:: 5/2004

Zensustest 2001

Ergebnisse der Testerhebungen und Ausblick auf ein zukünftiges Zensusmodell

Mit der Erprobung eines registergestützten Zensus, kurz Zensustest genannt, wurde in Deutschland ein grundlegender Methodenwechsel bei der Durchführung von Volkszählungen eingeleitet. Ein wesentliches Ziel war es, neben dem Übergang auf Registerauswertung auch den Anteil primärstatistischer Erhebungen stark zu reduzieren, um die Kosten und die Belastung der Bürger zu verringern. Insgesamt haben sich die erprobten statistischen Verfahren bewährt, es sind jedoch insbesondere für die Verbesserung der Qualität der Melderegister noch weitere Maßnahmen nötig, die in den registergestützten Zensus integriert werden müssen. Dazu werden mehrere Modellvarianten vorgestellt, über die die politischen Entscheidungsträger in Bund und Ländern entscheiden müssen. Die Weiterentwicklung und Umsetzung des letztlich ausgewählten Modells bleibt vordringliche Aufgabe bis zur nächsten Zensusrunde.

Warum Zensustest? – Das Projekt im Kontext des Paradigmenwechsels bei Volkszählungen

Volkszählungen haben die Funktion, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen eine umfassende Bestandsaufnahme von Gesellschaft und Wirtschaft vorzunehmen. Sie liefern Basisdaten über die Bevölkerung, Erwerbstätigkeit und Wohnsituation in tiefer regionaler Gliederung. Ihre Ergebnisse sind unmittelbar oder mittelbar Grundlage für politische Planungsprozesse verschiedenster Art sowie für das statistische Gesamtsystem, zum Beispiel als Fortschreibungs- und Auswahlgrundlage. Zentrale Aufgabe eines Zensus ist die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen für Bund, Länder und Gemeinden. Diese sind in Deutschland unter anderem eine maßgebliche Bemessungsgrundlage etwa für den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich sowie die Einteilung der Bundestagswahlkreise. Basisdaten zur Bevölkerung werden auch auf supranationaler Ebene benötigt, zum Beispiel für die Regional- und Sozialpolitik der Europäischen Union bei der Vergabe von Mitteln aus den EU-Strukturfonds.

Im Zusammenhang mit der Empfehlung der Europäischen Union für Volks- und Wohnungszählungen in den Mitgliedstaaten in den Jahren 2000/2001 hat sich die Bundesregierung sowohl in der 13. als auch in der 14. Wahlperiode aus Kosten- und Akzeptanzgründen gegen eine herkömmliche Vollerhebung nach dem Vorbild der Volkszählung von 1987 ausgesprochen. Beim Statistischen Bundesamt wurde eine Arbeitsgruppe »Gemeinschaftsweiter Zensus 2001« mit Statistikexperten aus Bund und Ländern gebildet und beauftragt, ein Alternativkonzept zu entwickeln, bei dem so weit wie möglich auf vorhandene Verwaltungsregister zurückgegriffen werden sollte. Die Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder hat am 19./20. November 1998 den Bericht dieser Arbeitsgruppe zur Kenntnis genommen und sich dafür ausgesprochen, den Methodenwechsel von einer primärstatistischen Vollerhebung zu einer hauptsächlich registergestützten Datengewinnung vorzunehmen.

Ein solcher Methodenwechsel sollte durch eingehende Verfahrenstests sowie eine Prüfung der Qualität der relevanten Register und der Validität der aus verschiedenen Quellen zu gewinnenden Daten vorbereitet werden. Mit dem Zensusvorbereitungsgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S.1882) beauftragte der Gesetzgeber die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder mit entsprechenden Testerhebungen zur Vorbereitung eines registergestützten Zensus (Zensustest).

