:: 2/2004

Zukunftsweisende Technik im Einsatz

Medienbruchfreie, plausibilisierte Datenlieferung an das Statistische Landesamt

Ziel der amtlichen Statistik ist es, möglichst umfassend, detailliert und mit hoher Qualität über wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Fakten und Entwicklungen zu berichten. Andererseits sind rationelle und möglichst unbürokratische Wege der Datengewinnung bei den Auskunft gebenden Personen, Unternehmen und Institutionen zu suchen, wie zum Beispiel »elektronischer Datenaustausch statt Ausfüllen von Papierfragebogen« oder »automatisierte Datengewinnung unmittelbar aus den Geschäftsunterlagen der berichtspflichtigen Unternehmen bzw. (staatlichen/kommunalen) Institutionen« anstelle von arbeitsintensivem Ad-hoc-Zusammenstellen der Daten für die Statistik. Als ein wichtiges Mittel hierzu kann die medienbruchfreie (elektronische), plausibilisierte Verarbeitung der statistischen Daten sowohl bei den Auskunftgebenden als auch beim Statistischen Landesamt gesehen werden. Denn: »Grundsätzlich sollen statistische Produktions- und Distributionsprozesse unter Ausschöpfung aller informationstechnischen und organisatorischen Potenziale integriert ablaufen, das heißt, die verwendeten Daten sollen in digitalisierter Form jeweils medienbruchfrei weiterverarbeitbar sein.«1

In seiner Denkschrift bzw. den Beratenden Äußerungen 2002/2003 sieht der Rechnungshof Baden-Württemberg Rationalisierungsmöglichkeiten beim Statistischen Landesamt, sofern medienbruchfreie und plausibilisierte Datenlieferungen insbesondere von öffentlichen Stellen realisiert werden. Im nachfolgenden Beitrag wird die gegenwärtige Situation skizziert.2

Statistiken werden überwiegend noch mit Fragebogen abgewickelt

Bei den bisherigen Modernisierungen in der amtlichen Statistik hat man sich auf Neuerungen im Bereich der Aufbereitung und Auswertung konzentriert. Inzwischen ermöglicht der technische Fortschritt verstärkt aber auch Rationalisierungen bei der Datenerhebung bzw. -übernahme selbst.

Zur Frage, inwieweit elektronische Datenlieferung an das Statistische Landesamt praktiziert wird, ist bei amtsinternen Untersuchungen allerdings festgestellt worden, dass bisher nur bei einem kleinen Teil der 226 Statistiken die Daten ausschließlich elektronisch geliefert werden. Bei der überwiegenden Mehrheit der Statistiken ist auch heute noch der herkömmliche Fragebogen im Einsatz. Bei den Datenlieferungen der staatlichen bzw. kommunalen Verwaltungen erfolgt die Lieferung der Daten (Datensätze) jedoch schon in großem Maße (über 75 %) elektronisch. Gleichwohl gibt es einige wichtige und große Bereiche (unter anderem die Schulstatistik), bei der die elektronische Lieferung erst als Zielvorstellung angekündigt ist. Vor allem die bei der elektronischen Lieferform nahe liegende Vorplausibilisierung der Daten durch die berichtspflichtigen Institutionen selbst lässt im Bereich der öffentlichen Verwaltung noch erheblich zu wünschen übrig, sodass das Doppelziel »medienbruchfrei/elektronisch« und »plausibilisiert« in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess angegangen werden muss.

Im Bereich der Landesverwaltung erfolgt bei den Abzügen aus den Verwaltungsregistern für die amtliche Statistik zwar überwiegend eine elektronische Lieferung der Daten, allerdings sind wichtige, viele Statistiken übergreifende elektronische Verfahren erst in der Planung bzw. in der beginnenden Umsetzung. Entscheidende Verbesserungen in Sachen elektronischer, plausibilisierter Lieferungen insbesondere in den Bereichen der Kultus- und Justizverwaltung sind erst ab 2005/06 zu erwarten.

