:: 5/2004

Erziehungs- und Betreuungspersonal in Tageseinrichtungen für Kinder

Seit der letzten Erhebung vor 4 Jahren nahm das Erziehungs- und Betreuungspersonal in den Tageseinrichtungen Baden-Württembergs leicht zu. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist besonders stark gestiegen. Vor allem Ergänzungskräfte, die die pädagogische Arbeit des Fachpersonals unterstützen, arbeiten Teilzeit. Sie sind auch häufiger befristetet beschäftigt. Die Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsarbeit wird in den Tageseinrichtungen überwiegend von Frauen geleistet. Dabei bilden Erzieherinnen in allen Arbeitsbereichen die Hauptberufsgruppe. Gegenüber 1994 zeigen sich deutliche Alterungstendenzen, die auf eine gestiegene Verweildauer des Personals verweisen.

Der quantitative Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder, insbesondere für Kleinkinder, steht immer wieder im Mittelpunkt öffentlicher und fachlicher Diskussionen um Familienfreundlichkeit und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Seit dem Vorliegen der Ergebnisse der PISA-Studie rückt auch die Qualität der frühkindlichen Bildung verstärkt in den Blickpunkt. Eng damit verknüpft sind Fragen zur personellen Ausstattung der Kindertageseinrichtungen. Der vorliegende Beitrag zeigt zentrale Strukturmerkmale und Entwicklungen hierzu auf. Im Mittelpunkt stehen dabei Beschäftigte, die vorwiegend im Bereich der Betreuung, Bildung und Erziehung tätig sind.1

Mehr Personal in den Tageseinrichtungen

In den Kindertageseinrichtungen Baden-Württembergs arbeiten 43 695 Personen im Bereich der Erziehung und Betreuung, weitere 1 752 sind überwiegend in der Leitung tätig. Gegenüber 1998 ist dies ein Personalanstieg von ca. 11 %. Besonders starke Zuwächse gab es in dem Arbeitsbereich »Erziehung in altersgemischten Gruppen«. Auch in der frühkindlichen Erziehung und Hortbetreuung stieg das Personal sichtbar an. Nur in der Kindergartenerziehung ging die Zahl der Beschäftigten leicht zurück. 79 % des Betreuungspersonals arbeitet in der Kindergartenerziehung, weitere 15 % im Bereich der Erziehung in altersgemischten Gruppen. Vier Jahre zuvor waren es 90 % bzw. 5 % gewesen. Diese Ergebnisse entsprechen dem auf Platzebene festgestellten Strukturwandel zu mehr Plätzen in altersgemischten Gruppen und einem Rückgang von Kindergartenplätzen.2

Die Umrechnung der Stundenzahl der Teilzeitkräfte und nebenberuflich Tätigen in volle Stellen (so genannte Vollzeitäquivalente), ergibt gegenüber 1998 eine Zunahme der rechnerischen Vollzeitstellen um knapp 6 % (rund 2 049 Stellen). Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Einrichtungen um 2 %, während die Anzahl der verfügbaren Plätze um knapp 2 % zurückging. Dementsprechend ist die Zahl der Plätze pro Vollzeitfall von 13 im Jahr 1998 auf 12 im Jahr 2002 gesunken.

Teilzeitbeschäftigung stark angestiegen

Nicht nur die Zahl der Beschäftigten, auch der Beschäftigungsumfang hat sich verändert. Während die Vollzeitbeschäftigung um knapp 2 % zurückging, nahm die Zahl der Teilzeitbeschäftigten im Arbeitsbereich Erziehung um 28 % zu.3 Damit arbeitet mehr als ein Drittel des pädagogischen Personals Teilzeit. Der Anteil der nebenberuflich Tätigen hat sich seit 1998 verdoppelt, spielt aber mit 3 % weiterhin eine eher untergeordnete Rolle. Ein hoher Anteil an Teilzeit- und nebenberuflich Beschäftigten findet sich beim Betreuungspersonal für behinderte Kinder und Jugendliche (88 %) und in der Horterziehung (54 %). Am niedrigsten ist er bei der Erziehung in altersgemischten Gruppen (35 %). Der Beschäftigungsumfang variiert auch deutlich nach Funktion des Betreuungspersonals. Unterschieden werden sozialpädagogische Fachkräfte von so genannten Zweit- oder Ergänzungskräften (zum Beispiel Kinderpflegerinnen oder Personen ohne formale Qualifikation), die die Gruppenleitung in der pädagogischen Arbeit unterstützen. Während Gruppenleitungen zu 80 % Vollzeit arbeiten, sind es bei den Zweit- und Ergänzungskräften nur 48 % (Schaubild 1).

