergischen Unternehmen ein wirtschaftliches Risiko, gefolgt von Fachkräftemangel (50,9 %), Energiepreisen (42,9 %) und politischen Rahmenbedingungen (41,5 %). Auch wenn die Energiepreise mittlerweile deutlich gesunken sind, leiden deutsche Unternehmen unter den, im internationalen Vergleich, hohen Energiekosten. Zudem warten die Unternehmen auf Weichenstellungen zu den angestrebten Transformationszielen, insbesondere im Energiesystem. Besonders hinsichtlich der aktuellen strukturellen Veränderungen ist für die Planungssicherheit der Unternehmen und privaten Haushalte ein klarer wirtschaftspolitischer Kurs gefragt. Die Unternehmen sind verunsichert und halten sich mit Investitionen zurück. Ein weiterer Faktor ist auch die veränderte Rolle Chinas in der Weltwirtschaft. China importiert weniger deutsche Industriegüter, da diese zunehmend vor Ort produziert werden. Gleichzeitig gewinnen die chinesischen Produkte im Wettbewerb um Absatzmärkte Anteile auf dem Weltmarkt.16 Die Herausforderungen betreffen das exportorientiere Baden-Württemberg ganz besonders. Die Südwestexporte nach China brachen bereits mehrere Quartale in Folge ein und lagen im 1. Halbjahr 2024 15,8 % unterhalb des Vorjahreswerts. Im 3. Quartal sank der Wert der ausgeführten Waren um 12,6 % gegenüber dem Vorjahr.17

Umsatzverluste im Handel

Auf den Dienstleistungsbereich entfielen im Jahr 2023 annähernd 60 % der Bruttowertschöpfung in Baden-Württemberg. Neben einem großen Anteil an öffentlichen Dienstleistern und Bereichen wie Erziehung und Gesundheit, trug der Handel dabei 10,1 % der Bruttowertschöpfung bei; deutschlandweit waren es 10,3 %.18

Die realen Einzelhandelsumsätze in Baden-Württemberg sind seit dem 1. Quartal 2022 abwärtsgerichtet. Trotz abschwächender Inflation und Lohnsteigerungen, entwickelten sich die realen Umsätze im Einzelhandel auch im Jahr 2024 bislang verhalten. Das Konsumverhalten dürfte weiterhin von Unsicherheiten belastet sein, sodass die zur Verfügung stehenden Einkommen bisher nicht in einem höheren privaten Konsum niederschlagen, sondern gespart werden.19 Die baden-württembergische Einzelhandelsbranche verzeichnete in den ersten beiden Quartalen 2024 Umsatzverluste (−0,3 % bzw. −2,1 %) (Schaubild 3), gegenüber dem jeweiligen Vorquartal (saison- und arbeitstäglich bereinigt). So waren die Erlöse in der 1. Jahreshälfte 2,8 % geringer als im Vorjahreszeitraum. Im 3. Jahresviertel 2024 legten die Umsätze schließlich um 1,7 % zum Vorquartal zu und lagen noch um 0,7 % unter dem Vorjahresniveau. Deutschlandweit sanken die Umsätze im 1. Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ebenfalls, jedoch schwächer als im Südwesten (−0,8 %). Im 3. Quartal verzeichnet der Einzelhandel ein Umsatzplus zum Vorjahr in Höhe von 1,8 %. Im Vorquartalsvergleich verzeichnete der bundesweite Einzelhandel in 2 von 3 Quartalen ein Umsatzplus (saison- und arbeitstäglich bereinigt, 1. Quartal: +0,5 %, 2. Quartal: −0,7 %, 3. Quartal: +1,7 %).

Während sich die preisbereinigten Großhandelsumsätze im Südwesten im Jahr 2022 robust entwickelten, sind diese seit dem 1. Quartal 2023 abwärtsgerichtet. Der Großhandel dürfte neben einem schwachen privaten Konsum im unternehmensnahen Großhandel auch von der schwächelnden Industriekonjunktur betroffen sein. Der Großhandel erzielte im 1. Halbjahr 2024 5,0 % weniger Erlöse als im Vorjahr. Für das 3. Quartal 2024 liegen Daten für Juli und August vor, die um 4,1 % gegenüber dem 3. Quartal des Vorjahres zurückgingen. Saison- und arbeitstäglich bereinigt blieben die Großhandelsumsätze im 1. Quartal 2024 auf dem Niveau des Vorquartals und sanken im 2. Quartal (−0,5 %) und 3. Quartal (−1,3 %), wobei für das 3. Quartal bislang nur die Daten für Juli und August 2024 vorliegen (Schaubild 3). Deutschlandweit sanken die realen Umsätze im 1. Halbjahr um 1,8 % zum Vorjahr, im 3. Quartal deuten Daten für die Monate Juli und August einen Rückgang zum Vorjahr an (−1,0 %). Im Vorquartalsvergleich nahmen die realen Umsätze saison- und arbeitstäglich bereinigt im 1. Quartal noch leicht zu (+0,2 %) und verblieben im 2. Quartal auf demselben Niveau (0,0 %). Im 3. Quartal zeichnet sich durch Juli- und August-Werte ein Rückgang zum Vorquartal ab (−1,0 %).