Im kommunalen Bereich erfolgt die Lieferung der Daten bei vielen Statistiken durchaus auch schon häufig in elektronischer Form über die Regionalen Rechenzentren (RRZ); ein Großteil der Gemeinden (95 %) ist an die RRZ angeschlossen. Bei den nicht an die RRZ angeschlossenen Gemeinden gibt es jedoch spezielle Sonderlösungen durch private Softwareanbieter mit zum Teil problematischen Auswirkungen bezüglich der Programmaktualisierungen. Die Vorplausibilisierung der Daten im kommunalen Bereich ist insgesamt noch sehr verbesserungswürdig.

Für wichtige Statistikbereiche elektronische Lieferung erst in der Planung

  • Schulstatistik: Gegenwärtig erfolgt die Datenlieferung an die amtliche Statistik noch fast vollständig auf Erhebungsbogen. Im Rahmen des künftigen Verfahrens »Schulverwaltung am Netz« (SVN)3 sollen Datenerfassung, -pflege und -verantwortung in der Hand der Schulverwaltung liegen, sodass das Statistische Landesamt Baden-Württemberg künftig (je nach Schulart ab 2004 und den Folgejahren) medienbruchfrei und plausibilisiert den Katalog der schulstatistischen Daten von der Schulverwaltung erhalten wird. Damit würde bei Realisierung des Projekts ein Großteil der aufwändigen statistischen Erhebungen mittels Fragebogen an den Schulen entfallen.
  • Rechtspflegestatistiken: Auch hier erfolgt die Datenlieferung an die amtliche Statistik gegenwärtig noch zum großen Teil auf Erhebungsbogen. Bis auf wenige Bereiche (Strafverfolgung, Bewährungshilfe, Teile des Strafvollzugs) sollen künftig (ab 2005) alle Geschäfts- und Rechtspflegestatistiken im Bereich des Justizministeriums mit softwaregestützten Verwaltungsverfahren im Rahmen der Großverfahren JUSTUS, SIJUS und NOVA4 abgewickelt werden, die auch Daten für die amtliche Statistik bereitstellen. Der Aufwand für die Aufbereitung der Justiz-Geschäftsstatistiken im Statistischen Landesamt wird sich bei zeit- und sachgerechter Realisierung deutlich reduzieren. Die Personalbedarfsrechnung, bislang als Projektarbeit im Auftrag des Justizministeriums durchgeführt, erfolgt letztmalig im Frühjahr 2004 und wird danach vom Personalbedarfsberechnungsprogramm PEBB§Y5 der Landesjustizverwaltung abgelöst.
  • Insolvenzstatistik: Gegenwärtig erfolgen die insolvenzstatistischen Meldungen noch vollständig auf Erhebungsbogen. Ab Frühjahr 2004 läuft die testweise Umstellung der Meldungen auf ein mit der Justizverwaltung abgestimmtes INTRANET-Verfahren durch die 24 Insolvenzgerichte – angesichts der erheblich steigenden Insolvenzzahlen, insbesondere durch die Einbeziehung der Verbraucherinsolvenzen, ein dringend notwendiges Vorhaben. Mittelfristig ist bei den Insolvenzgerichten gar der Einsatz der Verwaltungssoftware »Eureka Winsolvenz« vorgesehen, sodass dann die Daten über eine Schnittstelle automatisch vom Statistischen Landesamt übernommen werden könnten.
  • Kaufwertstatistik landwirtschaftlicher Grundstücke: Gegenwärtig erfolgt die Lieferung der Daten noch zu 50 % auf Papier. Die Meldung der Daten der Finanzämter über ein INTRANET-Verfahren ist gemäß den avisierten Vereinbarungen mit dem Finanzministerium ab 2004 vorgesehen.
  • Personal- und Versorgungsempfängerstatistik: Das LBV liefert aus den Verwaltungsverfahren die Angaben für die Personalstand- und Versorgungsempfängerstatistik zwar auf elektronischen Datenträgern, die Vorplausibilisierung ist aber unzureichend. Die Übernahme der Plausibilitätsprüfungen der amtlichen Statistik ist vom Landesamt für Besoldung und Versorgung in die Planung aufgenommen worden.
  • Steuerstatistiken: Im Bereich der Steuerstatistiken erfolgt die Datenlieferung an das Statistische Landesamt durch die Oberfinanzdirektionen auf elektronischem Wege, mit einer (allerdings sehr aufwändigen) Ausnahme: Für die Lohnsteuerstatistik der nicht veranlagten Fälle und die Lohnsteuerzerlegung sind noch nicht automatisierte Verfahren in Anwendung, bei denen wegen der Eintragungen in die Lohnsteuerkarten eine manuelle Abwicklung vorgenommen werden muss.
  • Steuerstatistiken – Lohnsteuerzerlegung: Die zurzeit laufende »Lohnsteuerzerlegung 2001« – Statistiken der Einkommensteuer werden im 3-jährigen Turnus durchgeführt – wird im manuellen Verfahren aufgrund der Lohnsteuerkarten im Juni 2004 abgeschlossen. Anschließend erfolgt der Vergleich »manuelles und maschinelles Verfahren« mit Erfahrungsbericht auch unter Wirtschaftlichkeitsaspekten. Das Statistische Landesamt erhofft sich durch eine unbedingt erforderliche Umstellung auf ein DV-Verfahren eine erhebliche Entlastung.