Mit dem Zensustest sollten im Wesentlichen über folgende Sachverhalte zuverlässige Erkenntnisse erlangt werden:

  • die Qualität der Melderegister im Hinblick auf Über- und Unterfassungen;
  • den Wirkungsgrad von Verfahren zur statistischen Bereinigung der Melderegister um Übererfassungen, Fehlbestände und so genannte Mehrfachfälle;
  • die Unterschiede in den Ergebnissen zwischen einer postalischen Erhebung der Wohnungsdaten bei den Gebäudeeigentümern und deren Erhebung durch eine direkte Befragung der Haushalte (Wohnungsnutzer);
  • die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Verfahrens der maschinellen Generierung von Haushaltszusammenhängen durch kombinierte Nutzung der Melderegisterdaten und der in der Gebäude- und Wohnungszählung erhobenen Daten sowie über die Zuverlässigkeit der Generierungsergebnisse;
  • die Nutzungsmöglichkeiten und die Qualität der Personenregister der Bundesagentur für Arbeit.

Verfahren zur Erprobung eines registergestützten Zensus

Der Zensustest, der bundesweit durchgeführt wurde, umfasste drei Module:

  • eine Untersuchung der Einwohnermelderegister auf Personen, die in mehr als einem Melderegister mit alleinigem Wohnsitz oder mit Hauptwohnsitz gemeldet sind (Mehrfachfallprüfung);
  • eine Untersuchung der Einwohnermelderegister auf Karteileichen und Fehlbestände in ausgewählten Gebäudeadressen (Registertest);
  • die Erprobung unterschiedlicher Verfahren eines registergestützten Zensus (Verfahrenstest).

Zentrale Bestandteile des Verfahrenstests waren die Erprobung einer postalischen Gebäude- und Wohnungszählung bei den Gebäudeeigentümern, die Erzeugung eines zensustypischen Einzeldatensatzes anhand der verwendeten Quellen (Einwohnermelderegister, Register der Bundesagentur für Arbeit, Gebäude- und Wohnungszählung) sowie die maschinelle Generierung von Haushalten. Als Stichtag für den Zensustest wurde der 5. Dezember 2001 festgelegt.1 Die Konzeption des Zensustests zeigt untenstehende Übersicht.

Für die Mehrfachfallprüfung wurde eine bundesweite Erhebung bei allen Gemeinden durchgeführt. Das hierbei zugrunde gelegte Stichprobenverfahren sah eine Geburtstagsauswahl vor: Für alle Personen, die mit den Geburtstagen 1. Januar, 15. Mai und 1. September oder mit unvollständigem Geburtsdatum im Melderegister eingetragen waren, war von den Gemeinden ein Einzeldatensatz zu erstellen, der als Grundlage für den bundesweiten Abgleich beim Statistischen Bundesamt und zur anschließenden Befragung der als Mehrfachfälle erkannten Personen nach ihrem tatsächlichen Hauptwohnsitz durch die Statistischen Landesämter diente.

Für die Testteile Registertest sowie Verfahrenstest war bundesweit ein zweistufiges, geschichtetes Auswahlverfahren vorgesehen. Durch den Auswahlplan wurde festgelegt, dass in den Registertest rund 38 000 Gebäude in 570 der bundesweit 13 811 Gemeinden einbezogen wurden. Die Feststellung von Karteileichen und Fehlbeständen sowie die Qualitätsprüfung der Registerdaten erfolgte durch einen Vergleich der Einzeldatensätze aus den Melderegistern mit den direkt durch Interviewer erhobenen Daten bei den Bewohnern der ausgewählten Gebäude. Erfragt wurden im Rahmen dieser Haushaltebefragung im Wesentlichen die gleichen Merkmale, die dem Statistischen Landesamt aus den Melderegistern übermittelt wurden. Für den Verfahrenstest wiederum stellte die Stichprobe Registertest die Auswahlgrundlage dar. Aus den 38 000 Gebäuden wurden ca. 16 000 Gebäude in bundesweit 230 Gemeinden als Unterstichprobe gezogen.

