:: 10/2004

Trink- und Abwasser im Land 2004 erneut teurer

Die beträchtlichen Kosten, die mit den hohen Standards der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Land verbunden sind, haben im Vergleich zum letzten Jahr zu einem erneuten Anstieg der Preise für Trink- und Abwasser geführt. Der durchschnittliche Gesamtpreis für Trink- und Abwasser betrug Anfang 2004 in Baden-Württemberg 3,78 Euro je Kubikmeter. Das sind 9 Cent mehr als im Jahr zuvor. Für die Sicherstellung der Versorgung mit Trinkwasser in einwandfreier Qualität und ausreichender Menge sowie für die Reinigung und Ableitung kommunaler Abwässer sind künftig weitere erhebliche Aufwendungen erforderlich. Ursachen dafür sind anhaltende Umweltbelastungen, hohe Anforderungen an Trinkwasserqualität und Gewässerschutz sowie notwendige Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.

Spanne zwischen höchstem und niedrigstem Gesamtpreis: 6,19 Euro

Der Preis je Kubikmeter (m³) Trink- und Abwasser ist im Landesdurchschnitt um 9 Cent (+ 2 % im Vergleich zum Jahr 2003) auf aktuell 3,78 Euro gestiegen. Die Verteuerung von Trink- und Abwasser hält damit nach wie vor an. Der Anstieg, der sich Ende der 90er-Jahre im Vergleich zur ersten Hälfte erkennbar verlangsamt hatte, legte damit wieder etwas zu (Tabelle 1). Die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden sind allerdings beträchtlich. So liegt der landesweit niedrigste Gesamtpreis für Trink- und Abwasser derzeit bei 1,58 Euro/m³, der höchste bei 7,77 Euro/m³. Im Schnitt kostet im Jahr 2004 ein Kubikmeter Trinkwasser 1,71 Euro. Anders ausgedrückt liegt der Preis für 10 Liter Trinkwasser in Baden-Württemberg demnach bei nur 1,7 Cent (ein Kubikmeter entspricht 1 000 Litern). Zum Vergleich: 10 Liter eines günstigen Mineralwassers zu einem Preis in der Größenordnung von 15 bis 25 Cent pro Liter (ohne Pfand) kosten im Supermarkt zwischen 1,50 und 2,50 Euro. In den Städten und Gemeinden variiert der Kubikmeterpreis für Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz zwischen 48 Cent und 3,50 Euro. Für Abwasser sind derzeit im Landesdurchschnitt 2,07 Euro pro m³ zu zahlen; das sind 2 Cent je 10 Liter verbrauchtem Trinkwasser. Die regionale Preisspanne beim Abwasser liegt zwischen 60 Cent und 5,36 Euro je m³ (vgl. i-Punkt).

Nur wenige Kommunen berechnen Schmutz- und Regenwasserentsorgung getrennt

Die Mehrzahl der Kommunen in Baden-Württemberg zieht bislang den Trinkwasserbezug als alleinige Berechnungsgrundlage für die Abwassergebühr heran.1 Das bedeutet, wer viel Trinkwasser verbraucht, zahlt auch hohe Abwassergebühren. Bei der »gesplitteten« Abwassergebühr hingegen werden die Kosten für die Schmutzwasserbeseitigung und jene für die Niederschlagswasserentsorgung getrennt berechnet. Zur Berechnung der Schmutzwassergebühr wird der Trinkwasserverbrauch (Euro/m³) und für die Berechnung der Niederschlagswassergebühr wird die Größe der überbauten/versiegelten Grundstücksfläche2 mit Kanalanschluss herangezogen (Euro/m²). Damit wird vor allem eine stärkere Gebührengerechtigkeit und eine ökologisch sinnvolle Gebührenberechnung angestrebt. Entsprechend dem Verursacherprinzip sollen durch die gesplittete Gebühr die anfallenden Kosten stärker dort mitgetragen werden, wo zwar geringe Schmutzwassermengen, aufgrund großer überbauter oder versiegelter Flächen aber beträchtliche Mengen an Niederschlagswasser in die Kanalisation und die Kläranlagen eingeleitet werden. In Baden-Württemberg verwenden im Jahr 2004 allerdings lediglich 14 Städte und Gemeinden die Berechnung einer gesplitteten Abwassergebühr. Einige Kommunen im Land setzen diese Methode ab einer versiegelten Grundstücksfläche von 1 000 m² ein. Bei kleineren Flächen besteht dafür eine Wahlmöglichkeit. Die Niederschlagsgebühr, die derzeit in diesen Kommunen zwischen 30 Cent und 2,63 Euro je m² versiegelter Fläche liegt, kann durch Entsiegelung von Flächen reduziert werden. Dies wird in einer Reihe von Städten und Gemeinden durch Fördergelder unterstützt.