Einzelstatistiken: Auch bei elektronischer Lieferung Plausibilisierungen verbesserungsbedürftig

  • Hochschulstatistik: Zwar werden die Daten der Hochschulstatistik überwiegend (90 %) von den Hochschulen elektronisch geliefert, jedoch ist die Vorplausibilisierung noch im Rückstand. Mithilfe eines modifizierten Programms der Hochschulinformationssystem Gmbh (HIS) soll die Hochschulstatistik künftig präziser plausibilisiert geliefert werden. Eine entsprechende Veranstaltung unter anderem mit HIS und Vertretern der Hochschulen fand am 18. Juni 2003 im Statistischen Landesamt statt. Als Motivationshilfe zur qualitativen Verbesserung der Datenlieferungen dient ein »Lieferungs-Ranking« der Hochschulen.
  • Hochschulfinanzstatistik: Die Hochschulfinanzstatistik wird von den Hochschulen komplett auf Disketten geliefert. Die staatlichen und privaten Hochschulen liefern dabei vollständig auf elektronischem Fragebogen (EXCEL-Datei), aber auch hier bedarf es bei der Vorplausibilisierung einiger Optimierungen.
  • Bevölkerungsstatistik: Bisher erfolgten die Lieferungen der Daten zur natürlichen Bevölkerungsbewegung durch die meisten Gemeinden auf Papier. Allerdings liefern die großen Standesämter (120) schon elektronisch. Im Laufe des Jahres 2004 wird noch eine automatisierte Datenübermittlung für alle Standesämter über ein LVN-INTRANET-Verfahren realisiert.
  • Bei der Wanderungsstatistik (Zuzüge / Fortzüge) erfolgt bereits seit 1995 zu 98 % eine automatisierte, elektronische Übermittlung der Zu- und Fortzüge sowie seit 2002 auch der Korrekturmeldungen durch die kommunalen Meldebehörden an das Statistische Landesamt.
  • Wahlstatistiken: Bei den repräsentativen Wahlstatistiken erfolgt eine Papierlieferung noch zu 100 %. Auch die Auswertung der Kommunalwahlen basiert zu 80 % auf Papiermeldebogen der Gemeinden. Bei den Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erfolgt eine medienbruchfreie, plausibilisierte Lieferung seitens der Kreiswahlleiter.
  • Eine Umstellung auf elektronische Datenlieferung bei den Kommunalwahlen wird bei deren Vorbereitung in enger Abstimmung zwischen dem Land und den Kommunen unter Kosten-Nutzen-Aspekten stattfinden.
  • Verkehrsunfallstatistik: Das Landeskriminalamt liefert elektronische, plausibilisierte Daten der Straßenverkehrsunfälle an das Statistische Landesamt.
  • Finanzstatistiken – Jahresrechnungsstatistik: Inzwischen ist eine zu 95 % elektronische Datenlieferung bei den Kommunen erreicht, allerdings gibt es wegen unzureichender Programme bei den Regionalen Rechenzentren noch Probleme bei der Vorplausibilisierung.
  • Finanzstatistiken – Vierteljährliche Kassenstatistik (Realsteuervergleich): Auch hier erfolgt zu 95 % eine elektronische Datenlieferung, allerdings ebenfalls noch mit Problemen wegen unzureichender Programme bei der Vorplausibilisierung.
  • Finanzstatistiken – Schuldenstandstatistik: Noch überwiegend Papierlieferung. Ab 2004 ist die INTRANET-Datenlieferung möglich.
  • Finanzstatistiken – Jahresabschlussstatistik der Unternehmen und Einrichtungen, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist: Noch überwiegend als Papierlieferung. Ab 2004/05 ist die Umstellung auf INTRANET-Datenlieferung in der Prüfung.
  • Finanzstatistiken – Haushaltsansatzstatistik: Noch überwiegend Papierlieferung. Ab 2004/05 Umstellung auf INTRANET-Datenlieferung in der Prüfung. Das Problem ist hier fachlicher Art: Die Haushaltsaufstellung erfolgt oft erst nach dem vorgeschriebenen Liefertermin der Statistik.