Die Konzeption des Zensustests sah vor, dass die Daten aus den Melderegistern und der Gebäude- und Wohnungszählung sowie die hieraus abgeleiteten Ergebnisse der Haushaltegenerierung mit den Ergebnissen der Haushaltebefragung verglichen werden. Dabei wurden Abweichungen grundsätzlich zulasten der Register bzw. der Gebäude- und Wohnungszählung gewertet. Wurden zum Beispiel im Melderegister eingetragene Personen durch die Haushaltebefragung als unter der Adresse nicht wohnhaft festgestellt, erfolgte eine Klassifizierung dieser Personen als Übererfassungen oder Karteileichen. Personen, die in der Haushaltebefragung als wohnhaft festgestellt wurden, aber nicht im Register enthalten waren, wurden als Untererfassung bzw. Fehlbestand gekennzeichnet. Bei der Bewertung der festgestellten Abweichungen ist zu beachten, dass auch die Haushaltebefragung – trotz aller sorgfältigen Planung und Durchführung – Irrtümer und Qualitätsmängel aufweisen dürfte.

Ergebnisse des Zensustests 2001 – Qualität der Einwohnermelderegister

Gemessen an den Ergebnissen der Haushaltebefragung enthielten die unbereinigten Melderegister zum Stichtag 5. Dezember 2001 bundesweit einen Anteil von 4,1 % Karteileichen bzw. 1,7 % Fehlbeständen. Die Länderwerte für die Karteileichenrate schwanken dabei von 2,6 % bis 8,1 %. Baden-Württemberg hat mit 3,0 % den drittbesten Wert. Mit zunehmender Gemeindegröße steigen sowohl Karteileichenanteile wie die Untererfassung (vgl. Tabelle 1).

Die Melderegister weisen deutlich weniger als 1 % Mehrfachfälle, das heißt Personen, die mit mehr als einer alleinigen oder Hauptwohnung in den Melderegistern geführt sind, auf. Offensichtlich funktionieren die im Meldewesen zur Anwendung kommenden Verfahren, insbesondere das für die Mehrfachfallprüfung zentrale Verfahren der Rückmeldung. Probleme liegen im Meldeverhalten der Bürger (das heißt im Unterlassen von An-, Ab- und Ummeldungen).

Nutzung von zwei Datenlieferungen zur Aufdeckung von Registerfehlern

Im Zensusvorbereitungsgesetz wurde neben der Lieferung der Daten der Melderegister zum Stichtag (5. Dezember 2001) noch eine zweite Datenlieferung zum 31. März 2002 angeordnet. Damit sollte die Möglichkeit gegeben werden, dass An- und Abmeldungen, die nach dem Stichtag, aber mit Wirkung zum Stichtag erfolgten, berücksichtigt werden. Registerüberhänge, die durch Wohnungswechsel entstehen, ließen sich durch den Vergleich der beiden Datenlieferungen nachweisen. Diese Personen wurden als »temporäre Karteileichen« klassifiziert und sind von jenen Karteileichen zu unterscheiden, die dauerhaft zu einer Überhöhung des Registerbestandes führen.

Im Zensustest ließ sich der Anteil der Karteileichen durch den maschinellen Abgleich beider Lieferungen (für die Stichprobengebäude) um diese temporären Fälle bereinigen und auf bundesweit 2,9 % senken (Tabelle 1).

Mehrfachfallprüfung – Bereinigung der Melderegister von Dubletten

Zur Prüfung auf Mehrfachmeldungen wurden von allen Meldebehörden zu den bereits genannten Stichtagen Datensätze der Einwohner, die am 1. Januar, 15. Mai oder 1. September geboren sind, sowie der Einwohner mit unvollständigem Geburtsdatum angefordert. Wie die Testerhebung zeigte, konnte der weitaus größte Teil der in der Mehrfachfallprüfung auffällig gewordenen Fälle ohne Rückfragen bei den Bürgern geklärt werden; telefonische oder postalische Rückfragen zur Personenfeststellung waren nur bei einem kleinen Teil der entdeckten Mehrfacheintragungen erforderlich. Von den 971 000 Fällen in der Stichprobe bundesweit waren dies lediglich 9 519 Befragungsfälle (weniger als 1 %), davon 1 099 in Baden-Württemberg. Die Melderegister enthalten insgesamt also sehr wenige Mehrfachfälle.

