:: 2/2004

Entlastung durch Online-Erhebungen

Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg strebt eine Automatisierung der Datengewinnung für die amtlichen Statistiken an. Dazu erschien im DATEV magazin ein Interview von Ralf Krüger mit der Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Gisela Meister-Scheufelen.

Wir danken dem DATEV magazin für die Abdruckgenehmigung.

DATEV magazin: Der Mittelstand muss in Deutschland viel Bürokratismus verkraften. Die amtliche Statistik ist ein Teil davon …

Meister-Scheufelen: Gestatten Sie mir eingangs den Hinweis, dass jede Erhebung der amtlichen Statistik im Auftrag des Gesetzgebers durchgeführt wird, wobei inzwischen der Bundesgesetzgeber von der EU überrundet worden ist. 72 % der Erhebungen werden inzwischen durch EU-Rechtsgrundlagen angeordnet.

Wozu werden diese Daten erhoben? Die amtliche Statistik ist verpflichtet, neutral und objektiv im Dienste der Allgemeinheit über wichtige gesellschaftliche Strukturen und Trends in anonymisierter Form zu informieren. Den Unternehmen bieten diese Zahlen wichtige Daten zur Positionsbestimmung und damit dem Steuerberater ein wichtiges Fundament für die betriebswirtschaftliche Beratung. Allerdings herrschen in der Öffentlichkeit zum Teil noch falsche Vorstellungen über die tatsächlichen Belastungen der Befragten: Von den etwa 450 000 Unternehmen in Baden-Württemberg werden nur 11 % um Auskunft gebeten. Der allergrößte Teil der Unternehmen, nämlich fast 90 %, wird durch die Befragungen des Statistischen Landesamtes gar nicht belastet. Der Hauptteil der Bürokratiebelastungen ist auf Anfragen aus den Bereichen Steuer und Sozialversicherung zurückzuführen.

DATEV magazin: Aber einige Unternehmen trifft es doch, sie müssen zu den verschiedensten Erhebungen Auskunft geben. Wie können sie konkret entlastet werden?

Meister-Scheufelen: Es ist für uns ein wichtiges Anliegen, die Betriebe, die wir befragen müssen, zu entlasten. Noch arbeiten wir größtenteils traditionell mit auf Papier gedruckten Fragebogen. Nur 18 % unserer Erhebungen gelangen ausschließlich auf elektronischem Wege zu uns. Die Statistischen Landesämter und das Statistische Bundesamt haben sich vorgenommen, dies grundlegend zu verändern. Seit Mitte Februar 2003 können die etwa 9 000 Betriebe und Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe ihre Fragebogen zum Monatsbericht elektronisch ausfüllen und per Knopfdruck über das Internet in verschlüsselter Form an das Statistische Landesamt Baden-Württemberg senden. Unser Amt wird diese Möglichkeit der komfortablen, rationellen und schnellen Datenmeldung den Auskunftspflichtigen noch dieses Jahr bei insgesamt elf Statistiken anbieten und liegt damit bundesweit bei dieser Art der Online-Erhebung mit an der Spitze.

DATEV magazin: Ein Unternehmer würde nun fragen, warum die Daten nicht direkt aus der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung oder dem Rechnungswesen genommen werden könnten.

Meister-Scheufelen: Genau das ist unser Ziel. Es müsste gelingen, zu diesen betrieblichen Systemen Schnittstellen zu programmieren, die eine automatisierte Datengewinnung ermöglichen. Dabei lassen wir uns von dem Ziel leiten, nicht nur eine automatisierte, elektronische Lieferung zu realisieren, sondern auch geprüfte, oder wie wir sagen, vorplausibiliserte statistische Daten zu erhalten.

DATEV magazin: An welche Statistiken denken Sie dabei konkret?

Meister-Scheufelen: Mir scheint, besondere Chancen zur Realisierung von Schnittstellen zur automatisierten Datengewinnung ergeben sind insbesondere bei den Lohn- und Gehaltsstatistiken. Es handelt sich dabei einerseits um die im Wechsel alle zwei Jahre stattfindenden Strukturzählungen, nämlich die Arbeitskostenerhebung und die Gehalts- und Lohnstrukturerhebung, wobei als Nächstes für das Jahr 2004 die Arbeitskostenerhebung ansteht. Zusätzlich finden unter anderem vierteljährlich die laufenden Verdiensterhebungen statt. Aber auch die Jahreserhebung im Einzelhandel oder die Dienstleistungsstatistik sind von großem Interesse.

DATEV magazin: Wie wollen Sie auf die Unternehmen einwirken, um dieses Ziel zu erreichen?

Meister-Scheufelen: Wir wollen alles tun, um die Unternehmen zu entlasten. Aber auch die Unternehmen selbst müssen ihren Teil dazu beitragen, um diesem Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen. Daher wäre es sehr wichtig, dass alle Einrichtungen, die den Unternehmen DV-Dienstleistungen anbieten, in intensivem Kontakt mit den Unternehmen entsprechende Module in ihren Softwarepaketen bereitstellen. Ich bin sicher, dass die Marktakzeptanz hierfür besonders hoch ist, da die Bearbeitungszeiten bei der elektronischen, automatisierten Meldung spürbar geringer sein dürften als bei der herkömmlichen Papiermeldung. Nicht nur den Unternehmen wäre damit gedient, auch wir sind nicht ganz uneigennützig: Wir erhoffen uns von diesen zukunftsweisenden Techniken auch spürbare Entlastungen im Amt und damit last, but not least auch des Steuerzahlers.