  • Finanzstatistiken – Personalstandstatistik/Versorgungsempfängerstatistik: Zu 95 % elektronische Datenlieferung durch Land und Kommunen, allerdings ebenfalls noch mit Problemen wegen unzureichender Programme bei der Vorplausibilisierung.
  • Krankenhausstatistik: Gegenwärtig erfolgt die Datenlieferung der Krankenhäuser an die amtliche Statistik noch überwiegend auf Erhebungsbogen, in Teilbereichen (Diagnosedaten) zu 80 %. Bei der Krankenhausstatistik könnten die statistischen Daten aber über ein von der deutschen Krankenhausgesellschaft entwickeltes Modul geliefert werden. Es wird angestrebt, dass die baden-württembergischen Krankenhäuser automatisierte Schnittstellen zwischen den Verwaltungssystemen und diesem Modul schaffen. Diese Schnittstellen müssen von den jeweiligen Softwarepartnern der Krankenhäuser programmiert werden.
  • Todesursachenstatistik: Bei der Todesursachenstatistik gehen dem Statistischen Landesamt über die Gesundheitsämter die vom zuständigen Arzt festgestellten Todesursachen auf Erhebungsbogen im Klartext zu. Es ist zu prüfen, inwieweit bereits automatisierte Verschlüsselungsmöglichkeiten der Todesursachen nach ICD-10-Klassifikation bestehen und im Zuge einer Datenlieferung genutzt werden können.
  • Sozialstatistiken – Kriegsopferfürsorgestatistik: Von der gegenwärtig noch praktizierten Papierlieferung wird sukzessive auf elektronische Lieferung umgestellt.
  • Sozialstatistiken – Sozialhilfestatistik (Empfänger/Einnahmen und Ausgaben): Zu 90 % elektronische Datenlieferung, Probleme bei der Vorplausibilisierung.
  • Sozialstatistiken – Asylbewerberleistungsstatistik (Empfänger/Einnahmen und Ausgaben): Zu 75 % elektronische Datenlieferung, Probleme bei der Vorplausibilisierung.
  • Sozialstatistiken – Wohngeldstatistik: Zu 100 % elektronische Datenlieferung.
  • Sozialstatistiken – Kinder- und Jugendhilfestatistik: Es erfolgt in diesem Bereich noch überwiegend eine Datenlieferung auf Erhebungsbogen. Sukzessiv werden aber Möglichkeiten der elektronischen Lieferung angeboten, zum Beispiel für die anstehende Kindergartenstatistik 2005/06 wird eine CD-ROM mit Erfassungsprogramm angestrebt.
  • Sozialstatistiken – Pflegestatistik: Bei der Pflegestatistik wurden mit der Lieferung auf CD-ROM gute Erfahrungen gemacht. Auf diese Art und Weise sind die Daten zu 50 % elektronisch und vorgeprüft geliefert worden.
  • Sozialstatistiken – Grundsicherungsstatistik ( Empfänger/Einnahmen und Ausgaben): Ab 2004 voraussichtlich zu 100 % elektronische Lieferung. Über eine Vorplausibilisierung sind noch keine Aussagen möglich.
  • Umweltstatistiken: Die Durchführung der Erhebungen nach §§ 12 und 14 UStatG »Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen« erfolgt noch über Erhebungsbogen. Voraussichtlich ab 2004 wird eine Meldung via E-Mail (Excel-Tabellen) durch die Stadt- und Landkreise an das Statistische Landesamt Baden-Württemberg erfolgen.
  • Gewerbeanzeigenstatistik: Gegenwärtig erfolgt noch überwiegend eine Lieferung der Daten auf Papier. Nach dem Ergebnis eines Gesprächs mit der Datenzentrale und den Regionalen Rechenzentren (RRZ) am 7. Mai 2003 erfolgt die Lieferung der bei den Gemeinden eingegangenen Gewerbeanzeigen durch die RRZ ab 1. Vierteljahr 2004 auf elektronischem Wege.