Fast ein Viertel des Betreuungspersonals arbeitet auf der Basis eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Dabei sind die Ergänzungskräfte mit 27 % wesentlich häufiger betroffen als Gruppenleitungen (18 %). Am niedrigsten ist der Anteil befristeter Beschäftigung im Arbeitsbereich der frühkindlichen Erziehung (15 %). Von den 532 Beschäftigten, die behinderte Kinder und Jugendliche betreuen, sind mehr als die Hälfte (315) befristet beschäftigt.

Nur 822 Männer im Erziehungsbereich von Tageseinrichtungen tätig

Im Jahr 1996 veröffentlichte das »Netzwerk für Kinderbetreuung und andere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer« der Europäischen Kommission 40 Qualitätsziele für Kindertageseinrichtungen. Diese Ziele sollten innerhalb von 10 Jahren, also bis zum Jahr 2006, in den Ländern der EU umgesetzt sein. Hinsichtlich des Personals schlug das Netzwerk unter anderem vor, dass 20 % der Beschäftigten in öffentlichen Einrichtungen für Kinder Männer sein sollten. Die

Erhöhung des Männeranteils wurde von der Kommission als ein wichtiges Mittel angesehen, Geschlechterstereotype infrage zu stellen und Väter stärker zur Anteilnahme zu ermutigen.

In Baden-Württemberg sind im Arbeitsbereich Erziehung und Betreuung nur etwa 2 % der Beschäftigten Männer. Ein nennenswerter Anteil von Männern findet sich lediglich im Hortbereich (13 %) und bei der Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher (7 %). Insgesamt arbeiten 822 Männer im erzieherischen Bereich der Tageseinrichtungen, darunter 368 Erzieher und 115 Akademiker.4 Unter den Leitungskräften sind 66 Männer; dies entspricht knapp 4 %. Es ist vor allem eine politische Frage, ob der Männeranteil, so wie es das Netzwerk fordert, in Kindertageseinrichtungen erhöht werden sollte. Die Umsetzung würde vermutlich auch davon abhängen, ob der Beruf des Erziehers sich so verändert, dass er für Männer an Attraktivität gewinnt.

Erzieherinnen bilden Hauptberufsgruppe

Kindertageseinrichtungen sind heute nicht nur Orte, an denen Kinder gehütet werden. Nach dem Kindergartengesetz sind es vielmehr Einrichtungen zur Förderung der Entwicklung von Kindern. Ihre Aufgabe umfasst die Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Die Anforderungen an das Erziehungs- und Betreuungspersonal sind heute weiter denn je von dem traditionellen Bild der »Kindergartentante« entfernt. Nicht nur die Ansprüche an die pädagogische Qualität von Betreuungseinrichtungen sind in den vergangen Jahren gestiegen, auch neue Aufgaben wie zum Beispiel

  • die Sprachförderung und interkulturelle Erziehung,
  • die Elternarbeit und Auseinandersetzung mit Kooperationspartnern,
  • die Einführung von Qualitätsentwicklung und -sicherung in den Einrichtungen,
  • die Integration von Familienbildung und -beratung in das Angebot der Betreuungseinrichtung oder
  • die Umgestaltung der Tageseinrichtung zum Familienzentrum

sind hinzugekommen. Damit einher gehen höhere Anforderungen an die Fachausbildung des Personals. Mehr kommunikative Fähigkeiten, Kenntnisse im Konfliktmanagement oder in der Gesprächsführung werden für die Bewältigung der neuen Aufgaben benötigt.

In den meisten europäischen Ländern werden die Fachkräfte für Kindertageseinrichtungen auf Hochschulniveau, an Universitäten oder in nicht universitären Einrichtungen ausgebildet. Deutschland bietet zusammen mit Österreich das formal niedrigste Niveau in der Ausbildung; dies betrifft auch die Eingangsvoraussetzungen. In der Kinder- und Jugendhilfestatistik informiert der Berufsbildungsabschluss als einziges Merkmal über die Ausbildung der Beschäftigten. Obwohl diese formale Qualifikation keine Auskunft über die Kompetenzen in der Berufsausübung gibt, bietet sie doch einen Anhaltspunkt für eine Einschätzung der Situation in den Kindertageseinrichtungen unter qualitativen Gesichtspunkten. Sie gibt auch Auskunft darüber, wie viele Personen von der eingangs beschriebenen Fachdiskussion betroffen sind. In der Erhebung werden insgesamt 19 Berufsgruppen unterschieden, die hier zu sieben Gruppen zusammengefasst werden (siehe i-Punkt).