Durch die Mehrfachfallprüfung wurde die Übererfassung der Melderegister um weitere 0,6 Prozentpunkte auf 2,3 % im Bundesdurchschnitt reduziert.

Haushaltegenerierung als Instrument zur Aufdeckung von Registerfehlern

Eine weitere Möglichkeit zur Aufdeckung von Registerfehlern ergibt sich durch die Nutzung von Angaben der Gebäude- und Wohnungszählung (Namen und Einzugsdatum der Wohnungsinhaber, Anzahl der Wohnungen und Personen in der Wohnung) im Rahmen der Haushaltegenerierung.2

Zur Klärung der in der Haushaltegenerierung auffällig gewordenen Fälle müssten (retrospektive) telefonische oder postalische Befragungen zur Personenfeststellung, in Einzelfällen auch Befragungen vor Ort durch Interviewer, durchgeführt werden. Simulationsrechnungen mit den Daten des Zensustests haben ergeben, dass dieses Bereinigungsverfahren nur für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser einen akzeptablen Wirkungsgrad aufweist. Für Mehrfamiliengebäude würde die Klärung unplausibler Fälle in der Haushaltegenerierung ein sehr ungünstiges Verhältnis zwischen Befragungsaufwand und Bereinigungseffekt aufweisen. Aus Aufwand-Nutzen-Erwägungen sollte deshalb bei einem künftigen Zensus darauf verzichtet werden, dieses Bereinigungsverfahren im Mehrfamilienhausbereich einzusetzen, zumal in größeren Gebäuden wegen der höheren Fluktuation eine retrospektive Haushaltebefragung weniger erfolgreich sein dürfte als in Ein- und Zweifamilienhäusern.

Mit den getesteten und simulierten Verfahren der Registerbereinigung (einschließlich der Haushaltegenerierung), lässt sich der Karteileichenanteil auf insgesamt 1,8 % im Bundesdurchschnitt senken. Damit wurde der angestrebte Wert von je 0,6 % Über- und Untererfassung im Melderegister allerdings nicht erreicht. Insbesondere die Angleichung der Fehlerraten auf Länder- und Gemeindeebene ist nicht gelungen. Während in Gemeinden bis zu 10 000 Einwohnern mit 0,7 % Karteileichenanteil der Sollwert beinahe erreicht wurde, verbleiben in Großstädten mit über 100 000 Einwohnern gut 3,4 % Karteileichen.

Der Anteil der Fehlbestände ließ sich durch die erprobten Verfahren nur unwesentlich verringern und verbleibt bei bundesweit 1,7 %. Verfahren zur Reduzierung der Fehlbestände müssen noch entwickelt werden.

Postalische Gebäude- und Wohnungszählung

In Deutschland gibt es derzeit keine flächendeckenden Register für Gebäude und Wohnungen. Diese Datenlücke muss beim registergestützten Zensus nach wie vor durch primärstatistische Erhebungen geschlossen werden. Soll künftig auf eine flächendeckende Befragung der Haushalte verzichtet werden, müssen auch die Wohnungsangaben vom Eigentümer erfragt werden. Im Zensustest wurde das Verfahren der postalischen Gebäude- und Wohnungszählung bei Eigentümern erprobt. Dabei wurde geprüft, ob die Erhebung der wohnungsstatistischen Merkmale bei den Eigentümern zu anderen Ergebnissen führt als die primärstatistische Befragung der Haushalte durch Interviewer.

Das postalische Erhebungsverfahren hat sich bei der Erprobung im Zensustest prinzipiell bewährt. Voraussetzung für die Durchführung ist allerdings die aufwändige Errichtung eines kompletten Gebäudeverzeichnisses mit den Adressen aller Wohngebäude in Deutschland. Darauf müsste eine rechnergestützte Erhebungsorganisation aufbauen, welche die Verwaltung der Adressen der Auskunftspflichtigen unterstützt. Diese Adressen müssen aus gesetzlich zulässigen Quellen (Gemeinden, Grundbuch- bzw. Liegenschaftsämter, Finanzbehörden, Gebäudebrandversicherungen sowie Ver- und Entsorgungsbetriebe) ermittelt und bis zum Stichtag der Erhebung gepflegt und aktualisiert werden.