Gesetzliche Anordnung einer elektronischen Datenübermittlung erforderlich?

Für die Befragten bzw. Auskunft gebenden Stellen sieht das Bundes-/Landesstatistikgesetz verschiedene Möglichkeiten der Auskunftserteilung vor, zum Beispiel mündlich gegenüber Erhebungsbeauftragten, schriftlich durch Ausfüllung von Erhebungsvordrucken. Es lässt auch eine Antworterteilung mittels anderer Medien, so auch durch Datenträger (Magnetbänder, Disketten) oder über LVN / INTRANET/ INTERNET zu, schreibt sie aber nicht zwingend vor. Bislang existiert grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung, die statistischen Daten dem Statistischen Landesamt elektronisch zu liefern. Es gibt lediglich vereinzelt Regelungen, die eine elektronische Datenlieferung vorgeben. So sieht § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes die Möglichkeit einer Übermittlung der Daten auf automatisiert verarbeitbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung vor. Auch die Verwaltungsvorschrift des WM zum Verfahren nach dem Wohngeldgesetz, die allerdings zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist, sieht für die Wohngeldstatistik verbindlich eine Übermittlung auf Datenträgern vor. Diese bewährte Praxis wird aber inzwischen auch ohne Vorschrift problemlos fortgeführt.

Das Statistische Landesamt hat im Sommer letzten Jahres einen Vorschlag für eine gesetzliche Verpflichtung der öffentlichen Stellen zur plausibilisierten, elektronischen Datenlieferung unterbreitet. Eine solche gesetzliche Verpflichtung hätte den Vorteil, dass der Modernisierungsprozess vorangetrieben sowie IT-Prozesse in den Behörden selbst beschleunigt in Angriff genommen werden könnten und ein hervorragendes E-Government-Projekt damit verbunden wäre.

Im benachbarten Bayern hat die bayerische Landesregierung durch Ministerratsbeschluss vom 8. Juli 2003 in der Zwischenzeit die grundsätzliche elektronische Meldepflicht für die Landesbehörden zur Pflicht gemacht. Danach haben die Behörden die vom Bayerischen Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik angebotenen Möglichkeiten zu nutzen, die Daten elektronisch zu liefern und – soweit Verfahren zur Plausibilisierung zur Verfügung gestellt werden – diese auch einzusetzen.6

Wie kann ein Fortschritt erreicht werden?