Die baden-württembergischen Geschäfte im Kfz-Handel legten bis zuletzt zu. So stiegen die Umsätze (saison- und arbeitstäglich bereinigt) zum jeweiligen Vorquartal seit dem 3. Quartal 2022 bis zum 1. Quartal 2024 durchgehend an. Dabei dürfte es sich zu großen Teilen um den Abbau von Lieferrückständen handeln. Dagegen verzeichneten die Erlöse im 2. Jahresviertel 2024 ein Minus von 2,6 %. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete der Kfz-Handel somit im 1. Halbjahr Umsatzzuwächse (+2,9 %). Im 3. Quartal gingen die Umsätze, laut Juli- und August-Daten gegenüber dem Vorquartal, erneut zurück (−1,9 %), damit waren die Erlöse 1,7 % geringer als im Vorjahresquartal (Schaubild 3). In Deutschland blieben die realen Umsätze im 1. Halbjahr auf dem Niveau des Vorjahres. Juli- und August- Daten deuten im 3. Quartal auf einen erneuten Rückgang hin (−3,1 %). Saison- und arbeitstäglich bereinigt verzeichneten die Umsätze im Kfz-Handel im 1. Quartal deutschlandweit ebenfalls einen Zuwachs in Höhe von 1,1 %. Im 2. (−1,3 %) und 3. Quartal (−2,8 %), laut verfügbarer Juli- und August-Daten, waren die Umsätze jedoch wieder abwärtsgerichtet.20

Konjunktureintrübungen haben den Arbeitsmarkt erreicht

Die Konjunktureintrübungen zeigen sich auch auf dem Arbeitsmarkt. Laut Daten der Bundesagentur für Arbeit stieg die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg 2024 von Quartal zu Quartal mit jeweils rund 2 % zum Vorquartal stetig an. Gegenüber dem Niveau des jeweiligen Vorjahresquartals lag die durchschnittliche Arbeitslosigkeit jeweils um etwa 10 % höher. Die Arbeitslosenquote lag im 3. Quartal 2024 mit 4,3 % 0,3 Prozentpunkte höher als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig wurden weniger Stellen ausgeschrieben. In den ersten 3 Quartalen 2024 fiel die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen, ein Indikator für die Nachfrage nach Arbeit, bei der Bundesagentur für Arbeit zum jeweiligen Vorquartals- und Vorjahreszeitraum geringer aus. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit dürfte somit vornehmlich auf eine rückläufige Arbeitsnachfrage zurückzuführen sein. Die Verunsicherung der Unternehmen und das zurückhaltende Konsumverhalten der Verbraucher scheint zur Zurückhaltung der Stellennachfrage zu führen.21