Bei der Erprobung der postalischen Gebäude- und Wohnungszählung waren für ca. 5 % der Stichprobenadressen die Daten nicht vom Gebäudeeigentümer oder Verwalter zu bekommen. Dies betraf Gebäude mit Eigentumswohnungen, für die zwar laut Zensusvorbereitungsgesetz der Verwalter auskunftspflichtig war, dieser aber keine oder nur unvollständige Angaben machen konnte. In diesen Fällen mussten nachträglich die jeweiligen Wohnungseigentümer ermittelt und postalisch befragt werden, was in Baden-Württemberg für 9 % der Stichprobengebäude erforderlich war. Da hiervon überwiegend große Gebäude mit durchschnittlich je 20 Wohnungen betroffen waren, musste diese Zusatzbefragung für 23 % der zu erhebenden Wohnungen durchgeführt werden. Dadurch erhöhte sich die Anzahl der Auskunftspflichtigen um fast 180 %.

Solche Probleme müssen bei einem flächendeckenden Zensus bereits beim Aufbau der Erhebungsunterstützung berücksichtigt werden. Ziel ist es, Gebäude- und Wohnungsdaten möglichst vollständig von einem Verwalter zu bekommen und die Befragung der Wohnungseigentümer zu minimieren.

Die Untersuchungen im Zensustest haben bestätigt, dass eine Eigentümerbefragung im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen führt wie eine Haushaltebefragung und dass vom Gebäudeeigentümer hinreichend verlässliche Daten zur Wohnungsbelegung geliefert werden können. Die getesteten Verfahren sollten entsprechend den erkannten Anforderungen für eine flächendeckende Erhebung weiterentwickelt werden. Beispielsweise wären einige für die Gebäude- und Wohnungszählung relevante Aspekte in ein Zensusgesetz aufzunehmen, zum Beispiel die bereits erprobte Vorbefragung wichtiger Merkmale zur Erhebungsvorbereitung, die Auskunftspflicht für Wohnungseigentümer sowie – zur Verhinderung von Antwortausfällen – auch für Mieter.

Maschinelle Generierung von Haushalten

Ergebnisse zu Zahl und Struktur von Haushalten und ihren Wohnverhältnissen in tiefer regionaler Gliederung sind Kernbestandteil

aller Volkszählungen. Bei einem registergestützten Zensus kann diesen Anforderungen nur entsprochen werden, wenn Haushaltszusammenhänge aus anderen Erhebungsdaten abgeleitet werden. Das Prinzip der maschinellen Haushaltegenerierung sieht dazu die Verknüpfung von Personendaten aus den Melderegistern mit Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung vor, und zwar so, dass Personen, die gemeinsam eine Wohnung bewohnen, im statistisch richtigen Haushaltszusammenhang (Wohnhaushalt) dargestellt werden. Die Bildung der Haushalte erfolgt in einem komplexen, mehrstufigen Verfahren.

Über den Namen können die Daten des Wohnungsinhabers mit seinen Daten aus dem Melderegister verknüpft werden. Danach werden allen auf den Datensatz des Wohnungsinhabers bezogenen Personen im Melderegister (Ehepartner, Kinder) Wohnungsdaten zugeordnet. Damit werden klassische Haushaltszusammenhänge abgebildet, es entstehen so genannte Kernhaushalte. Mithilfe weiterer Angaben wie identisches Einzugsdatum werden weitere Einzelpersonen zu Haushalten zusammengefasst oder den Kernhaushalten hinzugefügt. Nach diesen Schritten konnten im Zensustest ca. 90 % aller Personen mit einer Wohnung bzw. mit einem Wohnhaushalt verknüpft werden. Die übrigen Personen wurden unter Verwendung statistischer Kriterien, zum Beispiel der Wohnungsgröße, mit den vorhandenen Wohnungen zusammengeführt.