Die Höhe des letztlich für Trink- und Abwasser zu zahlenden Entgeltes ist bei gegebenem Kubikmeterpreis hauptsächlich vom individuellen Wasserverbrauch abhängig. Bei sinkendem Wasserverbrauch gehen die Gebühreneinnahmen der Träger von Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im gleichen Maße zurück. Beide Bereiche sind aber durch einen hohen Anteil an Fixkosten geprägt. Etwa 80 bis 85 % der Kosten fallen unabhängig davon an, wie viel Wasser verbraucht bzw. wie viel Abwasser abgeleitet und in Kläranlagen gereinigt wird (Vorhaltekosten). Diese Fixkosten werden deshalb teilweise auf die Kubikmetergebühren umgelegt. Um die Kostenverteilung auf einer breiteren Bemessungsgrundlage zu realisieren, werden die Fixkosten zu einem anderen Teil über die Grundgebühren auf alle Benutzer gleichmäßig verteilt. Die Grundgebühr wird zusätzlich zum verbrauchsabhängigen Trink- und Abwasserpreis erhoben und als Festbetrag monatlich oder auch jährlich in Rechnung gestellt. In den einzelnen Kommunen liegt die Grundgebühr derzeit zwischen 28 Cent und 10,70 Euro im Monat. Auf das Jahr berechnet reicht die Grundgebühr, die meist als größenabhängige Wasserzählergebühr erhoben wird, im Land von 3,36 bis 128,40 Euro. Wird die monatliche Durchschnittsgebühr von 2,26 Euro zugrunde gelegt, errechnen sich jährliche Grundgebühren von rund 27,00 Euro.

Trend zu weiter steigenden Trink- und Abwasserpreisen hält an

Mit der jüngsten Verteuerung von Trink- und Abwasser um 9 Cent im Vergleich zum vergangenen Jahr setzt sich der steigende Trend der letzten zweieinhalb Jahrzehnte fort. Nach den erheblichen Teuerungsraten zu Beginn der 90er-Jahre schwächte sich die Zunahme der Trink- und Abwasserpreise Ende der 90er-Jahre deutlich ab. Seit 2001 hat sich der Anstieg wieder beschleunigt (+ 25 Cent). Der Kubikmeterpreis für Trink- und Abwasser beträgt derzeit bereits das 3,2fache des Preises von 1979 und das 1,7fache des Preises von 1991. Die stärkste jährliche Zunahme mit 29 Cent erfolgte 1992/1993. In den vergangenen 25 Jahren stieg der Trinkwasserpreis landesweit auf das 2,7fache. Der Abwasserpreis, der jeweils höhere Steigerungsraten aufwies, erhöhte sich im gleichen Zeitraum sogar auf das 3,7fache.