Die Hauptberufsgruppe bilden wie in den Vorjahren die Erzieherinnen. Im Arbeitsfeld Erziehung und Betreuung konnten sie ihren Anteil am gesamten Betreuungspersonal von 63 % im Jahr 1994 auf 69 % ausbauen (Tabelle). Darüber hinaus stellen sie zu 85 % das Leitungspersonal (1994: 71 %). Kinderpflegerinnen und Assistentinnen im Sozialwesen bilden mit 12 % die zweitgrößte Berufsgruppe. Der Anteil der Personen mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung liegt bei 2 %. Dies entspricht 984 Personen, 245 mehr als im Jahr 1998. Die Berücksichtigung der Teilzeit- und nebenberuflichen Beschäftigung ergibt jedoch nur eine Zunahme der rechnerischen Vollzeitstellen um rund 99 Stellen. Deutlich zurückgegangen (minus 21 %) ist die Zahl der Beschäftigten, die sich noch in der Ausbildung befinden oder über keine Ausbildung verfügen. Ihr Anteil an allen Beschäftigten im Bereich Erziehung und Betreuung sank von 20 % (1998) auf gut 14 % im Jahr 2002.

Formale Qualifikation in der Kleinkindbetreuung am niedrigsten

Das Beschäftigungsfeld Erziehung und Betreuung setzt sich zusammen aus den Arbeitsbereichen frühkindliche Erziehung, Kindergartenerziehung, Horterziehung, Erziehung in altersgemischten Gruppen und Erziehung behinderter Kinder und Jugendlicher. Die Gewichtung der Berufsgruppen ist in den genannten Bereichen unterschiedlich. Kinderpflegerinnen und Assistentinnen im Sozialwesen bilden ein Viertel des Personals in der frühkindlichen Erziehung. Eine Fachhochschul- oder Hochschulausbildung zum Beispiel in der Sozial- oder Heilpädagogik haben in der Kindergartenerziehung nur gut 1 % der Beschäftigten. Anders in der Horterziehung: Hier sind Akademikerinnen – wie Lehrerinnen oder Sozialpädagoginnen – mit einem Anteil von knapp 19 % wesentlich häufiger zu finden (vgl. Tabelle).

Kinderpflegerinnen und Assistentinnen im Sozialwesen sowie Beschäftigte sonstiger Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsberufe werden ganz überwiegend als Zweit- und Ergänzungskräfte eingesetzt (zu 91 % bzw. 85 %). Auch Beschäftigte in Ausbildung oder ohne Berufsabschluss arbeiten fast ausschließlich als Ergänzungskräfte. Erzieherinnen und Beschäftigte mit einem akademischen Berufsbildungsabschluss werden hingegen mehrheitlich als Gruppenleitung (59 % bzw. 54 %) eingesetzt.

Alterungstendenzen deuten auf gestiegene Verweildauer des Personals

Bei der Alterszusammensetzung des Erziehungs- und Betreuungspersonals zeigen sich zwischen 1994 und 2002 deutlich Veränderungen. Waren 1994 noch knapp ein Drittel der Beschäftigten unter 25 Jahre alt, lag dieser Anteil 2002 nur noch bei 26 %. Auch die Zahl der 25- bis unter 40-Jährigen hat abgenommen. Während sie 1994 noch fast die Hälfte des Personals stellten, waren es 2002 nur noch 38 %. Dementsprechend angewachsen ist der Anteil der 40- bis unter 55-Jährigen (vgl. Schaubild 2). Diese Alterungstendenzen deuten auf eine gestiegene Verweildauer des Personals im Beruf. Auch die Wiedereinstiegsmöglichkeiten im Anschluss an die Elternzeit könnten hier eine Rolle spielen. Insgesamt weisen die Ergebnisse damit auf ein verändertes Erwerbsverhalten von Frauen hin, das eher mit dem Modell der lebenslangen statt der vorübergehenden Berufstätigkeit korrespondiert.

1 Auf das Verwaltungs- sowie hauswirtschaftliche und technische Personal wird nicht eingegangen.

2 Über die Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen in Baden-Württemberg informiert der gleichnamige Beitrag im Statistischen Monatsheft 2/2004.

3 Vollzeit: 38,5 und mehr Wochenstunden, Teilzeit: unter 38,5 Wochenstunden, nebenberuflich tätige Per-sonen: unter 20 Wochen-stunden.

4 Aufgrund der geringen Zahl an männlichen Betreuungskräften und wegen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend nur die weibliche Form verwendet.