Zur Beurteilung des Verfahrens der Haushaltegenerierung ist entscheidend, ob es dieselben Haushaltsstrukturen erzeugt wie eine direkte Befragung. Beim Vergleich müssen Fehler in den Datenquellen, bei der Haushaltebefragung sowie Befragungsausfälle ausgeschlossen werden. Wird dies berücksichtigt, ergibt sich eine fast identische Größenverteilung der von beiden Verfahren hervorgebrachten Haushalte. Bei der Haushaltegenerierung zeigt sich allerdings eine leichte Verschiebung zugunsten größerer Haushalte (Tabelle 2). Voraussetzung für eine realitätsnahe Haushaltegenerierung ist also ein Datenmaterial von hinreichend hoher Qualität. Die Erprobung der Haushaltegenerierung ist noch nicht abgeschlossen, das Verfahren muss noch weiterentwickelt und verfeinert werden.

Erwerbsstatistische Register – Qualität der Dateien der Bundesagentur für Arbeit

Daten über die Erwerbstätigkeit der Bevölkerung sind fester Bestandteil von Zensen. Allerdings existiert in Deutschland bislang kein statistiktaugliches Register, das Daten für alle Erwerbstätigen enthält. Für die Erhebung der erwerbsstatistischen Merkmale sollen daher bei einem zukünftigen Zensus Daten aus Registern der Bundesagentur für Arbeit und aus Registern der öffentlichen Verwaltung genutzt werden. Im Zensustest wurden nur die Register der Bundesagentur für Arbeit auf ihre Datenqualität und statistische Verwendbarkeit untersucht, und zwar die Dateien der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der Arbeitslosen sowie der Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung. Als Vergleichs- und Qualitätsmaßstab diente wiederum die Haushaltebefragung. Außerdem fand ein Abgleich mit den Melderegistern statt, um festzustellen, inwieweit die von der Bundesagentur für Arbeit unter einer bestimmten Adresse registrierten Personen auch dort gemeldet waren.

Die für die Zusammenführung der Melderegister mit den erwerbsstatistischen Dateien entwickelten Verfahren haben sich prinzipiell bewährt. Dennoch konnten im Bundesmittel (ohne Berlin) etwas mehr als 10 % der Personen aus den Dateien der Bundesagentur für Arbeit nicht in den Melderegistern gefunden werden. Als Hauptursache ist anzunehmen, dass die Melderegister über den aktuelleren Datenbestand verfügen, weil die Meldewege und Fristen für Arbeitgeber sehr lang sind. So entsteht eine zeitliche Verschiebung bei der Aktualisierung der Daten der Bundesagentur für Arbeit gegenüber dem Meldeverfahren bei den Kommunen. Folglich konnten im Test erwerbstätige Personen teilweise nicht der richtigen Adresse zugeordnet werden. Die Übereinstimmung mit den Melderegistern ist je nach Datenquelle recht unterschiedlich. Für die Datei der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist sie mit 88,8 % deutlich geringer als bei den Arbeitslosen und bei den Personen in Weiterbildung (96,7 bzw. 95,8 %).3 Grund dafür ist, dass die beiden letzten Dateien ereignisbezogen geführt werden, in unmittelbarem Bezug zu Leistungen der Bundesagentur für Arbeit stehen und damit wesentlich aktueller sind. Meldungen über sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bzw. deren Adressänderungen liegen dagegen nicht nur verzögert vor, sondern enthalten auch häufiger ungenaue Angaben.

Im flächendeckenden Zensus könnten Personen, deren Adresse bei der Bundesagentur nicht mit der aus dem Melderegister übereinstimmt, anhand von Name, Vorname, Geburtsdatum und Geschlecht unter ihrer aktuellen Adresse aufgefunden und mit den Melderegisterdaten verknüpft werden. Dafür ist jedoch der Abgleich dieser Merkmale mit dem Gesamtbestand des Melderegistermaterials erforderlich. Sowohl die Programmentwicklung als auch die bei der Durchführung zwangsläufig notwendigen Bearbeitungsschritte dürften mit erheblichem Aufwand verbunden sein.