Ausblick

Im 3. Quartal sendete die deutsche Wirtschaft vorsichtige Signale einer Belebung. Das reale BIP verzeichnete leichte Zuwächse von 0,1 % zum Vorjahresquartal und saison- und arbeitstäglich bereinigt um 0,1 % zum Vorquartal.22 Gleichwohl deuten Stimmungsindikatoren für die Südwestregion, welche als Frühindikatoren der wirtschaftlichen Entwicklung vorauslaufen, auf Eintrübungen im Konjunkturverlauf hin. Der L-Bank-ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft in Baden-Württemberg ist seit 18 Monaten im negativen Bereich. Zum Ende des 3. Quartals liegt der Geschäftsklima-Saldo im September bei –24,4 Punkten. Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilt die Mehrheit der befragten Unternehmen als schlecht, im September etwas weniger Betriebe als im Monat zuvor (–21,1 Punkte; August: –29,4 Punkte). Mit Blick auf die Geschäftserwartungen fallen die kommenden Monate jedoch düster aus, im September fiel der Indikator zur Einschätzung der Geschäftsentwicklung der nächsten 6 Monate pessimistischer aus als zuvor (–27,5 Punkte; August: –24,6 Punkte).23 Der anhaltende Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Rückgang der offenen Stellen deuten ebenso darauf hin, dass in vielen Unternehmen eine anhaltend schwache Konjunktur erwartet wird. Belebend könnte die Einleitung der Zinswende der EZB wirken. Im Juni hatte die EZB die Zinsen gesenkt sowie weitere Senkungen in Aussicht gestellt, was Investitionen und privaten Konsum stärken könnte. Die längerfristigen wirtschaftlichen Entwicklungen dürften weiterhin stark von politischen Unwägbarkeiten und geopolitischen Spannungen abhängen. Neben Unsicherheiten für wirtschaftliche Entscheidungen, könnten die Konflikte in Regionen mit Energieressourcen die Energiepreise stark beeinflussen. Mit dem US-Wahlsieg von Donald Trump verändern sich die politischen Rahmenbedingungen, wobei überwiegend negative Folgen für die Südwestwirtschaft erwartet werden. Als wichtigstes Abnahmeland baden-württembergischer Exporte, dürften protektionistische Maßnahmen, wie von Donald Trump angekündigte Strafzölle die Südwestwirtschaft stark belasten. Inflationssteigernde Maßnahmen sowie steigende sicherheitspolitische Unsicherheiten dürften zudem einen Rückgang an Investitionen bewirken. Welcher wirtschaftspolitische Kurs nach dem Aus der Ampel eingeschlagen wird bleibt abzuwarten.

1 Quelle: Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder«. Stand: September 2024.

2 Die BIP-Quartalsergebnisse beruhen auf einer indikatorgestützten Modellschätzung und sind für das laufende Jahr mit höherer Unsicherheit verbunden und als vorläufig einzuordnen. Weitere Informationen zur Methodik hier: https://www.statistik-bw.de/GesamtwBranchen/KonjunktPreise/BIP_Q_Meth.jsp (Abruf: 18.12.2024).

3 Quelle: Destatis. Stand: 04.12.2024.

4 Quellen: Eurostat, National Bureau of Statistics of China. Stand: 04.12.2024.

5 Einzig in Estland und Finnland lag das preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigte BIP im 2. Quartal 2024 leicht unter dem Niveau des 4. Quartals 2019.

6 Quelle: Eurostat. Stand: 04.12.2024.

7 Quelle: Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg. Stand: November 2024.

8 Quelle: Verdiensterhebung. Die Reallöhne steigen seit dem 3. Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahresquartal. Stand: November 2024.

9 Quelle: Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder«. Stand: August 2023/Februar 2024.

10 Mit den höchsten Umsatz- und BWS-Anteilen am Verarbeitenden Gewerbe. Auf die Branchen Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (31,6 % bzw. 28,0 %) und Maschinenbau (18,8 % bzw. 21,5 %) entfällt etwa die Hälfte des Gesamtumsatzes bzw. der gesamten BWS im Verarbeitenden Gewerbe (Gemessen an Umsätzen bzw. BWS im Jahr 2023).

11 Quelle: https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2024242 (Abruf: 04.12.2024).

12 Quellen: Monatsbericht für Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Destatis). Stand: November 2024. Saison- und arbeitstäglich bereinigt nach dem Berliner Verfahren BV4.1.

13 Quelle: https://www.ihk.de/stuttgart/serviceleiste/konjunktur/regionen/gesamtwirtschaft-4672532 (Abruf: 04.12.2024).

14 Quellen: Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2024, S. 32–53, 68 und RWI Konjunkturbericht Jahrgang 75 (2024) Heft 3, S. 14–32.

15 Quelle: Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2024, S. 68.

16 Quellen: Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2024, S. 32–53, 68 und RWI Konjunkturbericht Jahrgang 75 (2024) Heft 3, S. 14–32.

17 Quelle: Außenhandelsstatistik. Stand: November 2024.

18 Quelle: Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder«. Stand: August 2023/Februar 2024.

19 Deutschlandweit stagnierten die Konsumausgaben der privaten Haushalte im 1. Halbjahr 2024, während die Sparquote in diesem Zeitraum anstieg. Ein Teil der Einkommenszuwächse dürfte folglich gespart worden sein. Quelle: Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2024, S. 48–49, RWI Konjunkturbericht Jahrgang 75 (2024) Heft 3, S. 22–23.

20 Quellen: Monatserhebung im Handel (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Destatis). Stand: November 2024. Saison- und arbeitstäglich bereinigt nach dem Berliner Verfahren BV4.1.

21 Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Stand: 30.09.2024.

22 Quelle: Destatis. Stand: 04.12.2024.

23 Quelle: L-Bank-ifo-Konjunkturtest. Stand: Oktober 2024.