Pressemitteilung 173/2023
2022 über 7 700 Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg
Zahl der Inobhutnahmen von unbegleitet eingereisten Minderjährigen aus dem Ausland mehr als verdreifacht
In akuten Krisensituationen werden Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu ihrem Schutz von Jugendämtern in Obhut genommen. Sie werden vorläufig in einer geeigneten Einrichtung oder bei einer geeigneten Person untergebracht. Ein solches Eingreifen der Jugendämter war nach Feststellung des Statistischen Landesamtes im Jahr 2022 in Baden-Württemberg in 7 702 Fällen notwendig (+2 939 oder +62 % im Vergleich zum Vorjahr). In 2 818 Fällen handelte es sich um vorläufige und in 4 884 Fällen um reguläre Inobhutnahmen (siehe methodischer Hinweis).
Hauptgrund für den enormen Anstieg war die starke Zunahme der Anzahl an unbegleitet eingereisten Minderjährigen aus dem Ausland. Deren Zahl hat sich 2022 gegenüber 2021 von 1 202 auf 3 842 mehr als verdreifacht (+2 640 oder +220 %). Damit entfielen fast 90 % der Gesamtzunahme an Inobhutnahmen auf diese Gruppe. Die Herkunftsländer dieser unbegleitet eingereisten Minderjährigen werden in der Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht erfasst. Weiterhin gab es 2 902 Fälle von dringenden Kindeswohlgefährdungen (+6 % im Vergleich zum Vorjahr) sowie in 958 Fällen Minderjährige, die selbst um Obhut gebeten haben (+15 % im Vergleich zum Vorjahr).
Häufigster Anlass für eine Inobhutnahme war die unbegleitete Einreise aus dem Ausland (50 %). Dahinter folgten die Überforderung der Eltern oder eines Elternteils (25 %), Anzeichen für körperliche Misshandlungen (10 %), Anzeichen für Vernachlässigungen (9 %) sowie neun weitere mögliche Anlässe. Die stärksten Zuwachsraten im Vergleich zum Vorjahr waren neben der unbegleiteten Einreise von Minderjährigen aus dem Ausland bei Anzeichen für psychische Misshandlungen (+37 %), Wohnungsproblemen (+37 %) und Integrationsproblemen in Heimen oder Pflegefamilien (+36 %) zu verzeichnen.
In den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs waren die Entwicklungen sehr unterschiedlich. Aufgrund des enormen Anstiegs der Fälle unbegleiteter Einreisen Minderjähriger aus dem Ausland ist erstmals seit der Umstellung der Erhebung im Berichtsjahr 2017 die Anzahl der Inobhutnahmen flächendeckend gestiegen. Besonders hohe Fallzahlen wiesen große Kreisstädte wie Karlsruhe, Freiburg und Stuttgart auf.