Die erwerbsstatistischen Dateien der Bundesagentur für Arbeit konnten noch nicht abschließend untersucht werden. Sie werden nach bisherigem Kentnisstand aber als grundsätzlich verwertbar eingestuft. Gleichwohl sind Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung (vor allem Aktualisierung der Adressen und Beschleunigung der Meldungen) seitens der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Um die Erwerbstätigkeit der Bevölkerung in einem zukünftigen Zensus vollständig darstellen zu können, sollen Daten für Beamte, Richter und Soldaten aus weiteren Registern erhoben werden, zum Beispiel den Berichtsstellen der Personalstands- und Versorgungsempfängerstatistik und den Rentenversicherungsträgern. Angaben zu Selbstständigen müssten allerdings primärstatistisch erhoben werden.

Mögliche Varianten eines zukünftigen Zensus

Zentrales Ergebnis des Zensustests ist, dass ein registergestützter Zensus in Deutschland grundsätzlich möglich ist und sich die im Zensusvorbereitungsgesetz vorgesehenen statistischen Methoden und Verfahren als geeignet erwiesen haben. Allerdings hat sich gezeigt, dass die im Zensustest angewandten Methoden zur statistischen Bereinigung nicht ausreichend waren. Insbesondere die Melderegisterdaten als Grundlage belastbarer amtlicher Einwohnerzahlen müssen noch stärker korrigiert werden.

Ein registergestützter Zensus könnte – analog zu den im Zensustest erprobten Verfahren – aus folgenden Basisbausteinen bestehen (Schaubild):

  • Abfrage und Verarbeitung der Daten der Melderegister aller 13 811 Gemeinden bundesweit zu zwei Stichtagen;
  • Abfrage und Verarbeitung von Daten der erwerbsstatistischen Register (Dateien der BA, Register der öffentlichen Verwaltung) für rund 36,5 Mill. Erwerbspersonen;
  • postalische Gebäude- und Wohnungszählung bei rund 17 Mill. Gebäude- und Wohnungseigentümern;
  • primärstatistische Erhebung von rund 2 Mill. Personen in Anstalten und Sondergebäuden;
  • Befragung von rund 0,5 Mill. Personen, die bei der Mehrfachfallprüfung als Dubletten erkannt wurden;
  • Durchführung der maschinellen Haushaltegenerierung für 38,5 Mill. Haushalte.

Damit ließen sich demografische Grunddaten wie Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Familienstand und Wohnstatus ebenso wie erwerbsstatistische Daten (zum Beispiel von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten oder Beamten) im Haushalts- und Wohnungszusammenhang gewinnen.

Zur Verbesserung der Qualität der amtlichen Einwohnerzahlen könnte die Einbindung einer ergänzenden Stichprobenerhebung beitragen. Der Grundgedanke ist, in den Gemeinden – zusätzlich zur Auswertung der Melderegister – auf Stichprobenbasis eine Befragung von Personen durchzuführen, um Karteileichen- und Fehlbestandsraten für die einzelne Gemeinde zu ermitteln und die mit den Basisbausteinen festgestellte Einwohnerzahl der Gemeinde zu korrigieren.

Die ergänzende Stichprobe könnte in allen

Gemeinden (Modell 1) oder erst ab einer bestimmten Gemeindegröße (Modell 2) durchgeführt werden. Das Instrument der Stichprobenerhebung eröffnet zudem prinzipiell die Möglichkeit, Daten über weitere zensustypische Merkmalsbereiche zu erheben, wie zum Beispiel Erwerbstätigkeit Selbstständiger, Lebensunterhalt, Bildungsstand, Pendlerstruktur sowie ausgeübte Berufe.

Bei der Auswahl eines Modells muss das Gebot der Gleichbehandlung hinsichtlich des Verfahrens der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen gegenüber den Kosten und der Verhältnismäßigkeit der Mittel abgewogen werden. Die Einbeziehung aller Gemeinden führt zu

einem erheblichen Befragungsumfang. Schätzungen gehen von ca. 10 Mill. zusätzlich zu befragenden Personen aus. In kleinen Gemeinden käme die Stichprobe einer Vollbefragung gleich.