Das Statistische Landesamt wird aufgrund des Beschlusses des Landtags von Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2003, wonach die öffentliche Hand Daten – soweit möglich – elektronisch anliefern soll, auf Kooperationsbasis mit den jeweiligen staatlichen und kommunalen Berichtsstellen »Service-Level-Konventionen« vereinbaren, die folgende Punkte enthalten:

  • Zu liefernder Merkmalskatalog laut Erhebungsbogen/Datensatzbeschreibung mit Erläuterungen,
  • (künftige) elektronische Lieferform (Datenträgeraustausch oder andere Formen),
  • Hinweise zur Vorprüfung/Vorplausibilisierung,
  • terminliche Festlegungen.

Diese Konventionen werden künftig nach Umfang (Berichtsstellen, Datenvolumen) und Bedeutung mit den jeweiligen Berichtsstellen vereinbart und im jährlichen Abstand überprüft.

Und wie sieht die Situation außerhalb der öffentlichen Verwaltung aus?

  • Privathaushalte: Von den 4,8 Mill. Privathaushalten in Baden-Württemberg geben nur 80 000 für Zwecke der amtlichen Statistik Auskunft. Über 98 % der Privathaushalte sind somit nicht von regelmäßigen Befragungen des Statistischen Landesamtes betroffen.
  • Unternehmen: Über 95 % aller direkt von Unternehmen gelieferten Datensätze werden über Repräsentativerhebungen gewonnen. Von den 450 000 Unternehmen in Baden-Württemberg geben nur 50 000 Unternehmen zu jährlichen bzw. unterjährigen Erhebungen Auskunft. Der allergrößte Teil der Unternehmen, nämlich fast 90 %, wird nicht durch Erhebungen des Statistischen Landesamtes in Anspruch genommen. Bei den Unternehmen soll versucht werden, die Daten direkt aus dem Rechnungswesen bzw. der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung abzuziehen. Das Ziel ist daher, direkt zu dem betrieblichen System Schnittstellen zu installieren, die eine automatische Datengewinnung ermöglichen.

Aufgrund verschiedener Gespräche zwischen dem Statistischen Landesamt und Softwarefirmen wird für ausgewählte Erhebungen – vor allem aus dem lohnstatistischen Bereichkonkret geprüft, wie sich zügig eine automatisierte Datengewinnung aus dem Rechnungswesen für Zwecke der amtlichen Statistik realisieren lässt. Ähnliche Überlegungen bzw. Aktivitäten sind auch auf Bundesebene im Gange.7

Sofortmaßnahme: Umstellung auf Online-Erhebungen

Seit Mitte Februar 2003 können die ca. 9 000 Betriebe und Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe ihre Fragebogen elektronisch ausfüllen und über das Internet in verschlüsselter Form an das Statistische Landesamt senden. Außer bei der Bautätigkeitsstatistik ist auch bei der Beherbergungsstatistik und seit August 2003 bei der Konjunkturstatistik im Dienstleistungsbereich eine Datenlieferung auf diesem Wege möglich. Das Statistische Landesamt hat diese Möglichkeit der komfortablen, rationellen und schnellen Datenmeldung den Auskunftspflichtigen noch 2003 bei insgesamt elf Statistiken angeboten und liegt somit bundesweit mit an der Spitze. Bis 2005 soll die Datenlieferung via INTERNET für über 23 Wirtschaftsstatistiken und bis 2007 bei entsprechender zusätzlicher Mittelzuweisung gar für insgesamt 50 Statistiken möglich gemacht werden.8

Elektronische Datenlieferung nützt nicht nur dem Statistischen Landesamt

Die Möglichkeit, dass grundsätzlich in allen Fachgebieten und bei allen Verfahrensarten der Verwaltung elektronische Kommunikationsformen angewendet werden können, wird die amtliche Statistik künftig verstärkt nutzen und – die Mitwirkungspflicht und -bereitschaft der berichtenden Institutionen bzw. Personen vorausgesetzt – elektronische Dateneinzugs- und Plausibilisierungsverfahren im beiderseitigen Interesse und Nutzen verstärkt einsetzen.