Die Preisentwicklung verlief in den einzelnen Städten und Gemeinden dabei sehr unterschiedlich. Im Vergleich zum vergangenen Jahr blieben in 498 Gemeinden (knapp 45 % aller Gemeinden) die Preise für Trink- und Abwasser gleich. In fast genauso vielen Kommunen (44 %) stieg der Gesamtpreis pro m³ Trink- und Abwasser. Unter diesen 489 Städten und Gemeinden waren 31, bei denen die Anhebung nur 1 Cent je m³ betrug. In 146 Gemeinden wurden sowohl der Preis für Trink- als auch der für Abwasser erhöht, in der Summe um bis zu 2,62 Euro je m³. Dagegen senkten 124 Gemeinden ihren Gesamtpreis für Trink- und Abwasser. Das entspricht 11 % aller Kommunen. Darunter sind 43 Gemeinden, bei denen bei Anhebung einer Komponente die Senkung der anderen Komponente zum Preisrückgang führte. In nur 10 der Gemeinden mit rückläufigem Gesamtpreis wurden der Preis für Trink- und der für Abwasser gesenkt. In 14 Gemeinden ging der Gesamtpreis um lediglich 1 Cent pro m³ zurück.

Im etwas längerfristigen Vergleich mit dem Jahr 2001 zeigt sich, dass in immerhin 18 % der Kommunen der Trinkwasserpreis gesenkt wurde. Zwei Drittel aller Gemeinden erhöhten dagegen den Trinkwasserpreis je Kubikmeter, in nur 15 % der Gemeinden blieb er unverändert. Für Abwasser wurden in 24 % aller Kommunen die Preise in diesem Zeitraum gesenkt. Dagegen wurde der Kubikmeterpreis für Abwasser in annähernd 56 % aller Gemeinden angehoben, in einem Fünftel der Gemeinden blieb er gleich. Mitunter kann es aber auch zu rückwirkenden Gebührensenkungen kommen, das heißt zur Rückerstattung an den Gebührenzahler, wenn »kalkulatorische Planziele« nicht erreicht wurden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn aufgrund aufgeschobener Investitionen oder Einsparungen weniger Mittel ausgegeben wurden als geplant.

Umweltqualität hat ihren Preis

Für die beträchtlichen Unterschiede der Trink- und Abwasserpreise in den Städten und Gemeinden gibt es entsprechend der jeweiligen lokalen Gegebenheiten vielschichtige Gründe. Einerseits haben natürliche und ökologische Rahmenbedingungen Einfluss auf die Trinkwasserpreise. Dazu gehören die verfügbare Menge des für die Trinkwasserversorgung nutzbaren Grund- und Quellwassers (Wasserdargebot) und seine Qualität. Als Folge anhaltender Umweltbeeinträchtigungen muss in Baden-Württemberg das gewonnene Wasser zunehmend aufbereitet werden, um die gemäß Trinkwasserverordnung gesetzlich geforderte Mindestqualität des Trinkwassers zu gewährleisten. Dieser Anteil (Rohwasseranteil) ist auf nunmehr 85 % angewachsen. Neben dem Aufwand, der für die Trinkwasseraufbereitung betrieben werden muss, sind auch Aufwendungen für den vorsorgenden Trinkwasserschutz (Quellenschutz) von Bedeutung. Andererseits wirken sich die Kosten für den Transport des Trinkwassers auf die Trinkwasserpreise aus, insbesondere bei ungünstiger Verteilungsstruktur und bei geringer Anschlussdichte. Darüber hinaus beeinflussen auch die Kosten zur Sicherung der langfristigen Funktionsfähigkeit der Wasserversorgung wie Instandhaltung des Leitungsnetzes und der Pumpensysteme, Investitionen, Höhe der Wasserverluste sowie das Verhältnis zwischen Fixkosten und Verbrauchskosten die Preise. In Gebieten, in denen die Versorgung schwierig und teuer ist, gewährt das Land Baden-Württemberg allerdings Zuschüsse, um eine zu große Differenz bei den Wasserpreisen zu vermeiden.