Um die Kosten für einen registergestützten Zensus niedrig zu halten, könnte die ergänzende Stichprobenerhebung zur statistischen Bereinigung der Melderegister nur auf die Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern beschränkt werden (Modell 2). Dafür müssten 3,9 Mill. Personen befragt werden. In den kleineren Gemeinden würde die statistische Bereinigung der Register über die Korrekturverfahren der Basisbausteine erfolgen; ergänzend würde dort bei denjenigen Ein- und Zweifamilienhäusern, deren Generierungsergebnis nicht plausibel ist, die Wohnungsbelegung gezielt nachgefragt (zusätzlicher Befragungsaufwand: 1,7 Mill. Personen). Insgesamt würde durch Modell 2 bei den Gemeinden über 10 000 Einwohnern die Streuung der Registerfehler stärker reduziert als bei den kleineren Gemeinden. Die Erhebung zusätzlicher Merkmale ist bei Modell 2 ebenfalls möglich, diese könnten dann allerdings nur für Gemeinden ab 10 000 Einwohnern auf Gemeindeebene nachgewiesen werden. Für einen flächendeckenden, hinreichend zuverlässigen Nachweis zusätzlicher Merkmale auf Ebene der Kreise, Regierungsbezirke und Länder müsste eine weitere Stichprobe auch in den kleinen Gemeinden befragt werden.

Da die Verwendung von zusätzlichen Stichproben zur statistischen Bereinigung der Melderegister sowohl bei Modell 1 als auch bei Modell 2 nicht unproblematisch ist, sollte allerdings die Frage, ob und wie im Vorfeld eines registergestützten Zensus tatsächliche, das heißt physische Bereinigungen der Melderegister möglich sind, nicht ausgeklammert werden. Die Frage, wie der zukünftige Zensus gestaltet werden soll, muss von den politischen Entscheidungsträgern unter Abwägung von Kosten-, Akzeptanz- und Qualitätsaspekten entschieden werden.

Ausblick

Aufgabe der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird es nach einer endgültigen politischen Entscheidung sein, das beschlossene Zensusmodell zur Anwendungsreife zu entwickeln. Der Zeitpunkt des nächsten Zensus in Deutschland wurde bisher nicht konkretisiert. Es ist jedoch anzunehmen, dass er in die nächste Zählungsrunde der Europäischen Union 2010/2011 fallen wird.

Damit stünden für die Vorbereitung rund sechs Jahre zur Verfügung. In diesem Zeitraum müssen die Methoden und Verfahren für einzelne Bausteine entweder noch völlig neu entwickelt werden (zum Beispiel erhebungsteilübergreifende Plausibilitätskontrollen oder die statistische Korrektur der Melderegisterdaten mit den Ergebnissen der Ergänzungsstichprobe) oder mit erheblichem Aufwand weiterentwickelt werden (zum Beispiel das Haushaltegenerierungsverfahren und die Auswertung der erwerbsstatistischen Register). Außerdem muss wegen der Verwendung mehrerer, unterschiedlicher Datenquellen ein hoher Aufwand für die Softwareproduktion einkalkuliert werden. Schließlich ist auch an die Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens sowie den Aufbau der Organisationsstrukturen in den Statistischen Ämtern zu denken. Mit den vorbereitenden Arbeiten für einen registergestützten Zensus sollte daher unmittelbar nach Abschluss des Zensustests begonnen werden.

1 Zu Zielsetzung und zu Konzeption des Zensustests siehe: Werner, Joachim/Lauer, Thomas: Der Zensustest 2001 – Prüfung neuer Methoden als Alternative für eine Volkszählung, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft11/01, S. 545 ff.

2 Beschreibung des Verfahrens siehe Abschnitt: »Maschinelle Generierung von Haushalten« (Seite …).

3 Werte jeweils für Deutschland, ohne Berlin.