Für das Statistische Landesamt besteht der Wirtschaftlichkeitsvorteil darin, dass bei elektronischer Datenlieferung und gleichzeitiger Vorplausibilisierung die Daten von vorneherein eine bessere Qualität bieten. Dadurch wird der bisher aufwändige Plausibilitätsaufwand sich merklich reduzieren lassen. Für die Berichtspflichtigen bzw. Auskunft gebenden Institutionen besteht das Wirtschaftlichkeitspotenzial darin, dass diese gegebenenfalls mittels einer einmaligen Sonderprogrammierung einer Schnittstelle plausibilisierte Daten aus den Registern bzw. dem Rechnungswesen automatisch elektronisch liefern können und somit personalintensive Zusatzarbeiten durch Rückfragen des Statistischen Landesamtes mit anschließenden internen Prüfungen eingespart werden können. Diese Vorteile können aber erst greifen, wenn ein entsprechender Verpflichtungsrahmen besteht und eine intensive Kooperation auf der Basis von Service-Level-Vereinbarungen zur Effizienzsteigerung und Aufwandsreduktion sowohl beim Statistischen Landesamt als auch den berichtenden Stellen bei Land und Kommunen realisiert wird.

Wie entwickelt sich die amtliche Statistik weiter?

In einem von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder konzipierten Masterplan9 zur Reform der amtlichen Statistik wird besonders auf die outputorientierte, nutzbringende Information für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Wert gelegt. Das Ziel sind objektive, neutrale und nach wissenschaftlichen Methoden produzierte statistische Daten, deren Qualität außer Zweifel stehen muss. Zwar begrenzen zunehmend geringere Ressourcen – sei es Personal, seien es Finanzmittel – den Bewegungsspielraum der statistischen Ämter. Gerade aus diesem Grund wird versucht, mithilfe der hoch entwickelten IuK-Technik eine prinzipiell vollständige Automatisierung der Datenerhebung und -gewinnung zu verwirklichen.

Im Bereich der Nutzung der Daten der öffentlichen Verwaltung hat der Paradigmenwechsel schon begonnen. Wie dargelegt wurde, liefern in Baden-Württemberg die öffentlichen Verwaltungen schon überwiegend ihre Daten an die amtliche Statistik auf elektronischem Wege. Verbesserungen sind neben einem noch stärkeren Ausbau dieser modernen, zukunftsweisenden Lieferform insbesondere die Vorprüfungen (Plausibilisierungen), die den eigentlichen Qualitätsmehrwert liefern werden.

In Baden-Württemberg wird in regelmäßigen Abständen überprüft werden, inwieweit sich Verbesserungen bei der Datenlieferung an die amtliche Statistik durch den öffentlichen Bereich ergeben haben. Hierzu wird in regelmäßigen Abständen ein entsprechender Fortschrittsbericht erstellt werden.

1 Gruber, Winfried: Information und Kommunikation im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, Moderne Informationstechnik am Arbeitsplatz des Statistikers, in: Jahrbücher für Statistik und Landeskunde von Baden-Württemberg 1995/1996, 40. Jahrgang, S. 161.

2 Der Beitrag basiert auf einem Bericht des Statistischen Landesamtes vom 1. September 2003 an den Arbeitskreis »Informationstechnik Baden-Württemberg«.

3 Das Projekt »Schulverwaltung am Netz« (SVN) wird vom Informations-technischen Fachzentrum der Kultusverwaltung Baden-Württemberg realisiert.

4 Die Projekte JUSTUS (Verwaltungsautomation im Justizbereich), SIJUS, inzwischen WEB.STA bezeichnet (Verwaltungsautomation bei den Staatsanwaltschaften, und NOVA (Neuorganisation bei den Justizvollzugsanstalten) werden vom Justizministerium Baden-Württemberg realisiert.

5 Das Projekt PEBB§Y (Personalbedarfsberechnungssystem) wird vom Justizministerium realisiert.

6 Beschluss der bayerischen Landesregierung vom 8. Juli 2003.

7 Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AG AVW).

8 Vgl. Munz, Karl: Nutzung des Internets zur Datenerhebung im Jahr 2003, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, Heft 2/2004, S. 52.

9 Masterplan der amtlichen Statistik.