Wesentliche Ursachen für die hohen Abwasserpreise, die seit Anfang der 90er-Jahre weit über denen für Trinkwasser liegen, sind steigende Ausgaben für Abwasserableitung und -reinigung infolge weiter gehender Anforderungen an die Abwasserbehandlung sowie die Kosten für Behandlung und Entsorgung von Klärschlamm. Hohe Anforderungen an den Gewässerschutz führten dazu, dass in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen beim Ausbau der weiter gehenden Abwasserbehandlung (vor allem beim Bau zusätzlicher Reinigungsstufen zur Stickstoff- und Phosphorelimination) unternommen wurden. Auch zukünftig sind erhebliche Investitionen für die Sanierung und den Ausbau von Kanalnetzen, Klärwerken und Regenentlastungsbauwerken erforderlich. Ein weiterer Grund für das häufige Ansteigen sowohl der Trink- als auch der Abwasserpreise liegt mancherorts darin begründet, dass aufgrund der angespannten Lage der öffentlichen Kassen Subventionen gesenkt werden oder ganz wegfallen.

Wasserrechnung liegt zwischen 65 und 477 Euro im Jahr

Angesichts unterschiedlicher Verbrauchsniveaus gibt die Betrachtung der Kubikmeterpreise

allein nur bedingt Auskunft über die Kostenbelastung der Privathaushalte. Um darzustellen, was der Verbraucher tatsächlich jährlich für Trink- und Abwasser ausgibt, wird die Gebührenentwicklung im Folgenden in Beziehung zum Trinkwasserbedarf (-»verbrauch«) gesetzt.3 Die Jahresrechnung der privaten Haushalte für Trink- und Abwasser hat sich analog zum Gebührenanstieg erhöht. Der Anstieg erfolgt proportional zum Kubikmeterpreis, wenn der Wasserverbrauch gleich bleibt. In den Jahren mit deutlichem Rückgang des Verbrauchs (insbesondere 2001) wurde die Zunahme der Kosten für Trink- und Abwasser dagegen gedämpft. Die jährlichen Ausgaben für Trink- und Abwasser errechnen sich für 2001 im Schnitt auf 162,00 Euro pro Einwohner (Tabelle 2). Damit stagnierte die Jahresrechnung auf dem Niveau des Jahres 1998.

Im Rahmen einer Modellrechnung wurde für das Jahr 2004, da keine neueren Zahlen vorliegen, zunächst der Wasserverbrauch von 2001 angesetzt. Auf dieser Grundlage würde die Jahres-Wasserrechnung dann im Mittel um 6,2 % auf 173,00 Euro pro Person ansteigen. Diese Zunahme läge allerdings weit unter den Teuerungsraten der ersten Hälfte der 90er-Jahre. Im Vergleich zum Vorjahr liegt die durchschnittliche Erhöhung bei einem gleich bleibenden Wasserverbrauch sogar bei lediglich 1,00 Euro im Jahr. Je nach Wasserverbrauch und Preis variieren nach dieser modellhaften Berechnung die Kosten für Trink- und Abwasser im Jahr 2004 in den Kommunen mit einer Spanne von 65,00 bis 477,00 Euro pro Person beträchtlich. Seit Anfang der 90er-Jahre nahm die Wasserrechnung um knapp 50 % zu – einen Wasserverbrauch wie 2001 vorausgesetzt. Nimmt man dagegen einen um 20 % höheren Wasserverbrauch an, würde die Jahresrechnung im Schnitt auf 203,00 Euro im Jahr ansteigen. Bei einem geringeren Wasserverbrauch entsprechend des rückläufigen Trends können die Kosten für Wasser und Abwasser entsprechend niedriger liegen. Läge der Wasserverbrauch zum Beispiel um 2 Liter pro Tag niedriger als 2001, würde die Jahresrechnung auf 171,00 Euro im Jahr je Person zurückgehen.

1 Frischwassermaßstab.

2 Die Fläche, von der Niederschlagswasser in die Kanalisation geleitet wird.

3 Einbezogen in die Modellrechnung sind die jeweiligen Kubikmeterpreise, die jährliche Grund-/Zählergebühr und der entsprechende regionale Wasserverbrauch. Da in der Statistik der Verbrauch des Kleingewerbes enthalten ist, wurde ein Anteil der Haushalte am statistisch ermittelten Wasserverbrauch von 85 % zugrunde gelegt.